Urteil des StGH Hessen vom 03.09.1980

StGH Hessen: anspruch auf rechtliches gehör, hessen, grundrecht, verfassungsgericht, ermessen, beweiswürdigung, verfassungsrecht, form, ausgleichszahlung, alleineigentum

1
2
3
4
5
6
7
Gericht:
Staatsgerichtshof
des Landes
Hessen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
P.St. 916
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 31 GG, §§ 45ff StGHG HE,
§ 45 StGHG HE
(Grundrechtsklage - Staatsgerichtshof -
Prüfungskompetenz - Gerichtsentscheidung - Bundesrecht)
Leitsatz
Zur Abgrenzung der Prüfungsbefugnis des Staatsgerichtshofs bei gerichtlichen
Entscheidungen, die in einem bundesgesetzlich geregelten Verfahren ergangen sind
und auf Bundesrecht beruhen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller und dessen Nichte, Frau Dr med N. geborene B., streiten um das
Eigentum an einer wertvollen antiken Standuhr aus dem Nachlaß der am 7. März
1965 kinderlos verstorbenen Witwe L., geborene A. . Diese errichtete am 26.
Februar 1965 ein Testament, nach dem ihre Geschwister - der Antragsteller,
dessen Bruder A. und die im April 1977 verstorbene Mutter der Frau Dr N., B.,-
Erben zu gleichen Teilen sein sollten. Frau B. wiederum wurde von ihren drei
Töchtern beerbt. Wegen der Standuhr, die sich zur Zeit auf Grund eines am 1.
Dezember 1977 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs bei dem Notar S. in B. in
Verwahrung befindet, ist es in den vergangenen Jahren zu mehreren
Rechtsstreitigkeiten gekommen. Unter anderem hat der Antragsteller im Jahre
1978 gegen Frau Dr N. Klage bei dem Landgericht Frankfurt am Main erhoben mit
folgendem Antrag:
I. Festzustellen, daß die 2,40 m hohe antike Standuhr, signiert "Johann-
Christoph Seyffert aus Regenspurg" in Kirschbaumgehäuse mit schwarzer
Fileteinlage auf kleinen Füßen, messinggetriebenem, feuervergoldetem
Zifferblatt-Träger mit Rocaillenornamenten und Blattwerkornamenten,
Zifferblatt und vier kleineren zifferblattartigen Anzeigern, sämtliche aus
Emaille, die folgende Funktionen haben bzw anzeigen:
a) Einstellung/Abstellung des Schlagwerks,
b) Kalender mit Monatstagen 1 bis 31,
c) Monatsbezeichnung,
d) Einstellung des Spielwerks (auf Walze mit Glockenspiel) mit 8
Musikstücken (4 Menuette, 2 Arien, 2 Allegros)
ferner mit Schaubild in der Mitte mit Bezeichnung der Wochentage in Form
der entsprechenden mythologischen Symbole, Mondstandsindikation (synodischer
Mondmonat mit beweglichem Schaubild des Mondes in der Mitte des
Stundenzeigers mit Periodenlänge von 29 1/2 Tagen, 1/4-Stunden-Schlag auf
Glocke, 4 Bleigewichten an Darmsaiten,
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
nach wie vor zum ungeteilten Nachlaß nach der am 7.3.1965 in B.
verstorbenen Frau L., geb A., gehört;
hilfsweise,
1. festzustellen, daß die vorstehend beschriebene antike Standuhr
gesamthänderisch den Erben der am 7.3.1965 in B. verstorbenen Frau
L., nämlich dem Kläger und den Erben der am 23.4.1977 in B.
verstorbenen Frau B., geb A., das sind
a) Frau B., geb B., geb 10.9.1922,
b) Frau Dr med N., geb B., geb 9.11.1925 (Beklagte),
c) Frau M.-B., geb B.,
gehört;
2. ihm die vorbeschriebene antike Standuhr Zug um Zug gegen Leistung
einer ins Ermessen des Gerichts gestellten Ausgleichszahlung (hilfsweise
einer solchen in Höhe von 12.500,-- DM) an die Beklagte zuzuweisen;
3. die Beklagte zu verurteilen, ihm die vorgenannte antike Standuhr zu
Alleineigentum zu übertragen und an ihn herauszugeben Zug um Zug
gegen Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrages
(hilfsweise gegen Zahlung von 12.500,-- DM) durch ihn.
Das Landgericht Frankfurt am Main wies die Klage nach Durchführung einer
Beweisaufnahme durch am 29. Juni 1978 verkündetes Urteil - 2/23 0 60/78 - ab.
Das Gericht sah es als erwiesen an, daß die beklagte Frau Dr N. in ihrer
Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin über den Nachlaß der verstorbenen Frau
L. die Standuhr am 11. August 1973 ihrer Mutter übereignet habe. Die gegen
dieses Urteil seitens des Antragstellers eingelegte Berufung wies das
Oberlandesgericht Frankfurt am Main nach weiterer Beweisaufnahme durch am 10.
Juli 1979 verkündetes Urteil - 9 U 94/78 - als unbegründet zurück und setzte den
Wert der Beschwer auf 25.000,-- DM fest. Die Revision gegen das Urteil wurde nicht
zugelassen. Auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main gelangte - wie vorher
schon das Landgericht Frankfurt am Main - zu der Überzeugung, daß Frau B. auf
Grund einer am 11. August 1973 erfolgten Übereignung durch Frau Dr N.
Eigentümerin der Standuhr geworden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den
Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses Urteils verwiesen.
Das Urteil wurde dem damaligen Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers
seinen Angaben zufolge am 18. Oktober 1979 zugestellt; es ist rechtskräftig
geworden.
II.
Mit am 16. November 1979 bei der Geschäftsstelle des Staatsgerichtshofs
eingegangenen Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 12. November
1979 hat der Antragsteller Grundrechtsklage erhoben.
Er hat beantragt:
I. Die Urteile des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10.7.1979 - 9 U
94/78 - und des Landgerichts Frankfurt am Main vom 29.6.1978 - 2/23 0
60/78 - in Sachen A. gegen Dr N. werden für kraftlos erklärt und
aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, daß die 2,40 m hohe antike Standuhr, signiert "Johann
Christoph Seyffert aus Regenspurg" in Kirschbaumgehäuse mit schwarzer
Fileteinlage auf kleinen Füßen, messinggetriebenem feuervergoldetem
Zifferblattträger mit Rocaillenornamenten und Blattwerkornamenten,
Zifferblatt und 4 kleineren zifferblattartigen Anzeigern, sämtliche aus
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
Zifferblatt und 4 kleineren zifferblattartigen Anzeigern, sämtliche aus
Emaille, die folgende Funktionen haben bzw anzeigen:
a) Einstellung/Abstellung des Schlagwerkes,
b) Kalender mit Monatstagen 1 bis 31,
c) Monatsbezeichnung,
d) Einstellung des Spielwerks (auf Walze mit Glockenspiel) mit 8
Musikstücken (4 Menuette, 2 Arien, 2 Allegros) ferner mit Schaubild in
Mitte mit der Bezeichnung der Wochentage in Form der
entsprechenden mythologischen Symbole, Mondstandsindikation
(synodischer Mondmonat mit beweglichem Schaubild des Mondes in
der Mitte des Stundenzeigers mit Periodenlänge von 29 1/2 Tagen,
Viertelstundenschlag auf Glocke, 4 Bleigewichten an Darmsaiten)
nach wie vor zum ungeteilten Nachlaß nach der am 7.3.1965 in B.
verstorbenen Frau L., geb A. gehört.
Hilfsweise:
1) Es wird festgestellt, daß die vorstehend beschriebene antike Standuhr
nach wie vor gesamthänderisch den Erben der am 7.3.1965 in B.
verstorbenen Frau L., nämlich dem Kläger und den Erben der
nachverstorbenen Frau B. in Erbengemeinschaft gehört,
2) Die vorbeschriebene antike Standuhr wird dem Kläger Zug um Zug
gegen Leistung einer ins Ermessen des Gerichts gestellten
Ausgleichszahlung (hilfsweise einer solchen in Höhe von 12.500,-- DM)
an Frau Dr N. zugewiesen.
3) Frau Dr N. wird verurteilt, die vorgenannte antike Standuhr an den
Kläger zu Alleineigentum zu übertragen und an ihn herauszugeben Zug
um Zug gegen eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrags
(hilfsweise gegen Zahlung von 12.500,-- DM) durch den Kläger.
Weiter hilfsweise:
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das
Landgericht Frankfurt am Main zurückverwiesen.
III.
Das Land Hessen hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Antragsteller rügt die Verletzung folgender Grundrechte der Verfassung des
Landes Hessen:
a) Gleichheitsgrundsatz (Anspruch auf rechtliches Gehör) Art 1,
b) Willkürverbot Art 2/II,
c) Entrechtungsverbot Art 3,
d) freie Meinungsäußerung (Kritikverbot) Art 11,
e) Eigentumsgarantie Art 45/I,
f) Erbrechtsschutz Art 45/IV.
Er vertritt die Auffassung, das Landgericht Frankfurt am Main und das
Oberlandesgericht Frankfurt am Main hätten sich bei der Urteilsfindung von
willkürlichen und sachfremden Erwägungen leiten lassen. Insbesondere die Richter
des Oberlandesgerichts hätten aus sachfremden Erwägungen sein Vorbringen
unbeachtet gelassen und eine unzutreffende, nicht vertretbare Beweiswürdigung
vorgenommen. Sie - die genannten Richter - wären trotz von ihm vorgetragener
43
44
45
46
47
vorgenommen. Sie - die genannten Richter - wären trotz von ihm vorgetragener
zwingender Gegenargumente - die der Antragsteller auch in der Grundrechtsklage
detailliert darlegt - den Aussagen der vernommenen Zeugen, die das tatsächliche
Vorbringen der damaligen Beklagten wahrheitswidrig bestätigt hätten, in Kenntnis
von deren Unrichtigkeit gefolgt und hätten Urkunden, die diese Aussagen
widerlegten, "unterdrückt". Dies habe das Oberlandesgericht unter Verletzung des
Gleichheitsgrundsatzes deshalb getan, weil es die damalige Beklagte, deren als
Zeugen vernommenen Ehemann - von Beruf Professor - und einen ebenfalls als
Zeugen vernommenen F.'er Rechtsanwalt wegen ihrer gesellschaftlichen Stellung
einer strafrechtlichen Verfolgung habe entziehen wollen. Hierdurch hätten sich die
erkennenden Richter des Oberlandesgerichts der Rechtsbeugung schuldig
gemacht - weshalb auch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen sie
eingeleitet worden sei -, "willkürlich gehandelt und sich damit außerhalb jeder
Rechtsanwendung gestellt". Das Oberlandesgericht habe daher bei seiner
Entscheidung überhaupt kein Recht und deshalb auch kein Bundesrecht
angewendet, so daß der Hessische Staatsgerichtshof nach seiner eigenen
Rechtsprechung zur Überprüfung und Aufhebung des oberlandesgerichtlichen
Urteils berufen sei. Der durch die Willkür des Oberlandesgerichtsbedingte Verstoß
gegen den Gleichheitssatz beinhalte zugleich eine Verweigerung des rechtlichen
Gehörs; dieses Grundrecht ergebe sich aus Art 1 der Hessischen Verfassung.
Zugleich sei er - der Antragsteller - auch in seinem Grundrecht aus Art 3 der
Hessischen Verfassung - Entrechtungsverbot - verletzt, welches ein Ausfluß der
Menschenwürde sei. Ein Verstoß gegen das Grundrecht der freien
Meinungsäußerung - Art 11 HV - liege darin, daß der Senatsvorsitzende des
Oberlandesgerichts - ebenfalls willkürlich - seinen (jetzigen)
Prozeßbevollmächtigten unter Verstoß gegen § 52 Abs 2
Bundesrechtsanwaltsordnung an der Ausführung der Parteirechte gehindert habe,
um zu verhindern, daß bei der Zeugenvernehmung die Wahrheit an den Tag
komme. Im Ergebnis verstoße das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am
Main auch gegen sein durch Art 45 der Hessischen Verfassung gewährleistetes
Eigentumsrecht und Erbrecht.
Der Landesanwalt hält die Grundrechtsklage für unzulässig. Die angegriffenen
Entscheidungen beruhten auf der Anwendung von Bundesrecht und seien in einem
bundesgesetzlich geregelten Verfahren ergangen. Solche Gerichtsentscheidungen
seien wegen des Vorrangs von Bundesrecht einer verfassungsgerichtlichen
Nachprüfung durch den Staatsgerichtshof entzogen. Der Antragsteller sehe
offenbar in dem Verfassungsgericht eine weitere Rechtsmittelinstanz.
Der Antragsteller hatte außerdem - PSt 920 - beim Staatsgerichtshof den Erlaß
einer einstweiligen Verfügung dahin beantragt, daß alle Rechtswirkungen aus den
angefochtenen Urteilen bis zur Entscheidung über die Grundrechtsklage
ausgesetzt sein sollten, insbesondere die streitbefangene antike Standuhr an
ihrem derzeitigen Aufbewahrungsort bei einem Notar in B. zu verbleiben habe.
Dieser Antrag ist durch Beschluß des Staatsgerichtshofs vom 26. März 1980
zurückgewiesen worden, da die ihm zugrundeliegende Grundrechtsklage
unzulässig sei; wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des genannten
Beschlusses verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag kann keinen Erfolg haben; er ist unzulässig.
1.
Nach Art 131 Abs 3 HV, §§ 45ff StGHG kann jedermann den Staatsgerichtshof
anrufen, der geltend macht, in einem von der Hessischen Verfassung gewährten
Grundrecht verletzt worden zu sein. Der Antrag muß das Grundrecht bezeichnen
und mit Angabe der Beweismittel die Tatsachen darlegen, aus denen sich die
Verletzung ergeben soll. Ferner muß der Antragsteller zunächst die Entscheidung
des höchsten in der Sache zuständigen Gerichts herbeiführen und sodann
innerhalb eines Monats seit Zustellung den Staatsgerichtshof anrufen. Diesen
Anforderungen genügt die von dem Antragsteller erhobene Grundrechtsklage.
2.
Wird jedoch - wie hier geschehen - gegen eine gerichtliche Entscheidung
Grundrechtsklage erhoben, so kann sie verfassungsrechtlich nur in engen Grenzen
überprüft werden.
48
49
50
51
a)
Der Staatsgerichtshof ist als Verfassungsgericht des Landes Hessen kein
Rechtsmittelgericht, durch das eine neue in den Verfahrensordnungen der
allgemeinen Gerichte, unter anderem in der Zivilprozeßordnung, nicht
vorgesehene weitere Instanz eröffnet wird. Es ist deswegen nicht seine Aufgabe,
die Urteile des Landgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juni 1978 - 2/23 O 60/78 -
und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. Juli 1979 - 9 U 94/78 - auf
die Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen tatsächlichen Feststellungen
und auf die Richtigkeit oder Vertretbarkeit der Beweiswürdigung hin zu überprüfen
(vgl etwa Hess StGH, Beschluß vom 2. April 1979 - PSt 875 -). Vielmehr hat der
Staatsgerichtshof im Grundrechtsklageverfahren nur zu prüfen, ob das höchste in
der Sache zuständige Gericht bei seiner Entscheidung subjektive Rechte
verbürgende Normen (Grundrechte oder grundrechtsähnliche Rechte) der
Verfassung des Landes Hessen verletzt hat (ständ Rspr des Staatsgerichtshofs,
vgl etwa Beschluß vom 26. Oktober 1977 - PSt 857 - unter Hinweis auf BVerfGE 29,
159/163/ und Bayerischer Verfassungsgerichtshof in VerfGH 26, 118 (121) sowie
zuletzt Beschluß vom 23. Mai 1979 - PSt 862 -).
b)
Ein derartiger Verfassungsverstoß ist nur dann gegeben, wenn das Gericht bei
der Anwendung und Auslegung von Landesrecht spezifisches Verfassungsrecht
verletzt hat, sei es, daß grundrechtswidrige Rechtsvorschriften angewandt worden
sind oder das Ergebnis der Auslegung Grundrechte verletzt, sei es, daß das
Gericht bei seiner Entscheidung von einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung
über die in Betracht kommenden Grundrechte ausgegangen ist oder gar willkürlich
gehandelt hat und die angegriffene Entscheidung darauf beruht (ständRspr des
Hessischen Staatsgerichtshof vgl Urteil vom 3. Juli 1968 - PSt 470 - = ESVGH 19, 7
(9); Beschluß vom 23. Mai 1979 - PSt 862 -; vgl auch BVerfGE 15, 219 (221f)).
3.
Für eine verfassungsrechtliche Überprüfung der vom Antragsteller mit der
Grundrechtsklage angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen fehlt nach dem
bisher Ausgeführten dem Staatsgerichtshof jegliche Prüfungskompetenz; denn
Entscheidungen, die in einem bundesgesetzlich geregelten Verfahren ergangen
sind und auf Bundesrecht beruhen, können nicht auf die etwaige Verletzung von
Grundrechten der Verfassung des Landes Hessen überprüft werden.
Bundesgesetze gehen nach Art 31 GG dem Landesrecht, auch dem
Landesverfassungsrecht, im Range vor (Hess StGH, Beschluß vom 2. April 1979 -
PSt 874 -). Daraus folgt, daß dem Staatsgerichtshof die Nachprüfung
höchstrichterlicher Entscheidungen immer dann versagt ist, wenn sie auf der
Anwendung und Auslegung von Bundesrecht beruhen und in einem
bundesgesetzlich geregelten Verfahren ergangen sind (ständ Rspr des StGH, vgl
etwa Beschluß vom 12. April 1978 - PSt 868 -; Beschlüsse vom 2. April 1979 - PSt
874 und PST 875 -).
Die angegriffenen Entscheidungen sind in einem bundesrechtlich, nämlich durch
die Zivilprozeßordnung, geregelten Verfahren ergangen. Sie beruhen auch
inhaltlich ausschließlich auf der Anwendung und Auslegung von Bundesrecht,
nämlich den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Erwerb und
den Verlust des Eigentums an beweglichen Sachen (§§ 929ff BGB) und
erbrechtlichen Bestimmungen. Das gilt auch für die von dem Antragsteller
behauptete Beeinträchtigung der freien Meinungsäußerung, die er darin sieht, daß
seinem jetzigen Prozeßbevollmächtigten von dem Vorsitzenden des erkennenden
Senats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main kein Rederecht in der
mündlichen Verhandlung eingeräumt worden ist. Ob und unter welchen
Voraussetzungen der jetzige Bevollmächtigte des Antragstellers in jenem
Verfahren auftreten und ein Rederecht und Fragerecht für sich in Anspruch
nehmen konnte, bestimmt sich allein nach bundesrechtlich geregelten
Vorschriften (zB §§ 78, 397 Abs 2 ZPO, § 52 Abs 2 BRAO). Auch insoweit fehlt
daher dem Staatsgerichtshof die Prüfungskompetenz. Soweit mit der
Grundrechtsklage die Verletzung von Verfahrensvorschriften durch angeblich
mangelnde Sachaufklärung und angebliche Nichtberücksichtigung des Vorbringens
des Antragstellers unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs
gerügt wird, fehlt schließlich dem Staatsgerichtshof der Prüfungsmaßstab auch
deswegen, weil die Hessische Verfassung kein Grundrecht auf rechtliches Gehör
52
53
deswegen, weil die Hessische Verfassung kein Grundrecht auf rechtliches Gehör
gewährt (ständ Rspr des Staatsgerichtshofs, vgl zB Beschluß vom 9. Februar 1972
- PSt 648 -, ESVGH Bd 22, S 135; Beschluß vom 5. November 1975 - PSt 794 -;
Beschluß vom 23. Mai 1979 - PSt 867 -).
4.
Nach den unter IV 3 dargelegten Grundsätzen kann jedoch eine in einem
bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangene Gerichtsentscheidung trotz des
Vorrangs des Bundesrechts auch gegenüber dem hessischen Verfassungsrecht
(Art 31 GG) dann an den Maßstäben der Hessischen Verfassung gemessen
werden, "wenn das Gericht sich willkürlich außerhalb der Rechtsanwendung gestellt,
in Wahrheit also überhaupt kein Bundesrecht angewendet" habe (ständige
Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs, vgl Beschluß vom 16. Dezember 1964 -
PSt 400 -, Beschluß vom 28. Juli 1976 - PSt 793 - und Beschluß vom 26. Oktober
1977 - PSt 858 -). Ein derartiger nachprüfbarer Verstoß gegen das Willkürverbot
liegt aber nicht bereits dann vor, wenn sich über die Verfahrensweise und die
tatsächliche oder rechtliche Würdigung des Gerichts, dessen Entscheidung
angegriffen wird, streiten läßt - dann würde das Verfassungsgericht im Ergebnis
doch zu einem weiteren Rechtsmittelgericht -, sondern nur, wenn die Anwendung
einfachen Rechts und das eingeschlagene Verfahren bei verständiger Würdigung
der die Verfassung bestimmenden Prinzipien nicht mehr verständlich sind und sich
daher der Schluß aufdrängt, daß die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen
beruht (BVerfG 13, 132, 150). Davon kann aber im vorliegenden Fall keine Rede
sein.
Der Antragsteller trägt zwar vor, die Richter des Oberlandesgerichts hätten in der
hier angegriffenen Entscheidung bewußt falsch zu seinem Nachteil entschieden
und sich der Rechtsbeugung schuldig gemacht. Diese seine Behauptung vermag
er jedoch nicht schlüssig darzutun. Im Gegenteil ergibt sich aus dem Urteil des
Oberlandesgerichts, daß es die Beweisaufnahme ausführlich und sorgfältig
gewürdigt und sich auch mit den Gegenargumenten des jetzigen Antragstellers
und damaligen Klägers im einzelnen auseinandergesetzt hat; das gleiche gilt für
die in dem genannten Urteil enthaltenen Rechtsausführungen. Bei genauerer
Betrachtung der Einzelheiten des Vorbringens des Antragstellers erschöpft es sich
in Angriffen auf die Beweisermittlung und Beweiswürdigung sowie die Anwendung
des Bundesrechts durch das Oberlandesgericht; das ist aber im
Grundrechtsverfahren vor einem Verfassungsgericht unzulässig.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.