Urteil des SozG Würzburg vom 13.01.2010

SozG Würzburg: körperliche untersuchung, vergütung, erstellung, merkblatt, entschädigung, beweisanordnung, gerichtsakte, vorschlag, pauschalierung, versuch

Sozialgericht Würzburg
Kostenbeschluss vom 13.01.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 2 SF 7/09 E
Die Vergütung des Antragstellers für das Gutachten vom 01.12.2008 wird auf 1.563,10 Euro (in Worten:
Eintausendfünfhundertdreiundsechzig 1/10) festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist der vom Antragsteller geltend gemachte Zeitaufwand für die Erstellung des Gutachtens.
Der Antragsteller erstellte im Klageverfahren S 11 U 151/07 auf Beweisanordnung der 11. Kammer vom 26.02.2008
ein fachorthopädisches Gutachten am 01.12.2008. Mit Kostennote vom 01.12.2008 machte der Antragsteller folgende
Kosten geltend: Aktenstudium () 500 Seiten ärztlichen Inhalts): 7 h Anamneseerhebung und körperliche
Untersuchung: 2 h Literaturstudium: 2 h Diktat und Korrektur: 9 h Beurteilung: 6 h Insgesamt: 26 h Zu je 60,00 Euro
nach M2 des JVEG 1.560,00 Euro Röntgen: LWS in 2 Ebenen nach GOÄ 5105 1,3fach 30,31 Euro Zuschlag digitales
Röntgen (23,31 x 25%) 5,82 Euro DLÜ in 2 Ebenen nach GOÄ 5105 1,3fach 30,31 Euro Zuschlag digitales Röntgen
(23,31 x 25%) 5,82 Euro
Schreibgebühr: 0,75 Euro / 1000 Anschläge – 34.140 Anschläge 26,25 Euro
Portoauslagen: Einbestellung, Rücksendepaket, Telefonauslagen 15,00 Euro Gesamt: Netto 1.673,51 Euro + 19 %
USt. 317,96 Euro Summe: 1.991,47 Euro
Die Geschäftsstelle teilte dem Antragsteller am 12.01.2009 mit, die Vergütung könne nicht in der beantragten Höhe
anerkannt werden. Für die Vergütung eines vom Gericht zu Beweiszwecken herangezogenen
Sachverständigengutachtens seien ausschließlich die Vorschriften des Justizvergütungs- und –
entschädigungsgesetzes anzuwenden. Nach den Vorschriften dieses Gesetzes und unter Beachtung der ständigen
Rechtsprechung des Kostensenats beim Bayerischen Landessozialgericht werde die Vergütung wie folgt fest-gestellt:
Aktenstudium 9,81 Std. Untersuchung 2,00 Std. Abfassung des Gutachtens 5,00 Std. Diktat und Durchsicht 3,16 Std.
Insgesamt 19,97 Std. gerundet 20,00 Std. à 60,00 Euro = 1.200,00 Euro Röntgenuntersuchung 72,28 Euro - GOÄ
5105 LWS 30,32 Euro - GOÄ 5298 5,82 Euro - GOÄ 5105 DLÜ 30,32 Euro - GOÄ 5298 5,82 Euro Entschädigung für
besondere und sonstige Aufwendungen nach §§ 12 und 7 JVEG Schreibegebühren für Original für angefangene 1000
Anschläge 0,75 Euro 34.140 Anschläge 26,25 Euro Porto 15,00 Euro 1.313,53 Euro 19 % Umsatzsteuer 249,57 Euro
Insgesamt 1.563,10 Euro
Nach der Rechtsprechung in Kostensachen brauche ein medizinischer Sachverständiger mit durchschnittlichen
Fähigkeiten und Kenntnissen beim Zusammentragen des medizinischen Tatsachenstoffes durchschnittlich höchstens
eine Stunde für die Durchsicht von ca. 100 Aktenblättern einschließlich der Erstellung von Notizen und Exzerpten. Der
Antragsteller habe 981 Blatt Akteninhalt durchzusehen gehabt, der Zeitaufwand könne demnach mit 9,81 Stunden
festgesetzt werden. Die reine Beurteilung sei auf fünf Seiten niedergelegt. Entsprechend der aufgeführten
Rechtsprechung sei daher der Zeitaufwand für die Abfassung der Beurteilung auf fünf Stunden festzulegen. Das
Gutachten umfasse insgesamt 18,97 Seiten. Somit sei unter Berücksichtigung der erfolgten Schreibweise von einem
objektiven Zeitaufwand von 3,16 Stunden auszugehen. Es werde von einer üblichen Schreibweise von 30 Zeilen à 60
Anschlägen pro Seite ausgegangen. Der geltend gemachte Zeitaufwand für Literaturstudium könne nicht vergütet
werden, weil bereits bei der Auftragserteilung die besonderen fachlichen Kenntnisse für die Beurteilung der
entstehenden medizinischen Fragen vorausgesetzt worden seien. Falls die Kürzung nicht gerechtfertigt erscheine,
könne unter Darlegung der Gründe die richterliche Festsetzung der Vergütung beantragt werden. Mit Schreiben vom
24.02.2009 hat der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten richterliche Festsetzung beantragt. Der Versuch einer
Pauschalierung des Aufwandes könne nicht hingenommen werden. Es sei erforderlich gewesen, die
Röntgenaufnahmen auszumessen, Konstruktionszeichnungen anzufertigen, die Schriftsätze beider Parteien genau in
ihrem Inhalt zu erarbeiten und sämtliche medizinische Befunde aufzuarbeiten. Es könne nicht von einer pauschalen
Angabe von 30 Zeilen à 60 Anschlägen pro Seite ausgegangen werden. Es müsse der konkrete Text herangezogen
werden. Unerhört erscheine der Vortrag, dass wegen besonderer fachlicher vorhandener Kenntnisse kein
Literaturstudium notwendig gewesen sein soll. Das medizinische Fachgebiet sei umfangreich, die gutachterlichen
Fragen seien in aller Regel hochkompliziert. Die Geschäftsstelle hat dem Antrag auf Festsetzung höherer Gebühren
nicht abgeholfen und die Akten der erkennenden Kammer zur Entscheidung vorgelegt. Ergänzend zum Sachverhalt
wird auf den Inhalt der Gerichtsakte S 11 U 151/07 und auf den Inhalt der Kostenakte Bezug genommen.
II.
Die dem Antragsteller zustehende Entschädigung war – wie bereits von der Geschäftsstelle am 12.01.2009 mitgeteilt
– auf 1.563,10 Euro festzusetzen. Die Kammer folgt damit in vollem Umfang dem Vorschlag der Geschäftsstelle.
Insoweit wird auch Bezug genommen auf die Ausführungen der Geschäftsstelle im Schreiben vom 12.01.2009.
Ergänzend wird ausgeführt: Dem Antragsteller wurde mit Beweisanordnung und Beauftragung zur Erstellung des
Gutachtens ein Merkblatt übersandt, in welchem mitgeteilt wurde, nach welchen Kriterien sich die Vergütung richtet.
Insbesondere war dort ausge-führt, dass für die Ermittlung des Zeitaufwandes beim Aktenstudium eine Stunde pro
100 Blatt angesetzt werde, sofern ein mindestens 25 % medizinisch gutachtensrelevanter Inhalt bestehe. Für Diktat
und Durchsicht werde für je 6 Seiten 1 Stunde zugrunde gelegt. Bezüglich der Schreibweise werde für eine ganze
Seite von 30 Zeilen mit 60 Anschlägen ausgegangen. Der Antragsteller wusste deshalb mit der Beauftragung, nach
welchen Kriterien sein Gutachten abgerechnet würde. Die in dem Merkblatt aufgeführten Kriterien entsprechen der
ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts. Sie sind als Vorgaben des Präsidenten des
Bayerischen Landessozialgerichts von den Geschäftsstellen verbindlich anzuwenden. Sie sind auch Gegenstand des
zwischen dem Sozialgericht Würzburg und dem Antragsteller zustande gekommenen Auftragsvertrags. Die Zeit für
das Literaturstudium war nicht zu ersetzen. Denn grundsätzlich wird von einem Sachverständigen erwartet, dass er
sich durch Einsicht in die einschlägige Literatur auf dem Laufenden hält. Insofern kommt ein zusätzlicher Zeitansatz
für eine Literaturrecherche nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht und setzt immer voraus, dass im
Gutachten eine Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Lehre erfolgt ist (vgl. Thüringer Landessozialgericht
vom 20.02.2008 – L 6 B 186/07 SF). Eine solche Auseinandersetzung lässt sich aus dem Gutachten nicht
entnehmen. Es wird auch in dem Antrag auf richterliche Festsetzung nicht begründet, weshalb ausnahmsweise eine
zusätzliche Literaturrecherche erforderlich war.
Der Beschluss ergeht kostenfrei (§ 4 Abs. 8 Satz 1 JVEG). Gegen den Beschluss kann der Antragsteller Beschwerde
einlegen, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.