Urteil des SozG Würzburg vom 16.08.2010

SozG Würzburg: widerspruchsverfahren, vergleich, reisekosten, form, durchschnitt, energie, mwst, verzinsung, gebühr, fahrtkosten

Sozialgericht Würzburg
Kostenbeschluss vom 16.08.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 2 SF 104/09 E
Die Erinnerung des Klägers vom 30.09.2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.09.2009 wird
zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der dem Kläger zustehenden Verfahrensgebühr, Terminsgebühr und Einigungsgebühr im
Rechtsstreit S 14 SB 970/08.
Der Bevollmächtigte, der den Kläger auch im Widerspruchsverfahren vertreten hatte, erhob mit Schriftsatz vom
11.12.2008 Klage zum Sozialgericht Würzburg mit dem Antrag, den Bescheid vom 26.03.2008 in der Form vom
17.07.2008 und des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2008 aufzuheben und dem Kläger einen GdB von
mindestens 50 zu gewähren. Die Klage wurde auf etwa zwei Seiten begründet. Das Gericht holte Befundberichte der
behandelnden Ärzte Dr. Raftis, Erwin Staudt, Dr. Reißmann, Dr. Klausmann, Dr. Wachendorff und Dr. Öztoprak sowie
der Kieferchirurgie der Universitätsklinik Frankfurt ein und ließ den Kläger am 13.05.2009 durch die Internistin Dr. Bau
begutachten. Diese gelangte in ihrem etwa zweieinhalbseitigen Gutachten zu dem Ergebnis, dass der Gesamt-GdB ab
März 2009 mit 50 festzustellen sei. In der nichtöffentlichen Sitzung vom 13.05.2009 (Dauer von 14.23 Uhr bis 14.27
Uhr) einigten sich die Beteiligten, dass dem Kläger ab März 2009 ein Gesamt-GdB von 50 zustehe und die Beklagte
ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers erstatte.
Mit Schreiben vom 18.05.2009 machte der Bevollmächtigte folgende Kostenrechnung gegenüber dem Beklagten
geltend:
I. außergerichtlich
reduzierte Geschäftsgebühr gem. Nr. 2400 VV 240,00 Euro Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 Euro 19 %
Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV 49,40 Euro Summe I 309,40 Euro
II. gerichtlich
reduzierte Verfahrensgebühr gem. Nr. 3103 VV 170,00 Euro Terminsgebühr gem. Nr. 3106 VV 200,00 Euro
Vergleichsgebühr gem. Nr. 1006 VV 190,00 Euro 81 Fotokopien (Behördenakte) gem. Nr. 7000 VV (1-50 à 0,50 Euro =
25,00 Euro; 51-81 à 0,15 Euro = 4,50 Euro) 29,50 Euro Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 Euro 280 km à
0,30 Euro gem. Nr. 7003 VV 84,00 Euro Abwesenheit über 4 Std. gem. Nr. 7005 Ziff. 1 VV 35,00 Euro 19 %
Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV 138,42 Euro Summe II 866,92 Euro
Gesamtsumme 1.176,32 Euro
davon 1/3 = 392,11 Euro
Der Beklagte überwies daraufhin dem Bevollmächtigten 294,72 Euro. Er hielt die Kostennote bezüglich des
Klageverfahrens für überhöht und daher nicht bindend. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei als deutlich
unterdurchschnittlich zu werten. Die Schwierigkeit der Tätigkeit und die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger
seien als durchschnittlich zu qualifizieren. Auch der Erörterungstermin vom 13.05.2009 habe nur vier Minuten
gedauert. Nach alldem werde ein Abschlag von 20 Prozent auf die jeweilige Mittelgebühr für angezeigt gehalten. Nicht
erstattungsfähig seien die geltend gemachten Kosten für 81 Kopien. Zum Zeitpunkt der Akteneinsicht habe die
Behindertenakte insgesamt 81 Blatt umfasst, so dass offensichtlich die gesamte Akte kopiert worden sei. Die
Fertigung von 30 Kopien von ärztlichen Befunden, versorgungsärztlichen Stellungnahmen und etc. werde für
notwendig gehalten. Ebenfalls nicht erstattungsfähig seien die geltend gemachten Fahrtkosten sowie das
Abwesenheitsgeld. Die zu erstattenden Kosten berechneten sich daher wie folgt:
1) Widerspruchsverfahren Geschäftsgebühr gem. § 14, VV Nr. 2400 RVG 240,00 Euro Auslagenpauschale gem. VV
Nr. 7002 RVG 20,00 Euro Umsatzsteuer gem. VV 7008 RVG 49,40 Euro - Summe ad 1) 309,40 Euro
2) Klageverfahren Verfahrensgebühr gem. § 14, VV Nr. 3103 RVG 136,00 Euro Terminsgebühr gem. § 14, VV Nr.
3106 RVG 160,00 Euro Einigungsgebühr gem. § 14, VV Nr. 1006 RVG 152,00 Euro Auslagenpauschale gem. VV Nr.
7002 RVG 20,00 Euro Dokumentenpauschale gem. VV 7000 Nr. 1a RVG 15,00 Euro Umsatzsteuer gem. VV 7008
RVG 91,77 Euro - Summe ad 2) 574,77 Euro
Gesamtsumme 884,17 Euro
hieraus 1/3 294,72 Euro
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.09.2009 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die dem Kläger
noch zu erstattenden Kosten auf 21,42 Euro fest. Er ging dabei von folgender Berechnung aus:
1. Instanz
Verfahrensgebühr §§ 3, 14 iVm der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG – VV Nr. 3103 136,00 Euro
Terminsgebühr §§ 3, 14 iVm der Anlage zu § 2 Abs. 2 RVG – VV Nr. 3106 160,00 Euro
Einigungsgebühr §§ 3, 14 iVm der Anlage zu § 2 Abs. 2 RVG – VV Nr. 1006 152,00 Euro
Auslagenpauschale – VV Nr. 7002 20,00 Euro
Fotokopiekosten – VV Nr. 7000 30 Seite(n) á 0,50 Euro 15,00 Euro
Fiktive Reisekosten – VV Nr. 7003 Fahrtauslagen zum Termin am 13.05.2009 180 km á 0,30 Euro (Hin- und
Rückfahrt) 54,00 Euro - 537,00 Euro 19 % Mehrwertsteuer – VV Nr. 7008 102,03 Euro - Insgesamt 639,03 Euro
Gesamtbetrag 639,03 Euro davon 1/3 lt. Vergleich vom 13.05.2009 213,01 Euro
von dem Beklagten bereits im Klageverfahren erstattet: 191,59 Euro
somit noch zu erstatten: 21,42 Euro
Streitig im gegenständlichen Kostenfestsetzungsverfahren seien allein die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens
der 1. Instanz. Bei unterdurchschnittlichem Umfang und unterdurchschnittlicher Schwierigkeit des Klageverfahrens
sowie unterdurchschnittlicher Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger werde eine Verfahrensgebühr in Höhe von
136,00 Euro als gerechtfertigt erachtet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Kostenrichters am Sozialgericht
Würzburg sei die durchschnittliche Dauer einer Verhandlung am Sozialgericht Würzburg mit 30 bis 40 Minuten
anzusetzen. Für diese Dauer sei die Mittelgebühr als angemessen anzusehen. Eine kürzere Verhandlung führe zu
einer Kürzung der Mittelgebühr. Für den vierminütigen Erörterungstermin sei die von dem Beklagten großzügig
bemessene Gebühr festzusetzen. Eine höhere Erledigungsgebühr, als von der Beklagten vorgeschlagen, sei nicht
gegeben. Aufgrund der Tatsache, dass im Erörterungstermin die Sach- und Rechtslage kurz besprochen worden sei,
werde unterstellt, dass eine anwaltliche Mitwirkung bei Abschluss des Vergleiches vorgelegen habe. Die von dem
Beklagten als erstattungsfähig angesehenen 30 Ablichtungen seien nicht zu beanstanden. Der Akteninhalt habe aus
insgesamt 72 Seiten bestanden. Relevant für den Rechtsstreit seien die Seiten 37 bis 69 der Beklagtenakte gewesen.
Reisekosten für auswärtige Rechtsanwälte, die nicht am Ort des Gerichts wohnten, seien auch erstattungsfähig. Die
Höhe dieser Kosten werde auf notwendige Kosten beschränkt. Es gelte auch im sozialrechtlichen Verfahren die
Maxime der sparsamen Prozessführung. Da der Kläger seinen Wohnsitz in Aschaffenburg habe, könne fiktiv eine
Informationsfahrt des Klägers zum Sitzungsort Würzburg als angemessen anerkannt und erstattet werden.
Dagegen hat der Kläger am 30.09.2009 Erinnerung eingelegt mit dem Antrag, weitere 75,97 Euro nebst fünf
Prozentpunkten über Basiszins aus 97,39 Euro seit 26.05.2009 gegen den Beklagten festzusetzen. Zunächst sei
übersehen worden, dass der Kostenfestsetzungsantrag keinen Zinsfuß enthalte. Dies werde insoweit nachgeholt.
Soweit die Auffassung vertreten werde, dass die Gebühren jeweils unter der Mittelgebühr anzusetzen seien, sei dies
rechtsfehlerhaft und könne keinen Bestand haben. Grundsätzlich habe aufgrund des Umfanges und der Schwierigkeit
der anwaltlichen Tätigkeit die Mittelgebühr überschritten werden können, da häufige Besprechungen der Fall gewesen
seien, erhebliche sprachliche Barrieren bestünden, was alleine ausreiche und von zusätzlicher erheblicher Bedeutung
sei. Dass dem Kläger ein GdB von 50 gewährt worden sei, was bedeute, dass er einen Schwerbehindertenausweis
erhalte und als Schwerbehinderter gelte, sei nicht als unterdurchschnittlich zu werten. Gleiches gelte auch für die
Terminsgebühr und die Vergleichsgebühr. Bei der Terminsgebühr sei zu berücksichtigen, dass zuvor das Gutachten
mit dem Kläger zu besprechen zu gewesen sei. Außerdem werde nicht nach Zeit bezahlt, sondern nach der Tätigkeit.
Es sei nicht nachvollziehbar, dass, wenn nach-gewiesenermaßen 81 Kopien gefertigt worden seien, nur 30 Kopien
erstattet würden.
Der Urkundsbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen und den Vorgang dem hierfür zuständigen Kostenrichter zur
endgültigen Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und form- und fristgerecht erhobene Erinnerung ist
zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Die angegriffene Kostenfestsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle hat dem Kläger insgesamt eher
eine zu hohe als zu niedrige Gesamtgebühr zugesprochen.
Der gezahlte Betrag ist nicht zu verzinsen, weil der Antrag auf Verzinsung vom 30.09.2009 erst nach Zahlung der
festgesetzten Kosten gestellt worden ist.
Selbst wenn man entgegen den Ausführungen des Urkundsbeamten die beantragte Mittelgebühr für das
Klageverfahren auf 170,00 Euro festsetzt, wird der vom Urkundsbeamten festgestellte Gesamtbetrag nicht
überschritten. Denn sowohl für die Terminsgebühr als auch für die Einigungsgebühr steht jeweils lediglich die halbe
Mittelgebühr zu. Bei der Terminsgebühr fällt die unterdurchschnittliche Schwierigkeit (eindeutige Beweislage) und die
deutlich unterdurchschnittliche Dauer des Termins (Umfang) bei der Bewertung der Kriterien des § 14 RVG deutlich
ins Gewicht. Die Besprechung des Gutachtens vor dem Termin ist der Verfahrensgebühr und nicht der Terminsgebühr
zuzurechnen.
Bei der Einigungsgebühr ist ebenfalls der Umfang und die Schwierigkeit bei der bestehenden Beweislage und der
Tatsache, dass der Kläger den begehrten GdB von 50, nur zu einem späteren Zeitpunkt als beantragt, erhalten
konnte, zu berücksichtigen. Der Bevollmächtigte benötigte eine unter dem Durchschnitt liegende Energie, den Kläger
für den Abschluss eines Vergleichs zu gewinnen.
Aus richterlicher Sicht sind auch die Anzahl der als notwendig angenommenen Kopien (30 Stück) angemessen und
richtig bemessen. Die Notwendigkeit, die gesamte Akte kopieren zu müssen, wurde vom Kläger nicht glaubhaft
gemacht.
Es ergibt sich daher folgende Berechnung:
Widerspruchsverfahren 309,40 Euro Klageverfahren: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV 170,00 Euro Terminsgebühr Nr.
3106 VV 100,00 Euro Einigungsgebühr Nr. 1006 VV 95,00 Euro Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 Euro
Kopierkosten Nr. 7000 VV 15,00 Euro Fahrtauslagen Nr. 7003 VV 54,00 Euro - Betrag 454,00 Euro 19 % Mwst Nr.
7008 VV 86,26 Euro - Klageverfahren insgesamt 540,26 Euro Widerspruchsverfahren 309,40 Euro - 849,66 Euro
davon 1/3 laut Vergleich: 283,22 Euro
Dieser Betrag unterschreitet den von der Beklagten gezahlten und den vom Urkundsbeamten festgestellten Betrag.
Da lediglich der Kläger Erinnerung eingelegt hat, kommt eine Verböserung nicht in Betracht.
Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss Bezug genommen.
Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet. Ein Rechtsmittel ist nicht zulässig
(§ 197 Abs. 2, Halbsatz 2 SGG).