Urteil des SozG Würzburg vom 02.11.2007

SozG Würzburg: gebühr, untätigkeitsklage, begriff, post, mwst, behörde, auflage, erfüllung, meinung, einverständnis

Sozialgericht Würzburg
Kostenbeschluss vom 02.11.2007 (rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 2 SF 10/07.Ko
I. Der Erinnerung der Beklagten vom 06.07.2007 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.06.2007 wird
abgeholfen. II. Die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Kosten gemäß § 197 Abs. 1
SGG werden auf 168,20 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob neben der Verfahrensgebühr eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 i.V.m. Nr. 1006 VV RVG angefallen
ist.
Am 08.07.2006 erhob der Bevollmächtigte des Klägers für diesen Untätigkeitsklage.
Mit Schreiben vom 28.07.2006 teilte die Beklagte mit, dass die beantragte Entscheidung zwischenzeitlich mit
Bescheid vom 24.07.2006 vorgenommen worden sei, wogegen mit Schreiben vom 26.07.2006 bereits Widerspruch
erhoben worden sei.
Mit Beschluss vom 13.09.2006 hat die 5. Kammer der Beklagten die dem Kläger zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten auferlegt.
Mit Kostennote vom 08.10.2006 hat der Klägerbevollmächtigte u.a. eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG in
Höhe von 95,- EUR geltend gemacht. Die Beklagte hat am 25.05.2007 mitgeteilt, dass mit der Kostennote hinsichtlich
der beantragten Erledigungsgebühr kein Einverständnis bestehe. Die Erledigungsgebühr setze eine erhebliche
Mitwirkung des Rechtsanwalts im Sinne eines besonderen Bemühens um eine außergerichtliche Erledigung des
Rechtsstreits voraus. Die bloße Einlegung und Begründung eines Rechtsbehelfs sei damit ebensowenig geeignet, den
Gebührentatbestand zu erfüllen, wie eine bloße Erledigungserklärung.
Der Klägerbevollmächtigte hielt an seiner Kostennote fest und wies auf einen gleichlautenden
Kostenfestsetzungsbeschluss in dem Verfahren S 5 U 47/06 hin.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.06.2007 setzte der Kostenbeamte des Sozialgerichts Würzburg die von der
Beklagten an den Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf die vom Klägerbevollmächtigten beantragten
278,40 EUR fest. Die Erledigungsgebühr stehe zu. Der Urkundsbeamte folge insoweit der Rechtsauffassung des
Sozialgerichts Aachen im Beschluss vom 16.03.2005 und des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.10.2006. Denn die
Erledigungsgebühr stehe dann zu, wenn sich eine Rechtssache durch Erlass eines bisher abgelehnten
Verwaltungsaktes erledige. Eine anwaltliche Mitwirkung wie bei einem Vergleichsabschluss sei hierfür nicht
erforderlich.
Dagegen legte die Beklagte mit Schreiben vom 06.07.2007 Erinnerung ein. Die Erledigungsgebühr setze eine
erhebliche Mitwirkung des Rechtsanwaltes im Sinne eines besonderen Bemühens um eine außergerichtliche
Erledigung des Rechtsstreits voraus. Der Anwalt müsse über die bloße Erfüllung des Verfahrensauftrages hinaus
zusätzlich Besonderes gerade mit dem Ziel der Erledigung der Rechtssache geleistet haben, ohne welches es zur
Erledigung in dieser Weise nicht gekommen wäre. Eine besondere Erledigungsbemühung neben der reinen Erhebung
der Untätigkeitsklage sei weder ersichtlich noch vorgetragen.
Der Urkundsbeamte half der Erinnerung nicht ab und legte den Vorgang zur endgültigen Entscheidung dem
erkennenden Gericht vor.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Erinnerung ist zulässig (§ 197 Abs. 2 SGG). Sie ist auch begründet. Der angefochtene
Kostenfestsetzungsbeschluss wird abgeändert. Dem Kläger steht keine Erledigungsgebühr zu.
Eine Erledigungsgebühr entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung
des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch die anwaltliche Mitwirkung erfolgt. Nach der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG vom 07.11.2006, B 1 KR 23/06 R) und der weit überwiegenden
Meinung der Literatur folgt gerade aus dem Charakter der Gebühr als Erfolgsgebühr, dass nur eine Mitwirkung des
Rechtsanwaltes ausreicht, die nicht nur allgemein auf Verfahrensförderung gerichtet ist und durch die
Tätigkeitsgebühren abgegolten wird, sondern - wie bei einer Einigung - auf den besonderen Erfolg einer Erledigung der
Sache ohne förmliche Entscheidung (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken, Rechtsanwaltsgebührengesetz, Kommentar,
17. Auflage zu 1002 VV Rdnr. 18).
Das BSG hat in oben genannter Entscheidung ausgeführt, dass ein Rechtsanwalt eine Erledigungsgebühr für die
Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid der Behörde nur beanspruchen
könne, wenn er eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit
entfaltet hat. Um den Begriff der Erledigung auszufüllen, bestimme Nr. 1002 VV RVG in Satz 1, dass die Gebühr
entstehe, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem
Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt.
Die Erledigungsgebühr stellt somit eine Erfolgsgebühr dar, mit welcher das besondere Bemühen des Rechtsanwaltes
für Tätigkeiten, die nicht mit der Verfahrensgebühr abgegolten werden, entschädigt wird.
Die 2. Kammer folgt damit nicht der Rechtsprechung der Sozialgerichte Aachen und Nürnberg in o.g. Entscheidungen
und auch nicht der von der 11. Kammer des Sozialgerichts Würzburg bisher vertretenen Auffassung. Die Gebühr
berechnet sich daher wie folgt:
Verfahrensgebühr für Verfahren vor dem Sozialgerichten, §§ 2, 3 RVG, Nr. 3102 VV: 125,- EUR Auslagenpauschale
für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, § 2 RVG, Nr. 7002 VV: 20,- EUR Insgesamt: 145,-
EUR 16 % MwSt gemäß § 2 RVG, Nr. 7008 VV: 23,20 EUR --- Endsumme: 168,20 EUR.
Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).
Ein Rechtsmittel ist nicht zulässig (§ 197 Abs. 2, Halbsatz 2 SGG).