Urteil des SozG Würzburg vom 24.09.2009

SozG Würzburg: widerspruchsverfahren, post, gebühr, vorverfahren, mwst, behandlung, durchschnitt, pauschal, gerichtsverfahren, androhung

Sozialgericht Würzburg
Kostenbeschluss vom 24.09.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 2 SF 35/08 Ko
Die Erinnerung vom 02.10.2008 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.05.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Streitig ist die Höhe der Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren und die Höhe der Verfahrensgebühr für das
Klageverfahren S 11 U 264/05 (= S 11 U 247/07). Der Kläger erlitt als Auszubildender im Fernmeldebaudienst am
08.12.1972 eine Methylenchloridvergiftung. Er wurde seinerzeit in der Medizinischen Universitätsklinik W. bewusstlos
eingeliefert und nach Angaben der Klinik am 09.12.1972 beschwerdefrei entlassen. Der Kläger führt seine bestehende
Kopfschmerzbelastung, eine hyperreagibles Bronchialsystem und eine Gastroenteritis auf diesen Unfall zurück. Mit
Antrag, Widerspruch und Klage gegen den Bescheid vom 26.04.2005 in der Form des Widerspruchsbescheides vom
28.09.2005 wurde im Klageverfahren am 04.01.2007 das Ruhen angeordnet, da zunächst der Ausgang des Verfahrens
S 11 U 345/06 und L 18 U 141/07 abgewartet werden sollte. In letzterem Verfahren einigten mit Vergleich vom
21.08.2007 am Bayerischen Landessozialgericht sich die Beteiligten dahingehend, dass sich die Beklagte bereit
erklärte, 4/5 der Kosten des Klageverfahrens S 11 U 264/05 mit Widerspruchsverfahren zu übernehmen. Mit
Schreiben vom 12.09.2007 beantragte der Klägerbevollmächtigte Kostenerstattung in folgender Höhe:
1. Widerspruchsverfahren Geschäftsgebühr Nr. 2501 VV § 3 RVG Nachprüfung Verwaltungsverfahren 200,00 Euro
Pauschale für Post- und Telekom.dienste Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Zwischensumme netto 220,00 Euro
Mehrwertsteuer 16 % 35,20 Euro Rechnungsendbetrag 255,20 Euro Hiervon 4/5 204,16 Euro
2. Klageverfahren Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV 300,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV 200,00 Euro Pauschale für
Post- und Telekom.dienste Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV RVG 38 Stück, 19,00
Euro Zwischensumme 539,00 Euro Mehrwertsteuer 19 % 102,41 Euro Rechnungsendbetrag 641,41 Euro Hiervon 4/5:
513,13 Euro
Er stellte auch den Antrag diese Beträge mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Antragstellung zu
verzinsen. Die Beklagte hielt die Kostenerstattung in der beantragten Höhe für unbillig. Als Geschäftsgebühr für das
Widerspruchsverfahren hielt sie lediglich 120 Euro für angemessen. Denn die anwaltliche Tätigkeit im
Widerspruchsverfahren sei weder besonders umfangreich noch schwierig gewesen, sie habe sich im Wesentlichen auf
einen Schriftsatz vom 09.05.2005 und die kurze Androhung einer Untätigkeitsklage vom 30.08.2005 beschränkt. Für
das Klageverfahren habe der Bevollmächtigte fast die Höchstgebühr angesetzt. Dies sei weder nach dem Umfang der
Tätigkeit, der Bedeutung des Rechtsstreits, noch nach dessen Schwierigkeit angemessen und sei deshalb unbillig.
Angemessen sei lediglich ei-ne Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom
07.05.2008 ist der Urkundsbeamte des Sozialgerichts der Auffassung des Beklagten gefolgt und hat die dem Kläger
zu erstattende Gebühr auf insgesamt 519,29 Euro festgesetzt. Außerdem hat er dem Verzinsungsantrag des
Bevollmächtigten stattgegeben.
Die Kosten setzen sich wie folgt zusammen:
Widerspruchsverfahren: Geschäftsgebühr Nr. 2501 VV 120,00 Euro Postpauschale Nr. 7002 VV 20,00 Euro
Zwischensumme 140,00 Euro 16 % MWST 22,40 Euro Summe 162,40 Euro Davon 4/5 129,92 Euro
Klageverfahren: Verfahrensgebühr gem. Nr. 3103 VV 170,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV in Verfahren vor den
Sozialgerichten (§ 3 RVG) 200,00 Euro Pauschale für Entgelt für Post- und Telekommunikations- dienstleistungen
gem. 7002 VV 20,00 Euro Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten Nr. 7000 VV RVG 19,00
Euro Summe 409,00 Euro 19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV 75,62 Euro Gesamtsumme 486,71 Euro davon 4/5
389,37 Euro
Die vom Kläger geltend gemachte Gebühr sei unbillig. Die anwaltliche Tätigkeit im Vorverfahren sei weder
umfangreich noch schwierig gewesen. Im Klageverfahren handele es sich im Hinblick auf die Verfahrensgebühr um
einen derartigen Durchschnittsfall, der als solcher auch die Anwendung des Toleranzrahmens ausschließe. Dagegen
hat der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 02.10.2008 Erinnerung eingelegt. Das Verfahren sei für den Kläger von
außerordentlicher Bedeutung gewesen. Der negative Bescheid habe ihn sehr betroffen. Es seien umfangreiche
Besprechungen geführt worden. Er sei als Bevollmächtigter in der Sache umfänglich tätig gewesen. Eine Behandlung
auf der Ebene der Mittelgebühr sei völlig unvertretbar. Sowohl die Kürzung im Widerpruchsverfahren als auch im
Klageverfahren sei unberechtigt. Seine Tätigkeit und auch die Bedeutung des Verfahrens sei zu berücksichtigen.
Darüber hinaus lebe der Kläger in einer soliden wirtschaftlichen Situation. Die Sache sei von der Schwierigkeit her
deutlich oberhalb, wie etwa eines Rentenverfahrens, zu behandeln. Schwierig sei auch die Feststellung von Zeugen
gewesen, denn hierbei hätten sich deutliche Schwierigkeiten ergeben, mit denen man konfrontiert worden sei. Der
Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen und diese der zuständigen 2. Kammer zur
Entscheidung vorgelegt. Ergänzend zum Sachverhalt wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten insbesondere auf
die Akten S 11 U 303/05 ER, S 11 U 345/06, S 11 U 247/07 und L 18 U 141/07 sowie auf die Verfahrensakte Bezug
genommen.
II. Die Erinnerung des Klägers ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kostenerstattungsantrag vom
12.09.2007 ist hinsichtlich der Geltendmachung der Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren und der
Verfahrensgebühr für das Klageverfahren überhöht und insoweit unbillig. Der Urkundsbeamte ist zu Recht von der
Mittelgebühr ausgegangen, da sowohl Verwaltungs- als auch Gerichtsverfahren als durchschnittlich anzusehen sind.
Die Kammer folgt deshalb in vollem Umfang den Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.05.2008.
Ergänzend wird auf darauf hingewiesen, dass die pauschal in der Erinnerung vorgetragenen Argumente sich aus dem
Akteninhalt nicht nachvollziehen lassen. Weder Umfang noch Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit lagen über dem
Durchschnitt. Wenn der Bevollmächtigte selbst ausführt, dass der Kläger in einer soliden wirtschaftlichen Situation
lebt, ist nicht nachvollziehbar, weshalb dieses Verfahren für den Kläger von existenzieller Bedeutung gewesen sein
soll. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass dem Kläger zu Unrecht eine Terminsgebühr in Höhe von 200 Euro
zugesprochen wurde. Denn in dem Verfahren hat kein Termin stattgefunden. Der Vergleichstermin vor dem
Bayerischen Landessozialgericht kann dem Klage-verfahren nicht zugerechnet werden. Da auch kein volles
Anerkenntnis abgegeben wurde, scheidet eine fiktive Terminsgebühr aus. Die Kammer kann jedoch nicht einen
geringeren Betrag als den vom Urkundsbeamten festgesetzten feststellen. Denn eine Verböserung zu Ungunsten des
Erinnerungsführers ist ausgeschlossen. Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei. Die Kosten werden nicht
erstattet. Ein Rechtsmittel ist nicht zulässig (§ 197 Abs. 2 Halbs. 2 SGG).