Urteil des SozG Ulm vom 27.02.2007

SozG Ulm (land baden, schiedsspruch, unterkunft und verpflegung, festsetzung, antrag, abschluss, schiedsstelle, pflege, im bewusstsein, versorgung)

SG Ulm Urteil vom 27.2.2007, S 1 P 2871/05
Festsetzung von Pflegesätzen durch die Schiedsstelle
Leitsätze
Zu den Grundsätzen, nach denen die gemäß § 76 SGB XI gebildete Schiedsstelle bei gescheiterten
Pflegesatzverhandlungen im Schiedsspruch Pflegesätze festzulegen hat.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf 171.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs der Beklagten, mit dem die
Pflegevergütungen für die Zeit vom 01.06.2005 bis zum 31.05.2006 festgesetzt wurden.
2
Die Klägerin betreibt seit über fünf Jahrzehnten das Pflege- und Behindertenheim L. R. in E. als eine
Einrichtung der Alten- und Behindertenhilfe. Für die Bewohner stehen 138 Plätze zur Verfügung, die sich auf 31
Einzelzimmer, 92 Plätze in Doppelzimmern sowie 15 Plätze in Mehrbettzimmern verteilen.
3
In dem in Rede stehenden Zeitraum waren nach den Angaben der Klägerin ca. 70 vom Hundert (v.H.) der
Heimbewohner den Pflegestufen I - III zugeordnet, für die restlichen 30 v.H. ist keine Pflegestufe festgestellt.
90 v.H. Bewohner aller Pflegestufen weisen nach dem Vorbringen der Klägerin psychiatrische Besonderheiten
auf. Bei etwa 54 Bewohner seien nach des Einschätzung eines mit der Klägerin zusammenarbeitenden
Facharztes für Neurologie und Psychiatrie nach der Cohen-Mansfield-Skala schwere Verhaltensauffälligkeiten
festzustellen. Die Bewohner leben ausgehend vom Konzept der Integration bunt gemischt in den drei
Gebäuden des Heimkomplexes. Die Tagesstrukturierung orientiert sich an dem individuellen Bedarf des
jeweiligen Heimbewohners.
4
Der Schwerpunkt der Betreuung liegt bei den Bewohnern in der Pflege und nicht in der Eingliederung. Die
Klägerin verfügt über einen Versorgungsvertrag gemäß § 72 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), der mit
den Landesverbänden der Pflegekassen (Kostenträger) geschlossen wurde und der zum 01.02.2000 in Kraft
getreten ist. Der nach § 75 Abs. 1 SGB XI am 12.12.1996 für das Land Baden-Württemberg geschlossene
Rahmenvertrag für vollstationäre Pflege (RV) erfuhr am 09.07.2002 mit Wirkung zum 01.07.2002 eine
Änderung. Diese Änderung wurde durch den Schiedsspruch der Beklagten am 11.09.2002 für verbindlich
erklärt. Nach § 17 Abs. 2 RV gelten folgende Personalrichtwerte für Pflege und Betreuung (Bandbreiten):
5
Pflegestufe I: 1:3,96 bis 1:3,13;
Pflegestufe II: 1:2,83 bis 1:2,23;
Pflegestufe III: 1:2,08 bis 1:1,65.
6
Mit Wirkung ab 01.09.2003 schloss die Klägerin mit den Kostenträgern gemäß § 80a SGB XI eine Leistungs-
und Qualitätsvereinbarung (LQV) und eine Vergütungsvereinbarung. Es gelten danach für die vollstationäre
Dauerpflege gemäß § 43 SGB XI - und der Vollständigkeit halber mitgeteilt - für die Bewohner nach BSHG bzw.
SGB XII folgende Entgelte:
7
Pflegestufe Pflegevergütung Unterkunft/Verpflegung Gesamt
34,86 EUR
19,40 EUR
54,26 EUR
I
43,00 EUR
19,40 EUR
62,40 EUR
II
56,50 EUR
19,40 EUR
75,90 EUR
III
72,00 EUR
19,40 EUR
91,40 EUR
8
Der Personalschlüssel des Rahmenvertrags (oberer Bereich der Bandbreite) wurde übernommen.
9
Mit Schreiben vom 29.12.2004 legte die Klägerin den Kostenträgern eine Pflegesatzkalkulation zum Antrag auf
Abschluss von Vergütungsvereinbarungen nach SGB XI und BSHG sowie zum Abschluss einer LQV nach §
80a SGB XI vor. Die in ihrer Einrichtung betreute Bewohnerschaft habe einen zusätzlichen Hilfebedarf, ob
dieser Hilfebedarf ausschließlich über SGB XI-Leistungen gedeckt werde oder ob ein zusätzlicher
Eingliederungszuschlag zu vereinbaren sei, sei letztlich egal. Sie benötige jedenfalls mehr Personal als üblich.
Die von ihr ermittelten Entgelte sollten Grundlage für die zu führenden Pflegesatzverhandlungen sein. In dem
Antrag waren die Belegung und die Belegungsstruktur, die Personalbesetzung und die Personalkosten, die
Sachkosten sowie die Kostenrechnung gemäß Pflege-Buchführungsverordnung dargestellt und der Entwurf
einer LQV beigefügt.
10 Die Kostenträger boten der Klägerin folgende Entgelte an:
11
Pflegestufe Pflegevergütung Unterkunft/Verpflegung Gesamt
35,10 EUR
19,50 EUR
54,60 EUR
I
43,20 EUR
19,50 EUR
62,70 EUR
II
56,60 EUR
19,50 EUR
76,10 EUR
III
72,70 EUR
19,50 EUR
92,20 EUR
12 Sie lehnten zugleich Verhandlungen über eine Änderung der LQV und damit zusammenhängend eine
Vereinbarung des von der Klägerin gewünschten höheren Personalschlüssels zur Erlangung einer höheren
Pflegevergütung ab.
13 Die Klägerin wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 18.05.2005 an die nach § 76 SGB XI gebildete
Schiedsstelle (= Beklagte), benannte die Pflegesatzparteien nach § 85 Abs. 2 SGB XI (= Kostenträger), fügte
den Entgeltantrag und den Entwurf einer LQV vom 29.12.2004, die Niederschrift über die gescheiterte
Verhandlung vom 24.02.2005 sowie eine Preisvergleichsliste über 39 Heime im O-Kreis ohne Leistungsinhalte
bei und beantragte die Herbeiführung einer Entscheidung der Schiedsstelle, und zwar zum einen
14 1. die Festsetzung von Entgelten bei Beibehaltung der Personalschlüssel Pflege/Betreuung der derzeitigen
LQV für die Bewohner ohne zusätzlichen Hilfebedarf
15
Pflegevergütungen
Personalschlüssel EUR
Pflegestufe 0 (nachrichtlich)
4,47
38,00
Pflegestufe I
3,13
46,50
Pflegestufe II
2,23
59,50
Pflegestufe III
1,65
76,00
Entgelt Unterkunft/Verpflegung
20.80
16 2. und zum anderen die Festsetzung des verbesserten Personalschlüssels als Leistungsbestandteil der LQV
für diejenigen Bewohner, die auf der Basis der Merkmale der Cohen-Mansfield-Skala einen erhöhten Hilfebedarf
aufweisen, woraus sich die folgenden Ergebnisse der Vergütungen berechnen ließen:
17
Pflegevergütungen
Personalschlüssel EUR
Pflegestufe 0 (nachrichtlich)
4,00
40,84
Pflegestufe I
2,90
49,25
Pflegestufe II
2,00
65,11
Pflegestufe III
1,50
80,26
Entgelt Unterkunft/Verpflegung
20.80
18 Zum Antrag Ziff. 2 führte die Klägerin aus, es sei ihr Ziel, für die Bewohnerschaft, die nach der Cohen-
Mansfield-Skala schwere Verhaltensauffälligkeiten aufwiesen, eine höhere Personalbemessung in die LQV
aufzunehmen und über die Pflegesätze refinanziert zu erhalten.
19 Die Schiedsstelle übersandte den Antrag samt Anlagen den am Verfahren beteiligten Kosten- oder
Leistungsträgern, die sich schriftlich äußerten. Sie beantragten, die Forderung der Klägerin zurückzuweisen
und die auf den am 01.09.2003 vereinbarten Personalschlüsseln errechneten Entgelte von
20
Pflegestufe I
43,20 EUR Personalschlüssel: 1:3,13
Pflegestufe II
56,60 EUR Personalschlüssel: 1:2,23
Pflegestufe III
72,70 EUR Personalschlüssel: 1:1,65
Unterkunft/Verpflegung 19,50 EUR Personalschlüssel: 1:5,90
L/V
Personalschlüssel: 1:1,30
(nachrichtlich: 0/G
35,10 EUR)
21 festzusetzen. Zur Begründung wurde unter anderem vorgetragen, die von der Klägerin vorgenommene
Einteilung der Bewohner nach Verhaltensauffälligkeiten ergebe keine Handlungsrelevanz. Der seit dem
01.02.2000 geltende Versorgungsvertrag umfasse sämtliche Bewohner der Einrichtung. Es sei kein
gesonderter Versorgungsvertrag nach § 17 Abs. 3 bzw. 4 RV geschlossen worden. Der von der Klägerin
geforderte verbesserte Personalschlüssel habe keine rechtliche Grundlage, weil keine Veränderung in der
Situation eingetreten sei, die eine andere Beurteilung notwendig machen würde. Die Klägerin habe im Jahr 2003
eine LQV und eine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen, bei der die Personalbandbreiten des § 17 Abs. 2
RV vollständig ausgeschöpft worden seien. In den lt. RV landesweit festgelegten Personalrichtwerten sei nach
§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XI der von der Klägerin angeführte besondere Betreuungsbedarf auch von Menschen
mit geistigen Behinderungen und psychischen Erkrankungen in vollem Umfang berücksichtigt. Das
Leistungsspektrum des anerkannten Pflegeheims beinhalte auch betreuerische Leistungen. Eine segregative
Demenzabteilung werde von der Klägerin nicht beantragt und liege auch nicht vor. Die Cohen-Mansfield-Skala
sei ein gerontopsychiatrisches Messverfahren, mit dessen Hilfe die Zugangsvoraussetzungen eines
Bewohners für eine segregative Demenzabteilung im Sinne von § 17 Abs. 3 RV geprüft werde. Die
Kostenträger legten ferner Daten von wenigen privatgewerblichen Vergleichsheimen vor.
22 Die Klägerin äußerte sich noch einmal schriftlich. Die Beklagte verhandelte mit der Klägerin und den
Kostenträgern am 19.07.2005 und entschied durch den Schiedsspruch von diesem Tage, dass auf der Basis
der aktuellen Bewohnerstruktur von
23
Pflegestufe 0: 44,32 Bewohner (nachrichtlich)
Pflegestufe I: 48,35 Bewohner
Pflegestufe II: 25,18 Bewohner
Pflegestufe III: 20,15 Bewohner
24 und der in der LQV vom 01.09.2003 vereinbarten Personalausstattung im
25
Bereich Pflege:
Pflegestufe I Personalschlüssel 1:3,13
Pflegestufe II Personalschlüssel 1:2,23
Pflegestufe III Personalschlüssel 1:1,65
Bereich Hauswirtschaft u. Technik
Personalschlüssel 1:5,9
Bereich Leitung u. Verwaltung
Personalschlüssel 1:30
Fachkraftquote:
50 v.H.
26 für das Pflege- und Behindertenheim L. R. in E. für den Zeitraum vom 01.06.2005 bis 31.05.2006 folgende
Vergütungen festgesetzt würden:
27
Pflegevergütung der
Pflegeklasse I
44,05 EUR je Berechnungstag
Pflegeklasse II
57,95 EUR je Berechnungstag
Pflegeklasse III
73,80 EUR je Berechnungstag
Entgelt für Unterkunft und Verpflegung 19,80 EUR je Berechnungstag
28 Der Klägerin bleibe vorbehalten, eine evtl. während des Pflegesatzzeitraums vereinbarte allgemeine Erhöhung
in Anspruch zu nehmen; den Parteien - also der Klägerin und den Kostenträgern - bleibe die Ergänzung der
LQV vorbehalten. In der Begründung wurde im wesentlichen festgehalten, die Verhandlungen der Parteien über
eine einvernehmliche Vereinbarung der Pflegesätze seien gescheitert, weshalb sie gemäß § 85 Abs. 5 SGB XI
habe entscheiden müssen. Nach den zu beachtenden gesetzlichen Vorgaben müssten die Pflegesätze die
Entgelte der Heimbewohner und ihrer Kostenträger für die Pflegeleistungen sowie die medizinische
Behandlungspflege und die soziale Betreuung umfassen. Die Pflegesätze müssten leistungsgerecht sein, und
sie müssten es einem Heim bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, den Versorgungsauftrag zu
erfüllen. Die Begründung gibt im weiteren die bisherigen Grundlagen für die Berechnung der Entgelte und
Personalstärke unter Berücksichtigung der die Parteien betreffenden weiteren Schiedssprüche der
Vergangenheit wieder und teilt bezogen auf die in Rede stehende Entscheidung weiter mit, dass die von der
Klägerin ihrer für 2005 angenommenen Kostenkalkulation zu Grunde gelegten Personaldurchschnittskosten
nicht zu beanstanden sei. Die Beklagte spiegelt ihre Überlegungen an Erfahrungswerten tarifgebundener
Einrichtungen. Bei der Festsetzung der dem Schiedsspruch zu entnehmenden Pflegesätze habe sie sich
mangels hinreichend großer Zahl von vergleichbaren Einrichtungen an den Angaben der Kostenträger zu zwei
Heimen und mithin daran orientiert, dass landesweit in den Jahren 2003 und 2004 und darüber hinaus
Pflegesätze neu und mit Steigerungsraten von 1 v.H. bis knapp unter 2 v.H. festgelegt worden seien. Mit den
von ihr festgesetzten Pflegesätzen sei es der Klägerin möglich, den bisherigen Pflegestandard zu sichern. Der
weitere Antrag unter Ziff. 2 sei nicht begründet. Für die Klägerin bestehe ein Versorgungsvertrag mit Wirkung
ab 01.02.2000, der dem Mustervertrag entspreche. Besonderheiten zu einzelnen Leistungsinhalten,
Betreuungskonzeptionen oder zur Klientel der zu betreuenden Personen seien nicht vereinbart. Der RV vom
09.07.2002 für das Land Baden-Württemberg sei am 11.09.2002 für verbindlich erklärt worden. Ein
Versorgungsvertrag gemäß § 17 Abs. 3 oder Abs. 4 RV sei nicht geschlossen worden. Auch sei bisher kein
Antrag gestellt worden, die bisherige LQV nach § 17 Abs. 3 oder 4 RV konkret zu ergänzen. Der vorgelegte
Entwurf einer LQV enthalte keine Angaben zu Leistungsangeboten für Bewohner mit schweren
Verhaltensauffälligkeiten, sondern nur einen weiteren Personalbedarf von 0,9 Vollkraft (VK).
29 Gegen den mit Schreiben vom 15.08.2005 übersandten Schiedsspruch hat die Klägerin am 15.09.2005 Klage
zum Sozialgericht (SG) Ulm erhoben. Sie beansprucht unter Vorlage zahlreicher Unterlagen - auch solcher über
schwere Verhaltensauffälligkeiten einzelner Bewohner - die konkrete Festsetzung der von ihr beanspruchten
Entgelte für die in Rede stehende Zeit und die Erhöhung des Personalschlüssels bei der Betreuung von
Bewohnern mit schweren Verhaltensauffälligkeiten zur Herbeiführung dieses Ziels. Das Ziel ihrer Klage sei es,
eine Refinanzierung der besonderen Betreuungsangebote für Bewohner mit schweren psychiatrischen
Besonderheiten herbeizuführen. Diese Betreuungsangebote seien nicht als Maßnahmen der Eingliederungshilfe
zu vergüten, sondern seien in das SGB XI-Entgelt unter Ausweitung der LQV zu integrieren. Zur Begründung
im einzelnen beschreibt sie die Bewohnerschaft mit den psychiatrischen Besonderheiten und damit
korrespondierend ihr abgestuftes Angebot an Betreuungsleistungen. Sie habe sich für eine integrative
Versorgung der verhaltensauffälligen Bewohner entschieden. Diese Betreuungsform habe sich bewährt. Sie
verfüge zwar über eine LQV nach § 80a SGB XI, in der die Bewohnerstruktur nach Pflegestufen i. S. des SGB
XI sowie die Personalausstattung nach Pflegeschlüsseln erfasst sei. Darin nicht erfasst seien die Bewohner
mit therapeutisch nicht beeinflussbaren Demenzerkrankungen und schweren stark ausgeprägten
Verhaltensauffälligkeiten, für diese Bewohner bestehe ein besonderer Betreuungsbedarf, der nach der Cohen-
Mansfield-Skala zu erfassen sei. Bei der Berechnung des Personalschlüssels ergebe sich dadurch z. B: bei
der Pflegestufe I eine Änderung von 1:3,13 in 1:2,38. Sie gehe davon aus, dass § 80a SGB XI es ihr
ermögliche, die besonderen Betreuungsleistungen, die bisher unberücksichtigt bleiben mussten, nunmehr mit
berücksichtigen zu können. Sie sei nicht bereit, das System der integrativen Versorgung, das sich in ihrer
Einrichtung bewährt habe, zugunsten einer segregativen Versorgung aufzugeben. Deshalb sei für sie der
Abschluss von zwei getrennten Versorgungsverträgen nicht in Betracht gekommen.
30 Die Klägerin legt ferner im einzelnen dar, dass die Beklagte Pflegesätze festgelegt habe, die keine
wirtschaftliche Betriebsführung ermöglichten. Der durchgeführte Vergleich mit anderen Einrichtungen sei
fehlerhaft erfolgt. Wenn die Beklagte nicht alle Informationen gehabt habe, habe sie den
Untersuchungsgrundsatz verletzt. Die Beklagte habe bei der beanstandeten Entscheidung die
Zusammensetzung des Bewohnerklientel ignoriert. Es sei rechtlich unzutreffend, dass für den Abschluss einer
geänderten LQV ein weiterer Versorgungsvertrag zu schließen sei. Es müsse zuerst die Cohen-Mansfield-
Skala als geeignetes Einstufungskriterium zwischen den Kostenträgern und ihr - der Klägerin - vereinbart sein,
dann könnte Anlass bestehen, eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung
(MDK) in die Wege zu leiten, nicht jedoch umgekehrt. Sie biete ausdrücklich die Einholung eines
Sachverständigengutachtens über die Feststellung der besonderen Verhaltensauffälligkeiten eines Großteils
der Bewohner, den hierdurch bedingten besonderen Betreuungsbedarf dieser Bewohner sowie die Leistung
dieser besonderen Betreuung durch die Mitarbeiter der von ihr geführte Einrichtung an.
31 Die Klägerin macht abschließend Ausführungen zum Streitwert, den sie nach genauer Berechnung
zusammengefasst mit aufgerundet 171.000,00 EUR beziffert.
32 Die Klägerin beantragt,
33
den Schiedsspruch der Beklagten vom 17.07.2005 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
34 Die Beklagte beantragt,
35
die Klage abzuweisen.
36 Sie legt die bei ihr angefallenen Akten vor, nimmt auf den Schiedsspruch Bezug und führt im wesentlichen aus,
im gerichtlichen Verfahren sei festzustellen, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter
Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt sei, ob der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten und das
Gesetz beachtet sei. Es seien bei der Schiedsstellenentscheidung nur die Fakten zu berücksichtigen gewesen,
die ihr bekannt gewesen seien. Für den Inhalt der LQV und die darauf basierende Vergütungsvereinbarung sei
der RV vom 09.07.2002 maßgebend. Der bestehende Versorgungsvertrag verweise in seinem § 7 auf den
geltenden Rahmenvertrag. Derzeit sei § 17 Abs. 2 RV entscheidend mit der darin festgelegten Möglichkeit, die
Personalschlüssel individuell zu vereinbaren bzw. festzulegen. Dies sei mit den seit 01.09.2003 geltenden
Vereinbarungen geschehen. Die Klägerin sei durch den RV gebunden. Wenn die Klägerin einen davon
abweichenden Personalschlüssel beanspruche, müsse sie einen gesonderten bzw. ergänzenden
Versorgungsvertrag mit den Kostenträgern schließen. Dies gehe unzweifelhaft aus dem Schiedsspruch vom
11.09.2002 (AZ. 8/02) - den sie vorlegt - hervor. Die Klägerin habe im Klageverfahren zahlreiche Unterlagen
erstmals vorgelegt, damit könne keine Änderung des getroffenen Schiedsspruchs herbeigeführt werden.
37 Das SG hat die Streitsache mit der Klägerin und der Beklagten am 23.05.2006 in nichtöffentlicher Sitzung
erörtert und hat durch Beschluss vom 15.01.2007 in der Fassung vom 27.02.2007 die folgenden Kostenträger
zu dem Verfahren beigeladen:
38
1. A.
2. L.
3. I.
4. V.
5. K.
6. L.
39 Der Beigeladene Ziffer 5. hat sich geäußert und hat abschriftlich das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG)
Stuttgart vom 22.12.2005 (8 K 4719/04) sowie seinen Antrag auf Zulassung der Berufung vom 08.03.2006
vorgelegt. Die Beigeladenen - auch soweit sie an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben - stellten
keinen Antrag,
40 Zur weiteren Darstellung des Tatbestands wird auf den Inhalt der SG- und Beklagten-Akten einschließlich der
von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
41 Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Eines
Vorverfahrens bedurfte es nach § 85 Abs. 5 Satz 4 SGB XI nicht.
42 Die Klage ist jedoch nicht begründet.
43 Der Schiedsspruch vom 19.07.2005 ist nicht fehlerhaft oder rechtswidrig, er verletzt die Klägerin nicht in ihren
Rechten. Ermessensfehler liegen nicht vor. Die Beklagte hat bei der von der Klägerin mit der Klage
angegriffenen Entscheidung weder Formvorschriften verletzt, noch hat sie die gesetzlichen Grenzen ihres
Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden
Weise Gebrauch gemacht (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG).
44 Auf Antrag einer Vertragspartei setzt die Schiedsstelle nach § 85 Abs. 5 Satz 1 SGB XI die Pflegesätze
unverzüglich fest, wenn die Vertragsverhandlungen innerhalb von sechs Wochen zu keinem Abschluss geführt
haben. So war es hier. Die Klägerin hatte mit Schreiben oder Antrag vom 29.12.2004 Vertragsverhandlungen
begonnen, über die mit den Beigeladenen am 24.02.2005 - erfolglos - verhandelt wurde. Anschließend wurde
die Beklagte eingeschaltet.
45 Nach § 84 Abs. 1 SGB XI sind Pflegesätze die Entgelte der Heimbewohner oder ihrer Kostenträger für die voll-
oder teilstationären Pflegeleistungen des Pflegeheimes sowie für medizinische Behandlungspflege und soziale
Betreuung. Dabei fallen unter den Sammelbegriff der sozialen Betreuung alle Betreuungsleistungen, die nicht
als Grundpflege, Behandlungspflege und hauswirtschaftliche Versorgung angesehen werden können (vgl. BSG
vom 01.09.2005, B 3 P 4/04 R in SozR 4-3300 § 43 Nr. 1 = BSGE 95, 102 ff.). Die Grundsätze der Bemessung
der Pflegesätze sind § 84 Abs. 2 SGB XI zu entnehmen. Danach gilt das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit;
die Pflegesätze müssen es einem Pflegeheim bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seinen
Versorgungsauftrag zu erfüllen. Eine Selbstkostendeckungsgarantie für Pflegeheime kann damit in die
Vereinbarung über die Pflegesätze nicht aufgenommen werden (vgl. Gürtner in KassKomm, § 84 SGB XI RdNr.
4 m.w.H.). Zur Konkretisierung des Pflegeaufwands für den einzelnen Pflegebedürftigen - oder Bewohner -
haben Pflegeheime, die Pflegebedürftige unterschiedlicher Pflegestufen zu versorgen haben, eine Abstufung
der Pflegesätze nach Vergütungsklassen (oder Pflegeklassen) vorzunehmen. Diese Pflegeklassen sind nach
dem Versorgungsaufwand, den der Pflegebedürftige nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit benötigt,
einzuteilen und nicht nach anderen Kriterien. Die Pflegeklassen müssen grundsätzlich eine
vergütungsrechtliche Zuordnung der Pflegebedürftigen nach der bei ihnen festgestellten Pflegestufe nach § 15
SGB XI ermöglichen. Die Einteilung in Pflegeklassen, die sich nach Pflegestufen richtet, ist rein
vergütungsrechtlich relevant, im Pflegeheim muss der Einteilung nicht räumlich Rechnung getragen werden
(vgl. Gürtner, a.a.O., RdNr. 5). Für das Pflegeheim entstehende Mehrkosten sind vorausschauend bei der
Geltendmachung der Pflegesätze zu kalkulieren, unerwartete Mehrkosten können bei den nächsten
Pflegesatzverhandlungen geltend gemacht werden (vgl. BSG a.a.O. vom 01.09.2005). Das Pflegeheim darf
Gewinne erzielen, es muss aber auch das Verlustrisiko tragen (vgl. § 84 Abs. 2 Satz 5 SGB XI).
46 Diese Vorgaben des Gesetzes und die im Rahmenvertrag beschlossenen weiteren Vorgaben gelten für die
vertraglichen Vereinbarung ebenso wie für den Schiedsspruch, der sie ggfs. ersetzt. Seiner Natur nach stellt
der Schiedsspruch einen Interessenausgleich durch ein unabhängiges und durch ein sachnahes Gremium dar.
Mit der paritätischen Zusammensetzung, dem Mehrheitsprinzip und der fachlichen Weisungsfreiheit - vgl. § 76
SGB XI - will der Gesetzgeber die Fähigkeit dieses Spruchkörpers zur vermittelnden Zusammenführung
unterschiedlicher Interessen und zu einer Entscheidungsfindung nutzen, die nicht immer die einzig sachlich
Vertretbare ist und die häufig Kompromisscharakter aufweist (vgl. BSG vom 14.12.2000, B 3 P 19/00 R in
SozR 3-3300 § 85 Nr. 1 = BSGE 87, 199 ff.).
47 Damit hat die Schiedsstelle bei der Festsetzung der Pflegesätze dieselbe Gestaltungsfreiheit wie die
Vertragsparteien und unterliegt denselben gesetzlichen Bindungen. Nach allgemeiner Auffassung, der die
Kammer folgt, steht ihr dabei innerhalb dieses Rahmens ein Entscheidungsspielraum mit der Folge einer nur
eingeschränkten Überprüfbarkeit zu (vgl. BSG vom 14.12.2000 a.a.O., Leitherer in KassKomm, § 76 SGB XI
RdNr. 14 m.w.H.).
48 Die gerichtliche Überprüfung der hier vorliegenden Entscheidung der Beklagten vom 19.07.2005 kann sich
deshalb nur darauf erstrecken, ob sie gesetzlichen Vorschriften widerspricht und ob von zutreffenden
Tatsachen ausgegangen und allgemein gültige Entscheidungskriterien und Bewertungsmaßstäbe zugrund
gelegt worden sind. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs und das Erfordernis einer - von den Beteiligten
nachvollziehbaren - Begründung sind zu beachten. Die Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle findet ihre
Schranken in den aus den geltenden Normen abzuleitenden Mindeststandards hinsichtlich des Leistungsinhalts
und seiner Finanzierung. Hält sich die Schiedsstelle im Rahmen dessen, was den Vertragsparteien rechtlich
möglich gewesen wäre, scheidet eine Aufhebung des Schiedsspruchs aus (vgl. Gürtner in KassKomm, § 85
SGB XI RdNr. 12 m.w.H.), weshalb auch die vorliegende Klage keinen Erfolg hatte.
49 Für den vorliegenden Rechtsstreit ergibt sich unter Beachtung der vorstehend dargestellten Voraussetzungen:
Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bei der Entscheidungsfindung bzw. dem Weg zur
Entscheidungsfindung verfahrensrechtlich relevante Fehler gemacht hätte, sind bei Auswertung der Akten nicht
ersichtlich. Fristen und Formen wurden eingehalten, das rechtliche Gehör wurde gewahrt, die Grundsätze eines
fairen Verfahrens wurden nicht verletzt. Soweit die Klägerin der Beklagten den Vorwurf macht, sie habe gegen
den ihr - angeblich - obliegenden Untersuchungsgrundsatz verstoßen, ist dies unzutreffend. Die Beklagte hat
nach den oben genannten Vorgaben zu entscheiden, sie hat - ebenso wenig wie das Gericht im
anschließenden Verfahren - keine eigenen Ermittlungen anzustellen, um zu einer Entscheidung zu gelangen.
50 Das Gericht vermochte keinen Verstoß der Beklagten gegen die gesetzlichen Vorgaben im Vergütungsrecht
oder ein Abweichen von höchstrichterlicher Rechtsprechung sowie den der Entscheidung zu Grunde gelegten
Tatsachenfestzustellungen erkennen. Die Beklagte hat die von der Klägerin einerseits und von den
Beigeladenen andererseits vorgelegten Unterlagen gewürdigt und hat bei der Festsetzung der Vergütungssätze
die Belange beider Seiten berücksichtigt, in dem sie zugunsten der Klägerin vom 01.06.2005 bis 31.05.2006
höhere Sätze als von den Beigeladenen angeboten, festgesetzt hat, auch wenn sie dabei unter dem erhofften
Ziel der Klägerin blieb; diese Festsetzung ist einer Kompromisslösung entsprechend und unter
Berücksichtigung von allgemeiner Kostensteigerung erfolgt. Der Klägerin ist mit den festgesetzten
Vergütungssätzen die Weiterführung des Heimes wirtschaftlich und unter Beibehaltung ihrer Standards
möglich.
51 Die Klägerin verfügt seit Februar 2000 über einen mit den Beigeladenen geschlossenen Versorgungsvertrag für
ihr Heim, in dem das dem Konzept entsprechende Prinzip der integrativen Versorgung von 138 Heimbewohnern
festgeschrieben ist. In § 17 Abs. 2 RV für vollstationäre Pflege für das Land Baden-Württemberg, der die
Klägerin bindet, wurde der Personalschlüssel festgelegt, der der integrativen Versorgung der Heimbewohner
entspricht. Die Klägerin und die Beigeladenen haben nach dem zwingend zu beachtenden § 80a SGB XI
entsprechend eine LQV und eine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen, die seit dem 01.09.2003 gelten und
die weiterhin Gültigkeit haben.
52 Die Beklagte war nach den mit dem Antrag vom 18.05.2005 vorgelegten Unterlagen nicht gehalten, die von der
Klägerin gewünschte abgeänderte LQV festzusetzen. Die Bewohnerschaft des von der Klägerin geführten
Heimes hat sich seit Abschluss des Versorgungsvertrags, der derzeit gültigen LQV und
Vergütungsvereinbarung - auch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin - nicht signifikant verändert. Die
Beigeladenen waren bereits bei Abschluss der geltenden LQV den Daten des von der Klägerin erstellten
Strukturerhebungsbogens nicht gefolgt, dem hat sich die Beklagte wegen der unveränderten Sachlage im
Bereich der Bewohnerschaft angeschlossen, zumal der Rahmenvertrag vom 09.07.2002 einerseits auch für die
Klägerin verbindliche Regelungen enthält und weil die Klägerin andererseits an ihrem Konzept der integrativen
Versorgung der Bewohner - vgl. § 17 Abs. 2 RV - festhält und ausdrücklich deshalb und konsequent zum
Abschluss eines geänderten oder weiteren Versorgungsvertrags nach den Vorgaben des § 17 Abs. 3 oder 4 RV
nicht bereit ist.
53 Die Anlage 1 gemäß § 17 Abs. 3 RV beschreibt die Vorgaben, nach denen die Klägerin es erreichen könnte,
den Personalmehrbedarf unter Berücksichtigung der Bewertungen nach der Cohen-Mansfield-Skala
berücksichtigt zu erhalten. Nach dieser Anlage zum RV - § 1 der Anlage - müsste zunächst ein
Versorgungsvertrag zwischen der Klägerin und den Beigeladenen geschlossen werden, wozu ein
Betreuungskonzept, eine besondere Qualifikation des Betreuungspersonals und eine besondere räumliche
Ausstattung, die den Bedürfnissen des Personenkreises entspricht, Voraussetzung sind. Die Klägerin müsste
also in eine Art Vorleistung treten oder Vorarbeit leisten. Die Anlage 1 beschreibt die genannten
Voraussetzungen im einzelnen. Diese Vorgehensweise insbesondere den Abschluss zunächst eines neuen
oder ergänzenden Versorgungsvertrags zum Versorgungsvertrag vom 01.02.2000 lehnt die Klägerin ab. Nach
dem vorgelegten Entwurf einer LQV ist es ihr Ziel, die Zustimmung zu einer weiteren 0,9 VK ohne zusätzlichen
Versorgungsvertrag zu erwirken, was nach der Auffassung der Beklagten - der die Kammer folgt - jedoch kein
gangbarer Weg ist. § 80a SGB XI und der Rahmenvertrag sehen dieses Vorgehen nicht vor. Die Klägerin kann
ihr Ziel ohne Änderung des Versorgungsvertrag oder den Abschluss eines neuen Versorgungsvertrags nicht
erreichen. Der Klägerin bleibt es nach wie vor unbenommen, die an schwerer Demenz leidenden Bewohner oder
die Bewohner mit schweren Verhaltensauffälligkeiten - festgestellt nach den Kriterien der Cohen-Mansfield-
Skala - in einer selbständigen Pflegeabteilung mit eigenen Pflegesätzen zu führen, sofern sie die hierfür
erforderlichen sächlichen und personellen Voraussetzungen auf Dauer erfüllt und ihren Versorgungsauftrag
durch entsprechenden Versorgungsvertrag mit den Beigeladenen gemäß § 72 Abs. 1 SGB XI ergänzt (so auch
BSG vom 14.12.2000, a.a.O.).
54 Die im angefochtenen Schiedsspruch festgesetzten Vergütungssätze sind in der jeweiligen Höhe nicht zu
beanstanden. Darauf wurde bereits hingewiesen. Die Kammer konnte nicht feststellen, dass der Beklagten bei
der festgesetzten Höhe ein Ermessensfehler unterlaufen wäre. Die Beklagte hat die allgemeine finanzielle
Entwicklung - die allgemeine Kostensteigerung - hinreichend und deutlich berücksichtigt. Sie hat zwar bei der
Prüfung der Vergütungen nur eine schmale Vergleichsgrundlage gehabt, wobei ihr dies bei der Entscheidung
bewusst war. Das allein macht die Festsetzung nicht angreifbar. Die Beklagte hat berücksichtigt, dass die
Beigeladenen keine andere Vergleichbarkeit hergestellt und keine weitere Einrichtung, die der Klägerin
vergleichbar wäre, mitgeteilt haben, indem die Beklagte nämlich den Vergütungsfestsetzungsvorschlag der
Beigeladenen nicht zum Zuge kommen ließ. Die Beklagte hat im Bewusstsein ihrer Entscheidungskompetenz
eine höhere Festsetzung als angeboten vorgenommen; sie hat das Angebot der Beigeladenen unter freier
Würdigung - was rechtlich in keiner Weise zu beanstanden ist - fortgeschrieben und hat eine Kostensteigerung
von mehr als 2 v.H. bei der Bemessung der Vergütungssätze berücksichtigt.
55 Aus den im Klageverfahren vorgetragenen Argumenten ergibt sich die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung der
Beklagten nicht. Die Angaben zur Bewohnerschaft im Strukturerhebungsbogen war den Beigeladenen zum
Zeitpunkt des Abschlusses der Versorgungsvertrag, der LQV und der Vergütungsvereinbarung bekannt.
Bezüglich der Nichterfassung der Besonderheiten von Bewohnern mit therapeutisch nicht beeinflussbaren
Demenzerkrankungen und/oder schweren stark ausgeprägten Verhaltensauffälligkeiten bei dem
Personalschlüssel wird auf vorstehende Ausführungen verwiesen. Dass die von der Beklagten festgesetzten
Vergütungssätze keine wirtschaftliche Betriebsführung ermöglichte, vermag die Kammer nicht
nachzuvollziehen, da die Klägerin in dem Entwurf einer neuen LQV einen weitern Personalbedarf von nur 0,9
VK zuzüglich zu dem bereits vorhandenen Personal wünscht. Der von der Schiedsstelle vorgenommene
Vergleich mit anderen Einrichtungen war nicht fehlerhaft, auch dazu wird auf obige Ausführungen Bezug
genommen. Für die Einholung des von der Klägerin angebotenen Sachverständigengutachtens zur Feststellung
der besonderen Verhaltensauffälligkeiten eines Großteils der Bewohner, deren besonderer Betreuungsbedarf
dieser Bewohner und die Leistung dieser besonderen Betreuung durch die vorhandenen Mitarbeiter bestand
kein Anlass, weil die von der Klägerin damit erbetene oder angeregte Sachverhaltsaufklärung im gerichtlichen
Verfahren oder auch im Schiedsstellenverfahren - wenn die Streitsache zu einer nochmaligen Entscheidung an
die Beklagte zurückverwiesen würde mit der Auflage, diese Begutachtung durchzuführen - einer Umgehung der
rechtlichen Vorgaben der Anlage 1 zu § 17 Abs. 3 oder 4 RV gleichkäme. Dem Wunsch der Klägerin folgte die
Kammer nicht, denn es war bei der Bearbeitung dieser Streitsache davon auszugehen, dass das Gericht eine
allenfalls eingeschränkte Prüfungspflicht hat, was jedenfalls nicht bedeutet, weitere, bisher nicht bekannten
Erkenntnisse zu ermitteln oder eine diesen Überprüfungsrahmen weit überschreitende Sachverhaltsaufklärung
zur Vorbereitung der von der Klägerin gewünschten Erhöhung des Personalschlüssels zu betreiben. Zum
Umfang der gerichtlichen Prüfungspflicht wird auf die oben gemachten Ausführungen des Urteils verwiesen.
56 Gemäß § 136 Abs. 3 SGG wird im Übrigen auf die Begründung des angegriffenen Bescheides der Beklagten
vom 19.07.2005 zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Soweit aus dem parallel laufenden
verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Entscheidung und weitere Unterlagen vorgelegt worden sind, ergeben
sich daraus keine zugunsten der von der Klägerin angestrebten Entscheidung in diesem Verfahren
weiterführende Erkenntnisse.
57 Die Klage war sonach als unbegründet abzuweisen.
58 Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197a SGG i.V. mit § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
59 Die Festsetzung des Streitwerts erfolgte im Einvernehmen mit den Beteiligten und nach deren Anhörung im
Termin zur mündlichen Verhandlung und entspricht dem (aufgerundeten) Berechnungsergebnis, wie es die
Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 19.06.2006 dargestellt hat.