Urteil des SozG Ulm vom 27.11.2006

SozG Ulm: Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, Hinzuverdienst, Anrechnung, Existenzgründungszuschuss, Arbeitseinkommen, vergleichbare leistung, halbe rente, erwerbseinkommen, arbeitsentgelt

SG Ulm Urteil vom 27.11.2006, S 11 AS 635/06
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung - Hinzuverdienst - Anrechnung - Existenzgründungszuschuss - Arbeitseinkommen
Leitsätze
Der Existenzgründungszuschuss ist keine vergleichbare Leistung im Sinne des § 18a Abs. 3 Nr. 1 SGB IV und daher nicht im Rahmen der
Hinzuverdienstgrenzen nach § 96a Abs. 3 SGB VI als Arbeitseinkommen zu berücksichtigen.
Tenor
Der Bescheid vom 01.07.2005 in der Fassung des Bescheides vom 15.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2006 wird
aufgehoben.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind von der Beklagten zu erstatten.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung der ihm bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung i.H.v. EUR 2.340,55. Zwischen
den Beteiligten ist im wesentlichen streitig, ob der Existenzgründungszuschuss (§ 421 l SGB III) im Rahmen der Hinzuverdienstgrenzen für die
Erwerbsminderungsrenten als Einkommen zu berücksichtigen ist.
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Dem 1951 geborenen Kläger bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 09.04.2003 unbefristet Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab
dem 01.03.2003. Wegen der Bewilligung von Arbeitslosengeld änderte die Beklagte die Rentenbewilligung ab und verfügte eine teilweise
Aufhebung und Erstattung für die Zeit vom 30.04. bis zum 30.06.2003 wegen Überschreitens der maßgebenden Hinzuverdienstgrenzen
(Bescheid vom 29.05.2003). Nachdem der Kläger anschließend Arbeitslosenhilfe bezog und wieder Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung,
nahm er zum 01.05.2004 eine selbstständige Tätigkeit auf (welche lt. Gewerbeabmeldung zwischenzeitlich zum 14.04.2006 wieder aufgegeben
wurde). Die Agentur für Arbeit bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 01.07.2004 einen Existenzgründungszuschuss für maximal 3 Jahre ab
dem 01.05.2004 i.H.v. monatlich EUR 600,-.
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Im Rahmen der Prüfung der Versicherungspflicht als Selbstständiger gab der Kläger im Fragebogen vom 24.08.2004 zunächst an, dass sein
monatliches Arbeitseinkommen/Gewinn regelmäßig 400,- EUR übersteige und mit Erklärung vom 02.09.2004 konkretisierte der Kläger sein
monatliches Bruttoeinkommen auf ca. 1.000,- EUR. Letztlich teilte der Kläger mit Schreiben vom 27.01.2005 mit, er habe aus seiner
selbstständigen Tätigkeit mtl. EUR 1.636,- erzielt.
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Mit Schreiben vom 04.02.2005 bat die Beklagte den Kläger hinsichtlich des angegebenen Umsatzes aus 2004 um Klarstellung. Den
Existenzgründungszuschuss werde man ebenfalls als Einkommen berücksichtigen, so dass nach vorläufiger Berechnung sämtliche aktuellen
Hinzuverdienstgrenzen überschritten seien. Sobald der Steuerbescheid für 2004 vorliege, werde man die Berechnung überprüfen.
5
Der Kläger legte eine Bestätigung der Steuerberatungsgesellschaft R. und Kollegen GmbH vom 10.05.2005 vor, welche einen Gewinn für aus
Gewerbebetrieb für 2004 von EUR 11.618,- auswies.
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Mit Bescheid vom 01.07.2005 bewilligte die Beklagte die Rente wegen teilweiser Erwerbsunfähigkeit weiter, stellte aber eine Überzahlung i. H. v.
2.340,55 EUR fest und wies darauf hin, dass der Kläger diese Überzahlung zu erstatten habe. Allerdings verfügte die Beklagte keine Aufhebung
des letzten Bewilligungsbescheides. Gleichzeitig veranlasste die Beklagte mit Schreiben vom 01.07.2005 eine Anhörung anlässlich der
beabsichtigten Aufhebung der Bewilligungsentscheidung ab dem 01.05.2004.
7
Hiergegen legte der Kläger am 22.07.2005 Widerspruch ein.
8
Mit Bescheid vom 15.08.2005 hob die Beklagte den Bescheid vom 09.04.2003 gem. § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) mit Wirkung
zum 01.05.2004 auf. Die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen seien überschritten, denn der Kläger habe Einkommen i.H.v. monatlich EUR
2.052,20 erzielt (Gewinn 11.617,60 EUR : 8 Monate = 1.452,20 EUR zgl. Existenzgründungszuschuss i.H.v. monatlich 600,- EUR). Für die Zeit
vom 01.05.2004 bis 31.12.2004 sei daher eine Überzahlung i.H.v. EUR 2.340,55 entstanden, die der Kläger zu erstatten habe.
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Der Kläger legte auch hiergegen vorsorglich Widerspruch ein und trug vor, der Bescheid vom 15.08.2005 sei Gegenstand des
Widerspruchsverfahrens. Der Existenzgründungszuschuss sei nicht zur Sicherung des Lebensunterhaltes gedacht, sondern nur eine
Kompensation für zu leistende Sozialversicherungsbeiträge und daher nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Während Bezieher von
Arbeitslosengeld kranken-, pflege- und rentenversichert seien, bestehe keine entsprechende Regelung für eine sog. Ich-AG. Vielmehr müsse er
selbst für seine Sozialversicherung sorgen. Der Existenzgründungszuschuss diene somit ausschließlich der sozialversicherungspflichtigen
Absicherung und nicht seinem Lebensunterhalt.
10 Mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2006 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 01.07.2005 und 15.08.2005 zurück.
Dem Kläger habe wegen zu berücksichtigenden Einkommens vom 01.05. bis 31.12.2004 keine Rente zugestanden und daher habe er die
Überzahlung zu erstatten. Der Existenzgründungszuschuss sei unter die gem. § 96 a SGB VI i.V.m. § 18 a Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch
Viertes Buch (SGB IV) genannten Sozialleistungen zu subsumieren.
11 Am 16.02.2006 hat der Kläger zum Sozialgericht Ulm Klage erhoben. Er trägt vor, er sehe sich durch den Beschluss des LSG Nieders.-Bremen
vom 23.06.2005 - L 8 AS 79/05 ER in seiner Rechtsauffassung bestätigt. Das LSG habe entschieden, dass der Existenzgründungszuschuss nicht
dazu diene, den Lebensunterhalt zu sichern, vielmehr handele es sich um eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11 Sozialgesetzbuch
Zweites Buch (SGB II). Der Kläger hat auf Anforderung der Kammer den Einkommenssteuerbescheid für 2004 (vom 29.07.2005) und den
Nachweis über die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht vorgelegt.
12 Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Agentur für Arbeit S. beigezogen.
13 Der Kläger beantragt,
14 den Bescheid vom 01.07.2005 in der Fassung des Bescheides vom 15.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2006
aufzuheben.
15 Die Beklagte beantragt,
16 die Klage abzuweisen.
17 Sie trägt vor, die Arbeitsgruppe des Fachausschusses für Versicherung und Rente habe in ihrer Sitzung vom Februar 2003 den Ergebnissen der
Projektgruppe Hinzuverdienstgrenzen zugestimmt und verbindlich festgestellt, dass der Existenzgründungszuschuss als Hinzuverdienst zu
berücksichtigen sei.
18 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der
Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
19 Die beim zuständigen Gericht fristgerecht erhobene Anfechtungsklage, § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), ist zulässig und begründet.
20 Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, denn der Kläger hat nach Überzeugung des Gerichts die
maßgebliche Hinzuverdienstgrenze ab dem 01.05.2004 nicht überschritten, womit eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist. Folglich hat
die Beklagte zu Unrecht die Bewilligung der Rente ab dem 01.05.2004 aufgehoben. Eine Überzahlung ist nicht eingetreten, so dass der Kläger
den geforderten Betrag i.H.v. EUR 2.340,55 nicht zu erstatten hat.
21 Die angefochtene Entscheidung der Beklagten vom 01.07.2005 in der Fassung des Bescheides vom 15.08.2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 07.02.2006 ist an § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu messen. Soweit in den tatsächlichen oder
rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist
der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der
Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen
erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, § 48 Abs. 1 S. 2 Ziff. 3 SGB X.
22 Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, weil zum 01.05.2004 keine wesentliche Änderung im Vergleich zum maßgeblichen letzten
Bewilligungsbescheid (09.04.2003 oder 29.05.2003) eingetreten ist. Entscheidend ist nämlich, dass der Kläger die Hinzuverdienstgrenzen für
die ihm gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (auch) ab dem 01.05.2004 nicht überschritten hat.
23 Da der Kläger (erst) seit dem 01.03.2003 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bezieht, sind vorliegend die Hinzuverdienstgrenzen
des § 96a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB V) maßgebend und nicht diejenigen des § 313 Abs. 3, Abs. 2 SGB VI. Gemäß § 96a
Abs. 1 S. 1 SGB VI wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die (jeweiligen) Hinzuverdienstgrenzen nicht
überschritten werden; wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen (bestimmten) Betrag im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer
Betracht bleibt, § 96a Abs. 1 S. 2 2.Hs SGB VI. Die Hinzuverdienstgrenze beträgt vorliegend bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
in voller Höhe das 20,7-fache des aktuellen Rentenwerts, vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte der letzten 3 Jahre vor dem Eintritt der
teilweisen Erwerbsminderung, d.h. vorliegend ist für das maßgebende Jahr 2004 die Hinzuverdienstgrenze i.H.v. EUR 1.575,99 zu beachten, (§
96a Abs. 2 Ziff. 1a SGB VI). Die Hinzuverdienstgrenze beträgt in Höhe der Hälfte das 25,8-fache des aktuellen Rentenwerts, vervielfältigt mit der
Summe der Entgeltpunkte der letzten 3 Kalenderjahre vor Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung, d.h. für 2004 sind vorliegend mtl. EUR
1.964,28 zu berücksichtigen. Diese Hinzuverdienstgrenzen sind im Regelfall auch in ihrer Ausgestaltung und im Einzelnen mit dem Grundgesetz
vereinbar (BSG Urt. vom 28.04.2004 - B 5 RJ 60/03 R = SozR 4-2600 § 13 Nr. 3; LSG Celle Urt. vom 31.08.2005 - L 2 Kn 9/03; LSG Bad.-Württ.
Urt. vom 24.09.2002 - L 9 RJ 43/02 nachgehend BSG Urt. vom 20.11.2003 - B 13 RJ 43/02 R).
24 Aus seiner selbständigen Tätigkeit erzielte der Kläger Arbeitseinkommen unter Zugrundelegung des Steuerbescheides und der entsprechenden
Bestätigung des Steuerberaters für die Zeit vom 01.05.2004 bis zum 31.12.2004 (für 8 Monate) insgesamt EUR 11.617, d.h. monatlich EUR
1.452,12. Folglich hat der Kläger allein durch das Erzielen eines Arbeitseinkommens aus seiner selbständigen Tätigkeit weder die o.g.
Hinzuverdienstgrenze für die volle Rente (EUR 1.575,99), noch die Hinzuverdienstgrenze für die halbe Rente (EUR 1.964,28) wegen teilweiser
Erwerbsminderung überschritten.
25 Entscheidend ist des weiteren, dass nach Auffassung der Kammer der dem Kläger seitens der Bundesagentur für Arbeit gewährte
Existenzgründungszuschuss (i.H.v. mtl. EUR 600,-) nicht im Rahmen des § 96a SGB VI als Hinzuverdienst zu berücksichtigen ist.
26 Hinsichtlich der Frage, ob ein Existenzgründungszuschuss im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) eine
anderweitig zweckbestimmte und damit anrechnungsfreie Einnahme bezüglich des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (ALG) II ist, existiert
zwischenzeitlich eine umfangreiche Rechtsprechung (verneinend LSG Hessen Beschluss vom 29.06.2005 - L 7 AS 22/05 ER; LSG Sachsen-
Anhalt Beschl. vom 10.11.2005 - L 2 B 44/05 AS ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.12.2005 - L 10 B 1144/05 AS ER; bejahend
demgegenüber LSG Nieders.-Bremen Urt. vom 25.04.2006 - L 8 AS 29/06; LSG Bayern Urt. vom 20.01.2006 - L 7 AS 37/05). Auch das LSG Bad.-
Württ. hat den Existenzgründungszuschuss als anrechnungsfreie Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II angesehen (Beschluss vom
21.07.2006 - L 8 AS 2198/06 ER-B). Beim BSG sind zu dieser Frage Revisionsverfahren anhängig (B 7b AS 16/06 R; B 7b AS 20/06 R). Nach
dem Kenntnisstand der Kammer sind jedoch hinsichtlich der Frage, ob der Existenzgründungszuschuss im Rahmen des Hinzuverdienstes über §
96a Abs. 3 SGB IV i.V.m. § 18a Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 SGB IV als vergleichbare Leistung zu berücksichtigen ist, keine höchstrichterlichen
Entscheidungen ergangen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass diesbezüglich eine Vielzahl von Rechtstreitigkeiten auch nicht zu erwarten sein
dürften. Zum einen sind Fallgestaltungen selten, in denen neben dem Existenzgründungszuschuss tatsächlich bereits Arbeitseinkommen aus
selbständiger Tätigkeit erzielt wird, so dass die jeweiligen Hinzuverdienstgrenzen in den meisten Fällen gar nicht überschritten werden und zum
anderen ist der Existenzgründungszuschuss vom Gesetzgeber zeitlich begrenzt (§ 421 l Abs. 5 SGB III).
27 Die Kammer ist aber schließlich zur Auffassung gelangt, dass der Existenzgründungszuschuss nicht im Rahmen der Hinzuverdienstgrenzen bei
den Renten wegen Erwerbsminderung zu berücksichtigen ist. Gemäß § 96a Abs. 3 SGB VI stehen dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen
bei der Feststellung eines Hinzuverdienstes, der neben einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erzielt wird, das Krankengeld gleich,
das Versorgungskrankengeld, das Übergangsgeld und letztlich die weiteren in § 18a Abs. 3 S. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs Viertes Buch (SGB
IV) genannten Sozialleistungen; wobei als Hinzuverdienst das der Sozialleistung zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder
Arbeitseinkommen zu berücksichtigen ist, § 96a Abs. 3 S. 3 SGB VI. Gemäß § 18a Abs. 3 S.1 SGB IV ist folgendes Erwerbseinkommen im
Rahmen des Hinzuverdienstes zu berücksichtigen: Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Mutterschaftsgeld, Übergangsgeld,
Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, Insolvenzgeld und vergleichbare Leistungen. Da der Existenzgründungszuschuss in § 18a Abs. 3 Ziff. 1 SGB
IV nicht ausdrücklich genannt ist, wäre er nur dann im Rahmen des Hinzuverdienstes bei einer Erwerbsminderungsrente zu berücksichtigen,
wenn es sich bei dem Existenzgründungszuschuss um eine „vergleichbare Leistung“ im Sinne des § 18a Abs. 3 Nr. 1 SGB IV handelt. Die
Kammer ist zur Auffassung gelangt, dass es sich bei dem Existenzgründungszuschuss jedoch nicht um eine solche „vergleichbare Leistung“
handelt. Vergleichbar mit den in § 18a Abs. 3 S. 1 Ziff. 1 SGB IV genannten Leistungen sind nur diejenigen, die tatsächlich Erwerbseinkommen
(also Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen im Sinne der §§ 14, 15 SGB IV) ersetzen. Beispielsweise sind „nicht“ vergleichbar solche
Leistungen, die nicht vorwiegend den Ersatz des Erwerbseinkommens bezwecken, sondern auf die nur bei Bedürftigkeit Anspruch besteht, wie
z.B. Arbeitslosenhilfe, Leistungen der Kriegsopferfürsorge, die Leistungen der allgemeinen Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach dem
SGB XII, Leistungen der Grundsicherung im Alter, das Arbeitslosengeld II, das Sozialgeld, das Einstiegsgeld. Auch streng zweckgebundene
Leistungen, wie z.B. das Pflegegeld oder auch das Wohngeld sind keine Leistungen, die vorwiegend als Ersatz für Erwerbseinkommen erbracht
werden (vgl. hierzu Seewald in Kass. Komm. § 18a SGB IV Rdziff. 19, 20). Entscheidend ist somit, dass der Existenzgründungszuschuss nach §
421 l Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) keine Leistung ist, die als Ersatz für Erwerbseinkommen erbracht wird. Nach den
Gesetzesmaterialien zum Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 05.11.2002 (Bundestags/Drucksache 15/26, S. 19,
S. 22 zu § 421m des Gesetzentwurfs) sollte durch die Gewährung des Existenzgründungszuschusses die Förderung der sog. Ich-AG bzw. der
Familien- AG ein Übergang in die Selbständigkeit befristet „sozial flankiert“ werden, in dem die Selbständigen in den Schutz der
Sozialversicherung einbezogen bleiben. Sinn und Zweck des Existenzgründungszuschusses ist bzw. war zudem - wie bei anderen in diesem
Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen - die wirkungsvolle Zurückdrängung der Schwarzarbeit im Dienstleistungssektor
(Bundestags/Drucksache aaO S. 19). Dies zeigt, dass es sich bei dem Existenzgründungszuschuss gerade nicht um eine im wesentlichen
lebensunterhaltsichernde Leistung handelt (so auch LSG NRW Beschluss vom 07.09.2006 - L 20 B 178/06 AS ER/B allerdings in einem
anderem Zusammenhang). Vielmehr sollte ein Übergang in eine, grundsätzlich nicht sozialversicherungspflichtige, Selbständigkeit ermöglicht
werden, in dem für einen Übergangszeitraum Pauschalleistungen aus Sozialversicherungsmitteln gewährt werden. Der
Existenzgründungszuschuss ist somit eine zweckbestimmte Einnahme und dient nicht der Sicherung des Lebensunterhalts sondern - wie bereits
ausgeführt - anderen Zwecken (so auch LSG Nieders.-Bremen Urt. vom 25.04.2006 - L 8 AS 29/06; LSG NRW Beschl. vom 07.09.2006 - L 20 B
178/06 AS-ER, allerdings in einem anderen Zusammenhang). Der Existenzgründungszuschuss knüpft zudem wegen der mit einem Schritt in die
Selbständigkeit notwendigerweise verbundenen Kostenlast nicht notwendig und auch nicht ersichtlich in erster Linie an die
Lebensunterhaltskosten an, was gerade auch daraus deutlich wird, das nach § 421 I Abs. 1 Nr. 2 SGB III der Zuschuss gewährt wird, wenn das
aus der selbständigen Tätigkeit erzielte Arbeitseinkommen voraussichtlich 25.000,- EUR im Jahr nicht übersteigt. Nach alledem kann der
Existenzgründungszuschuss nach Auffassung der Kammer nicht als „vergleichbare“ Leistung im Sinne des § 18a Abs. 3 S. 1 Ziff. 1 SGB IV
verstanden werden.
28 Somit ist lediglich das oben ausgeführte vom Kläger ab dem 01.05.2004 erzielte Einkommen aus selbständiger Tätigkeit i.H.v. mtl. EUR 1.452,12
zu berücksichtigen, womit die Hinzuverdienstgrenzen für seine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht überschritten sind.
29 Da die Beklagte folglich mangels wesentlicher Änderung zu Unrecht die Bewilligung nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X aufgehoben hat, besteht
auch seitens des Klägers keine Verpflichtung zur Rückerstattung bereits geleisteter Überzahlungen (§ 50 Abs. 1 S. 1 SGB X).
30 Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.
31 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.