Urteil des SozG Trier vom 21.07.2010

SozG Trier: angemessenheit der kosten, darlehen, verbrauch, heizung, rechtfertigung, haushalt, nebenkosten, saldo, selbsthilfe, niedersachsen

Sozialrecht
SG
Trier
21.07.2010
S 1 AS 256/10 ER
Darlehen bei Stromsperre
Die Gewährung eines Darlehens zur Aufhebung einer Stromsperre ist nicht gerechtfertigt, wenn der
Leistungsempfänger einen deutlich überhöhten Stromverbrauch nicht erklären kann und aufgrund hoher
Abschlagszahlungen des Stromversorgers mit einer baldigen neuen Stromsperre zu rechnen ist.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
2. Außergerichtliche Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin die darlehensweise Übernahme von Stromschulden.
Die am 15.7.1974 geborene Antragstellerin, die seit April 2009 geschieden ist, ist Mutter der Kinder
Marcel, geb. am 6.4.1999, und Maurice, geb. am 10.11.2002. Die Kinder der Antragstellerin befinden sich
seit dem Jahre 2009 auf Veranlassung des zuständigen Jugendamtes bei den Eltern der Antragstellerin,
mit einer baldigen Rückkehr in den Haushalt der Antragstellerin ist nach Angaben des Jugendamtes nicht
zu rechnen. Die Antragstellerin war bis Anfang des Jahres 2009 beschäftigt und bezog ab 21.1.2009
Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB III). Vom 2.5.2009 bis 30.9.2009
stand sie erneut in einem Beschäftigungsverhältnis. Zum 1.10.2009 meldete sie sich wiederum
arbeitsuchend. Seit Oktober 2009 erhält sie von ihrer Krankenkasse Krankengeld in Höhe von 18,27 €
netto..
Die Antragstellerin ist zusammen mit ihrem geschiedenen Ehemann Eigentümerin eines
Einfamilienhauses in K-K mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 100 m². Das Haus verfügt über eine Öl-
Zentralheizung, die Warmwasserversorgung erfolgt durch einen Durchlauferhitzer. Zur Finanzierung des
Hauserwerbes wurden mehrere Darlehen aufgenommen. Zum 17.12.2009 bestanden vier
Darlehensverträge bei der Sparkasse T:
Konto Saldo 19.398,10 Euro monatliche Darlehensleistung 137,00 Euro, Zinsen zum 30.11.2009
monatlich 85,84 Euro
Konto Saldo 3.769,73 Euro Darlehensleistung 2009 2.812,00 Euro jährlich, Zinsen 375,48 Euro
jährlich
Konto Saldo 43.641,83 Euro vierteljährige Darlehensleistung 754,34 Euro, vierteljährige Zinsen
zum 30.9.2009 521,13 Euro
Konto Saldo 71.254,24 Euro monatliche Darlehensleistung 372,00 Euro, Zinsen zum 30.11.2009
monatlich 288,12 Euro.
Diese Kredite werden von der Antragstellerin bedient.
Weiterhin besteht ein Kredit in unbekannter Höhe bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), für den
vierteljährlich Raten von 750,00 Euro zu zahlen sind. Gemäß einer Vereinbarung der Antragstellerin mit
ihrem geschiedenen Ehemann zahlt dieser monatlich 250,00 Euro auf ein Sparbuch, von dem
vierteljährlich die Rate an die KfW gezahlt wird.
Die Antragstellerin war bis zum 28.2.2009 Kunde des Stromlieferanten RWE. Der Zählerstand betrug am
3.8.2007 60.739 kWh, am 14.5.2008 66.693 kWh und am 28.2.2009 72.448 kWh. Die Antragstellerin
befand sich mit der Begleichung ihrer Stromschulden ab dem Jahr 2008 in Rückstand, so dass im Januar
2009 der Stromzähler durch den Stromversorger ausgebaut wurde. Nach Angaben des Stromlieferanten
erfolgten seitens der Antragstellerin Teilzahlungen, die vollen Schulden seien noch nicht beglichen. Vom
1.3.2009 bis 30.9.2009 war die Antragstellerin Kundin bei dem Stromlieferanten E-primo. Der Zähler
1.3.2009 bis 30.9.2009 war die Antragstellerin Kundin bei dem Stromlieferanten E-primo. Der Zähler
wurde zur Belieferung mit Strom wieder eingebaut. Gemäß einem Schreiben des Lieferanten vom
16.2.2009 waren monatliche Abschläge in Höhe von 51,00 Euro von der Antragstellerin zu entrichten.
Eine Zählerablesung am 15.5.2009 ergab einen Stand von 83.083 kWh, zum 1.10.2009 betrug der Stand
99.168 kWh. Das Vertragsverhältnis der Antragstellerin mit dem Stromlieferanten E-primo endete zum
30.9.2009. Hier sind nach Angaben des Stromlieferanten noch Stromschulden in Höhe von 5.065,00 Euro
offen. Zahlungen durch die Antragstellerin während des Vertrages erfolgten nicht. Zum 1.10.2009 wurde
die Antragstellerin wieder Kundin des Stromlieferanten RWE. Dieser setzte nach Angaben der
Antragstellerin monatliche Abschlagzahlungen in Höhe von 967,17 Euro fest. Da dies der Antragstellerin
zu hoch erschien, legte sie "Widerspruch" beim Stromlieferanten ein und zahlte auch keine Abschläge.
Der Zählerstand belief sich am 14.5.2010 auf 117.006 kWh. Mit Rechnung vom 5.6.2010 berechnete der
Stromlieferant der Klägerin für den Zeitraum vom 1.10.2009 bis 14.5.2010 Stromkosten in Höhe von
4.008,75 Euro und setzte den neuen monatlichen Abschlag auf 507,00 Euro fest. Die Antragstellerin
wurde aufgefordert, einen Betrag in Höhe von 4.515,75 Euro zu zahlen. Aufgrund eines
Versäumnisurteiles des Amtsgerichts Saarburg vom 8.4.2010 (5b C 69/10) wurde am 30.6.2010 der
Stromzähler im Haus der Antragstellerin ausgebaut. Der Zählerstand belief sich zu diesem Zeitpunkt auf
119.005 kWh, eine Endrechnung ist noch nicht erteilt.
Am 4.12.2009 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Im Rahmen
der Antragstellung legte sie Quittungen eines Heizöllieferanten vom 27.11.2008 über 100,00 Euro und
315,35 Euro und vom 13.12.2008 über einen Betrag in Höhe von 282,65 Euro vor, weiterhin Unterlagen
über weitere laufende Kosten für das Haus. Mit Bescheid vom 17.12.2009 bewilligte die Antragsgegnerin
der Antragstellerin ab dem 4.12.2009 Leistungen in Höhe von 593,84 Euro monatlich unter Anrechnung
des gezahlten Krankengeldes bis zum 30.4.2010, ab dem 1.5.2010 wurde ein Betrag in Höhe von 165,90
Euro bewilligt. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass es sich hierbei um die Kosten für Unterkunft und
Heizung handele. Bei der Berechnung der Leistungen legte die Antragsgegnerin als Kosten für Unterkunft
und als Nebenkosten einen Betrag in Höhe von 752,94 Euro monatlich zu Grunde, hierin waren auch die
zu zahlenden Schuldzinsen enthalten. Weiterhin wurde der Antragstellerin aufgrund der vorgelegten
Belege über den Erwerb von Heizöl ein Betrag in Höhe von 55,00 Euro für Heizkosten bewilligt. Mit
Schreiben vom 16.12.2009 wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hin, dass die Kosten für
Unterkunft und Nebenkosten nicht angemessen seien und forderte die Antragstellerin zur Reduzierung
der Kosten auf. Für einen Ein-Personen-Haushalt seien am Wohnort der Antragstellerin eine
Wohnungsgröße von 50 m² und ein Gesamtbetrag von 325,00 Euro für Kosten der Unterkunft,
Nebenkosten und Heizung angemessen. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft könnten daher nur bis
zum 30.4.2010 übernommen werden. Mit Bescheid vom 5.5.2010 bewilligte die Antragsgegnerin auf den
Fortzahlungsantrag der Antragstellerin für den Zeitraum vom 16.2010 bis 30.11.2010 als Kosten für
Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung des gezahlten Krankengeldes einen Betrag in Höhe von
165,90 Euro.
Vom 21.1.2010 bis 18.3.2010 befand sich die Antragstellerin in einer stationären
Rehabilitationsmaßnahme in einer Klinik im Saarland, Kostenträger war die gesetzliche
Rentenversicherung.
Am 2.7.2010 hat die Antragstellerin bei Sozialgericht Trier beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten,
ihr ein Darlehen zur Begleichung ihrer Stromkosten in Höhe von 4.515,75 Euro zu gewähren. Sie gab an,
sie werde in den nächsten Tagen bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Gewährung eines Darlehens
stellen.
Am 7.7.2010 hat die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin vorgesprochen und die Rechnung des
Stromversorgers RWE vorgelegt.
Die Kammer hat am 8.7.2010 und am 14.7.2010 Termine zur Erörterung der Sach- und Rechtslage
durchgeführt. Insoweit wird auf die Niederschriften (Blatt 34 f; Blatt 50 f) verwiesen. Mitarbeiter der
Antragsgegnerin haben am 9.7.2010 bei der Antragstellerin einen Hausbesuch durchgeführt. Insoweit
wird auf das Ergebnis der Überprüfung (Blatt 43 der Gerichtsakte) und die von der Antragsgegnerin
eingereichten Fotos verwiesen.
Die Antragstellerin trägt vor, sie könne sich den hohen Stromverbrauch nicht erklären. Sie habe in ihrem
Haushalt nur die üblichen Haushaltsgeräte. Die Warmwasserversorgung erfolge durch einen
Durchlauferhitzer. Sie dusche normalerweise zweimal täglich. Im letzten Winter habe sie mit zwei
Elektroradiatoren geheizt, die im offenen Flur gestanden hätten, einer oben und einer unten. Diese
Radiatoren habe sie allerdings erst im Januar 2010 gekauft, vorher sei das Haus nicht geheizt worden.
Während ihrer Abwesenheit im Rahmen der stationären Rehabilitationsmaßnahme seien die Radiatoren
nur zeitweise auf geringer Stufe gelaufen. Den Verbrauch von Mitte Mai 2010 bis Ende Juni 2010 von
etwa 2000 kWh könne sie sich nicht erklären, da sie in diesem Zeitraum überhaupt nicht geheizt habe. Öl
habe sie seit Ende des Jahres 2008 nicht mehr getankt. Einen Antrag auf Übernahme von Heizölkosten
habe sie bei der Antragsgegnerin nicht gestellt, da ihr diese Möglichkeit nicht bekannt gewesen sei.
Mit Bescheid vom 15.7.2010 hat die Antragsgegnerin die Gewährung eines Darlehens in Höhe von
5.415,75 Euro zur Begleichung der Stromschulden abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der
Tatbestand des § 22 Abs. 5 SGB II sei vorliegend nicht erfüllt. Es scheitere vorliegend schon an dem
Tatbestandsmerkmal der "Rechtfertigung". Hierbei sei zu klären, ob der Hilfesuchende alle Möglichkeiten
der Selbsthilfe ausgeschöpft habe. Zur Frage der Rechtfertigung gehöre auch der Gesichtspunkt, dass
grundsätzlich die Übernahme von Rückständen nicht gerechtfertigt sei, wenn dies zur Sicherung einer
nicht kostenangemessenen Unterkunft führen würde. Es könne nicht Sinn der Regelung sein, die
Vorschriften zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft dadurch gegenstandslos werden zu lassen.
Die Antragstellerin bewohne als Einzelperson ein Haus, dessen monatliche Kosten sich auf 752,94 Euro
beliefen, angemessen seien monatliche Kosten von 325,00 Euro. Unter Berücksichtigung, dass der
Energieversorger monatliche Abschläge von 507,00 Euro von der Antragstellerin fordere, könne diese die
monatlichen Belastungen betreffend die Immobilie nicht tragen, ihr Leistungsanspruch nach dem SGB II
betrage derzeit monatlich 165,90 Euro. Die Antragstellerin beabsichtige, nach Bezug des Krankengeldes
eine Umschulung zu absolvieren. Aufgrund des dann höheren Einkommens ergebe sich ein noch
geringerer Anspruch nach dem SGB II, so dass auch auf absehbare Zeit eine Sicherung der Unterkunft
nicht gegeben sei. Selbst wenn die Antragsgegnerin die Stromschulden begleichen würde, könne die
Antragstellerin die laufenden Unterkunftskosten inklusive der monatlichen Stromabschläge nicht tragen.
Die Antragsgegnerin müsste ständig neue Darlehen gewähren, um die Stromzufuhr zu gewährleisten,
was vom Gesetzgeber nicht vorgesehen sei. Eine einmalige Notsituation, die durch Gewährung eines
Darlehens dauerhaft beseitigt werden könne, liege im Fall der Antragstellerin nicht vor. Sie sei auch nicht
bereit, das Haus zu verkaufen. Auch würden die beiden minderjährigen Kinder der Antragstellerin auf
absehbare Zeit nicht in deren Obhut zurückkehren. Im Rahmen des auszuübenden Ermessens sei die
Gewährung des Darlehens ebenfalls abzulehnen. Die Antragstellerin habe seit Anfang des Jahres 2009
bei den Stromanbietern RWE und E-primo enorm hohe Stromkostenrückstände verursacht, weshalb zum
zweiten Mal der Stromzähler ausgebaut worden sei. Eine nachvollziehbare Erklärung für den extrem
hohen Stromverbrauch habe die Antragstellerin nicht geben können. Der Außendienst der
Antragsgegnerin habe keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass ein Dritter Strom über den Zähler der
Antragstellerin beziehe. Auf keinen Fall könne es Aufgabe des Grundsicherungsträgers sein, so
entstandene Stromrückstände zu begleichen. Letztlich seien auch die Radiatoren keine Erklärung für die
Stromkosten, da die Antragstellerin diese nach ihren Angaben erst im Januar 2010 erworben habe und
hiermit die hohen Stromkosten in den Sommermonaten des Jahres 2009 nicht erklärt werden könnten.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ein Darlehen zur
Begleichung ihrer Stromschulden zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt
der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin und der von ihr vorgelegten Fotos sowie der
Gerichtsakte des Amtsgerichtes Saarburg, Aktenzeichen 5b C 69/10.
II.
Der Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
ihr ein Darlehen zur Tilgung der Stromschulden zu gewähren, wird abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine
einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch
eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers
vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung
eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche
Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Zwar ist grundsätzlich im Rahmen eines
einstweiligen Anordnungsverfahrens eine Vorwegnahme der Hauptsache nicht möglich, sie kann jedoch
ausnahmsweise unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Effektivität des Rechtsschutzes (Artikel 19
Abs. 4 Grundgesetz - GG -) geboten sein, wenn anders wesentliche Nachteile für den Antragsteller nicht
zu vermeiden sind. Eine solche Vorwegnahme der Hauptsache kommt aber nur in Betracht, wenn nach
der im einstweiligen Anordnungsverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und
Rechtslage die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch vorliegen (Anordnungsanspruch)
und eine Entscheidung gerade im einstweiligen Anordnungsverfahren erforderlich ist (Anordnungsgrund).
Die maßgebenden Tatsachen hat der Antragsteller nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2
Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen.
Vorliegend fehlt es schon an einem Anordnungsanspruch.
Nach § 22 Abs. 5 SGB II können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch
Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer
vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und
notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II
(sogenanntes Schonvermögen) ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht
werden.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine vergleichbare Notlage wie der Verlust der Unterkunft mit
drohender Obdachlosigkeit auch dann gegeben ist, wenn für eine Wohnung die Sperrung der
Energiezufuhr droht (sowohl bei Strom für die Beleuchtung und den Betrieb elektrischer Geräte als auch
bei Gas für Kochfeuerung und Heizung), denn dies kann zu einer faktischen Unbewohnbarkeit einer
Wohnung insbesondere in der kalten Jahreszeit führen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom
28.5.2009, L 7 AS 546/09 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.12.2008, L 7 B 384/08 AS;
LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 9.6.2010, L 13 AS 147/10 B ER). Der sowohl in Satz 1 als
auch in Satz 2 des § 22 Abs. 5 SGB II enthaltene Begriff der "Rechtfertigung" ist ein Tatbestandsmerkmal,
das vorliegen muss, bevor die in der Vorschrift ebenfalls vorgesehene Ermessensabwägung
durchzuführen ist. Es handelt sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung der
vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt; er zielt darauf ab, die objektive Geeignetheit der
Schuldenübernahme zur Sicherung der Unterkunft festzustellen und zu klären, ob der Hilfesuchende alle
Möglichkeiten der Selbsthilfe (auch unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Situation und seines
Schonvermögens) ausgeschöpft hat. Zur Frage der Rechtfertigung gehört auch der Gesichtspunkt, dass
grundsätzlich die Übernahme von Rückständen (bei Miete und Energiekosten) nicht gerechtfertigt ist,
wenn dies zur Sicherung einer nicht kostenangemessenen Unterkunft führen würde. Denn es kann nicht
Sinn der Regelung sein, die Vorschriften zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft dadurch
gegenstandslos werden zu lassen, dass auf diesem Weg zu teure Unterkunftskosten nachträglich doch
übernommen werden (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 9.6.2010, aaO).
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Gewährung eines Darlehens zur Tilgung der entstandenen
Stromrückstände und zum Wiedereinbau des ausgebauten Stromzählers nicht gerechtfertigt. Der
Stromverbrauch der Antragstellerin ist seit Beginn des Jahres 2009 so gestiegen, ohne dass die
Antragstellerin bisher eine nachvollziehbare Begründung hierfür hätte liefern können, dass die
Übernahme der Rückstände durch den Grundsicherungsträger nicht zu rechtfertigen ist. Zudem ließe sich
durch die einmalige Übernahme der rückständigen Stromkosten die dauerhafte Belieferung des Hauses
der Antragstellerin mit Strom nicht gewährleisten, da diese ersichtlich nicht in der Lage ist, die vom
Stromversorger geforderten Abschläge von über 500,00 Euro monatlich zu zahlen. Der Stromverbrauch im
Haus der Antragstellerin war bis zum Jahre 2008 zwar hoch, aber noch nicht außergewöhnlich. So
wurden im Zeitraum vom 21.11.2006 bis 2.8.2007, also einem Zeitraum von etwa 9 Monaten etwa 5.000
kWh verbraucht, vom 2.8.2007 bis 14.5.2008, wiederum einem Zeitraum von etwa 9 Monaten, ca. 6.000
kWh. Vom 14.5.2008 bis 28.2.2009 belief sich der Verbrauch für etwa 9 Monte erneut auf etwas unter
6.000 kWh. Bereits zum damaligen Zeitpunkt war die Antragstellerin nicht dazu in der Lage, die
anfallenden Stromkosten vollständig zu begleichen, so dass im Januar 2009 erstmals ein Ausbau des
Zählers erfolgte. Ab dem 1.3.2009 war die Antragstellerin dann Kundin bei dem Stromversorger E-primo.
Im Zeitraum vom 28.2.2009 bis 15.5.2009 stieg der Zählerstand von 72.448 auf 83.083 kWh, so dass ein
Verbrauch von 10.635 kWh in einem Zeitraum von 2 ½ Monaten erfolgte. Am 1.10.2009 belief sich der
Zählerstand auf 99.168 kWh, so dass ein Verbrauch in 4 ½ Monaten von 16.085 kWh vorlag. Nach dem
erneuten Wechsel zum Stromanbieter RWE belief sich der Zählerstand am 14.5.2010 auf 117.006 kWh, so
dass in einem Zeitraum von etwa 7 ½ Monaten ein Verbrauch von 17.838 kWh erfolgte. Vom 14.5.2010 bis
zum Ausbau des Zählers am 30.6.2010, also einem Zeitraum von 1 ½ Monaten, wurden erneut 2.000 kWh
verbraucht.
Nachvollziehbare Gründe für diesen hohen Stromverbrauch hat die Antragstellerin nicht vorbringen
können. Zwar hat sie nach ihren eigenen Angaben ab Januar 2010 mit zwei zum damaligen Zeitpunkt
angeschafften Radiatoren das Haus beheizt, dies soll aber während ihres Aufenthaltes in der stationären
Rehabilitationsmaßnahme nur auf niedriger Stufe erfolgt sein. Die Radiatoren können daher den hohen
Stromverbrauch nicht erklären, insbesondere auch nicht in den Sommermonaten des Jahres 2009, in
denen ein Heizen des Hauses nicht erforderlich gewesen sein kann. Die Vermutungen der Antragstellerin,
dass Strom von Dritten abgezapft werde, sind durch keine Hinweise bestätigt worden, der Außendienst
der Antragsgegnerin konnte hierfür keine Anhaltspunkte finden. Auch der Stromversorger hat offenbar
eine entsprechende Vermutung nicht gehabt, da Überprüfungen der Stromzufuhr und - abfuhr nicht erfolgt
sind. Auch ein Defekt am Zähler ist nicht festgestellt worden. Aber selbst wenn der Stromverbrauch der
Antragstellerin deutlich niedriger war als abgelesen, würde dies die Übernahme der Stromrückstände
durch die Antragsgegnerin mittels eines Darlehens nicht rechtfertigen, vielmehr ist es dann Aufgabe der
Antragstellerin, diese Frage mit dem Stromversorger zu klären. Dies hätte in dem Klageverfahren des
Stromlieferanten RWE gegen die Antragstellerin vor dem Amtsgericht auf Duldung des Zählerausbaus
geltend gemacht werden können und müssen. Die Antragstellerin hat hier jedoch ein Versäumnisurteil
gegen sich ergehen lassen. Ihre Behauptung, sie sei über die Klageerhebung und das Urteil des
Amtsgerichts nicht informiert gewesen, wird durch die Postzustellungsurkunden über die Zustellung der
Klage und des Urteils widerlegt.
Die Gewährung eines Darlehens ist auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Antragstellerin bereits ab
Die Gewährung eines Darlehens ist auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Antragstellerin bereits ab
März 2009 überhaupt keine Abschläge mehr auf ihre Stromrechnungen gezahlt hat. Ausweislich des
Schreibens des Stromanbieters E-primo sollte ab 1.3.2009 ein monatlicher Abschlag von 51,00 Euro
gezahlt werden, eine Zahlung erfolgte, soweit ersichtlich, überhaupt nicht. Die Behauptung der
Antragstellerin im Erörterungstermin, zum damaligen Zeitpunkt seien nur sehr niedrige Stromkosten
entstanden, sind durch die Angaben des Anbieters E-primo über aufgelaufenen Stromschulden von über
5.000,00 Euro widerlegt. Dieser hohe Verbrauch erklärt auch, warum der spätere Stromanbieter RWE von
der Antragstellerin einen Abschlag in Höhe von über 900,00 Euro ab 1.10.2009 verlangt hat. Die
Antragstellerin hat aber noch nicht einmal von ihr als angemessen angesehene Abschläge gezahlt,
sondern jegliche Zahlung überhaupt unterlassen. Damit hat sie in keiner Weise dazu beigetragen, das
Entstehen von Stromschulden zumindestens teilweise durch die ihr zufließenden Geldleistungen, in
denen ein Anteil für die Energieversorgung enthalten war, zu mildern. Auch das Verhalten der
Antragstellerin in den Erörterungsterminen der erkennenden Kammer, jeweils nur das einzuräumen, was
durch vorliegende Unterlagen nicht mehr abgestritten werden konnte, lässt ein Bemühen um Klärung des
hohen Stromverbrauchs und Rückführung der Schulden nicht erkennen. Schließlich wohnen im Haushalt
der Antragstellerin momentan keine kleinen Kinder, da die Kinder der Antragstellerin derzeit auf
Veranlassung des Jugendamtes bei den Eltern der Antragstellerin untergebracht sind und mit einer
Rückkehr in absehbarer Zeit in den Haushalt der Antragstellerin nicht zu rechnen ist
Aber selbst wenn man von einer grundsätzlichen Rechtfertigung der Übernahme von Schulden im Wege
eines Darlehens ausgehen würde, ist die im Rahmen des § 22 Abs. 5 SGB II von der Antragsgegnerin
getroffene Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden. Diese kann seitens des Gerichts nur
eingeschränkt überprüft werden, nämlich darauf, ob die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für
eine Ermessensentscheidung vorgelegen haben oder ob ein Ermessensnichtgebrauch, eine
Ermessensunterschreitung, eine Ermessensüberschreitung oder ein Ermessensfehlgebrauch des
Leistungsträgers vorliegt. Das Gericht kann nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens des
Leistungsträgers setzen. Bei der Betätigung des Ermessens im Rahmen des § 22 Abs. 5 SGB II sind in
einer umfassenden Gesamtschau die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, und zwar die Höhe
der Rückstände, ihre Ursachen, die Zusammensetzung des eventuell von der Räumung oder der
Energiesperre bedrohten Personenkreises, insbesondere die Frage der Betroffenheit von Kleinkindern
oder Behinderten, das in der Vergangenheit von dem Hilfesuchenden gezeigte Verhalten (erstmaliger
oder wiederholter Rückstand, eigene Bemühungen, entstandene Rückstände auszugleichen) und ein
erkennbarer Wille zur Selbsthilfe (etwa durch das Bemühen um vertretbare Ratenzahlungen bei den
Gläubigerin). In diesem Rahmen kann es bei der Ermessensbetätigung - insbesondere bei Anwendung
von Satz 2 der Vorschrift - darauf ankommen, ob der Leistungsberechtigte ein missbräuchliches Verhalten
an den Tag gelegt hat. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Hilfesuchende seine Mieten
oder Energiekostenvorauszahlungen bewusst im Vertrauen darauf nicht leistet, dass diese später doch
vom Leistungsträger darlehensweise nach § 22 Abs. 5 SGB II übernommen würden. Eine gezielte
Herbeiführung der Notlage zu Lasten des Leistungsträgers kann nicht hingenommen werden. Das
Ermessen ist auch bei einer unmittelbar drohenden Sperre der Energiezufuhr nicht reduziert, wenn sich
der Hilfesuchende ein sozialwidriges, unwirtschaftliches und die Möglichkeit der Selbsthilfe ignorierendes
Verhalten entgegenhalten lassen muss (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 9.6.2010, aaO).
Ausgehend hiervon hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Sie hat dabei
berücksichtigt, dass bei der Antragstellerin bereits Anfang des Jahres 2009 der Stromzähler wegen
Stromkostenrückständen ausgebaut wurde und dass die Antragstellerin bei den Anbietern E-primo und
RWE ab März 2009 enorm hohe Stromkostenrückstände verursacht hat. Auch unter Berücksichtigung
eines eventuellen Heizens mit Radiatoren könne der hohe Stromverbrauch nicht erklärt werden, so dass
unwirtschaftliches Verhalten zu unterstellen sei. Die Antragstellerin habe trotz des ihr bekannten hohen
Stromverbrauches keine Bemühungen unternommen, diesen zu reduzieren. Diese
Ermessenserwägungen reichen aus, um die Gewährung des beantragten Darlehens ablehnen zu
können, ohne dass es noch darauf ankäme, ob die Antragstellerin aufgrund der vom Stromanbieter
geforderten zukünftigen hohen Stromabschläge und der sonstigen enormen Belastungen durch die
Finanzierung des Hauses und die entstehenden Nebenkosten überhaupt in der Lage ist, dauerhaft die
Versorgung mit Strom sicherzustellen.
Die Antragsgegnerin hat darüber hinaus in den Erörterungsterminen der Antragstellerin angeboten, bei
einem Umzug in eine als angemessen angesehene Wohnung die entstehenden Kosten für Unterkunft und
Heizung zukünftig zu übernehmen; in diesem Fall wäre eine Beheizung mit Strom nicht erforderlich und
die anfallenden, in der Regelleistung enthaltenen Stromkosten wären finanziell für die Antragstellerin
verkraftbar. Die Antragstellerin war jedoch zu einem Auszug aus dem Einfamilienhaus nicht bereit, so
dass es letztlich auch auf ihr Verhalten zurückzuführen ist, wenn sie weiterhin ohne Stromversorgung
leben muss.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nach alledem abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.