Urteil des SozG Stuttgart vom 14.01.2011

SozG Stuttgart: auslegung nach dem wortlaut, e contrario, vergleich, vergütung, anmerkung, beendigung, berufungskläger, entstehung, post, behinderung

Sozialgericht Stuttgart
Beschluss vom 14.01.2011 (rechtskräftig)
Sozialgericht Stuttgart S 20 SF 7180/10 E
Die Erinnerung gegen die Kostenfestsetzungsverfügung der Urkunds-beamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts
Stuttgart vom 7.9.2010 wird zurück¬gewiesen.
Gründe:
I.
Der Erinnerungsführer begehrt die Festsetzung einer Terminsgebühr für den Abschluss eines Vergleiches im
schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung gemäß Nr. 3205 VV RVG i. V. m. Nr. 3106 VV RVG.
Gegenstand des seit dem 10.6.2009 anhängigen, unter der Aktenzeichen L 8 SB 2642/09 geführten
Berufungsverfahrens vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg war die Zuerkennung eines Grades der
Behinderung in Höhe von 50 vom Hundert ab Februar 2007 unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Stuttgart
vom 30.4.2009 (Az.: S 20 SB 8840/07) und des Bescheides des Versorgungsamtes Stuttgart vom 26.4.2007 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes vom 19.11.2007. Durch Beschluss vom
30.10.2009 wurde dem Berufungskläger hierfür Prozesskostenhilfe bewilligt und zur Wahrung seiner Rechte der
Erinnerungsführer beigeordnet. Mit Schriftsatz vom 12.7.2010 unterbreitete der Berufungsbeklagte ein
Vergleichsangebot über die Zuerkennung eines Grades der Behinderung von 50 vom Hundert ab Juli 2009 ohne
Erstattung der außergerichtlichen Kosten. Mit Schriftsatz vom 23.7.2010 nahm der Erinnerungsführer das
Vergleichsangebot für den Berufungskläger an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
Mit Schreiben vom 17.8.2010 beantragte der Erinnerungsführer die Festsetzung seiner Gebühren gegen die
Staatskasse wie folgt: - 310 Euro Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3204 VV RVG. - 200 Euro Terminsgebühr gemäß Nr.
3205 VV RVG. - 250 Euro Einigungsgebühr gemäß Nr. 1005, 1007 VV RVG. - 20 Euro Pauschale für Entgelte für
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV RVG. Zwischensumme netto: 780 Euro - 148,20
Euro Umsatzsteuer in Höhe von 19 % gemäß Nr. 7008 VV RVG. Gesamtsumme: 928,80 Euro
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Stuttgart setzte die von der Landeskasse zu erstattenden
außergerichtlichen Kosten am 7.9.2010 in folgender Höhe fest: - 310 Euro Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3204 VV
RVG. - 250 Euro Einigungsgebühr gemäß Nr. 1005, 1007 VV RVG. - 20 Euro Pauschale für Entgelte für Post- und
Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV RVG. Zwischensumme netto: 580 Euro - 110,20 Euro
Umsatzsteuer in Höhe von 19 % gemäß Nr. 7008 VV RVG. Gesamtsumme: 690,20 Euro
Zur Begründung der Absetzung der beantragten Terminsgebühr und der darauf entfallenden Umsatzsteuer führte die
Urkundsbeamtin aus, dass eine Terminsgebühr nach Nr. 3205 VV RVG nicht angefallen sei, da weder eine mündliche
Verhandlung stattgefunden habe noch die in Nr. 3106 VV RVG genannten Voraussetzungen für die Entstehung einer
Terminsgebühr erfüllt seien. Der Abschluss eines Vergleichs im schriftlichen Verfahren löse in Verfahren, in denen
Betragsrahmengebühren entstehen, im Gegensatz zu Verfahren, dessen Gebühren nach Gegenstandswert berechnet
werden, keine Terminsgebühr aus.
Hiergegen richtet sich die am 12.11.2010 bei Gericht eingegangene Erinnerung des Prozessbevollmächtigten des
Berufungsklägers vom 11.11.2010. Er meint, dass auch beim Abschluss eines Vergleiches im schriftlichen Verfahren
in analoger Anwendung von Nr. 3104 Anm. 1 Ziff. 1 VV RVG eine Terminsgebühr anfalle. Die erkennende Kammer
des Sozialgerichts Stuttgart habe durch Beschluss vom 30.10.2007 (Az.: S 20 AL 6741/07 KE) ausgeführt, dass es
sich bei der Nichtaufnahme des Abschlusses eines schriftlichen Vergleichs in Nr. 3106 VV RVG um ein
gesetzgeberisches Versehen handle. Andernfalls würde nämlich die vom Gesetzgeber gerade nicht mehr gewollte
Praxis, einen gerichtlichen Verhandlungstermin nur um der anwaltlichen Gebühr willen anzusetzen, perpetuiert werden.
Der Erinnerungsführer beantragt (sachdienlich gefasst),
die Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 7.9.2010 abzuändern und die im Wege der
Prozesskostenhilfe von der Staatskasse zu erstattende Vergütung des Erinnerungsführers auf 928,80 Euro
festzusetzen. Der Erinnerungsgegner beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Der Bezirksrevisor beim Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme vom 30.12.2010
ausgeführt, dass keine planwidrige Regelungslücke vorliege. Eine der Nr. 3104 Anm. 1 Ziff. 1 VV RVG entsprechende
Regelung sei vom Gesetzgeber bewusst nicht in Nr. 3106 VV RVG aufgenommen worden. Dem Gesetzgeber sei
erkennbar bekannt gewesen, dass bei der Entwicklung der neuen Vergütungsstruktur zu bedenken und entscheiden
war, ob bei Beendigung eines sozialgerichtlichen Verfahrens durch schriftlichen Vergleich eine Terminsgebühr anfalle.
Dies zeigten die Regelungen in Nr. 3202, 3104 VV RVG. Es liege fern, vor diesem Hintergrund bei der
unterschiedlichen Regelung für Betragsrahmengebühren einerseits und Wertgebühren andererseits von einem
Redaktionsversehen des Gesetzgebers zu sprechen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die
Gerichtsakten der Hauptsache und der Kostenstreitsache verwiesen.
II.
Die Erinnerung hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) statthafte Erinnerung gegen die Festsetzung
der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütungen durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 7.9.2010 ist
zulässig. Eine Fristbindung besteht für die Einlegung der Erinnerung nicht (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom
18.1.2010 - L 13 SF 288/09 E -, in: juris, Rn. 17; SG Berlin, Beschluss vom 1.11.2010 - S 127 SF 407/10 -, in: juris,
Rn. 3 m. w. N.). Denn § 56 RVG, der keine Rechtsbehelfsfrist enthält, ist als speziellere Norm gegenüber § 178 Satz
1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), wonach gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten das Gericht nur binnen eines
Monats nach Bekanntwerden angerufen werden kann, vorrangig (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 18.1.2010 - L
13 SF 288/09 E -, in: juris, Rn. 18; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.9.2008 - L 19 B 21/08 AS -, in: juris,
Rn. 20). Auch die Subsidiarität gerichtlichen Rechtsschutzes gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 1 RVG ist
gewahrt; die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Die Erinnerung ist jedoch unbegründet. Die Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäfts¬stelle vom 7.9.2010 ist
rechtmäßig. Dem Erinnerungsführer steht gegenüber der Staatskasse kein Anspruch auf Festsetzung einer höheren
als der festgesetzten Vergütung zu.
Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 RVG erhält der Erinnerungsführer als im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter
Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse. Die Höhe der Vergütung bestimmt sich gemäß § 2
Abs. 2 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Im vorliegenden Hauptsacheverfahren
ist bei der Bemessung der einzelnen Gebühren zu berücksichtigen, dass die Vorschriften des
Gerichtskostengesetzes gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG keine Anwendung finden, da der
Berufungskläger zu dem durch § 183 Satz 1 SGG privilegierten Personenkreis zählt. Daher entstehen im
Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG Betragsrahmengebühren.
Anders als der Erinnerungsführer meint, fällt im vorliegenden Fall eine (fiktive) Terminsgebühr nicht deshalb an, weil
im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht ein schriftlicher Vergleich geschlossen worden ist. Die
erkennende Kammer bestätigt damit ausdrücklich die Aufgabe ihrer früheren gegenteiligen Rechtsprechung (vgl. SG
Stuttgart, Beschluss vom 30.10.2007 - S 20 AL 6741/07 KE -, in: juris, Rn. 16), die bereits zuvor &61485; unter
neuem Vorsitz &61485; erfolgt war (vgl. SG Stuttgart, Beschluss vom 10.11.2008 - S 20 SB 2559/08 KE -, nicht
veröffentlicht; ebenso: SG Stuttgart, Beschluss vom 5.7.2010 - S 15 SF 7062/08 E -, in: juris, Rn. 14 ff.; SG
Stuttgart, Beschluss vom 24.3.2010 - S 21 SF 7175/09 E -, in: juris, Rn. 21 ff.; SG Stuttgart, Beschluss vom
12.6.2008 - S 12 KR 945/08 KE -, in: juris, Rn. 26; SG Stuttgart, Beschluss vom 2.4.2008 - S 15 SO 1384/08 KE -,
nicht veröffentlicht; SG Stuttgart, Beschluss vom 2.7.2007 - S 3 SB 3709/07 KO-A -, nicht veröffentlicht; SG
Stuttgart, Beschluss vom 19.4.2007 - S 2 SB 1345/07 KO-A -, nicht veröffentlicht; entgegen SG Stuttgart, Beschluss
vom 23.12.2009 - S 6 SB 2031/09 KE -, in: juris, Rn. 6).
Gemäß Nr. 3205 VV RVG beträgt die Terminsgebühr in Verfahren vor den Landessozial¬gerichten, in denen
Betragsrahmengebühren entstehen, 20 Euro bis 380 Euro. Die Anmerkung zu Nummer 3106 gilt entsprechend.
Demnach entsteht die Terminsgebühr auch, wenn (Ziff. 1) in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung
vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, oder (Ziff. 2)
nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird oder (Ziff. 3) das
Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Im vorliegenden Fall ist keine
dieser Voraussetzungen des Gebührentatbestands erfüllt. Die Beteiligten haben vielmehr zur Beendigung des
Verfahrens einen schriftlichen Vergleich geschlossen.
Dass hierfür keine Terminsgebühr entsteht, ergibt sich im Wege der Auslegung nach dem Wortlaut der Nr. 3205, 3106
VV-RVG und systematisch im Umkehrschluss aus der abweichenden Regelung in den Nr. 3202, 3104 VV RVG, die
den Regelfall der Abrechnung nach einem Gebührenstreitwert (Gegenstandswert) betreffen. Eine der Nr. 3104 Anm. 1
Ziff. 1 VV RVG entsprechende Regelung, nach der eine (fiktive) Terminsgebühr beim Abschluss eines schriftlichen
Vergleichs entsteht, sieht Nr. 3106 VV RVG nicht vor. Da Nr. 3106 VV RVG als Spezialvorschrift zu Nr. 3104 VV
RVG gefasst ist ("soweit in Nr. 3106 nichts anderes bestimmt ist", vgl. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom
14.11.2007 - L 1 B 513/07 R SK -, in: juris, Rn. 8), hätte inhaltlicher Gleichklang zwischen Nr. 3104 und Nr. 3106 VV
RVG mit Blick auf die Entstehung einer fiktiven Terminsgebühr ohne weiteres durch die Anordnung der
entsprechenden Geltung der Anmerkung zu Nr. 3104 VV RVG in Nr. 3106 VV RVG erreicht werden können. Dass sich
der Gesetzgeber dieser Regelungstechnik bewusst war, zeigt gerade der Wortlaut von Nr. 3205 VV RVG. Die von
Anmerkung 1 zu Nr. 3104 VV RVG abweichende Aufzählung einzelner Fälle einer fiktiven Terminsgebühr in Nr. 3106
VV RVG deutet deshalb auf eine abschließende Regelung hin, wonach der Abschluss eines schriftlichen Vergleichs
bei der Entstehung einer fiktiven Terminsgebühr bewusst nicht berücksichtigt werden soll.
Auch die analoge Anwendung von Nr. 3104 Anm. 1 Ziff. 1 VV RVG ist ausgeschlossen. Die sinngemäße Anwendung
einer Norm setzt eine planwidrige Regelungslücke und die tatbestandliche Vergleichbarkeit des gesetzlich geregelten
Falls mit dem ungeregelten Fall voraus. Die planwidrige Lücke im Gesetz kann kraft Natur der Sache nur negativ
bestimmt werden: Eine Lücke liegt vor, wo keine gesetzliche Regelung vorhanden ist. Sie ist planwidrig, solange nicht
nachweisbar ist, dass der Gesetzgeber die Subsumtion des ungeregelten Sachverhalts unter die von ihm geschaffene
Rechtsnorm ausdrücklich abgelehnt hat (vgl. Th. Schmidt, Die Analogie im Verwaltungsrecht, in: VerwArch 97 (2006),
S. 139 (142 f.)). In diesem Punkt unterscheidet sich der Analogieschluss vom Umkehrschluss (argumentum e
contrario): Planwidrig kann nur eine solche Lücke sein, die unbewusst entstanden ist oder deren Schließung der
Gesetzgeber bewusst der richterlichen Rechtsfortbildung überantwortet hat oder die sich erst nach Erlass des
Gesetzes durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben hat (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss
vom 30.3.2009 - L 2 B 20/08 KN P -, in: juris, Rn. 13 m. w. N.). Wenn der Gesetzgeber dagegen zum Zeitpunkt des
Normerlasses von dem Willen beseelt war, dass ein bestimmter Sachverhalt gerade nicht von der erlassenen Norm
erfasst werden soll, ist ein Analogieschluss ausgeschlossen.
Keine dieser Voraussetzungen eines Analogieschlusses ist hier gegeben. Eine planwidrige Regelungslücke in Nr.
3106 VV RVG liegt nicht vor.
Ein Versehen des Gesetzgebers durch Nichtberücksichtigung des Abschlusses eines schriftlichen Vergleichs ist
aufgrund der von ihm in Kenntnis anderer Regelungstechniken gewählten Konstruktion des Nr. 3106 VV RVG als
Spezialvorschrift zur Nr. 3104 VV RVG nicht anzunehmen (s. o.). Dem Gesetzgeber war erkennbar bekannt, dass bei
der Entwicklung der neuen Vergütungsstruktur zu bedenken und zu entscheiden war, ob bei Beendigung eines
sozialgerichtlichen Verfahrens durch schriftlichen Vergleich eine Terminsgebühr anfällt. Dies zeigt gerade die
Regelung in den Nr. 3202, 3104 Anm. 1 Ziff. 1 VV RVG. Vor diesem Hintergrund der unterschiedlichen Regelung für
Betragsrahmengebühren einerseits und Wertgebühren andererseits lässt sich nicht von einem Redaktionsversehen
des Gesetzgebers sprechen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.3.2009 - L 2 B 20/08 KN P -, in: juris,
Rn. 14). Für ein solches spricht nicht schon der in Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG formulierte Wille des
Gesetzgebers, die Terminsgebühr auch für die Mitwirkung an Besprechungen, die ohne Beteiligung des Gerichts auf
die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind, entstehen zu lassen. Denn der Gesetzgeber hat mit
der Ausgestaltung der Gebührentatbestände auch andere Ziele verfolgt, wie etwa die Verfahrenskosten für die gemäß
§ 183 Satz 1 SGG kostenprivilegierten Kläger beim Sozialgericht niedrig zu halten (vgl. SG Duisburg, Beschluss vom
24.4.2006 - S 21 RJ 140/04 -, in: juris, Rn. 18). Da bei Vergleichen, die regelmäßig dadurch gekennzeichnet sind,
dass die außergerichtlichen Kosten vom Leistungsträger nicht voll übernommen werden, bereits die Einigungsgebühr
anfällt, ist es durchaus sinnvoll, insoweit die von den – typischerweise wirtschaftlich eher schwachen – Klägern
teilweise zu tragenden Kosten dadurch zu begrenzen, dass neben der Einigungsgebühr nicht auch noch eine
Terminsgebühr anfällt. Weil die beim Abschluss eines schriftlichen Vergleichs anfallende Einigungsgebühr nach Nr.
1005, 1007 VV RVG gemäß Anm. 1 zu Nr. 1000 VV RVG die Erklärung eines vollständigen Anerkenntnisses
ausdrücklich nicht erfasst, tritt in diesem Falle gerade die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Ziff. 3 VV RVG an die
Stelle der Einigungsgebühr. Mit dieser gebührenrechtlichen Unterscheidung zwischen Anerkenntnis und Vergleich in
den Fällen, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, führt der Gesetzgeber die kostenrechtliche Privilegierung des
von § 183 Satz 1 SGG erfassten Personenkreises insoweit fort, als die Fiktion der Terminsgebühr nur dort eingreifen
soll, wo der gesteigerte Schutzbedarf des kostenprivilegierten Beteiligten durch eine richterliche Entscheidung
kompensiert wird (Nr. 3106 Ziff. 1 und 2 VV RVG) oder wo seine kostenmäßige Benachteiligung wegen Obsiegens
ohnehin nicht zu befürchten steht (Nr. 3106 Ziff. 3 VV RVG) (vgl. SG Stuttgart, Beschluss vom 12.6.2008 - S 12 KR
945/08 KE -, in: juris, Rn. 26).
Dass der Gesetzgeber der Rechtsprechung die Lösung der Frage überlassen wollte, ob bei Verfahrensbeendigung
durch schriftlichen Vergleich eine Terminsgebühr anfällt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Jedenfalls finden sich in den
Gesetzesmaterialien keinerlei Hinweise für eine derartige Absicht des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks 15/1971 S. 209-
212).
Diese rechtliche Würdigung steht auch mit der obergerichtlichen Rechtsprechung im Einklang (vgl. LSG Nordrhein-
Westfalen, Beschluss vom 30.3.2009 - L 2 B 20/08 KN P -, in: juris, Rn. 11, 15 m. w. N.; LSG Schleswig-Holstein,
Beschluss vom 14.11.2007 - L 1 B 513/07 R SK -, in: juris, Rn. 6; Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.6.2007 - L 15
B 200/07 P KO -, in: juris, Rn. 14, 17; Thüringer LSG, Beschluss vom 19.6.2007 - L 6 B 80/07 SF -, in: juris, Rn. 27).
Die weiteren angefallenen Gebühren und Auslagen sind von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle wie beantragt
rechtsfehlerfrei festgesetzt worden.
III.
Außergerichtliche Kosten der Beteiligten sind nicht zu erstatten (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG). Gerichtskosten fallen nicht
an (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG).
IV.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 19.6.2009 - L 12 AS 2241/09 KE
und L 12 U 1708/09 KE -, Beschlüsse vom 8.4.2008 - L 12 SO 1504/08 KO-B und L 12 KR 1505/08 KO-B -,
Beschlüsse vom 14.1.2008 - L 12 AL 5826/07 KO-B und L 12 SO 1995/06 KO-B -, Beschluss vom 12.6.2007 - L 12
AL 1353/07 KO-B -, Beschluss vom 15.10.2007 - L 12 AS 6446/06 KO-B -, abrufbar unter
www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/).