Urteil des SozG Stuttgart vom 02.09.2010

SozG Stuttgart (medizinische indikation, berufliche wiedereingliederung, abschluss, tätigkeit, zeitpunkt, sgg, erstattung, entlassung, rehabilitation, medizinische rehabilitation)

SG Stuttgart Urteil vom 2.9.2010, S 24 R 8304/09
Leistung zur medizinischen Rehabilitation - stufenweise Wiedereingliederung - fortbestehender
Rehabilitationsbedarf - Erstattungsanspruch der Leistungsträger untereinander
Leitsätze
1. Entscheidend für die Frage eines fortbestehenden Rehabilitationsbedarfs nach Abschluss einer stationären
Rehabilitationsmaßnahme ist nicht, ob die Rehabilitationseinrichtungsärzte die stufenweise Wiedereingliederung
empfehlen oder gar selbst einleiten. Eine solches "Empfehlungs- bzw. Einleitungsmonopol" findet im Gesetz keine
Stütze. Maßgeblich ist insoweit alleine die objektiv fortbestehende medizinische Indikation für eine stufenweise
Wiedereingliederung.
2. Auch der Umstand, dass die stufenweise Wiedereingliederung nach Empfehlung der
Rehabilitationseinrichtungsärzte erst nach einer Zeit der Rekonvaleszenz beginnen soll, lässt die
Rehabilitationsbedürftigkeit bei "verfrühter" stufenweiser Wiedereingliederung nicht entfallen und führt grundsätzlich
nicht zum Fortfall des rentenversicherungsrechtlichen Rehabilitationszieles.
3. Zu den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Geltendmachen im Sinne des § 111 Satz 1 SGB X. 4. Eine
abwegige Rechtsauffassung eines Prozessbeteiligten führt nicht zur Berufungszulassung wegen grundsätzlicher
Bedeutung.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin als Erstattung des von ihr an den Versicherten S. in der Zeit vom
14.02.2005 bis 03.04.2005 gezahlten Krankengelds einen Betrag von 3.225,52 Euro zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
2. Der Streitwert wird auf 3.225,52 Euro festgesetzt.
Tatbestand
1
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Krankengeld in Höhe von 3.225,52 Euro, welches die Klägerin
in der Zeit vom 14.02.2005 bis 03.04.2005 an den Versicherten S. (im Folgenden nur noch Versicherter)
gezahlt hat, streitig.
2
Der am ...1957 geborene Versicherte war während des streitigen Zeitraums bei der Klägerin kranken- und bei
der Rechtsvorgängerin der Beklagten (zukünftig nur noch Beklagte) rentenversichert. Er arbeitete zuletzt
vollschichtig als Produktionsleiter in einem Textilunternehmen. In der Zeit vom 17.01.2005 bis 13.02.2005
führte der Versicherte auf Grund seines Antrags vom 11.01.2005 auf Kosten der Beklagten eine stationäre
Rehabilitationsmaßnahme in Gestalt einer Anschlussheilbehandlung in den Kliniken S. in A., Abteilung
Neurologie, durch, nachdem er sich vom 05.01.2005 bis 12.01.2005 wegen einer Hirnstammblutung rechts und
einer arteriellen Hypertonie in stationärer Krankenhausbehandlung befunden hatte. Während der
Anschlussheilbehandlung in den Kliniken S. erhielt er von der Beklagten Übergangsgeld. Ausweislich des
Entlassberichts des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Physikalische und Rehabilitative Medizin und
Sozialmediziners Dr. S. vom 04.02.2005 bestanden beim Versicherten bei der Entlassung aus der stationären
Rehabilitationsmaßnahme folgende Gesundheitsstörungen: armbetonte Sensibilitätsstörung der linken Seite
(R20.1 nach ICD-10), Zustand nach Hirnblutung rechts am 05.01.2005 (I61.8 nach ICD-10), arterielle Hypertonie
(I10.90 nach ICD-10), Hyperlipidämie (E78.2 nach ICD-10) und Zustand nach Nikotinabusus (F17.1 nach ICD-
10). Er sei sowohl in seiner letzten Tätigkeit als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Tätigkeiten
vollschichtig und ohne wesentliche Einschränkungen leistungsfähig. Gleichwohl lägen derzeit aber aus
neuropsychologischer Sicht noch Hinweise auf eine eingeschränkte Dauerbelastbarkeit vor. Die bei der
Aufnahme bestehenden Beschwerden in Form von Sensibilitäts- und Gleichgewichtsstörungen sowie
Kopfdruck hätten deutlich verbessert werden können. Im linken Kniebereich bestünden aber nach wie vor noch
Bandagen- und Umschnürungsgefühle. In Anbetracht der erst kürzlich zurückliegenden Ereignisse erfolge die
Entlassung noch arbeitsunfähig. Beruflich solle bei weiterer Besserung eine stufenweise Wiedereingliederung
angestrebt und damit die Arbeitsfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit erreicht werden. Eine
Kernspinresonanzspektroskopie werde demnächst noch in der Universitätsklinik T. durchgeführt werden.
3
Am 17.02.2005 erstellte die den Versicherten – der weiterhin arbeitsunfähig war – behandelnde
Allgemeinmedizinerin Dr. D. den Wiedereingliederungsplan, wobei die stufenweise Wiedereingliederung am
21.02.2005 beginnen und zunächst bis zum 06.03.2005 mit vier Stunden täglich andauern sollte. Der
Versicherte und seine Arbeitgeberin stimmten dem Plan am 17.02.2005 zu. Die stufenweise
Wiedereingliederung wurde schlussendlich bis zum 03.04.2005 verlängert (Wiedereingliederungspläne der Dr.
D. vom 01.03.2005 und 14.03.2005), was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.
4
Der Versicherte wandte sich am 18.02.2005 an die Klägerin und gab an, sich „wohl“ und „wiederhergestellt“ zu
fühlen. Schwerwiegende körperliche Beeinträchtigungen habe er nicht mehr. Er müsse so schnell wie möglich
seine volle Arbeitskraft wieder erlangen. Im Frühjahr sei für ihn eine geschäftliche Reise nach China geplant.
Auch habe er im Betrieb eine leitende Position mit Verantwortung für rund 15 Arbeitnehmer.
5
Mit Telefaxschreiben vom 24.02.2005 übersandte die Klägerin der Beklagten eine Verdienstbescheinigung des
Versicherten sowie den Wiedereingliederungsplan der Dr. D. vom 17.02.2005. Bezüglich der Zahlung von
Übergangsgeld nach der Rehabilitationsmaßnahme und während der ab dem 21.02.2005 beginnenden
stufenweisen Wiedereingliederung bitte sie um rasche Erledigung. Mit Antwortschreiben vom 16.03.2005 lehnte
die Beklagte die Zahlung von Übergangsgeld ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die
Rehabilitationseinrichtung die Erforderlichkeit einer stufenweisen Wiedereingliederung aus medizinischer Sicht
nicht festgestellt habe. Die Klägerin habe daher Krankengeld zu leisten. Mit weiterem Schreiben vom
17.03.2005 informierte die Klägerin die Beklagte darüber, dass der Versicherte zwischenzeitlich die
stufenweise Wiedereingliederung, die noch andauere, begonnen und bisher keine Übergangsgeldzahlungen
erhalten habe. Die Klägerin sei daher zunächst mit der Zahlung von Krankengeld eingesprungen und melde
ihren Erstattungsanspruch an. Die Beklagte möge mitteilen, ob sie nunmehr Übergangsgeld leiste. Die
Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 05.04.2005 erneut ab, weil die Rehabilitationseinrichtung die
Erforderlichkeit einer stufenweisen Wiedereingliederung aus medizinischer Sicht zwar festgestellt, jedoch nicht
eingeleitet habe. Mit Schreiben vom 11.04.2005 bekräftigte die Klägerin gegenüber der Beklagten ihre
Auffassung, dass die Beklagte für die Zeit der stufenweisen Wiedereingliederung vom 21.02.2005 bis zur vollen
Arbeitsaufnahme des Versicherten am 04.04.2005 Übergangsgeld hätte zahlen müssen. Die Kliniken S. habe
die im Entlassbericht empfohlene Wiedereingliederung entgegen einer Vereinbarung der Spitzenverbände nicht
eingeleitet. Der Erstattungsanspruch werde erneut geltend gemacht. Die Beklagte wandte sich sodann an die
Kliniken S. (Schreiben vom 25.04.2005) und bat um Mitteilung, ob zum Zeitpunkt des Endes der
Rehabilitationsleistung aus medizinischen Gründen eine berufliche Wiedereingliederung des Versicherten hätte
eingeleitet werden können, warum dies nicht geschehen sei und ob man absichtlich von einer sofortigen
Einleitung abgesehen habe. Mit Schreiben vom 24.06.2005 teilte Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.
M., Abteilung Neurologie der Kliniken S. in A., mit, dass eine stufenweise berufliche Wiedereingliederung des
Versicherten sofort im Anschluss an das Heilverfahren wegen der noch nachweisbaren Einschränkung der
Dauerbelastbarkeit und wegen des Umstands, dass zu diesem Zeitpunkt das erstmalige Auftreten der
schweren Erkrankung erst fünf Wochen zurückgelegen habe, verfrüht gewesen sei. Vor diesem Hintergrund
habe man eine weitere Konsolidierungsphase unter hausärztlicher Kontrolle für notwendig gehalten, um nicht
durch eine verfrühte Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit mit hoher Stressbelastung den als günstig
eingeschätzten Heilverlauf zu gefährden. Außerdem sollte zum damaligen Zeitpunkt noch eine
Schädelmagnetresonanztomographie-Kontrolle mit Angiographie stattfinden, die erst für rund acht Wochen
nach Auftreten der Blutung empfohlen worden sei.
6
Mit Schreiben vom 05.07.2005 lehnte die Beklagte erneut eine Zahlung an die Klägerin ab. Die
Rehabilitationseinrichtung habe die Erforderlichkeit einer stufenweisen Wiedereingliederung aus medizinischer
Sicht nicht festgestellt.
7
Unter dem 09.12.2009 hat die Klägerin beim erkennenden Gericht Klage erhoben.
8
Sie macht geltend, dass die Beklagte gemäß § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu Erstattung
des von ihr in der Zeit vom 14.02.2005 bis 03.04.2006 geleisteten Krankengelds verpflichtet sei. Die
Rechtsauffassung der Beklagten, dass eine Wiedereingliederung von der Rehabilitationseinrichtung eingeleitet
werden müsse, gehe fehl.
9
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
10
wie erkannt.
11 Die Beklagte beantragt,
12
die Klage abzuweisen.
13 Sie lehnt eine Erstattung ab und meint, nach den gesetzlichen Bestimmungen komme eine Zuständigkeit der
Rentenversicherung nur in Betracht, wenn die Entscheidung über die Erforderlichkeit der stufenweisen
Wiedereingliederung bis zum Abschluss der Leistung zur medizinischen Rehabilitation von der
Rehabilitationseinrichtung getroffen und eingeleitet worden ist. Vorliegend habe die Rehabilitationseinrichtung
indes eine stufenweise Wiedereingliederung für verfrüht und damit als medizinisch nicht angezeigt erachtet.
14 Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
15 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die
beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
16 Im Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2
Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
17 Die formgerecht erhobene, als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthafte und auch im Übrigen
zulässige Klage ist begründet.
I.
18 1. Streitgegenständlich ist vorliegend der klageweise geltend gemachte Anspruch auf Erstattung des von der
Klägerin an den Versicherten S. in der Zeit vom 14.02.2005 bis 03.04.2005 gezahlten Krankengelds in Höhe
von insgesamt 3.225,52 Euro. Soweit die Klägerin in ihrem Antrag in der Klageschrift vom 04.12.2009 von
einem Erstattungszeitraum vom 14.02.2005 bis 03.04.2006 ausgeht, handelt es sich dabei offensichtlich um
einen Schreibfehler. Aus der Klagebegründung ergibt sich für das Gericht mit hinreichender Deutlichkeit, dass
die Klägerin von der Beklagten Erstattung des von ihr an den Versicherten gezahlten Krankengelds für die Zeit
nach Abschluss der stationären Rehabilitationsmaßnahme (14.02.2005) bis zur Beendigung der stufenweisen
Wiedereingliederung am 03.04.2005 begehrt. Die Kammer hat ihr Begehren dementsprechend ausgelegt (§ 123
SGG).
19 2. Die Klage hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung des
von ihr an den Versicherten S. in der Zeit vom 14.02.2005 bis 03.04.2005 gezahlten Krankengelds in Höhe von
insgesamt 3.225,52 Euro.
20 Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 102 Abs. 1 SGB X.
21 a) Die Anwendung dieser Vorschrift ist vorliegend nicht von vornherein wegen § 14 Abs. 4 Neuntes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB IX) ausgeschlossen. Denn jedenfalls dann, wenn – wie hier – der erstangegangene
Rehabilitationsträger (Klägerin) den Leistungsantrag des Versicherten wegen eines Kompetenzkonflikts mit
dem anderen Rehabilitationsträger (Beklagte) nicht innerhalb der Frist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX an
diesen weiterleitet, führt § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX im Verhältnis der Rehabilitationsträger zueinander nur zu
einer „zunächst“ bestehenden Leistungsverpflichtung. In diesen Fällen ist es gerechtfertigt, dem
erstangegangenen Träger mit § 102 SGB X – ebenso wie dem zweitangegangenen Träger mit § 14 Abs. 4 Satz
1 SGB IX – einen privilegierten Erstattungsanspruch zuzubilligen,
22
BSG, Urt. v. 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9, m. w. N.; LSG Ba.-Wü., Urt. v.
24.11.2009 – L 11 R 2858/09 abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de/ sgb/esgb.
23 b) Die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X, wonach der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger
gegenüber dem Leistungsträger erstattungspflichtig ist, der auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig
Sozialleistungen erbracht hat, sind vorliegend gegeben:
24 aa) Die Klägerin hat im Hinblick auf den Zuständigkeitsstreit mit der Beklagten gewollt und nach außen
erkennbar lediglich vorläufig im Sinne des § 43 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) – dies entnimmt die
Kammer den klägerischen Schreiben an die Beklagte vom 24.02.2005, 17.03.2005 und 11.04.2005, in denen
explizit auf die Vorläufigkeit („zunächst“) hingewiesen wird – Krankengeld an den Versicherten geleistet. Dies
genügt im gegebenen Zusammenhang den gesetzlichen Anforderungen,
25
siehe nur BSG, Urt. v. 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9, m. w. N.
26 bb) Die Beklagte war vorliegend auch verpflichtet, für die Zeit vom 14.02.2005, dem Tag nach Ablauf der
stationären medizinischen Rehabilitation, bis zum 03.04.2005, dem Ende der stufenweisen Wiedereingliederung
des Versicherten, Übergangsgeld zu zahlen und damit der (eigentlich) verpflichtete Leistungsträger im Sinne
des § 102 Abs. 1 SGB X.
27 Gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX in Verbindung mit § 20 Nr. 1 SGB Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB
VI) haben Versicherte, die von einem Träger der Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen
Rehabilitation erhalten, Anspruch auf Übergangsgeld. Gemäß des mit Wirkung zum 01.05.2004 eingefügten §
51 Abs. 5 SGB IX – der hier anwendbar ist, weil der Versicherte seinen Antrag auf Leistungen zur
medizinischen Rehabilitation am 11.01.2005 und damit nach dem Inkrafttreten der Vorschrift zum 01.05.2004
gestellt hat – wird das Übergangsgeld bis zum Ende einer stufenweisen Wiedereingliederung (§ 28 SGB IX)
weitergezahlt, wenn diese im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
erforderlich ist.
28 Die Vorschrift des § 51 Abs. 5 SGB IX konkretisiert die in § 4 Abs. 2 SGB IX niedergelegten Grundsätze der
umfassenden, vollständigen Leistungserbringung und der einheitlichen Trägerschaft und bestätigt in der Sache
die dazu bis zum Inkrafttreten am 01.05.2004 ergangene Rechtsprechung, ohne insoweit eine materielle
Rechtsänderung zu bewirken,
29
BSG, Urt. v. 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9; Urt. v. 29.01.2008 – B 5a/5 R 26/07
R, SozR 4-3250 § 51 Nr. 1; LSG Ba.-Wü., Beschl. v. 04.11.2009 – L 10 R 3289/09 NZB, juris; Schlette
, in: jurisPK-SGB IX, 2010, § 51 Rz. 37; Schütze , in: Hauck/Noftz, SGB IX, § 51 Rz. 29 a; vgl. auch
BT-Drucks. 15/1783, S. 13.
30 Die Voraussetzungen für die Zuständigkeit der Beklagten für die stufenweise Wiedereingliederung (§ 15 Abs. 1
SGB VI in Verbindung mit §§ 28, 51 Abs. 5 SGB IX) und damit für die Gewährung von (Anschluss-)
Übergangsgeld sind danach gegeben, wenn und solange die persönlichen und versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen erfüllt sind (§§ 7 Satz 1, 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB IX in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Satz
1 und Abs. 2, §§ 10, 11 SGB VI) und sich die stufenweise Wiedereingliederung unmittelbar an eine
vorangegangene medizinische Rehabilitation als Bestandteil einer in der Zusammenschau einheitlichen
(Gesamt-) Maßnahme anschließt. Dies wiederum ist der Fall, wenn das „rentenversicherungsrechtliche“
Rehabilitationsziel noch nicht erreicht ist, dass heißt der Versicherte die bisherige Tätigkeit noch nicht in
vollem Umfang aufnehmen kann, weil er den berufstypischen – und nicht nur den arbeitsplatzspezifischen –
Anforderungen dieser Tätigkeit gesundheitlich noch nicht gewachsen ist, der weitere Rehabilitationsbedarf
spätestens bei Abschluss der stationären Maßnahme zutage getreten ist und die Voraussetzungen des § 28
SGB IX bis zum Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung durchgehend vorliegen. Auf eine daneben
gleichzeitig gewährte „Hauptleistung“ kommt es nicht an,
31
zum Vorstehenden nur BSG, Urt. v. 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9; Urt. v.
05.02.2009 – B 13 R 27/08 R, SozR 4-3250 § 28 Nr. 3; Urt. v. 29.01.2008 – B 5a/5 R 26/07 R, SozR 4-
3250 § 51 Nr. 1.
32 Dies alles ist hier gegeben. Dass beim Versicherten von Beginn der stationären Rehabilitationsmaßnahme am
17.01.2005 an bis zum Abschluss der stufenweisen Wiedereingliederung am 03.04.2005 durchgängig die
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) vorlagen, ist für die Kammer unzweifelhaft und
wurde von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.
33 Die Kammer ist auch überzeugt davon, dass im genannten Zeitraum durchgängig die persönlichen
Voraussetzungen des § 10 SGB VI gegeben waren. Nach dieser Vorschrift erfüllen Versicherte die
persönlichen Voraussetzungen, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder
seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist. Der Begriff der in § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI
nicht definierten Erwerbsfähigkeit ist als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder
seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können. Nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die
Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind. Zu prüfen ist,
ob der Versicherte unabhängig von den Besonderheiten des gerade innegehaltenen Arbeitsplatzes den
typischen Anforderungen des ausgeübten Berufs noch nachkommen kann,
34
BSG, Urt. v. 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9 m. w. N.
35 Abzustellen ist nach alledem auf die vom Versicherten zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Produktionsleiter in
einem Textilunternehmen. Entsprechend der genannten Voraussetzungen hat die Beklagte dem Versicherten
die stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Anschluss an die am 05.01.2005 erlittene Hirnstammblutung rechts
mit akuter arterieller Hypertonie in der Zeit vom 17.01.2005 bis 13.02.2005 gewährt. Nach der
sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung im Entlassbericht des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie,
Physikalische und Rehabilitative Medizin und Sozialmediziners Dr. S. vom 04.02.2005 wurde der Versicherte
als arbeitsunfähig für seine bisherige Tätigkeit als Produktionsleiter in einem Textilunternehmen in
verantwortlicher Stellung entlassen. Es bestand zu diesem Zeitpunkt noch eine aus neuropsychologischer
Sicht nachweisbare Einschränkung seiner Dauerbelastbarkeit – vor allem auch im Hinblick auf den erst kurz
zurückliegenden Ausbruch der schweren Hirnerkrankung – mit Restsensibilitätsstörungen im linken Arm und
einem Bandagen- und Umschnürungsgefühl im linken Kniebereich. Eine stufenweise Wiedereingliederung
wurde für den Fall weiterer Besserung nach Durchführung ambulanter Heilmaßnahmen und einer noch
ausstehenden Kernspinresonanzspektroskopie empfohlen. Dies stützt das Gericht auf den Entlassbericht des
Dr. S. vom 04.02.2005 sowie auf die ergänzende Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie
Dr. M. vom 24.06.2005. Die entsprechenden Ausführungen des Dr. S. und der Dr. M. sind im Hinblick auf die
zu diesem Zeitpunkt erst kurz zuvor beim Versicherten aufgetretene Hirnstammblutung und die akute arterielle
Hypertonie ohne weiteres schlüssig und nachvollziehbar. Für die Kammer steht damit fest, dass der
Versicherte bei Abschluss der stationären Maßnahme den typischen Anforderungen seines Berufs – und nicht
nur den Besonderheiten des zuletzt innegehaltenen Arbeitsplatzes – weiterhin nicht voll gewachsen war.
36 Soweit die Beklagte meint, ein weiterer Rehabilitationsbedarf habe nicht bestanden, weil die
Rehabilitationseinrichtungsärzte eine stufenweise Wiedereingliederung sofort im Anschluss an die Entlassung
aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme für verfrüht erachtet hätten, ist dies unmaßgeblich.
Entscheidend für die Frage eines fortbestehenden Rehabilitationsbedarfs nach Abschluss einer stationären
Rehabilitationsmaßnahme ist – wie dargelegt – alleine, dass bei Abschluss der stationären Maßnahme das
„rentenversicherungsrechtliche“ Rehabilitationsziel noch nicht erreicht, das heißt, dass der Versicherte seine
bisherige Tätigkeit noch nicht in vollem Umfang wieder aufnehmen kann, weil er den berufstypischen – und
nicht nur arbeitsplatzspezifischen – Anforderungen dieser Tätigkeit gesundheitlich noch nicht voll gewachsen
ist,
37
BSG, Urt. v. 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9; Urt. v. 17.10.2006 – B 5 RJ 15/05
R, SozR 4-2600 § 10 Nr. 2.
38 Dies ist – wie ausgeführt – vorliegend der Fall gewesen. In welchem zeitlichen Abstand zur Entlassung aus der
stationären Rehabilitationsmaßnahme die stufenweise Wiedereingliederung dann letztlich tatsächlich eingeleitet
wird, kann allenfalls für die Frage der fortbestehenden Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers relevant
sein (wird noch ausgeführt), nicht jedoch für die Frage des weiteren Rehabilitationsbedarfs zum maßgeblichen
Entlasszeitpunkt. Etwas anderes mag gelten, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt die prognostische Feststellung
anhand objektiver Befunde gerechtfertigt ist, dass die weitere Rehabilitation mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit – bloße Zweifel reichen nicht aus – nicht zum Erfolg führen wird,
39
vgl. dazu nur Kater , in: KassKomm, § 10 SGB VI Rz. 14 f. (Stand: April 2009) m. w. N.
40 Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben, da Dres. S. und M. die stufenweise Wiedereingliederung – wenn
auch mit zeitlichem Abstand – ausdrücklich empfohlen haben (Entlassbericht vom 04.02.2005, Auskunft vom
24.06.2005).
41 Alleine der Umstand, dass die stufenweise Wiedereingliederung nach ärztlicher Empfehlung erst nach einer
Zeit der Rekonvaleszenz beginnen soll, lässt die fortbestehende Rehabilitationsbedürftigkeit nicht entfallen.
Auch das Bundessozialgericht geht davon aus, dass eine Rekonvaleszenzzeit vor Beginn der stufenweisen
Wiedereingliederung den Rehabilitationsbedarf gerade nicht durchbricht, wenn das Erfordernis stufenweiser
Wiedereingliederung – wie hier – bereits am Ende der vorangegangenen Rehabilitationsmaßnahme objektiv
vorgelegen hat und sich der Sachverhalt damit als eine einheitliche Gesamtrehabilitationsmaßnahme darstellt,
42
BSG, Urt. v. 05.02.2009 – B 13 R 27/08 R, SozR 4-3250 § 28 Nr. 3; diese Rspr. noch nicht
berücksichtigt von SG Stuttgart, Urt. v. 31.03.2009 – S 10 R 9534/07, nicht veröffentlicht.
43 Dass der Versicherte ferner im Hinblick auf seine körperliche sowie geistige Leistungsfähigkeit, seine
Motivation und sein Alter grundsätzlich (weiterhin) rehabilitationsfähig war,
44
vgl. dazu BSG, Urt. v. 17.10.2006 – B 5 RJ 15/05 R, SozR 4-2600 § 10 Nr. 2,
45 ergibt sich für die Kammer zum einen daraus, dass er ausweislich des Entlassberichts des Dr. S. vom
14.02.2005 während der Anschlussheilbehandlung das ihm verordnete sehr umfangreiche und schrittweise
erweiterte Therapieprogramm von Anfang an ausgesprochen pünktlich, motiviert und interessiert
wahrgenommen sowie sehr gut durchgehalten hat. Zum anderen begann der Versicherte die stufenweise
Wiedereingliederung auf eigenen Wunsch wegen seiner sehr hohen Motivations- und Leistungsbereitschaft –
insoweit wird auf seine persönliche Vorsprache bei der Klägerin am 18.02.2005 und auf den entsprechenden
Aktenvermerk der Klägerin (Blatt 19 der SG-Akte) verwiesen – schon wenige Tage nach Entlassung aus der
stationären Rehabilitationsmaßnahme. Vor diesem Hintergrund bedurfte es insoweit keiner weiteren
Feststellungen,
46
siehe nur BSG, Urt. v. 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9.
47 Die stufenweise Wiedereingliederung stellte sich vorliegend auch als Bestandteil einer in der Zusammenschau
einheitlichen (Gesamt-) Maßnahme dar, weil das „rentenversicherungsrechtliche“ Rehabilitationsziel – insoweit
wird auf die obigen Ausführungen verwiesen – beim Versicherten noch nicht erreicht war, der weitere
Rehabilitationsbedarf bei Abschluss der stationären Maßnahme zutage trat – auch insoweit wird auf die obigen
Feststellungen Bezug genommen –, die Voraussetzungen des § 28 SGB IX bis zum Beginn der stufenweisen
Wiedereingliederung bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit des Versicherten unzweifelhaft durchgehend
vorlagen – dies entnimmt die Kammer den Wiedereingliederungsplänen der Allgemeinmedizinerin Dr. D. vom
17.02.2005, 01.03.2005 und 14.03.2005, jeweils mit Zustimmung des Versicherten und seiner Arbeitgeberin –
und die stufenweise Wiedereingliederung nur fünf Werktage nach Entlassung aus der stationären
Rehabilitationsmaßnahme und damit unzweifelhaft „unmittelbar“ im Sinne des § 51 Abs. 5 SGB IX,
48
vgl. nur BSG, Urt. v. 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9; Urt. v. 29.01.2008 – B 5a/5
R 26/07 R, SozR 4-3250 § 51 Nr. 1,
49 begann. Eine andere Beurteilung ist vorliegend nicht deshalb gerechtfertigt, weil die
Rehabilitationseinrichtungsärzte Dres. S. und M. die stufenweise Wiedereingliederung des Versicherten mit
Abschluss der stationären Rehabilitationsmaßnahme nicht selbst eingeleitet haben, sondern wenige Tage
später die den Versicherten behandelnde Hausärztin. Die entgegengesetzte Rechtsauffassung der Beklagten
findet im Gesetz keinerlei Stütze. Ein exklusives „Einleitungsmonopol“ oder dergleichen der
Rehabilitationseinrichtungsärzte existiert nicht und lässt sich insbesondere auch nicht aus § 11 Abs. 1 SGB IX
herleiten, weil es sich bei der Rehabilitationseinrichtung selbst schon um keinen Rehabilitationsträger handelt.
Davon abgesehen richtet sich die Zusammenwirkensvorschrift des § 11 SGB IX auch an alle
Rehabilitationsträger,
50
siehe dazu nur Götz , in: Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 3. Aufl. 2009, § 11 Rz. 3,
51 statuiert keine Einleitungspflicht sondern nur eine Prüfpflicht – und auch nur dann, wenn dies zum jeweiligen
Zeitpunkt im Einzelfall geboten ist – und sagt materiell nichts darüber aus, ob der zuständige
Rehabilitationsträger im Einzelfall den (weiteren) Rehabilitationsbedarf alleine oder nur im Zusammenwirken mit
den anderen Rehabilitationsträgern (vgl. § 10 Abs. 1 SGB IX) adäquat zu beurteilen vermag,
52
vgl. Luthe , in: jurisPK-SGB IX, 2010, § 11 Rz. 12, 19.
53 Schließlich führt auch der Umstand, dass Dres. S. und M. eine im sofortigen Anschluss an die Entlassung des
Versicherten beginnende stufenweise Wiedereingliederung für verfrüht erachteten, nicht zu einem Wegfall der
Zuständigkeit der Beklagten. Entscheidend ist – wie bereits ausgeführt – alleine die objektiv,
54
dazu nur Schlette , in: jurisPK-SGB IX, 2010, § 51 Rz. 13; von der Heide , in: Kossens/ von der
Heide/Maaß, SGB IX, 3. Aufl. 2009, § 51 Rz. 4,
55 fortbestehende medizinische Indikation für eine stufenweise Wiedereingliederung und die „Unmittelbarkeit“ im
Sinne des § 51 Abs. 5 SGB IX. Wenn der Versicherte entgegen der Empfehlung der Rehabilitationsärzte aber
nach Verordnung und unter Verantwortung des ihn behandelnden Arztes die Wiedereingliederung
eigenverantwortlich zu einem früheren Zeitpunkt beginnt, lässt dies die einmal entstandene Zuständigkeit der
Beklagten bei Fortbestehen der übrigen Voraussetzungen unberührt. Es kann für die Zuständigkeit der
Beklagten auch von vornherein keinen Unterschied machen, ob die stufenweise Wiedereingliederung wegen
einer notwendigen Zeit der Rekonvaleszenz zum Beispiel erst drei Monate nach Abschluss der stationären
Rehabilitationsmaßnahme beginnt – was für sich gesehen die erforderliche „Unmittelbarkeit“ und damit die
Zuständigkeit der Rentenversicherung nicht entfallen lässt –,
56
siehe nur BSG, Urt. v. 05.02.2009 – B 13 R 27/08 R, SozR 4-3250 § 28 Nr. 3,
57 oder ob sich der Versicherte – wie vorliegend – eigenverantwortlich nach entsprechender Verordnung seines
behandelnden Arztes (Wiedereingliederungsplan der Allgemeinmedizinerin Dr. D. vom 17.02.2005) dazu
entschließt, die ursprünglich avisierte Rekonvaleszenzzeit nicht auszuschöpfen, weil er bereits zu einem
früheren Zeitpunkt objektiv und subjektiv in der Lage ist, die stufenweise Wiedereingliederung zu beginnen.
58 3. Der Erstattungsanspruch der Klägerin nach § 102 SGB X ist schließlich auch nicht gemäß § 111 Satz 1
SGB X materiell ausgeschlossen.
59 Nach dieser Vorschrift ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn
nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend
macht. Diese Frist hat die Klägerin mit ihren Schreiben vom 17.03.2005 und 11.04.2005, mit dem sie einen
Erstattungsanspruch geltend gemacht hat, eingehalten. Die Schreiben erfüllen die Voraussetzungen für eine
ordnungsgemäße Geltendmachung im Sinne des § 111 Satz 1 SGB X. Der Begriff des „Geltendmachens“
meint im gegebenen Zusammenhang keine gerichtliche Geltendmachung und keine Darlegung in allen
Einzelheiten, sondern das Behaupten oder Vorbringen,
60
BSG, Urt. v. 30.06.2009 – B 1 KR 21/08 R, juris, m. w. N., st. Rspr.; LSG Ba.-Wü., Urt. v. 24.11.2009
– L 11 R 2858/09, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb.
61 Allerdings muss der Wille erkennbar werden, zumindest rechtssichernd tätig zu werden. Dabei reicht es aus,
wenn der erstattungspflichtige Träger sich ein Bild über Art und Umfang der in Rede stehenden Leistungen
machen kann und in die Lage versetzt wird, seine eigene Leistungszuständigkeit zu prüfen. Einer ins Einzelne
gehenden Präzisierung und Aufschlüsselung der Forderung bedarf es nicht,
62
BSG, Urt. v. 30.06.2009 – B 1 KR 21/08 R, juris, m. w. N.; Urt. v. 24.02.2004 – B 2 U 29/03 R, juris;
siehe speziell zum Nichterfordernis einer Bezifferung auch BSG, Urt. v. 25.04.1989 – 4/11a RK 4/87,
SozR 4-3250 § 51 Nr. 1; Hamb. OVG, Beschl. v. 21.11.2007 – 4 Bf 154/06, NordÖR 2008, S. 138 f. m.
w. N.
63 Da der Erstattungsanspruch im Sinne des § 111 Satz 1 SGB X zudem bereits geltend gemacht werden kann,
bevor die Ausschlussfrist zu laufen begonnen hat, können allgemeine Angaben genügen, die sich auf die im
Zeitpunkt des Geltendmachens vorhandenen Kenntnisse über Art und Umfang künftiger Leistungen
beschränken,
64
BSG, Urt. v. 30.06.2009 – B 1 KR 21/08 R, juris, m. w. N., st. Rspr.; LSG Ba.-Wü., Urt. v. 24.11.2009
– L 11 R 2858/09, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb.
65 Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin mit ihren Schreiben vom 17.03.2005 und 11.04.2005
ausreichend rechtssichernd zum Ausdruck gebracht, dass sie die Beklagte für die Zeit ab Entlassung des
Versicherten aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme am 13.02.2005 bis zum Abschluss der am
21.05.2005 begonnenen stufenweisen Wiedereingliederung als zuständig für die Zahlung von Übergangsgeld
ansieht, dass sie mit der Zahlung von Krankengeld eingesprungen ist und dass sie insoweit von der Beklagten
Erstattung begehrt.
66 4. Nach alledem war die Beklagte für die stufenweise Wiedereingliederung des Versicherten zuständig und
hatte dementsprechend nach §§ 20, 21 SGB VI Übergangsgeld an den Versicherten zu zahlen mit der Folge,
dass der Krankengeldanspruch gegen die Klägerin ruhte und diese insoweit als unzuständige Trägerin
vorgeleistet hat,
67
vgl. zur Rechtsfolge nur LSG Ba.-Wü., Urt. v. 24.11.2009 – L 11 R 2858/09, abrufbar unter
www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb.
68 Entsprechendes gilt für die Zeit zwischen Abschluss der stationären Rehabilitationsmaßnahme und Beginn der
stufenweisen Wiedereingliederung, was § 51 Abs. 5 SGB IX nunmehr auch ausdrücklich klarstellt,
69
vgl. LSG Ba.-Wü., Beschl. v. 04.11.2009 – L 10 R 3289/09 NZB, juris, m. w. N.
II.
70 Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens.
III.
71 Die Berufung wird nicht zugelassen.
72 Die Zulassungsbedürftigkeit folgt aus den §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Der in Rede stehende
Erstattungsanspruch übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 10.000 Euro nicht.
73 Zulassungsgründe (vgl. § 144 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor. Insbesondere führt die Rechtsansicht der
Beklagten, dass die stufenweise Wiedereingliederung von den Rehabilitationseinrichtungsärzten eingeleitet
worden sein muss, um zuständigkeitsbegründend zu wirken, nicht zur Zulassung wegen grundsätzlicher
Bedeutung (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG), weil sie abwegig ist,
74
siehe zu einem solchen Fall auch LSG NRW, Beschl. v. 03.07.2006 – L 19 B 11/06 AS NZB, juris;
Zeihe/Hauck , SGG, § 144 Rz. 21 h (Stand: November 2007).
IV.
75 Die Streitwertfestsetzung – Ziffer 2 des Tenors – beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG in
Verbindung mit §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und entspricht
dem von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsbetrag in Höhe von 3.225,52 Euro.