Urteil des SozG Stade vom 27.04.2010

SozG Stade: arbeitsunfähigkeit, ärztliche verordnung, ungeborenes kind, schwangerschaft, gefahr, krankengeld, erwerbstätigkeit, könig, behandlung, unterbrechung

Sozialgericht Stade
Urteil vom 27.04.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Stade S 6 AL 159/06
Die Bescheide der Beklagten vom 3. Juli und 6. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2006
werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld für den Zeitraum 3. Juli 2006 bis 19.
August 2006 zu gewähren. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten. Die Berufung
wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg).
Die 1967 geborene Klägerin war bis Anfang 2004 beschäftigt als Krankenpflegehelferin. Nach der Geburt ihres vierten
Kindes befand sie sich in der Folge in Elternzeit. Zum 22. Februar 2006 meldete sie sich bei der Beklagten arbeitslos,
beantragte Leistungen und stellte sich dem Arbeitsmarkt für 20 Stunden wöchentlich zur Verfügung. Die Beklagte
bewilligte der Klägerin ab 22. Februar 2006 Alg iHv 13,35 EUR täglich. Die behandelnde Frauenärztin und Zeugin G.
bescheinigte der inzwischen erneut schwangeren Klägerin am 22. Mai 2006 für den Zeitraum bis zum 6. Juni 2006
eine Arbeitsunfähigkeit. Mit ärztlichem Zeugnis vom 9. Juni 2006 stellte die Zeugin G. der Klägerin ein absolutes
Beschäftigungsverbot ab 7. Juni bis 5. Juli 2006 aus. Zur Begründung führte die Zeugin an, dass eine vorzeitige
Wehentätigkeit, eine Frühgeburtsneigung sowie ein Gestoserisiko vorlägen. Mit Bescheinigung vom 5. Juli 2006
verlängerte die Zeugin das absolute Beschäftigungsverbot über den 5. Juli 2006 hinaus bis zum Mutterschutz (ab 20.
August 2006). Die Begründung des weitergehenden Beschäftigungsverbotes entsprach der Begründung des zuvor
ausgestellten. Der Mutterschutz begann am 20. August 2006, die Geburt des fünften Kindes der Klägerin erfolgte am
12. Oktober 2006.
Mit Bescheid vom 3. Juli 2006 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab diesem Tag auf mit der Begründung, die
Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung im Krankheitsfall seien nicht mehr erfüllt. Mit Änderungsbescheid vom
6. Juli 2006 korrigierte die Beklagte die Aufhebung der Bewilligung von Alg ab 3. Juli 2006 in der Begründung
dahingehend, dass aufgrund des absoluten Beschäftigungsverbotes nunmehr keine Verfügbarkeit der Klägerin mehr
gegeben sei, so dass ein Anspruch auf Weitergewährung von Alg nicht bestehe. Den gegen diese Entscheidung
eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2006 zurück.
Die Klägerin hat am 14. August 2006 Klage erhoben. Zur Begründung beruft sie sich auf die Entscheidung des
Hessischen Landessozialgerichts (LSG) vom 20. August 2007 (L 9 AL 35/04) und vertritt die Auffassung, dass trotz
des ausgestellten Beschäftigungsverbotes Alg weiter zu zahlen sei.
Mit Beschluss vom 17. September 2009 hat das Gericht die Techniker Krankenkasse als in Betracht kommenden
zuständigen Leistungsträger zum Verfahren beigeladen.
Die Klägerin beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2006 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 6. Juli 2006 und den
Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2006 aufzuheben, 2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld für
den Zeitraum 3. Juli bis 19. August 2006 zu gewähren, 3. hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen der Klägerin
Krankengeld für den Zeitraum 3. Juli bis 19. August 2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und weist darauf hin, dass nach ihren
Dienstanweisungen bei einem absoluten Beschäftigungsverbot mangels Verfügbarkeit grundsätzlich keine Gewährung
von Alg in Betracht komme.
Die Beigeladene beantragt,
den hilfsweise von der Klägerin gestellten Antrag - sofern über diesen Antrag entschieden wird - abzuweisen.
Die Beigeladene vertritt die Auffassung, dass vorliegend zutreffend ein Beschäftigungsverbot festgestellt worden sei.
Sie schließt sich in der Sache den Ausführungen des Hessischen Landessozialgerichts an und hält einen Anspruch
gegen die Beklagte für gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten sowie hinsichtlich des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gerichtsakte, die Sitzungsniederschrift und die beigezogene
Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die
Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Weitergewährung von Alg über den 2. Juli 2006 hinaus
bis zum 19. August 2006.
Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten sind keine wesentlichen Änderungen in den tatsächlichen oder
rechtlichen Verhältnissen der Klägerin iSd § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) eingetreten, die die
Beklagte berechtigt hätten, die ausgesprochene Bewilligung von Alg für die Vergangenheit bzw Zukunft aufzuheben.
Denn die Klägerin hatte trotz des durch die behandelnde Frauenärztin und Zeugin G. ausgesprochenen absoluten
Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs 1 Mutterschutzgesetz weiterhin einen Anspruch gegen die Beklagte auf Alg.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) schließen die
Annahme eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs 1 MuSchG und einer
Arbeitsunfähigkeit infolge Schwangerschaft einander aus (BSG, Urteil vom 17. April 1991 - 1/3 RK 21/88 - SozR 3-
7860 § 10 Nr 1; BAG, Urteil vom 22. März 1995 - 5 AZR 874/93 - BAGE 79, 307, 309 ff). Der Anspruch auf
Mutterschutzlohn nach § 11 MuSchG setzt voraus, dass allein das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot
einer Beschäftigung der Schwangeren entgegen steht. Das trifft nur bei einem normalen Schwangerschaftsverlauf zu
und sichert die gesunde Schwangere während der Unterbrechung der Beschäftigung aus Gründen der
Gefahrenvorsorge. An dem ursächlichen Zusammenhang zwischen Beschäftigungsverbot und Unterbrechung der
Beschäftigung fehlt es nach der Rechtsprechung, wenn die Schwangere wegen einer Krankheit arbeitsunfähig ist. In
diesem Fall steht ihr nicht der Mutterschutzlohn nach § 11 MuSchG, sondern der auf sechs Wochen beschränkte
Anspruch auf Entgeltfortzahlung und anschließend Krankengeld gegen die Krankenkasse zu (BAG, Urteil vom 12.
März 1997 - 5 AZR 766/95 - BAGE 83, 237, 243; BSG, Urteil vom 9. September 1999 - B 11 AL 77/98 R - SozR 3 -
4100 § 103 Nr 19).
Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Rechtsprechung liegt vor, wenn der Arbeitslose infolge Krankheit (oder stationärer
Behandlung) überhaupt nicht oder nur auf die Gefahr, seinen Zustand zu verschlimmern, fähig ist, seiner bisher
ausgeübten Erwerbstätigkeit oder einer ähnlichen Beschäftigung nachzugehen, bzw die ihm nach dem SGB III
zumutbaren Tätigkeiten nicht mehr ausüben kann. Krankheit ist ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der
ärztlicher Behandlung bedarf und Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand,
der vom Leidbild des gesunden Menschen dergestalt abweicht, dass die betreffende Person zur Ausübung der
normalen psychophysischen Funktionen nicht in der Lage ist. Danach ist eine Schwangerschaft auch mit den
einhergehenden Beschwerden und Gefährdungen von Mutter und Kind nicht als Krankheit anzusehen. Das Vorliegen
einer Risikoschwangerschaft sagt von der Begrifflichkeit noch nichts darüber aus, inwieweit ein ärztliches
Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MuSchG oder die Feststellung krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit indiziert
sind (vgl Schliemann/König, Ärztliches Beschäftigungsverbot mit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit der
werdenden Mutter, NZA 1998, 1030). Nur dann, wenn das Risiko auf einer Erkrankung beruht, liegt eine
krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nahe. Beruht das Risiko auf medizinischen Befunden, ohne dass eine
Erkrankung festgestellt werden kann, spricht dies für ein ärztliches Beschäftigungsverbot (Schliemann/König, aaO;
zum Ganzen ebenso Hessisches LSG, Urteil vom 20. August 2007 - L 9 AL 35/04).
Hinsichtlich der Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit oder des Beschäftigungsverbotes
nach § 3 MuSchG erfüllt sind, kommt es allein darauf an, was der behandelnde Arzt als sachverständiger Zeuge
objektiv bekundet bzw aufgrund seiner Wahrheitspflicht zu bekunden hat. Dabei ist klarzustellen, dass es sich nicht
etwa um ein ärztliches, sondern ein gesetzliches Beschäftigungsverbot handelt, dessen tatbestandliche
Voraussetzungen der behandelnde Arzt nach § 3 Abs 1 MuSchG zu bezeugen hat. Das Gericht hat sich insoweit
grundsätzlich mit den Inhalten des der ärztlichen Atteste unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung
auseinanderzusetzen. Das Gericht kann sich nicht ohne weiteres auf das im ärztlichen Attest enthaltene Wort
Beschäftigungsverbot stützen (BSG, Urteil vom 9. September 1999 - B 11 AL 77/98 R). bzw die Qualifizierung eines
Attests als Beschäftigungsverbot zu Eigen machen, sondern hat in die rechtliche Würdigung einzutreten, ob aufgrund
des Inhalts des Attests die Folgen einer Arbeitsunfähigkeit begründet sein können. Vor dem Hintergrund der
unterschiedlichen Rechtsfolgen eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots und krankheitsbedingter
Arbeitsunfähigkeit während der Schwangerschaft sowie der allgemein kundigen Tatsache, dass bei normalem
Schwangerschaftsverlauf außerhalb der gesetzlichen Schutzfristen eine Erwerbstätigkeit ohne schwere körperliche
Belastungen oder schädigende Einwirkungen am Arbeitsplatz möglich ist, muss das Gericht die ärztlichen Atteste
würdigen. Bei der dieser rechtlichen Würdigung von Beschäftigungsverbot und Arbeitsunfähigkeit ist auch zu
berücksichtigen, dass auch letztere Elemente der Gefahrenvorsorge enthalten kann; Arbeitsunfähigkeit liegt nicht nur
vor, wenn ein Krankheitszustand Arbeit ausschließt, sondern auch, wenn diese mit der Gefahr einer Verschlimmerung
der Krankheit verbunden ist (BSG, Urteil vom 15. November 1984 - 3 RK 21/83, BSGE 57, 227 ff = SozR 2200 § 182
Nr 96).
Nach den weitergehenden Ermittlungen der Kammer, insbesondere nach der Vernehmung der behandelnden
Frauenärztin G. als Zeugin in der mündlichen Verhandlung, steht fest, dass in dem streitigen Zeitraum ab 3. Juli bis
19. August 2006 die Zeugin zutreffend und zu Recht ein absolutes Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1
Mutterschutzgesetz und keine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin festgestellt hat. Die Zeugin hat im Rahmen der
Beweisaufnahme nachvollziehbar dargelegt, dass während des Zeitraums vom 22. Mai bis 6. Juni 2006 deshalb eine
Arbeitsunfähigkeit auszusprechen war, da die Klägerin in diesem Zeitraum über nicht definierbare
Unterbauchbeschwerden klagte. In diesem Zeitraum konnte von der Zeugin nicht ausgeschlossen werden, dass eine
Erkrankung vorlag, so dass Arbeitsunfähigkeit zu bestätigen war. In der Folgezeit ab 7. Juni 2006 jedoch stand für die
behandelnde Ärztin fest, dass die Unterbauchbeschwerden schwangerschaftsbedingt waren und keine Erkrankung
darstellten. Demzufolge gab es unter diesem Gesichtspunkt keinen Grund mehr, eine weitergehende
Arbeitsunfähigkeit festzustellen. Auch darüber hinaus hat die Zeugin nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin im
streitigen Zeitraum grundsätzlich als arbeitsfähig angesehen werden musste, dass jedoch infolge der
Schwangerschaft nicht unerhebliche Risiken bestanden für Mutter und ungeborenes Kind, so dass die
Voraussetzungen für ein absolutes Beschäftigungsverbot vorlagen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin
zum Zeitpunkt der Schwangerschaft 39 Jahre alt war und es sich bereits um die fünfte Schwangerschaft handelte.
Wie bereits bei den vorangehenden Schwangerschaften bestand bei der Klägerin ein erhöhtes Frühgeburtsrisiko sowie
ein erhöhtes Gestoserisiko. Die bestehende Frühgeburtsneigung sowie die vorzeitige Wehentätigkeit bzw die
Zervixverschlussinsuffizienz führten nach den nachvollziehbaren Schilderungen der Zeugin dazu, dass die Gefahr
einer Erkrankung bestand bereits bei geringeren Belastungen, so dass ein absolutes Beschäftigungsverbot zu
bescheinigen war. Jedoch stellen alle von der Zeugin benannten Diagnosen weder für sich genommen noch
zusammen Krankheitsbilder dar, die eine Arbeitsunfähigkeit rechtfertigen würden.
Die Kammer folgt nach eigener Überprüfung der Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts in der
Entscheidung vom 20. August 2007 (L 9 AL 35/04). Danach verliert die arbeitslose Schwangere den Anspruch auf Alg
nicht durch ein ärztliches Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MuSchG trotz fehlender Verfügbarkeit, wenn nicht
gleichzeitig eine zur Arbeitsunfähigkeit führende Krankheit vorliegt. Im Falle der gleichzeitig vorliegenden
Arbeitsunfähigkeit durch eine von der Schwangerschaft zu unterscheidende Krankheit besteht ein Anspruch auf
Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit nach § 126 SGB III. Sofern neben dem ärztlich bescheinigten
Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MuSchG nicht gleichzeitig eine zur Arbeitsunfähigkeit führende Krankheit
vorliegt, ist die Verfügbarkeit dagegen zu fingieren, so dass ein Anspruch auf Alg besteht.
Demzufolge ist die Beklagte im Wege der lückenfüllenden Auslegung zur Weitergewährung von Alg zu verpflichten
(vgl Hessisches LSG, aaO; ebenso SG Osnabrück, Urteil vom 26. August 2009 - S 16 AL 131/08). Entsprechend
heranzuziehen sind insoweit die §§ 120 Abs 1, 125, 126 SGB III sowie der Rechtsgedanke des § 11 Abs 1 MuSchG.
Der Gesetzgeber hat in den genannten Vorschriften die tatsächlich fehlende Verfügbarkeit fingiert und insbesondere in
§ 126 Abs 3 SGB III auf die Vorschriften des Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) verwiesen, die bei Fortzahlung
der Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber im Krankheitsfall sowie bei Zahlung von Krankengeld im Falle der
Erkrankung eines Kindes anzuwenden sind. Hier kann die gesetzliche Lücke dahin geschlossen werden, dass auch
auf die entsprechende Anwendung des § 3 Abs 1 MuSchG verwiesen wird. Die aufgezeigte Lücke hinsichtlich des
erforderlichen Schutzes von Mutter und Kind bei Ausspruch eines Beschäftigungsverbotes gegenüber einer
schwangeren Arbeitslosen, bei der keine zur Arbeitsunfähigkeit führende Krankheit vorliegt, kann nur dahin
geschlossen werden, dass die Beklagte den nach § 11 Abs 1 MuSchG eigentlich vom Arbeitgeber zu tragenden
"Mutterschutzlohn" durch Fortzahlung von Alg entsprechend erbringt (Hessisches LSG, aaO). Anderenfalls würde von
der Beklagten auf die schwangere Arbeitslose unzulässiger Druck ausgeübt werden, sich gegen die ärztliche
Verordnung dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen und entweder Vorstellungsgespräche zu führen oder an
Maßnahmen teilzunehmen, während die damit eigentlich angestrebte Aufnahme einer Arbeit wegen des dann den
Arbeitgeber treffenden Beschäftigungsverbotes ohnehin nicht in Betracht kommen dürfte.
Insbesondere unter Berücksichtigung von Art 6 Abs 4 Grundgesetz und des sich daraus ergebenden Schutzgebotes
für die (werdende) Mutter hält es das Gericht für zwingend, die sich ergebende Regelungslücke zu schließen. Auch ist
nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber den hier zu entscheidenden und wegen der regelmäßig mit einem generellen
Beschäftigungsverbot einhergehenden Arbeitsunfähigkeit eher seltenen Fall bewusst ungeregelt gelassen hat. Daher
sieht sich die Kammer nicht gehindert, die entstandene Lücke durch eine Fiktion der Verfügbarkeit zu schließen.
Auch die neueere Rechtsprechung des BSG vom 5. August 2008 (B 11a AL 167/07 B - Nichtzulassungsbeschwerde
gegen die Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts, aaO) steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Das BSG
hat in dieser Entscheidung, mit der sie die Nichtzulassungsbeschwerde der Bundesagentur für Arbeit abgelehnt hat,
deutlich gemacht, dass die Entscheidung des Hessisches Landessozialgerichts der zuvor ergangenen
Rechtsprechung des BSG, insbesondere in der Entscheidung vom 9. September 1999 (B 11 AL 77/98 R) nicht
erkennbar entgegenstehe. Vielmehr lassen die Ausführungen des BSG im Beschluss vom 5. August 2008 den
Schluss zu, dass nach Auffassung des 11. Senats die Entscheidung des Hessischen LSG vom 20. August 2007 mit
der früheren Rechtsprechung des BSG in Einklang zu bringen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
In Anbetracht der soweit ersichtlich bisher in erster Linie lediglich vorliegenden Rechtsprechung des Hessisches LSG
hält die Kammer eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iSv § 144 Abs 2 Nr SGG für gegeben, so dass die
Berufung zuzulassen war.