Urteil des SozG Stade vom 08.06.2010

SozG Stade: nichteheliche lebensgemeinschaft, gründung der gesellschaft, geschäftsführer, treuhänder, treuhandvertrag, treugeber, rahmenfrist, innenverhältnis, aufhebungsvertrag, betrug

Sozialgericht Stade
Urteil vom 08.06.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Stade S 16 AL 43/07
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung Arbeitslosengeld (Alg) für weitere 90 Kalendertage.
Die 1947 geborene Klägerin ist gelernte Friseurin, sie war nach eigenen Angaben von 1991 bis 1993 als
Sachbearbeiterin bzw Innendienstverkäuferin beschäftigt, danach arbeitslos bzw Hausfrau. Seit 1. August 1998 war
sie laut Arbeitsvertrag als Bürokauffrau bei der G. -Bau GmbH tätig. Die Klägerin lebt seit etwa 25 Jahren in
nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit H., dem Geschäftsführer der GmbH.
Die Klägerin gründete im April 1991 zunächst als alleinige Gesellschafterin die I. GmbH. Der Gesellschaftsvertrag
wurde am 5. April 1991 notariell beurkundet. Das Stammkapital betrug 50.000,--DM. Bereits vor der Gründung der
Gesellschaft unterzeichneten die Klägerin und ihr Lebensgefährte H. am 30. März 1991 folgenden Vertrag: "Hiermit
wird Frau B. für Herrn H. treuhänderisch als Gesellschafterin der I. fungieren bis zur Übernahme durch Herrn H.". Am
23. Dezember 1993 trafen Klägerin und Herr H. folgende weitergehende Vereinbarung: "Nach der Umfirmierung der I.
in die J. GmbH hat der Vertrag vom 30. März 1991 weiterhin Gültigkeit".
1993 hielt die Klägerin als Gesellschafterin eine Gesellschafterversammlung ab und beschloss, die Firma in J. GmbH
(in der Folge: GmbH) abzuändern. Die GmbH wurde am 28. Februar 1994 in das Handelsregister des Amtsgerichts K.
unter B55068 eingetragen. Die GmbH wurde seit ihrer Gründung von H. als alleinigem und von den Beschränkungen
des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer vertreten. Das Stammkapital betrug weiterhin 50.000,-- DM, laut
Gesellschaftsvertrag aufzubringen von der Klägerin. Gegenstand der GmbH war die Übernahme von Bauten als
Bauunternehmen bzw Generalunternehmer, später verlagerte sich das Tätigkeitsfeld auf den Bereich Bodenbelag- und
Spezialarbeiten auf Schiffen.
Nach Aktenlage erstmals zum 1. August 1998 nahm die Klägerin bei der GmbH eine Tätigkeit als Bürokauffrau auf.
Laut Arbeitsvertrag vom 28. Juli 1998 betrug das Arbeitsentgelt monatlich brutto 5.200,-- DM. Im Zusammenhang mit
dieser Arbeitsaufnahme beantragte die GmbH bei der Beklagten die Gewährung eines Eingliederungszuschusses. In
diesem Verfahren machte die GmbH offenbar falsche Angaben und verschwieg die Alleingesellschaftereigenschaft der
Klägerin. Die Beklagte bewilligte in der Folge den beantragten Eingliederungszuschuss für die Zeit vom 1. August
1998 bis 31. Juli 2000. Nachdem die Beklagte Kenntnis davon erlangt hatte, dass die Voraussetzungen für die
Bewilligung des Eingliederungszuschusses nicht erfüllt gewesen waren, hob sie die Bewilligung auf und forderte die
Leistungen iHv 35.536,65 EUR von der GmbH zurück. Das gerichtliche Verfahren konnte nicht mehr abgeschlossen
werden, da zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Etwa im Jahr 2005 verlegte die GmbH ihren
Sitz von K. nach L ... Eigentümerin der neuen Geschäftsräume in L. war die Klägerin, die auch als Vermieterin
gegenüber der GmbH auftrat. Die Klägerin erhielt seit Dezember 2004 bis Dezember 2006 keine Gehaltszahlungen
mehr von der GmbH, übte ihre Tätigkeit in diesem Zeitraum jedoch weiter aus.
Am 21. Dezember 2006 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet.
Am 31. Januar 2007 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg.
Am 12. Februar 2007 stellte die GmbH nach Aufforderung durch die Beklagte eine Arbeitsbescheinigung aus, die von
der Klägerin eigenhändig ausgefüllt wurde und - nach Angaben der Klägerin - von dem Geschäftsführer H.
unterschrieben wurde. In dieser Arbeitsbescheinigung wurde wahrheitswidrig angegeben, dass die Klägerin nicht an
dem Unternehmen beteiligt sei. Angaben zum Arbeitsentgelt wurden dahingehend gemacht, dass der Klägerin ab 1.
Januar 2006 ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 3.599,99 EUR zugestanden habe. Weiterhin wurde in der
Arbeitsbescheinigung angegeben, dass die Klägerin bei der GmbH vom 1. August 1998 bis 30. Dezember 2006
beschäftigt gewesen sei; das Arbeitsverhältnis sei zum 20. Dezember 2006 durch Aufhebungsvertrag wegen der
Insolvenz der GmbH beendet worden.
Mit Bescheid vom 21. Februar 2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg ab 31. Januar 2007 für insgesamt 450
Kalendertage iHv täglich 40,63 EUR. Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, ihr stehe
aufgrund ihres Lebensalters ein Anspruch von 540 Kalendertagen zu. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. März 2007
lehnte die Beklagte den Widerspruch ab und führte aus, in der erweiterten Rahmenfrist vom 31. Januar 2004 bis 30.
Januar 2007 würden Versicherungspflichtverhältnisse vom 31. Januar 2004 bis 20 Dezember 2006 bestehen, so dass
35 Kalendermonate zu berücksichtigen seien. Nach § 127 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) bestehe daher ein
Anspruch auf Alg von 15 Monaten, dh 450 Kalendertagen. Dagegen hätte ein Anspruch von 18 Monaten nur dann
bestanden, wenn 36 Monate Versicherungspflichtverhältnisse vorgelegen hätten.
Die Klägerin hat am 3. April 2007 Klage erhoben und trägt vor, das Arbeitsverhältnis habe nicht am 20. Dezember
2006 geendet, sondern weiter bestanden bis zur Arbeitslosmeldung am 31. Januar 2007. Eine schriftliche Kündigung
bzw ein schriftlicher Aufhebungsvertrag existiere nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei sie zudem
durchaus als Arbeitnehmerin anzusehen, sie berufe sich insoweit auch auf den Bescheid des Finanzamts M. vom 4.
Juli 2006. Sie habe ausschließlich treuhänderisch für Herrn H. gehandelt, auch habe sie nicht über die notwendige
Fachkenntnis von der Materie der GmbH verfügt. Sie habe ausschließlich auf Weisung des Geschäftsführers
gehandelt und Sekretariats- und Buchhaltungsarbeiten erledigt. Grund für ihr Auftreten als Gesellschafterin sei
gewesen, dass Herr H. damals keine GmbH habe gründen können, da er aufgrund seiner Schulden die
entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Das Kapital für die Gründung der GmbH habe allerdings von
Herrn H. gestammt. Nachdem die Klägerin zunächst angegeben hat, dass eine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit
Herrn H. nicht bestehe, präzisierte sie ihre Angaben im Laufe des Verfahrens dahingehend, dass ab 1985 eine
nichteheliche Lebensgemeinschaft bestanden habe, es jedoch 1999 zur Trennung gekommen sei, seitdem sei man
freundschaftlich verbunden. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat die Klägerin ihren Vortrag dahingehend korrigiert,
dass seit 25 Jahren eine "quasi nichteheliche Lebensgemeinschaft" bestehe, die früher intensiver gewesen sei als
heute. Sie und Herr H. würden zwar nicht zusammen wohnen, sich aber jeden Tag sehen. Die Rentenzahlungen
zugunsten des Herrn H. würden deshalb auf ihrem Konto eingehen, da Herr H. kein Konto eröffnen könne. Sie habe
seit Dezember 2004 ihre Tätigkeit bei der GmbH weitergeführt ohne Gehaltszahlung, da sie stets davon ausgegangen
sei, dass es mit der Firma wieder bergauf gehen würde. Gleiches gelte für die Mietzahlungen hinsichtlich der
Geschäftsräume, sie habe lediglich eine einzige Monatsmiete erhalten, danach über Jahre keine weiteren
Mietzahlungen.
Die Klägerin beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2007
abzuändern, 2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld ab 31. Januar 2007 nach Maßgabe der
gesetzlichen Bestimmungen für insgesamt 540 Kalendertage zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat zur weiteren Sachverhaltsaufklärung eine Auskunft des Insolvenzverwalters Rechtsanwalt N.
eingeholt. Dieser führte am 10. Dezember 2007 aus, der Geschäftsführer H. habe ihm mitgeteilt, dass die Klägerin auf
freiwilliger Basis für die GmbH arbeiten würde. Auch habe er ihm mitgeteilt, dass alle Arbeitsverhältnisse am 20.
Dezember 2006 beendet gewesen seien. Er habe als Insolvenzverwalter die Kündigung des Arbeitsvertrages der
Klägerin gegenüber zum 20. Dezember 2006 im März 2007 nochmals bestätigt, diese habe dem nicht widersprochen.
Auch habe die Klägerin für die Zeit nach dem 20. Dezember 2006 ihm gegenüber keine Ansprüche auf Lohn und
Gehalt geltend gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und
die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die
Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung weiteren Alg.
Anspruch auf Alg hat nach § 118 Abs 1 SGB III der Arbeitnehmer, der arbeitslos ist, der sich bei der Agentur für
Arbeit arbeitslos gemeldet und der die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Die Klägerin erfüllt die letzte dieser
Voraussetzungen nicht, sie hat die Anwartschaft nicht erfüllt. Demzufolge hat sie keinen Anspruch auf Gewährung
weitern Alg, auch die bereits erfolgte Gewährung von Alg für 450 Tage erweist sich insoweit - ohne dass diese Frage
Gegenstand des Verfahrens gewesen wäre - als rechtswidrig.
Die Anwartschaftszeit hat nach § 123 SGB III erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem
Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Nach § 124 Abs 1 SGB III beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und
beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Die Klägerin hat die
Anwartschaftszeit nicht erfüllt, denn sie hat in der Rahmenfrist in keinem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
Die Tätigkeit der Klägerin bei der GmbH als Bürokauffrau stellt keine versicherungspflichtige Tätigkeit dar, die
Klägerin ist nicht als Arbeitnehmerin anzusehen. Unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten ist die Kammer zu
dem Ergebnis gekommen, dass ein Versicherungspflichtverhältnis iSd Sozialrechts in der Zeit zwischen 1998 und
2006 nicht vorgelegen hat. Im Einzelnen:
1. Die Kammer geht nach Einbeziehung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls davon aus, dass die Klägerin ihre
Tätigkeit bei der GmbH nicht als weisungsgebundene Angestellte ausgeübt, sondern dass sie die GmbH gemeinsam
mit ihrem Lebensgefährten, dem Geschäftsführer H., geführt hat. Nachdem die Klägerin dies zunächst nicht eindeutig
einräumen wollte, hat sie zwischenzeitlich klargestellt, dass tatsächlich seit 1985 eine nichteheliche
Lebensgemeinschaft mit dem Geschäftsführer H. besteht. Allein diese Tatsache führt zwar noch nicht zu dem
Ergebnis, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zwischen der GmbH und der Klägerin nicht
Betracht kommt, dieses Ergebnis folgt aber aus der Berücksichtigung der weitergehenden Umstände. Ein
schwerwiegendes Indiz gegen eine versicherungspflichtige Tätigkeit der Klägerin bei der GmbH ist insbesondere, dass
sie über einen Zeitraum von zwei Jahren ohne irgendeine Gehaltszahlung ihre Tätigkeit weiter ausgeübt hat. Von
Dezember 2004 bis Dezember 2006 hat sie ihre Tätigkeit nach eigenen Angaben in Vollschicht weiter ausgeübt, ohne
jegliche Gehaltszahlung erhalten zu haben. Ein solches Verhalten ist für einen Arbeitnehmer absolut unüblich und
nicht nachvollziehbar. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin die Gehaltszahlungen gerichtlich gegenüber der
GmbH geltend gemacht hat. Weiter ist zu beachten, dass der Geschäftsführer H. offensichtlich gegenüber dem
Insolvenzverwalter dargelegt hat, dass die Klägerin "freiwillig" bei der GmbH gearbeitet habe. Auch diese Aussage
spricht eindeutig gegen ein versicherungspflichtiges Arbeitnehmerverhältnis. Weiterhin hat die Klägerin offensichtlich
Teile ihres Vermögens in die GmbH investiert. So hat sie die Räumlichkeiten erworben, die in L. als Geschäftsräume
dienten. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren hat sie nach eigenen Angaben auf jegliche Mietzahlungen
verzichtet. Bestätigt wird dies auch vom Insolvenzverwalter N., der in seinem Insolvenzgutachten vom 18. Dezember
2006 ausführt: "Zu berücksichtigen ist weiter, dass sowohl die Treuhänderin als auch der Treugeber kaum in der Lage
sein werden, zusätzliche Zahlungen zu leisten. Sie hatten ihre finanziellen Reserven in den Erhalt der Schuldnerin
investiert". Letztlich spricht die gesamte Vorgehensweise bereits seit 1991, insbesondere der Abschluss der rechtlich
unwirksamen und völlig unzureichenden Treuhandvereinbarungen (dazu siehe unten 2.), gegen ein
versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis der Klägerin und im gesamten Zeitraum von 1991 bis 2006 für ein
gemeinsames Wirken und Gestalten von Klägerin und Geschäftsführer H. als Selbständige. Die nach außen erfolgte
Einstellung der Klägerin als Bürokauffrau zum 1. August 1998 erfolgte nach Einschätzung der Kammer in erster Linie
deswegen, um bei der Beklagten die Gewährung eines Eingliederungszuschusses geltend machen zu können. Dass
die Beantragung dieser Leistung voraussetzte, dass wahrheitswidrige Angaben gegenüber der Beklagten gemacht
werden und dies auch erfolgt ist, spricht insoweit für sich. Die Angaben der Klägerin, sie habe von 1993 bis August
1998 überhaupt keine Tätigkeiten in der GmbH ausgeübt, sondern sich ausschließlich auf Arbeitsstellen beworben,
hält das Gericht für völlig unglaubhaft, insbesondere in Anbetracht der weitergehenden Aussage, sie wisse nicht, wer
die von ihr ab August 1998 erledigten Tätigkeiten zuvor verrichtet habe. Schließlich spricht auch die Tatsache, dass
der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in mehreren Verfahren zuvor und zeitweise gleichzeitig auch die GmbH,
bevollmächtigt durch den Geschäftsführer H., vertreten hat (ua Insolvenzverfahren, Erstattungsstreitigkeit gegen
Bundesagentur für Arbeit), dafür, dass die Interessen der GmbH, des Geschäftsführers und der Klägerin dieselben
sind. Anderenfalls müsste man wohl von einem Interessenkonflikt sprechen, der es kaum zulassen dürfte, dass der
Prozessbevollmächtigte sowohl den Arbeitgeber als auch die vermeintliche Arbeitnehmerin, die vor allem erhebliche
Lohnansprüche gegen den Arbeitgeber geltend macht, gleichzeitig vertritt. Auch die Ausführungen der Klägerin, sie
habe lediglich formell als Gesellschafterin fungiert, während es sich an sich um die GmbH des Geschäftsführers H.
gehandelt habe, der entgegen der Regelung im Gesellschaftsvertrag das Stammkapital selbst aufgebracht habe,
erscheint nicht glaubhaft, denn gleichzeitig hat die Klägerin behauptet, der Geschäftsführer H. habe gerade deshalb
eine eigene GmbH nicht gründen können, weil er erheblich verschuldet gewesen sei. Gleichzeitig hat die Klägerin
dargelegt, dass sie über Jahre von Ersparnissen und ihrem Vermögen gelebt habe, so dass es ihr möglich gewesen
sei, auf Gehaltszahlungen und Mieteinnahmen großzügig zu verzichten.
2. Darüber hinaus bestand im Zeitraum von 1998 bis 2006 auch aus dem Grund kein versicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis der Klägerin, weil die Klägerin als Alleingesellschafterin der GmbH nicht Arbeitnehmerin sein
konnte. Der Alleingesellschafter einer GmbH steht zur Gesellschaft grundsätzlich in keinem Beschäftigungsverhältnis,
selbst wenn er für diese eine untergeordnete Tätigkeit nach Weisung verrichtet (BSG, Urteil vom 9. Novmber 1989 -
11 RAr 39/89, BSGE 66, 69). Verfügt der Gesellschafter über mindestens die Hälfte des Stammkapitals und besitzt er
damit einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, liegt grundsätzlich ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis nicht vor (BSG, Urteil vom 14. Dezember 1999 - B 2 U 48/98 R). Eine
Arbeitnehmereigenschaft des Alleingesellschafters kommt allenfalls ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der
Gesellschafter die Beteiligung nur treuhänderisch für einen Dritten mit allen Rechten und Pflichten wahrnimmt und er
auch tatsächlich wie ein Arbeitnehmer in die Gesellschaft eingegliedert ist. Die Annahme eines solchen
Ausnahmefalles setzt allerdings zwingend voraus, dass zumindest eine zivilrechtlich wirksame Treuhandvereinbarung
geschlossen wurde. An einer solchen wirksamen Treuhandvereinbarung fehlt es vorliegend. Ein Treuhandvertrag ist
dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte überträgt, ihn aber in der Ausübung
der sich aus dem Außenverhältnis ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis nach Maßgabe der schuldrechtlichen
Treuhandvereinbarung beschränkt (vgl BFH, Urteil vom 20. Januar 1999 - I R 69/97, BFHE 188, 254; BSG, Urteile
vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R, ZIP 2006, 678 und vom 28. August 2007 - B 7/7a AL 10/06 R; BVerwG,
Urteil vom 4. September 2008 - 5 C 12/08, DVBl 2009, 129). Eine rechtlich anzuerkennende Treuhandschaft setzt
daher eine entsprechende schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Treugeber und Treuhänder voraus, aus der sich
ergeben muss, dass die mit der rechtlichen Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis
zugunsten des Treugebers eingeschränkt ist. Die Treuhandabrede muss die Weisungsbefugnis des Treugebers
gegenüber dem Treuhänder und dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treugutes zum Gegenstand
haben. An den Nachweis daran, dass die Treuhandabrede zivilrechtlich wirksam zustande gekommen ist, sind strenge
Anforderungen zu stellen (BVerwG, aaO). Nicht jede als "Treuhandvertrag" bezeichnete Vereinbarung führt zur
Anerkennung eines Treuhandverhältnisses im Sinne zB des § 39 Abs 2 Nr 1 Satz 2 Abgabenordnung 1977 (BFH,
aaO). Aus den schuldrechtlichen Vereinbarungen muss sich vielmehr eindeutig ergeben, dass die mit der rechtlichen
Eigentümer- bzw Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis zugunsten des Treugebers in
einem Maße eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw die rechtliche Inhaberschaft als "leere Hülle"
erscheint. Das schuldrechtliche Element bestimmt die interne Bindung des Treuhänders; neben das dingliche Element
muss deshalb ein schuldrechtlicher Treuhandvertrag zwischen Treuhänder und Treugeber treten (Schmidt,
Gesellschaftsrecht, 4. Aufl 2002, S 1828). Der Treuhänder ist durch den Treuhandvertrag an Weisungen gebunden.
Insbesondere sind schuldrechtliche Stimmrechtsbindungen hier unentbehrlich und gerechtfertigt (Schmidt, aaO S
1832).
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben ist die vorliegende schriftliche Treuhandvereinbarung zwischen Klägerin und
dem Geschäftsführer bzw Lebengefährten H. zivilrechtlich unwirksam. Sowohl die Treuhandvereinbarung von 1991 als
auch die Erweiterung von 1993 beinhalten lediglich lapidare Erklärungen, dass die Klägerin treuhänderisch tätig sein
solle. Es mangelt an jeglicher Konkretisierung der Rechte und Pflichten der Klägerin als evtl Treuhänderin, es ist
weder geregelt, inwieweit eine Weisungsgebundenheit besteht, noch ist geregelt inwieweit schuldrechtliche
Stimmrechtsbindungen vorliegen. Wenn bereits die Treuhandvereinbarung nicht zivilrechtlich wirksam zustande
gekommen ist, kommt es nicht mehr darauf an, wie sich in der Praxis die tatsächlichen Umstände dargestellt haben.
Nach alledem ist die Klägerin als Alleingesellschafterin anzusehen, so dass eine Arbeitnehmereigenschaft und damit
das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im gesamten Zeitraum ausgeschlossen
sind.
3. Offen bleiben kann an dieser Stelle, ob die Treuhandvereinbarung nicht auch deshalb rechtlich unwirksam ist, weil
es an einer notariellen Beurkundung der Vereinbarung entsprechend § 15 Abs 4 Satz 1 GmbH-Gesetz mangelt. Zu
beachten ist insoweit, dass es sich vorliegend um eine versteckte Treuhand handelt, so dass nach Auffassung der
Kammer auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R)
und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 19. April 1999 - II ZR
365/97) davon auszugehen ist, dass im vorliegenden Fall die Wirksamkeit des Treuhandvertrages eine notarielle
Beurkundung voraussetzt. Dies gilt in Anbetracht der zitierten Rechtsprechung auch für den hier vorliegenden Fall,
dass der Abschluss der Treuhandvereinbarung zeitlich wenige Tage vor der Gründung der GmbH erfolgt ist. Insoweit
dürfte zu berücksichtigen sein, dass zum Zeitpunkt der Erneuerung der Treuhandvereinbarung am 23. Dezember 1993
die I. GmbH bereits bestand, so dass, da es sich lediglich um eine Umfirmierung in die seit 1993 bestehende GmbH
handelte, schon aus dem Grund das Beurkundungserfordernis des § 15 Abs 4 Satz 1 GmbH-Gesetz vorliegend auch
nach der Rechtsprechung des BHG und des BSG zwingend zum Tragen kommt.
4. Unabhängig von der Frage der Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin steht einem von der Klägerin geltend
gemachten Anspruch auf weitergehendes Alg jedoch auch entgegen, dass von einem Arbeitsverhältnis der Klägerin
über den 20. Dezember 2006 - wie von ihr geltend gemacht - nicht ausgegangen werden kann. Zu berücksichtigen ist,
dass die Klägerin in der von ihr im Rahmen ihrer Tätigkeit für die GmbH eigenhändig ausgefüllten
Arbeitgeberbescheinigung angegeben hat, dass ihr eigenes Arbeitsverhältnis zum 20. Dezember 2006 durch
Aufhebungsvertrag wegen Insolvenz der GmbH beendet worden sei. Dass die Klägerin nunmehr im gerichtlichen
Verfahren, nachdem sie gemerkt hat, dass dies für weitergehende Ansprüche erforderlich ist, völlig andere Angaben
macht und nunmehr von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 20. Dezember 2006 nichts mehr wissen will,
ist außerordentlich widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Auch hat der Geschäftsführer der GmbH offensichtlich
gegenüber dem Insolvenzverwalter angegeben, dass alle Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter am 20. Dezember 2006
beendet gewesen seien. Die Klägerin hat weder schriftsätzlich noch im Termin nachvollziehbar darlegen können,
warum sie diese Kehrtwendung vorgenommen hat und völlig widersprüchliche Angaben gemacht hat bzw macht.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Klägerin offensichtlich zu keinem Zeitpunkt Gehaltsansprüche für die Zeit ab
21. Dezember 2006 geltend gemacht hat. Auch hat sie ihre Arbeitskraft über den 20. Dezember 2006 soweit
ersichtlich nicht angeboten. Demzufolge kann von einem Anspruch auf Arbeitsentgelt über den 20. Dezember 2006
hinaus nicht ausgegangen werden.
5. Offen bleiben kann nach alledem auch, ob die Angaben hinsichtlich der Höhe des von der Klägerin beanspruchten
Arbeitsentgelts in der Arbeitsbescheinigung zutreffend sind. Das Gericht kann nicht nachvollziehen, auf welcher
Grundlage in der Arbeitsbescheinigung Gehaltsansprüche von monatlich 3.599,99 EUR brutto monatlich angegeben
wurden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin dargelegt, dass ein schriftlicher Nachweis über die
behaupteten Gehaltsansprüche nicht vorgelegt werden könne. Es habe nach ihren Angaben eine mündliche
Vereinbarung hinsichtlich der Höhe ihrer Gehaltsansprüche gegeben. Das Gericht stellt lediglich fest, dass laut
Arbeitsvertrag von 1998 Gehaltsansprüche iHv monatlich 5.200,-- DM brutto bestanden. Die Kammer hält die
behaupteten Ansprüche iHv etwa monatlich 3.600,-- EUR brutto für eine Bürokauffrau für in der Höhe durchaus
bemerkenswert, auch die danach von 1998 bis 2006 erfolgte Gehaltssteigerung wäre mit knapp 40 % beachtlich. Ob
insoweit die erfolgte Bewilligung des Alg für 450 Tage, die ohne weitere Prüfung die Angaben in der
Arbeitsbescheinigung zugrunde gelegt hat, zutreffend und rechtmäßig ist, braucht an dieser Stelle allerdings nicht
beurteilt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.