Urteil des SozG Stade vom 16.02.2007

SozG Stade: eltern, homosexualität, rente, beitragssatz, niedersachsen, vergleich, wehr, eigentumsgarantie, belastung, diskriminierung

Sozialgericht Stade
Urteil vom 16.02.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Stade S 22 KN 16/05
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Heranziehung des Klägers zum Beitragzuschlag für Kinderlose in der gesetzlichen
Pflegeversicherung.
Der am 21. Januar 1951 geborene Kläger bezieht seit dem 1. April 1996 von der Beklagten eine Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit. Er ist verheiratet, lebt von seiner Frau getrennt und hat keine Kinder. Er ist bei der dem Verfahren
beigeladenen Pflegekasse pflegeversichert.
Mit Bescheid vom 17. Februar 2005 berechnete die Rechtsvorgängerin der Beklagten die dem Kläger zustehende
Rente in Hinblick auf die Einführung des gesetzlichen Beitragszuschlages für Kinderlose neu. Für den Monat April
2005 wurde der Pflegeversicherungsbeitrag mit einem Beitragssatz von 2,7 % und für die Zeit ab 1. Mai 2005 mit
einem Beitragssatz von 1,95 % berechnet und in der berechneten Höhe einbehalten. Den hiergegen durch Schreiben
seiner Bevollmächtigten vom 11. März 2005 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 18. Mai 2005 zurück.
Dagegen richtet sich die am 7. Juni 2005 erhobene Klage. Der Kläger ist der Auffassung, durch die angefochtenen
Bescheide in seinem Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs 1 Grundgesetz (GG) verletzt und unverhältnismäßig
benachteiligt zu sein. Aufgrund der gesetzlichen Regelungen würde aus seiner Rente ein erhöhter Beitrag zur
Pflegeversicherung einbehalten, ohne dass dies verhältnismäßig sei. Durch das Gesetz würden Erziehende nicht
relativ zu ihrer Erziehungsleistung entlastet, sondern kinderlose Mitglieder der Pflegeversicherung, die älter als 23
Jahre sind und nach dem 01. Januar 1940 geboren wurden, belastet. Das Gesetz müsse auch im Zusammenhang mit
den anderen Belastungen betrachtet werden, welche in den letzten Jahren durch gesetzliche Maßnahmen eingeführt
worden seien. Eine Vereinbarkeit mit dem Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs 1 GG sei hiernach nicht mehr gegeben.
Zudem sei die gesetzliche Neuregelung mit Art. 3 Abs 1 GG unvereinbar. Sie führe zu einer rechtswidrigen
Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber vor dem 1. Januar 1940 Geborenen und zu einer Benachteiligung
gegenüber Versicherten, die nicht in "ausreichender Zahl" Kinder erziehen. Ohne Rechtfertigung werde er gegenüber
solchen Eltern sachlich benachteiligt, die nicht in ausreichendem Maße zur Stabilisierung und Finanzierung der
Leistungen der sozialen Pflegeversicherung beitragen. Ferner bestehe eine Benachteiligung gegenüber solchen
Versicherten, die zwar Kinder hatten oder haben, durch Betreuungs- oder Erziehungsleistungen finanziell aber nicht
belastet seien.
Der Kläger beantragt, 1.) den Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 2005 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2005 abzuändern,
2.) die Beklagte zu verurteilen, seine laufende Rente von der Erhebung eines Beitragssatzes von zusätzlich 0,25 %
zu Gunsten der Pflegeversicherung zu befreien.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten
gewechselten Schriftsätze und auf die Verwaltungsakten der Beklagten (Rentenakte, Rechtsmittelakte) welche das
Gericht beigezogen hat, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung der angefochtenen Bescheide und Auszahlung des einbehaltenen
Beitragszuschlages für Kinderlose in Höhe von 1% für den Monat April 2005 und in Höhe von jeweils 0,25% für die
folgenden Monate. Die Verpflichtung zur Entrichtung des Beitragszuschlages ergibt sich aus § 55 Abs 3 und 4
Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI). Diese Vorschriften halten einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Die
angefochtenen Bescheide sind daher rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Mit Wirkung zum 1. Januar 2005 hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Berücksichtigung von Kindererziehung
im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung vom 15. Dezember 2004 (KiBG, Bundesgesetzblatt I 2004, 3448)
einen Beitragszuschlag für Kinderlose eingeführt. Aufgrund dieses Gesetzes regelt § 55 SGB XI in Abs 3 S 1
nunmehr, dass der Beitragssatz nach Abs 1 S 1 dieser Vorschrift sich für Mitglieder nach Ablauf des Monats, in dem
sie das 23. Lebensjahr vollendet haben, um einen Beitragszuschlag iHv 0,25 Beitragssatzpunkten erhöht
(Beitragszuschlag für Kinderlose). Nach § 55 Abs 3 Satz 2 SGB XI gilt dies nicht für Eltern iS des § 56 Abs 1 S 1 Nr
3 und Abs 3 Nr 2 und 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Die Elterneigenschaft ist in geeigneter Form
gegenüber der beitragsabführenden Stelle, von Selbstzahlern gegenüber der Pflegekasse, nachzuweisen, sofern
diesen die Elterneigenschaft nicht bereits aus anderen Gründen bekannt ist, § 55 Abs 3 S 3 SGB XI. Nach § 55 Abs 3
S 7 SGB XI gilt Satz 1 nicht für Mitglieder, die vor dem 1. Januar 1940 geboren wurden, für Wehr- und
Zivildienstleistende sowie für Bezieher von Arbeitslosengeld II.
Diese tatbestandlichen Voraussetzungen für die Entrichtung des Beitragszuschlags für Kinderlose liegen in Bezug auf
den Kläger unstreitig vor. Er hat das 23. Lebensjahr vollendet, hat die Elterneigenschaft nicht nachgewiesen, ist nach
dem 1. Januar 1940 geboren, ist nicht Wehr- und Zivildienstleistender und auch nicht Bezieher von Arbeitslosengeld
II. Nach der gesetzlichen Regelung ist er daher zur Entrichtung des Beitragszuschlages für Kinderlose verpflichtet.
2. Gegen die gesetzliche Regelung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. ebenso LSG
Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22. November 2006 – L 2 R 386/06; SG Stuttgart, Urteil vom 20. März 2006 – S 8
KR 3035/05; SG Münster, Urteil vom 10. März 2006 – S 6 P 136/05). Daher kommt für das Gericht eine Vorlage des
Rechtsstreits an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift hat
ein Gericht, dass ein Gesetz für verfassungswidrig hält, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, das
Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Die Voraussetzungen einer
solchen Vorlage des Rechtsstreits an das Bundesverfassungsgericht liegen hier nicht vor, da das erkennende Gericht
das Gesetz für verfassungsgemäß hält.
a) Die prinzipielle Entscheidung des Gesetzgebers zur Erhebung eines Beitragszuschlages für Kinderlose ist nicht nur
verfassungskonform, sondern durch die vom Bundesverfassungsgericht durch dessen Urteil vom 03. April 2001
(BVerfGE 103, 242) festgelegten verfassungsrechtlichen Vorgaben sogar geboten (vgl. hierzu LSG Niedersachsen-
Bremen, Urteil vom 22. November 2006 – L 2 R 386/06). Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Urteil
entschieden, dass es mit Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren ist, dass Mitglieder der sozialen
Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie
Mitglieder ohne Kinder belastet werden. Die entsprechenden früheren Regelungen des SGB XI (§ 54 Abs. 1 und 2, §
55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 57 SGB XI in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung), die keine
Differenzierung des Beitrags für kinderlose und Kinder erziehende Beitragszahler vorsahen, hat das
Bundesverfassungsgericht für mit dem GG nicht vereinbar und nur noch bis zu einer Neuregelung, längstens bis zum
31. Dezember 2004, für anwendbar erklärt. Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, welche gemäß §
31 Abs 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle
Gerichte und Behörden bindet, war der Gesetzgeber verpflichtet, eine Neuregelung mit entsprechender Differenzierung
zu beschließen. Mit der Einführung des Beitragszuschlages für Kinderlose durch das KiBG hat der Gesetzgeber der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entsprochen.
b) Die gesetzliche Neuregelung des § 55 Abs. 1 S 3 und 4 SGB XI verstößt nicht gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches
gleich und wesentlich Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln (vgl. BVerfGE 71, 255; 103,
242). Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale beim Vergleich von
Lebenssachverhalten er als maßgebend ansieht, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln (vgl.
BVerfGE 50, 57; 103, 242). Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es ihm aber, dabei Art und Ausmaß der tatsächlichen
Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von
Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen
beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchen Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche
Behandlung rechtfertigen können (BVerfGE 55, 72; NJW 2006, 2757 mwN). Innerhalb dieser Grenzen ist der
Gesetzgeber in seiner Entscheidung frei (vgl. BVerfGE 94, 241 260). Zugleich ist der Gesetzgeber durch das
Gleichheitsgebot aber nicht gehindert, sich gerade in Massenverfahren an Stelle eines ausschließlich individuellen
Wirklichkeitsmaßstabes aus Gründen der Verfahrensvereinfachung generalisierender, pauschalierender und
typisierender Regelung zu bedienen (BVerfGE 78,214).
aa) Hiervon ausgehend begegnet die Entscheidung des Gesetzgebers, sowohl die vor 1940 geborenen Mitglieder der
Pflegeversicherung wie auch die Mitglieder vor Vollendung des 23. Lebensjahres von der Zuschlagspflicht
auszunehmen, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Herausnahme der bis 1940 geborenen Jahrgänge erfolgt
nach der Gesetzesbegründung vor dem Hintergrund, dass diese Jahrgänge in ausreichendem Maße Kinder geboren
und erzogen haben (BT-Drucksache 15/3671, Seite 6). Dieses Unterscheidungsmerkmal ist keineswegs willkürlich,
sondern durchaus sachgerecht und auch zutreffend, da nach bevölkerungswissenschaftlichen Studien die Zahl der
Lebendgeborenen je Frau seit Mitte der 1960-iger Jahre in rascher Folge deutlich abgenommen hat (vgl. die
Nachweise BVerfGE 103, 242).
Der Gesetzgeber ist durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht daran gehindert, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte
Stichtage einzuführen, obwohl das unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (BVerfGE 80, 297; stRspr). Die
Festlegung einer Herausnahme der vor 1940 geborenen Mitglieder von der Verpflichtung zur Entrichtung eines
Beitragszuschlages ist - auch wenn sich eine rückläufige Bevölkerungsentwicklung nicht exakt an einem bestimmten
Datum wird festmachen lassen - trotz dadurch im Einzelfall ggf. auftretender Härten jedenfalls nicht als willkürlich
anzusehen.
bb) Ferner ist der Gesetzgeber ohne weiteres berechtigt, erwachsene Kinder bis zum Alter von einschließlich 22
Jahren von der Zuschlagspflicht auszunehmen. Die aus Gründen der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung
vom Gesetz bestimmte Altersgrenze von 23 Jahren knüpft an das regelmäßige Ende der Familienversicherung an und
erscheint auch von daher durchaus sachgerecht (ebenso SG Münster, Urteil vom 10. März 2006 – S 6 P 136/05).
cc) Im übrigen kann sich der Kläger auf eine Missachtung des Gleichheitsgrundsatzes nur soweit berufen, wie er
dadurch persönlich betroffen sein kann. Wird die Gleichheitswidrigkeit einer gesetzlichen Regelung gerügt, beschränkt
sich die gerichtliche Prüfung auf die Abklärung solcher in Betracht zu ziehender Verfassungsverstöße, bezüglich derer
eine Feststellung der Verfassungswidrigkeit dem Betroffenen zumindest die Chance auf eine auch für ihn persönlich
sich günstiger Auswirkende gesetzgeberische Neuregelung eröffnet (BVerfGE 74, 182; 93, 386; st. Rspr.). Daher das
Gericht nicht zu prüfen, ob eine Benachteiligung des Klägers gegenüber erwachsenen Versicherten, die das 23.
Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht. Entsprechendes gilt für den Vergleich mit Versicherten, die zur
nachhaltigen Stabilisierung und Finanzierung der Leistungen der Pflegeversicherung Kinder in nicht ausreichender
Zahl erziehen bzw erzogen haben. Ein sich daraus ergebender Verstoß könnte allenfalls dazu führen, dass auch
erwachsene Versicherte vor der Vollendung des 23. Lebensjahres weitergehend heranzuziehen bzw. Eltern mit
höheren Erziehungs- und Betreuungsleistungen noch weitergehend zu entlasten sind gegenüber Eltern, die zwar nicht
kinderlos sind, aber durch Erziehung und Betreuung beispielsweise nur eines oder keines Kindes einen nur geringen
Beitrag zur Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit Pflegeversicherung geleistet haben. Eine Ungleichbehandlung
gegenüber diesen Gruppen könnte hingegen in keinem Fall dazu führen, dass die Gruppe der kinderlosen, über 23
Jahre alten Versicherten wie der Kläger von der Zuschlagspflicht ausgenommen wird. Kann sich das Interesse eines
Klägers aber nur auf die Herbeiführung einer Drittbegünstigung beschränken, scheidet eine Vorlage nach Art. 100 GG
aus.
dd) Ferner unterliegt auch die Herausnahme von Eltern, die Kinder hatten oder haben, jedoch keine Betreuungs- oder
Erziehungsleistungen erbringen oder erbracht haben, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber ist
zur Durchsetzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht verpflichtet, bei der unterschiedlichen Belastung von
Mitgliedern mit bzw. ohne Kinder an die tatsächliche Erziehungsleistung anknüpfen. Ein zur Systemerhaltung der
Pflegeversicherung erforderlicher "generativer Beitrag" wird auch von den Eltern erbracht, die keine Betreuungs- oder
Erziehungsleistungen erbringen bzw. erbracht haben. Ferner besteht die Elterneigenschaft auch nach Wegfall des
Erziehungs- oder Betreuungsbedarfes des Kindes weiterhin fort. Daher ist eine weitergehende Differenzierung nach
dem Erziehungsbeitrag, die sich übrigens aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 03. April 2001
(BVerfGE 103, 242) unmittelbar auch nicht ergibt (vgl. hierzu LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O.), in Hinblick auf den
weiten, dem Gesetzgeber zur Ausgestaltung zustehenden Regelungsspielraum verfassungsrechtlich nicht geboten.
ee) Schließlich führt auch der Umstand einer Kinderlosigkeit infolge von Homosexualität nicht zu einer
verfassungsrechtlichen Ungleichbehandlung oder zu einer unzulässigen Diskriminierung. Die gesetzliche Regelung
über den Beitragszuschlag knüpft an den bloßen Umstand der Kinderlosigkeit an. Eine Ungleichbehandlung des
Klägers gerade wegen der Homosexualität besteht dadurch nicht. Auch eine indirekte Ungleichbehandlung stellt die
Regelung über den Beitragszuschlag für Kinderlose nicht dar, da das Unterscheidungskriterium der Kinderlosigkeit
nicht nur die Homosexualität, sondern zahlreiche und vielfältige Gründe zur Ursache hat. Auch mittelbar ist die
Homosexualität damit nicht das Differenzierungskriterium, welches der Gesetzgeber bei der Verpflichtung zur
Heranziehung eines Beitragszuschlages zugrunde legt.
c) Der Kläger ist auch nicht in seinem Grundrecht Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Diese Bestimmung gewährleistet nur
Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen (vgl. BVerfGE 20, 31 (34); 78, 205; st. Rspr.); bloße
Chancen und Verdienstmöglichkeiten werden durch Art. 14 GG nicht geschützt (vgl. BVerfGE 28, 119).
Dementsprechend garantiert die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes nicht die Beibehaltung eines bestimmten
Beitragssatzes in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Der Beitragssatz beruht nicht auf dem Versicherten
zugewiesenen, durch eigene Leistung erworbenen Ansprüchen, sondern wurde vom Gesetzgeber zur Finanzierung der
Pflegeversicherung festgesetzt. Art 14 GG schützt zudem nicht das Vermögen als solches gegen Eingriffe durch
Auferlegung von Geldleistungspflichten und Zwangsbeiträgen (vgl. BVerfGE 4, 7; 10, 354; 75, 108). Ein Verstoß
gegen die Eigentumsgarantie kommt nur dann in Betracht, wenn die Geldleistungspflichten den Betroffenen
übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen, d. h. eine erdrosselnde Wirkung
ausüben (vgl. BVerfGE 38, 61; 70, 219; 78, 232). Insoweit ist die zusätzliche Beitragsbelastung mit 0,25 % der
beitragspflichtigen Einnahmen, die sich im Falle des Klägers auf weniger als 2,- EUR monatlich beläuft, weder
unverhältnismäßig noch derart einschneidend, dass - auch unter Berücksichtigung der weiteren, in den letzten Jahren
zusätzlich erfolgten Belastungen - vom vorhandenen Vermögen bzw dem erzielten Einkommens des Versicherten
annährend nichts mehr übrig bliebe.
d) Die vom Kläger geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken greifen daher im Ergebnis nicht durch.
Dementsprechend ist die Erhebung des Beitragszuschlages für Kinderlose durch die Beklagte in dem angefochtenen
Bescheid nicht zu beanstanden und steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Befreiung von der Beitragspflicht zu.
Gegen die Höhe des einbehaltenen Kinderzuschlages hat der Kläger keine Einwendungen erhoben. Es sind auch
keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Berechnung nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.