Urteil des SozG Speyer vom 23.03.2004

SozG Speyer: krankenkasse, stationäre behandlung, befristung, unverzüglich, daten, form, datum, versorgung, entlassung, werktag

Krankenversicherung
Sozialrecht
SG
Speyer
23.03.2004
S 7 KR 575/02
TENOR
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Verfahrenskosten hat die Beklagte zu 1/9, die Klägerin zu 8/9 zu tragen.
TATBESTAND
Die Beteiligten streiten über Krankenhausbehandlungskosten.
Eine bei der Beklagten Versicherte befand sich vom 23.8.2002-14.11.2002 in einem Krankenhaus,
dessen Trägerin die Klägerin ist.
Ein Kostenübernahmeantrag ging der Beklagten am 29.8.2002 zu. Als voraussichtliches
Behandlungsende wurde der 20.9.2002 angegeben. Die Beklagte erteilte mit Schreiben vom 3.9.2002
eine befristete Kostenzusage bis zum 12.9.2002. Gegen diese Befristung wandte sich die Klägerin am
10.9.2002.
Am 22.10.2002 stellte die Klägerin der Beklagten 8.548,32 Euro für die Behandlung bis zum 30.9.2002 in
Rechnung. Mit Schreiben vom 24.10.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde nur einen Betrag
von 4.603,08 Euro zahlen, da sie nur eine Kostenzusage bis zum 12.9.2002 erteilt habe. Am 11.11.2002
ging der Beklagten eine Rechnung für den Behandlungsabschnitt bis zum 6.11.2002 über 8.033,70 Euro
zu. Mit Rechnung vom 22.11.2002 verlangte die Klägerin für den restlichen Behandlungsabschnitt
1.445,64 Euro.
Am 11.12.2002 hat die Klägerin Klage eingereicht.
§ 9 Absatz 6 des Krankenhausbehandlungsvertrages für Rheinland-Pfalz, nach dem eine Rechnung
innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungseingang zu bezahlen ist, diene dem Ziel, eine schnelle
Abwicklung der Abrechnungsfälle zu gewährleisten, so dass der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht
nicht zugestanden habe. Zudem sei eine zeitnahe Prüfung über die Notwendigkeit der
Krankenhausbehandlung bei der Beklagten nicht erfolgt, so dass die Beklagte mit ihren Einwendungen
abgeschnitten sei. Die Art und Weise, wie die Kostenübernahmeerklärung befristet worden sei, sei zu
beanstanden, da der Grund der Befristung nichtssagend und nicht auf den konkreten Einzelfall bezogen
sei.
In der mündlichen Verhandlung vom 23.3.2004 hat die Beklagte ihren Klageantrag um die Rechnungen
vom 8.11.2002 und vom 22.11.2002 erweitert und die Zahlung von 13.428,58 Euro begehrt. Im gleichen
Termin hat die Beklagte den Vergütungsanspruch für 7 weitere Behandlungstage anerkannt (13.9.-
19.9.2002, ausgehend von einem Entlassungsdatum 20.9.2002), was einem Betrag von 1.534,26 Euro
entspricht. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.411,48 Euro nebst 2% Zinsen über dem jeweiligen
Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank hieraus seit dem 28.10.2002, 8.033,70 Euro zuzüglich 2%
Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank hieraus seit dem 26.11.2002 und
1.445,64 Euro zuzüglich 2% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank
hieraus seit dem 8.12.2002 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Da die Klägerin eine Begründung für die für die Notwendigkeit der Dauer der Krankenhausbehandlung
nicht gegeben habe, sei sie ihrer vertraglichen Mitwirkungspflicht aus § 4 Absatz 2 des Landesvertrags
nach § 112 Absatz 2 Nr.1 SGB V nicht nachgekommen. Die Klägerin hätte eine Verlängerung der
Kostenzusage beantragen müssen. Das Krankenhaus selbst habe als voraussichtliches
Behandlungsende den 20.9.2002 genannt. Nach § 303 Absatz 1 Nr.3 SGB V hätte es eine Begründung für
die Überschreitung geben müssen, nachdem die Beklagte eine solche auch verlangt habe. Da die
Klägerin eine solche Begründung nicht gegeben habe, dürfe die Beklagte nach § 303 Absatz 3 SGB V
keine Vergütung über den anerkannten Betrag hinaus leisten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der
Beklagten und die Krankenhausakte über die streitige Krankenhausbehandlung, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gewesen sind.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Absatz 5 SGG zulässig, denn es geht bei einer auf
Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses um einen
sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem ein Verwaltungsakt der Beklagten gegen
den Kläger nicht ergehen musste und auch nicht ergangen ist (vgl. nur BSG, 23.7.2002- B 3 KR 64/01 R-).
Die Klageerweiterung ist nach § 99 Absatz 1 SGG als sachdienlich ohne weiteres zulässig, zudem hat
sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auf die erweiterte Klage eingelassen, vgl. § 99 Absatz 2
SGG, so dass eine Einwilligung der Beklagten i.S.d. § 99 Absatz 1 SGG anzunehmen ist (§ 99 Absatz 3
Nr.2 SGG ist nicht einschlägig).
Die Klage ist aber über das von der Beklagten abgegebene Teilanerkenntnis hinaus unbegründet, da die
Klägerin keinen Vergütungsanspruch für die stationäre Behandlung der Versicherten über den 19.9.2002
hinaus hat.
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Vergütungsanspruches, dessen Höhe rechnerisch nicht
angegriffen wird, ist § 109 Absatz 4 Satz 3 SGB V i.V.m. dem am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen
Krankenhausbehandlungsvertrag (KBV) nach § 112 Absatz 2 SGB V zwischen der Rheinland-Pfälzischen
Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen.
Nach § 109 Absatz 4 Satz 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines
Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet; Satz 3 der Vorschrift
verpflichtet die Krankenkassen, mit den zugelassenen Krankenhäusern Pflegesatzverhandlungen zu
führen und setzt damit die Vergütungspflicht als selbstverständlich voraus. Der KBV regelt u.a.
Voraussetzungen und Modalitäten der Zahlungspflichten der Krankenkassen. Der Anspruch des
Versicherten gegenüber seiner Krankenkasse auf Krankenhausbehandlung ergibt sich dagegen aus § 39
Absatz 1 Satz 2 SGB V. Das Abrechnungsverhältnis zwischen Krankenkasse und Krankenhaus ist zu
trennen vom Behandlungsverhältnis zwischen Krankenhaus und Versichertem sowie vom
Versicherungsverhältnis, kraft dessen der Versicherte die Krankenhausbehandlung als Naturalleistung
verlangen kann. Für das Abrechnungsverhältnis gilt: die Zahlungsverpflichtung der Krankenkassen
entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den
Versicherten (BSG, 17.5.2000- B 3 KR 33/99 R-). Die Krankenkasse ist bei einem zugelassenen
Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch ohne
zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die normativ festgelegten Entgelte zu zahlen, sofern die
Versorgung im Krankenhaus erforderlich ist (BSG, 13.12.2001- B 3 KR 11/01 R-). Über die Erforderlichkeit
der Krankenhausbehandlung entscheidet zunächst der Krankenhausarzt. Eine Zahlungspflicht der
Krankenkasse für die stationäre Versorgung eines Versicherten entfällt nur dann, wenn sich die
Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten als nicht vertretbar
herausstellt.
Nach § 9 Absatz 6 Satz 1 KBV muss die Krankenkasse die Rechnung innerhalb von 14 Tagen nach
Rechnungseingang bezahlen. Hat sie Zweifel an der Notwendigkeit der Behandlungsdauer, muss sie
zeitnah eine Überprüfung derselben einleiten. Eine solche zeitnahe Überprüfung der Notwendigkeit der
Behandlungsdauer ist vorliegend nicht eingeleitet worden, so dass grundsätzlich an eine Pflicht zur
Zahlung zu denken wäre.
Dem Anspruch der Klägerin steht jedoch § 303 Absatz 3 i.V.m. § 301 Absatz 1 Nr.3 SGB V i.d. bis zum
31.12.2003 gültigen Fassung entgegen. Die Krankenkassen dürfen gem. § 303 Absatz 3 Satz 1 SGB V
Abrechnungen der Leistungserbringer nur vergüten, wenn die Daten nach § 291 Abs. 2 Nr. 1 bis 6, § 295
Abs. 1 und 2, § 296 Abs. 1 und 2, § 297 Abs. 2, § 300 Abs. 1, § 301 Abs. 1 und § 302 Abs. 1, in dem
jeweils zugelassenen Umfang maschinenlesbar oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern,
angegeben oder übermittelt worden sind. Die nach § 108 zugelassenen Krankenhäuser sind gem. § 301
Absatz 1 Satz 1 Nr.3 SGB V verpflichtet, den Krankenkassen bei Krankenhausbehandlung u.a. die
voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen
der Krankenkasse die medizinische Begründung maschinenlesbar zu übermitteln. Gem. § 301 Absatz 1
Satz 2 SGB V ist die Übermittlung der medizinischen Begründung von Verlängerungen der Verweildauer
nach Satz 1 Nr. 3 auch in nicht maschinenlesbarer Form zulässig. Die Vertragsparteien haben diese
gesetzliche Mitteilungspflicht auch nicht beschränkt, denn nach § 12 Absatz 2 Satz 2 KBV bleiben weitere
gesetzlich zugelassene Mitteilungspflichten im Zusammenhang mit der Erbringung der Leistungen der
Krankenhäuser an die Versicherten unberührt.
Die Klägerin hat vorliegend im Kostenübernahmeantrag als voraussichtliche Behandlungsdauer den
20.9.2002 angegeben. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 3.9.2002 eine Kostenzusage bis zum
12.9.2002 erteilt, verbunden mit dem Hinweis, dass dann, wenn über das Datum der vom
Krankenhausarzt prognostizierten Verweildauer weitere Krankenhausbehandlung erforderlich sein sollte,
eine medizinische Begründung rechtzeitig zu übermitteln sei. Die Klägerin hat die angeforderte
Begründung nicht geliefert, sondern, obgleich die von ihr selbst prognostizierte Verweildauer erheblich
überschritten worden ist, lediglich Rechnungen übersandt. Die Klägerin hat damit im Ergebnis ihren
Anspruch gegen die Beklagte verloren. Zwar erscheint die rechtsdogmatische Einordnung des § 303
Absatz 3 Satz 1 SGB V nicht ganz unproblematisch. In Betracht kommt dabei am ehesten, dass der
Anspruch des Krankenhauses zwar unberührt bleibt, er jedoch nicht fällig ist, weil den Krankenkassen bis
zur Abgabe der erforderlichen Begründung für das Überschreiten der Verweildauer ein
Zurückbehaltungsrecht zusteht (vgl. Hauck-Kranig, SGB V, K § 303, Rn.5; Krauskopf-Waschull, § 303 SGB
V, Rn.14; SG Saarland, 14.1.2004 – S 1 KR 273/00 -). In diesem Fall würde eine Verurteilung der
Beklagten zur Zahlung Zug-um-Zug gegen die Übersendung der Begründung für die
Krankenhausbehandlungsdauer in Betracht kommen, wobei allerdings zu bedenken ist, dass eine solche
Verurteilung voraussetzt, dass der klägerische Anspruch tatsächlich besteht, andererseits die
Übermittlung der Begründung für die Verweildauer die Krankenkasse gerade in die Lage versetzen soll,
das Bestehen der Voraussetzungen zu überprüfen (vgl. SG Saarland, 14.1.2004 – S 1 KR 273/00 -, das
ohne weiteres die Klage abgewiesen hat, in den Entscheidungsgründen aber darauf hinweist, dass die
Klage mangels Fälligkeit als zur Zeit unbegründet abzuweisen gewesen sei).
Die Klägerin hat vorliegend aber unabhängig von diesen dogmatischen Schwierigkeiten ihren Anspruch
endgültig verloren. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 301 Absatz 1 Satz 1 Nr.3 SGB V i.V.m. den
Vorschriften aus dem rheinland-pfälzischen KBV. Sinn und Zweck des § 301 Absatz 1 Satz 1 Nr.3 SGB V
und des KBV ist es, für eine zügige Abwicklung des Überprüfungsverfahrens zu sorgen. Hier ist auch die
Rechtsprechung des BSG zu den „Berliner Verträgen“ zu heranzuziehen (BSG, 13.12.2001- B 3 KR 11/01
R-). Hier hat das Bundessozialgericht entschieden, die Weigerung eines Vertragspartners, die vertraglich
vereinbarte Form einzuhalten, führe nicht unbedingt zum sofortigen Verlust der Rechtsposition, soweit
eine Nachholung möglich sei. Die Überprüfung könne aber nur solange nachgeholt werden, wie sich der
andere Vertragspartner darauf einstellen kann und muss.
Vorliegend hat die Klägerin sich geweigert, die gesetzliche und die vertragliche Form einzuhalten. § 301
Absatz 1 Satz 1 Nr.3 SGB V und auch der KBV sind aber auf eine zeitnahe Durchführung des
Abwicklungs- und Überprüfungsverfahrens ausgerichtet. Für das Gesetz geht dies aus der nach § 303
Absatz 3 getroffenen Vereinbarung über das Verfahren zur Abrechnung und Übermittlung der Daten nach
§ 301 Abs.1 SGB V (Datenübermittlungsvereinbarung) vom 5.12.1994 hervor (diese wird erst seit 1996
umgesetzt, vgl. Krauskopf-Waschull, § 301 SGB V, Rn.15). § 4 dieser Vereinbarung ist ohne weiteres vom
Bestreben einer zügigen Abwicklung getragen. Der Aufnahmesatz ist nach § 4 Absatz 1 spätestens 3
Arbeitstage nach Aufnahme des Versicherten an die Krankenkasse oder die von der Krankenkasse
benannte Stelle zu übermitteln. Die Verlängerungsanzeige ist nach § 4 Absatz 1 Satz 2 in der Regel vor
Ablauf der vorausgegangenen Kostenübernahme zu übermitteln, wenn der Vertrag nach § 112 Abs. 2 Nr.
1 SGB V dies erfordert. Die Krankenkasse oder die von der Krankenkasse benannte Stelle übermittelt
nach § 4 Absatz 2 den Kostenübernahmesatz spätestens 3 Arbeitstage nach Eingang des
Aufnahmesatzes bzw. der Verlängerungsanzeige an das jeweilige Krankenhaus oder die vom
Krankenhaus benannte Stelle. Die Entlassungsanzeige soll nach § 4 Absatz 4 innerhalb von 3
Arbeitstagen nach der Entlassung oder Verlegung des Versicherten an die Krankenkasse oder die von
der Krankenkasse benannte Stelle übermittelt werden. Sie ist spätestens mit der Schlussrechnung zu
übermitteln. Die genannten Vorschriften ergeben, auch wenn für die nach § 301 Absatz 1 Satz 1 Nr.3 SGB
V von der Krankenkasse geforderte medizinische Begründung keine ausdrückliche Zeitvorgabe existiert,
dass eine zeitnahe und zügige Abwicklung zwischen den Beteiligten vorgesehen ist und jeder der
Beteiligten abrechnungsrelevante Daten und Sachverhalte rechtzeitig erfahren soll, um sich auf diese
einstellen und ggf. reagieren zu können.
Dieses Anliegen geht auch aus verschiedenen Vorschriften des rheinland-pfälzischen KBV hervor. So
fordert nach § 4 Absatz 4 KBV das Krankenhaus für Patienten, die bei der Aufnahme noch keine
Kostenübernahmeerklärung vorweisen, eine solche unverzüglich bei der zuständigen Krankenkasse an.
Die Krankenkasse teilt unverzüglich mit, ob sie die Kosten übernimmt oder aus welchen Gründen sie die
Kostenübernahme ablehnt. Nach § 7 Absatz 1 KBV ist der Krankenkasse spätestens am dritten Werktag
nach der Aufnahme die Aufnahmeanzeige zuzusenden. Ebenso ist nach § 7 Absatz 2 KBV die
Entlassanzeige spätestens am dritten Werktag nach dem Verlassen zu übersenden. Nach § 9 Absatz 1
Satz 1 KBV wird die Rechnung der Krankenkasse in der Regel innerhalb von 14 Kalendertagen nach der
Entlassung übersandt. Diese ist nach § 9 Absatz 6 Satz 1 KBV von der Krankenkasse innerhalb von 14
Kalendertagen nach Rechnungseingang zu zahlen. Nach § 9 Absatz 8 KBV gelten vorstehende
Regelungen als zeitnahe Regelungen nach § 17 Absatz 1 Satz 3 BPflV. Mitteilungen nach § 12 Absatz 2
KBV müssen unverzüglich erfolgen.
Der Vertrag nach § 112 Absatz 2 Nr.2 SGB V über die Überprüfung zur Notwendigkeit und Dauer der
Krankenhausbehandlung ist insgesamt vom Bestreben einer zeitnahen Klärung von Zweifelsfragen
getragen. In den Schlussbemerkungen zu den Erläuterungen und Umsetzungshinweisen zu diesem
Vertrag heißt es denn auch, das Verfahren sei im Interesse der Beteiligten zügig durchzuführen.
Dies zeigt, dass auch die rheinland-pfälzischen Vertragsparteien von einer zügigen Abwicklung des
Überprüfungsverfahrens ausgegangen sind. Der Grund hierfür ist dem vergleichbar, den das BSG für die
Berliner Verträge herausgearbeitet hat. Es soll nicht ein Gutachter nachträglich allein auf schriftliche
Dokumentationen angewiesen sein, sondern vor allem die anschauliche Beurteilung des laufenden Falles
oder die frische Erinnerung des behandelnden Krankenhausarztes im Zusammenwirken mit dem Vertreter
des MDK nutzbar sein. Dies ist der beste Weg, aufgekommene Zweifel möglichst rasch und
unbürokratisch auszuräumen (vgl. BSG, 13.12.2001 – B 3 KR 11/01 R-). Diese bislang nur zu Ungunsten
der Krankenkassen aufgestellten Grundsätze wirken sich aber im Einzelfall auch zu Lasten der
Krankenhäuser aus. Merkt ein Krankenhaus, dass die von ihm selbst genannte Verweildauer nicht
einzuhalten ist, muss es der Krankenkasse unverzüglich Mitteilung davon machen, um eine zügige
Prüfung seitens der Krankenkasse zu ermöglichen. Vorliegend hat die Beklagte überhaupt erst drei
Wochen nach Ablauf des zunächst ins Auge gefassten Entlassungsdatums davon erfahren, dass die
prognostizierte Verweildauer erheblich überschritten wurde. Eine Begründung für das Überschreiten
lieferte die Klägerin aber trotz Aufforderung der Beklagten im Schreiben vom 3.9.2002 auch nicht durch
die Übersendung der Rechnungen. Bei der Schwere des Verstoßes musste die Beklagte von sich aus
kein Prüfungsverfahren einleiten, sondern konnte warten, bis ihrer Aufforderung entsprechend eine
medizinische Begründung für die Verweildauer gegeben wurde. Eine solche Begründung ist aber nach
den Grundsätzen der Rechtsprechung des BSG nur so lange möglich, wie der Vertragspartner – hier die
Krankenkasse – damit rechnen kann und muss. Die Kammer kann offen lassen, ab welchen Zeitpunkt
genau die Krankenkassen nicht mehr mit einer Begründung durch das Krankenhaus rechnen müssen,
wobei diese Frist nur bei wenigen Wochen liegen dürfte. Vorliegend haben die behandelnden Ärzte
erstmals mit Schreiben vom 17.3.2004 eine medizinische Stellungnahme abgegeben. Diese
Stellungnahme ist bei weitem verspätet, musste von der Beklagten nicht mehr erwartet und vom Gericht
nicht mehr berücksichtigt werden.
Die Klägerin hat somit durch ihren Verstoß gegen § 301 SGB V und gegen den KBV ihren Anspruch
endgültig verloren. Die eigentlich als Fälligkeitsregelung ausgestaltete Vorschrift des § 303 Absatz 3 SGB
V schlägt somit mangels Nachholbarkeit der Mitwirkungshandlung der Klägerin in ein endgültiges
Leistungsverweigerungsrecht, ja ihrem Wortlaut nach sogar in eine Leistungsverweigerungspflicht der
Beklagten um.
Ein Anspruch kommt auch nicht durch die bloße Übersendung der formell wohl – trotz des Verstoßes
gegen die Begründungspflicht des § 301 Absatz 1 Satz 1 Nr.3 SGB V - ordnungsgemäßen Rechnungen in
Betracht (sog. „unbedingte Zahlungspflicht“). Eine solche Pflicht zur unbedingten Zahlung einer Rechnung
besteht nicht (vgl. so schon die Urteile des SG Speyer vom 6.5.2003, - S 7 KR 142/01- und – S 7 KR
144/01-; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, 27.3.2003 – L 5 KR 141/01-, SG Dortmund, 12.6.2003 – S 8
KR 415/01-; SG Koblenz, 25.2.2003 - S 6 KNK 10/02-). Diese Rechtsauffassung der Kammer wird
nunmehr auch weitgehend vom BSG bestätigt (vgl. BSG, Urteil vom 28.5.2003 – B 3 KR 10/02 R-).
Die Kammer weist zur Klarstellung darauf hin, dass sich die vorliegende Fallkonstellation grundlegend
von der unterscheidet, in der das Krankenhaus zwar die von ihm selbst angegebene voraussichtliche
Verweildauer nicht überschreitet, dafür aber die von der Krankenkasse angegebene Befristung. In dieser
Konstellation greift § 301 Absatz 1 Nr.3 SGB V schon seinem Wortlaut nach nicht. Zudem kann sich die
Krankenkasse durch eine – möglicherweise sogar unzulässige – Befristung nicht selbst von der Pflicht zur
zeitnahen Einleitung eines Überprüfungsverfahrens befreien. Hier zeigt sich, dass es auch rechtlich einen
großen Unterschied darstellt, ob das Krankenhaus seine eigene Vorgabe oder die der Krankenkasse
überschreitet.
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Absatz 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Absatz 1 VwGO in
entsprechender Anwendung und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des
Teilanerkenntnisses der Beklagten. Aufgrund der Besonderheiten des sozialgerichtlichen Prozessrechts
und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung erscheint ein
gesonderter Kostenbeschluss wegen des durch Teilanerkenntnis der Beklagten erledigten Teils
entbehrlich.
-Rechtsmittelbelehrung-