Urteil des SozG Saarbrücken vom 15.01.2007

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SG Saarbrücken Urteil vom 15.1.2007, S 24 KN 44/06 KR
Krankenversicherung - häusliche Krankenpflege – Vergütung von Pflegeleistungen auch bei
vertragsärztlicher Verordnung nach Ablauf der Einreichungsfrist
Leitsätze
Ziffer 24 HKP-Richtlinien enthält keine Ausschlussfrist für medizinisch notwendige
Leistungen der häuslichen Krankenpflege. Alternativ: Die gesetzlichen
Krankenversicherungen müssen medizinisch notwendige Leistungen der häuslichen
Krankenpflege auch dann vergüten, wenn die vertragsärztliche Verordnung nicht innerhalb
der in den HKP-Richtlinien und den Rahmenverträgen vorgesehenen Einreichungsfrist
vorgelegt wird. Hinweis: Die Entscheidung wurde zwischenzeitlich zur Veröffentlichung in
Sozialrecht aktuell (Nomos Verlag) angefragt.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, EUR 40,28 nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe ab
Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vergütung von Pflegeleistungen, die der Kläger für eine
Versicherte der Beklagten, die 1925 geborene Frau L. J., erbracht hat.
Der Kläger betreibt einen häuslichen Pflegedienst, der mit der Beklagten durch Vertrag
gemäß § 132 a Abs. 2 SGB V verbunden ist. Er erbringt Sachleistungen unter anderem der
häuslichen Krankenpflege für die Versicherten der Beklagten.
Der Kläger hatte zunächst auf der Grundlage einer vertragsärztlichen Verordnung für die
Zeit vom 23.10.2003 bis zum 31.12.2003 Leistungen nach § 37 Abs. 2 SGB V in Gestalt
von Medikamentengaben zu Gunsten der Versicherten, Frau J., erbracht. Die Beklagte
hatte diese Verordnung vollumfassend für den gesamten Verordnungszeitraum bewilligt
und die Leistungen in vertraglich vereinbarter Höhe gegenüber dem Kläger vergütet (vgl.
den Bewilligungsbescheid vom 20.11.2003 = Anlage K 1...
Derselbe Vertragsarzt stellte für dieselbe Versicherte und die Zeit vom 05.01.2004 bis
zum 31.01.2004 sodann eine Folgeverordnung aus, welche wiederum die Erbringung von
Medikamentengaben zum Inhalt hatte. Die Beklagte bewilligte diese Leistungen daraufhin
zwar dem Grund nach, teilte im Bewilligungsbescheid vom 29.01.2004 dem Kläger aber
mit, dass die Kosten der Leistung erst ab dem 14.01.2004, dem Tage des Einganges der
ärztlichen Verordnung bei der Beklagten, übernommen werden könnten (vgl. Anlage K 2 =
Bl. 11 d.A.). Nicht vergütet wurden dem Kläger damit die von ihm erbrachten Leistungen
zwischen dem 05.01.2004 und dem 15.01.2004 in Gestalt von vier Leistungen, die
grundsätzlich der Höhe nach mit jeweils 1,93 EUR zu vergüten gewesen wären. Außerdem
fielen unstreitig zwei Wegepauschalen zu je 2,62 EUR an.
Nach Abschluss des ersten Quartals 2004 stellte der Vertragsarzt für die Versicherte der
Beklagten, Frau L. J., erneut eine Folgeverordnung für die Zeit vom 01.04.2004 bis zum
30.6.2004 aus, dies ebenfalls über Medikamentengaben einmal täglich, siebenmal
wöchentlich. Diese Leistungen bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 29.04.2004
(Anlage K 4= Bl. 19 d.vA.) bis zum 04.05.2004, jedoch wiederum erst ab dem
07.04.2004, weil die Vorordnung erst am 07.04.2004 bei ihr eingegangen sei. Zugleich
ließ die Beklagte ihre Versicherte daraufhin wissen, dass sie für die vertragsärztlichen
verordneten und erbrachten Einsätze aus der Zeit vom 01.04.2004 bis zum 06.04.2004
keine Vergütung zu entrichten habe, sollte der Kläger diese Leistungen mangels
Kostenzusage der Beklagten gegenüber der Versicherten privat liquidieren
Mit der am 21.07.2005 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Der Kläger vertritt die Auffassung, einen Vergütungsanspruch für die streitgegenständlichen
Zeiträume zu haben, da der Beklagten durch den leicht verspäteten Eingang der ärztlichen
Verordnungen unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um ein
Dauerbehandlungsgeschehen handele, keinerlei Schaden entstanden sei und die
Verordnungen unstreitig wirtschaftlich gewesen seien. In rechtlicher Hinsicht verweist er
unter anderem auf ein Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.01.2002 (Az.: S 24 KN
170/00). Auch das Sozialgericht habe vertreten, dass eine geringfügig verspätete Vorlage
der Verordnung jedenfalls dann nicht zu einem Freiwerden der Krankenkasse von ihrer
Vergütung führen könne, wenn die Maßnahmen unstreitig medizinisch notwendig gewesen
seien und bereits eine Vorverordnung gleichen Inhalts bewilligt worden sei. Im Sinne der
zitierten Rechtsprechung, welche den Entschuldigungsbeweis zulasse, habe der Kläger
überdies den verspäteten Eingang der ärztlichen Verordnungen bei der Beklagten nicht zu
verschulden. Die Verordnungen seien nach Einholung der Unterschrift der Versicherten, die
auf Rückseite des Musters 12 vorgesehen sei, unverzüglich vom Personal des Klägers auf
den Postweg gebracht worden. Es könne nicht sein, dass die Beklagte von den Kosten für
die erbrachten, unstreitig medizinisch notwendigen Pflegeleistungen frei werde, wenn sich
die Übersendung der Verordnung auf dem Postwege um wenige Tage verzögere. Die
gegenteilige Rechtsauffassung der Beklagten, wonach hinsichtlich des Erfordernisses der
Vorlage der Verordnungen innerhalb von zwei Arbeitstagen von einer Ausschlussfrist auch
für medizinisch notwendige und wirtschaftliche Pflegeleistungen auszugehen sei, verkenne
überdies den Schutzzweck der Vorschrift der Ziffer 24 der Richtlinien des
Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege. Sinn und Zweck
dieser Frist sei es alleine, bei nachträglicher Nichtgenehmigung unwirtschaftlicher, ggf.
medizinisch nicht notwendiger Leistungen einen weitergehenden Anwendungsbereich für
Kostenerstattungsfälle im Sinne von § 13 Abs. 3 SGB V zu vermeiden. Die Richtlinien
wollten die Krankenkassen insoweit alleine vor einer Verpflichtung zu einer über Gebühr
langen Kostenübernahme für unwirtschaftliche Leistungen schützen, während eine
Ausschlussfrist für medizinisch notwendige und wirtschaftliche Leistungen jedoch gerade
nicht konstituiert werden sollte. Im vorliegenden Fall trete dabei noch hinzu, dass bereits
zuvor
identische und bewilligte Verordnungen vorgelegen hätten und der Beklagten darüber
hinaus durch den um wenige Tage verspäteten Eingang der Verordnungen keinerlei
Schaden entstanden sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, 40,28 EUR nebst Zinsen in
gesetzlicher Höhe ab Rechtshängigkeit an den Kläger zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, die Vergütung für die
streitgegenständlichen Zeiträume sei abgelehnt worden, weil die Verordnungen von
häuslicher Krankenpflege jeweils zu spät bei der Beklagten eingegangen seien. Nach den
Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses zur häuslichen Krankenpflege (§ 92 Abs.
1 S. 2 Nr. 6 SGB V) würden die Krankenkassen bis zu ihrer Entscheidung über die
Genehmigung die Leistungen im verordneten Umfang übernehmen, wenn ihnen die
Verordnung spätestens am zweiten der Ausstellung folgenden Arbeitstag vorgelegt werde.
Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen, denn die am 05.01.2004 bzw. am 02.04.2004
ausgestellten Verordnungen seien erst am 14.01.2004 beziehungsweise am 07.04.2004,
also verspätet, eingegangen. Erst ab diesem Zeitpunkt des Einganges sei die Beklagte zur
Kostenübernahme verpflichtet gewesen. Des Weiteren sei der Kläger im Falle einer
anderen Versicherten mit Schreiben vom 03.94.2003 bereits darauf hingewiesen worden,
dass er den Leistungsbeginn spätestens innerhalb einer Frist von zwei Arbeitstagen
anzuzeigen habe.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Inhalte der Gerichtsakte sowie
der beigezogenen Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war,
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der auf Erstattung der bereits erbrachten Pflegeleistungen gerichtete Leistungsantrag ist
zulässig.
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung der geltend
gemachten Kosten für die erbrachten Krankenpflegeleistungen nach Maßgabe von §§ 37,
38 des „Rahmenvertrages über die einheitliche Versorgung mit häuslicher Krankenpflege
und Haushaltshilfe im Saarland zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen im
Saarland (darunter die Beklagte) sowie den Mitgliedsverbänden der Saarländischen
Pflegegesellschaft e. V.“ in Verbindung mit der gesonderten Vergütungsvereinbarung.
Der Anspruch des Klägers dem Grunde nach in der geltend gemachten Höhe ist vorliegend,
ebenso wie die Verordnungsfähigkeit und medizinische Notwendigkeit der erbrachten
Pflegeleistungen im Sinne der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und
Krankenkassen über die Verordnung von „häuslicher Krankenpflege“ nach § 92 Abs. 1 S. 2
Nr. 6 und Abs. 7 SGB V (HKP-Richtlinien, in der Fassung vom 16.02.2000, Bundesanzeiger
2000, Nr. 91, S. 8878, in Kraft getreten am 14.05.2000; zuletzt geändert am
15.02.2005, Bundesanzeiger 2005, S. 7969, in Kraft getreten am 01.07.2005) bereits
unstreitig.
Die Beklagte wendet gegenüber dem Vergütungsanspruch des Klägers alleine ein, dass der
Kläger wegen des Eingangs der ärztlichen Verordnungen jeweils erst nach Beginn des
jeweiligen Leistungszeitraumes vom 14.01.2004 bzw. vom 07.04.2004 keinen weiteren
Vergütungsanspruch habe. Mit diesem Vortrag vermag sie jedoch in rechtlicher Hinsicht
nicht durchzudringen.
Nach Ziffer § 24 HKP-Richtlinien übernimmt die Krankenkasse bis zur Entscheidung über die
Genehmigung die Kosten für die vom Vertragsarzt verordneten und vom Pflegedienst
erbrachten Leistungen entsprechend der vereinbarten Vergütung nach § 132 a Abs. 2 SGB
V, wenn die Verordnung spätestens an dem dritten der Ausstellung folgenden Arbeitstag
der Krankenkasse vorgelegt wird.
Die Frage, ob die verspätete Vorlage der vertragsärztlichen Verordnung zu einem
Leistungsausschluss führt, wurde in der Rechtsprechung bisher (und soweit ersichtlich)
lediglich vom SG Düsseldorf (Urt. v. 15.01.2002 - S 24 KN 170/00 KR) behandelt. Das SG
hat insoweit (bezüglich § 11 Abs. 4 des Rahmenvertrages zwischen dem Landesverband
freie ambulante Krankenpflege NRW e. V. und der Bundesknappschaft) das Vorliegen einer
Ausschlussfrist bejaht, jedoch den Entschuldigungsbeweis zugelassen. Im konkreten Fall hat
es die Berufung der beklagten Krankenkasse auf eine verspätete Antragstellung als
rechtsmissbräuchlich angesehen, da die Fristversäumnis von den dortigen Klägern nicht
verschuldet worden sei und im Übrigen die von ihnen erbrachten Leistungen unstreitig
erforderlich gewesen seien. Zur Begründung hat das SG (unter Verweis auf BGH, Urt. vom
07.07.1999 - IV ZR 32/98) ausgeführt, die Versäumung einer Ausschlussfrist könne nur
dann den vollständigen Leistungsausschluss bewirken, wenn der Entschuldigungsbeweis
nicht möglich sei. Die vertraglichen Bestimmungen seien dabei so auszulegen, dass ein
Vertragspartner sich auf die Versäumung der Frist zur Anzeige nicht berufen könne, wenn
den anderen Teil daran kein Verschulden treffe. Auch das Bundessozialgericht habe die
Versäumung von Ausschlussfristen jedenfalls in den Fällen für unschädlich gehalten, in
denen die Voraussetzungen des verspätet angemeldeten Anspruchs zweifelsfrei gegeben
seien (vgl. BSGE 14,246). Gleich der vom SG Düsseldorf entschiedenen Fallkonstellation
waren auch im vorliegenden Fall die erbrachten Pflegeleistungen des Klägers unstreitig
medizinisch erforderlich. Ferner hat der Kläger den verspäteten Zugang der ärztlichen
Verordnungen dahingehend entschuldigt, diese seien nach Einholung der Unterschrift der
Versicherten, die auf Rückseite des Musters 12 vorgesehen sei, unverzüglich vom Personal
des Klägers auf den Postweg gebracht worden, ohne dass die Beklagte diesem Vorbringen
substantiiert entgegen getreten wäre.
Letztlich kann die Frage des Entschuldigungsbeweises aber bereits dahinstehen. Denn nach
Auffassung der Kammer steht das Rechtsvorbringen der Beklagten bereits in Widerspruch
zum Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift des § 24 HKP-Richtlinien. Über die
Darlegungen des SG Düsseldorf hinausgehend handelt es sich bei der in Ziffer 24 der HKP-
Richtlinien sowie § 3 Abs. 2 des „Rahmenvertrages über die einheitliche Versorgung mit
häuslicher Krankenpflege und Haushaltshilfe im Saarland“ niedergelegten Frist zur Vorlage
der ärztlichen Verordnung bereits nicht um eine Ausschlussfrist für medizinisch notwendige
Leistungen der häuslichen Pflege.
Die Gegenauffassung steht, worauf die Klägerseite mit Recht hinweist, in Widerspruch zu
den wechselseitigen Schutzzwecken der Vorschrift. Deren Sinn und Zweck ist es zunächst,
dem Leistungserbringer (Pflegedienst) eine Vergütung von Leistungen zu erhalten, die er
als unaufschiebbar erbringen muss; mithin soll der Leistungserbringer nicht das
Bonitätsrisiko einer Privatliquidation tragen. Andererseits war der Bundesausschuss
erkennbar darum bemüht, Möglichkeiten zum Missbrauch sowie zur Umgehung des
vorgesehenen Genehmigungsverfahrens auszuschließen. Hiervor dient die in Ziffer 24 HKP-
Richtlinien sowie § 3 des saarländischen Rahmenvertrages vorgesehene Frist zur Vorlage
der ärztlichen Verordnungen dem Schutz der Krankenkassen davor, dass sie mögliche
unwirtschaftliche, weil z. B. medizinisch nicht notwendige Maßnahmen über Gebühr lange
finanzieren muss. Um eine derartige unwirtschaftliche Leistungserbringung möglichst
zeitnah ausschließen zu können, muss die Krankenkasse auch unverzüglich das
Bewilligungsverfahren einleiten können. Denn ansonsten könnten Versicherte oder
Leistungserbringer die Verordnung zurückhalten und hätten es so in der Hand, das
Vergütungsrisiko der Krankenkasse auch für unwirtschaftliche Maßnahmen zeitlich
auszudehnen.
In anderen Worten übernimmt die Krankenkasse auch für unwirtschaftliche - weil
medizinisch nicht notwendige - Leistungen deren Kosten bis zur (negativen) Entscheidung
im Rahmen des Genehmigungsverfahrens, dies allerdings nur unter der Voraussetzung,
dass die ärztliche Verordnung spätestens an dem dritten der Ausstellung folgenden
Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird. Eine Ausschlussfrist für medizinisch
notwendige Pflegeleistungen enthält die Vorschrift der Ziffer 24 HKP-Richtlinien indes
bereits ihrem Wortlaut nach nicht, zumal die Fassung einer derartigen gesetzlichen
Ausschlussfrist nach Auffassung der Kammer bereits nicht in die Kompetenz des
Bundesausschusses fiele und insoweit dem Gesetzgeber vorbehalten wäre. Eindeutig im
Sinne der hier vertreten Auffassung ist im Übrigen gerade auch der Wortlaut des § 3 Abs. 2
S. 2 des saarländischen Rahmenvertrages über die einheitliche Versorgung mit häuslicher
Krankenpflege und Haushaltshilfe gefasst, denn hier heißt es ausdrücklich:
„Die vertragsärztliche Verordnung für Leistungen der häuslichen Krankenpflege
ist vor dem Tätigwerden des Pflegedienstes der zuständigen Krankenkasse zur
Prüfung und Genehmigung, ggf. zur Einschaltung des Medizinischen Dienstes
vorzulegen. Die Krankenkasse übernimmt bei Nicht-Genehmigung vom ärztlich
festgelegten Leistungsbeginn bis zur Entscheidung über die Genehmigung die
Kosten für die vom Vertragsarzt verordneten und vom Pflegedienst erbrachten
Leistungen, wenn die ordnungsgemäß ausgefüllte Verordnung (Nummer 10 der
Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die
Verordnung häuslicher Krankenpflege gemäß 3 92 Absatz 7 SGB V) zur
Wahrung der Frist in der jeweiligen von der Krankenkasse akzeptierten
Übermittlungsform am zweiten der Ausstellung folgenden Arbeitstag der
Krankenkasse vorliegt (vorläufige Kostenzusage) (….).“
Der Rahmenvertrag stellt damit ausdrücklich auf den Fall der (nachträglichen) Nicht-
Genehmigung ab und konstituiert alleine für diesen Fall das Erfordernis der fristgemäßen
Vorlage der Verordnung. Alleine bei Vorliegen der formellen Voraussetzungen soll die
vorläufige Kostenzusage der Krankenkasse rechtlich verbindlich sein. Vorliegend - im Falle
der ärztlich verordneten und unstreitig medizinisch notwendigen Leistungserbringung -
kommt es indes auf die Wirksamkeit einer vorläufigen Kostenzusage schon nicht an. Die
Kostenübernahme- und Vergütungspflicht der Beklagten ergibt sich vielmehr unmittelbar
aus den einschlägigen materiellen Vorschriften des Rahmenvertrages in Verbindung mit der
Vergütungsvereinbarung.
Über den Wortlaut und den Sinn und Zweck der streitgegenständlichen Vorschriften hinaus
wird die hier vertretene Auffassung auch durch die Systematik sowie eine Gesamtschau
der weiteren Vorschriften des Rahmenvertrages zum Genehmigungsverfahren gestützt.
Die Kammer verweist insoweit auf § 38 (Rechnungslegung), nach dessen Absatz 5 die
ärztlichen Verordnungen und die Leistungsnachweise den Rechnungen beizufügen sind,
ohne dass in diesem Zusammenhang eine spezifische (Ausschluss-)Frist zur Vorlage der
Verordnungen bestimmt würde. Weiter heißt es in Abs. 8 derselben Vorschrift, die
Krankenkasse könne die Bezahlung von Leistungen verweigern, „soweit und solange die
Unterlagen (im Sinne von Absatz 2 bis 7) nicht beigebracht sind“. Dies indiziert gerade,
dass die ärztlichen Verordnungen auch nach Ablauf der sehr kurzen Frist von 2
Arbeitstagen weiterhin noch „beigebracht“ werden können und die Krankenversicherung
sodann in die materielle Prüfung der medizinischen Notwendigkeit eintreten muss. Hierfür
spricht schließlich auch, dass die Leistungserbringer gem. § 38 Abs. 9 des
Rahmenvertrages erst nach Ablauf von 12 Monaten seit Abgabe der Leistungen von der
Krankenkasse keine Vergütung mehr fordern dürfen.
Schließlich - und vor der unstreitigen medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der
erbrachten Pflegeleistungen - ist die Beklagte vorliegend auch nicht besonders
schutzwürdig. Es kann insoweit nicht zu Lasten des Klägers gehen, dass die
streitgegenständlichen Verordnungen wenige Tage später als die sehr kurze Frist von zwei
bzw. drei Arbeitstagen bei der Beklagten eingegangen sind. Auch nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) würde eine Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten
Form nur dann zum Rechtsverlust führen, wenn die Handlung wegen z. B. unzumutbarer
Erschwerung für die übrigen Beteiligten nicht mehr nachholbar wäre (vgl. BSG, Urteil vom
13.12.2001, Az.: B 3 KR 11/01R). Die Weigerung eines Vertragspartners, die vertraglich
vereinbarte Form der Überprüfung einzuhalten, führt also nicht zum sofortigen Verlust der
Rechtsposition, solange eine Nachholung möglich ist und sich der andere Vertragspartner
hierauf auch vor dem Zeitablauf noch einstellen kann und muss (vgl. BSG, a. a. O.). So
aber liegt der Fall hier, denn die Überprüfung der Pflegeleistungen war der Beklagten völlig
unproblematisch und unstreitig noch möglich und konnte - mit letztlich positivem Ergebnis -
nachgeholt werden. Für eine unzumutbare Erschwerung zu Lasten der Beklagten ist
bereits nichts vorgetragen, und hierfür sind auch keine besonderen Umstände ersichtlich.
Nach allem war der Klage vollumfänglich stattzugeben.
Dem Kläger waren dabei antragsgemäß auch die gesetzlichen Zinsen ab Rechtshängigkeit
zuzusprechen, § 44 SGB I (wie hier: SG Düsseldorf, S 24 KN 170/00 KR). Die Beklagte ist
damit verpflichtet, dem Kläger über die Hauptforderung in Höhe von EUR 40,28 hinaus 4 %
Zinsen hieraus seit dem 21.07.2005 zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Aufgrund ihres vollumfänglichen
Unterliegens hat die Beklagte dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu
erstatten.
Die Berufung war gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG (grundsätzliche Bedeutung) zuzulassen.