Urteil des SozG Reutlingen vom 20.01.2016

versorgung, abgabe von hilfsmitteln, leistungserbringer, verordnung

SG Reutlingen Urteil vom 20.1.2016, S 1 KR 206/13
Krankenversicherung - Hilfsmittel (hier: CPAP-Geräte) - Einreichung eines
Kostenvoranschlags bei der Krankenkasse - Ausnahme im Bereich der
Polysomnographie
Leitsätze
Der Vergütungsanspruch eines Hilfsmittelerbringers bei Abgabe von CPAP-Geräten
setzt die Einreichung eines Kostenvoranschlages bei der Krankenkasse vor
Versorgung voraus.
Eine Ausnahme gilt nur im Bereich der Polysomnographie.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
1 Vorliegend begehrt der Kläger von der Beklagten die Vergütung der von ihm in den
Jahren 2007 bis 2011 an Versicherte der Beklagten zur Schlafapnoebehandlung
abgegebenen Hilfsmittel (CPAP-Geräte).
2 Der Kläger ist Inhaber der .... Ihm wurde für dieses Unternehmen vom Verband der
Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK) und vom Arbeiter-Ersatzkassen-Verband
e.V. (AEV) mit Schreiben vom 04.07.2005 mit Wirkung ab 01.05.2005 die
Zulassung nach § 126 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) zur
Abgabe von Hilfsmitteln nach Produktgruppe 14 (Sauerstoffflaschengeräte und -
konzentratoren, Systeme zur Schlafapnoebehandlung) des Hilfsmittel-
Verzeichnisses des GKV-Spitzenverbandes u.a. an Versicherte der Beklagten
erteilt. Die Einzelheiten der Versorgung mit diesen Hilfsmitteln ist in dem am
04.07.2005 zwischen dem Kläger und der Landesvertretung Baden-Württemberg
des VdAK und des AEV geschlossenen Vertrag nach § 127 Abs. 1 und 2 SGB V
(Versorgungsvertrag – VV –) geregelt. Auf den Inhalt dieses VV wird Bezug
genommen.
3 Mit der mit der Beklagten im Oktober 2010 geschlossenen Vereinbarung nach §
127 Abs. 2a SGB V trat der Kläger dem zwischen der Beklagten und der H... nach
§ 127 Abs. 2 SGB V geschlossenen Vertrag vom 10.10.2007 in der Fassung der
Änderungsvereinbarung vom 01.03.2010 mit Wirkung ab 01.11.2010 bei. Auf die
Einzelheiten dieses Vertrages (Leistungsvertrag – LV –) nebst Anlagen wird
verwiesen.
4 Der Kläger versorgte in den Jahren 2007 bis 2011 unter anderem Versicherte der
Beklagten mit CPAP-Geräten. Die hierfür der Beklagten in Rechnung gestellten
Leistungen wurden von dieser jedoch nur zum Teil vergütet.
5 Nachdem das Begehren des Klägers, von der Beklagten auch die ausstehenden
Vergütungen zu erhalten, erfolglos geblieben war, hat der Kläger am 21.12.2012
beim Sozialgericht Karlsruhe Klage mit dem Begehren erhoben, die Beklagte zur
Zahlung der ausstehenden Vergütung in Höhe von 520.727,90 EUR zu verurteilen.
Zur Begründung seiner mit Beschluss vom 21.01.2013 an das Sozialgericht
Reutlingen (SG) verwiesenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen,
er habe einen Vergütungsanspruch aus §§ 126 und 127 SGB V. Aufgrund seiner
(Alt-) Zulassung nach § 126 SGB V a. F. vom 04.07.2005 in Verbindung mit dem
Vertrag des VdAK/AEV sei er liefer- und abrechnungsberechtigt gewesen.
Aufgrund von Übergangsregelungen sei er dann bis zum 31.12.2009 grundsätzlich
auch ohne Vertrag zur Versorgung der Versicherten der Beklagten berechtigt
gewesen. Er habe auch vertragskonform versorgt und Kostenvoranschläge
eingereicht. Seinem Anspruch stehe der Einwand der Beklagten, die
Kostenvoranschläge seien erst nach der Versorgung eingereicht worden, nicht
entgegen. Seiner Verpflichtung zur Einreichung von Kostenvoranschlägen sei er
vollumfänglich nachgekommen. Im Bereich der hier streitigen CPAP-Versorgungen
sei es gängige Praxis, dass die Versicherten bereits in den Schlaflabors in den
Kliniken mit den entsprechenden Hilfsmitteln versorgt würden. So sehe der VV in §
3 Abs. 3 vor, dass die Versorgungen grundsätzlich innerhalb von 24 Stunden
sicherzustellen seien. Daher habe auch die Beklagte in einer Vielzahl von Fällen
seine Vergütungsansprüche erstattet und auf die vorherige Einreichung der
Kostenvoranschläge verzichtet.
6 Nach dem Beitritt zum LV sei in der dortigen Anlage 8 der Versorgungsablauf bei
Geräten zur Schlafapnoebehandlung derart vorgeschrieben, dass der
Leistungserbringer dem Schlaflabor das benötigte Therapiegerät zur Verfügung
stelle und die Ausgabe des Gerätes an den Patienten durch die Leistungserbringer
im Schlaflabor erfolge. Das Schlaflabor übergebe sodann dem Leistungserbringer
die ärztliche Verordnung. Erst dann erfolge die Einholung der
Kostenübernahmeerklärung bei der Beklagten durch den Leistungserbringer.
7 Der teilweise vorgeschobene Einwand der Beklagten, er sei kein Vertragspartner
gewesen, gehe völlig ins Leere. Die Beklagte verweigere in willkürlicher und
rechtswidriger Weise die Vergütung der von ihm erbrachten Leistungen. Dies
belege auch die Tatsache, dass die nach dem 01.01.2012 von ihm auf gleiche Art
und Weise durchgeführten Versorgungen ohne weiteres von der Beklagten
vergütet würden.
8 Sein Vergütungsanspruch ergebe sich zudem teilweise aus der Zusicherung der
Beklagten, die sie im Jahre 2011 ihm gegenüber abgegeben habe, dass auch alle
Altfälle übernommen würden. Daher greife auch die Verjährungseinrede der
Beklagten hinsichtlich der Forderungen aus dem Jahr 2007 nicht durch, da diese
gerade die Übernahme der Altfälle zugesichert habe. Hierdurch sei die Verjährung
gehemmt.
9 Der Einwand der Beklagten, er habe zudem gegen seine Verpflichtung, vorrangig
eine Versorgung aus dem Lagerbestand vorzunehmen, verstoßen, stehe seinem
Vergütungsanspruch nicht entgegen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung
bedeute nicht, dass der Vergütungsanspruch entfalle.
10 Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Richtlinie des Gemeinsamen
Bundesausschusses (GBA) zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
durchaus auch für ihn verbindlich. Der von ihm durchgeführte Versorgungsablauf
entspreche den dortigen Vorgaben.
11 Zudem könne das grundsätzliche Erfordernis einer vorherigen Genehmigung der
Krankenkasse zur Versorgung ihrer Versicherten dann entbehrlich sein, wenn die
Versorgung eine unaufschiebbare Leistung betreffe. Genau um derartige
Konstellationen gehe es insbesondere bei der Versorgung von Patienten, die sich
in stationärer Behandlung befänden.
12 Auch spiele das Verhalten der Beklagten eine maßgebliche Rolle. Diese habe die
von ihm erbrachten Versorgungen ohne Beanstandung vergütet und sich zu
keinem Zeitpunkt auf die Nichteinhaltung des Versorgungsweges berufen.
13 Der Kläger beantragt,
14 die mündliche Verhandlung zu vertagen, um ihn zu den Inhalten der Gespräche
und Telefonate mit Herrn … und Frau H… anzuhören, ferner um andere
Leistungserbringer wie bspw. die Firma …, M..., zum Ablauf der Versorgung und
zur damaligen Vertragspolitik der Beklagten zu hören.
15 Der Kläger beantragt hilfsweise,
16 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 520.727,90 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe
von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 21.12.2012 zu
zahlen.
17 Die Beklagte beantragt,
18 die Klage abzuweisen.
19 Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, sie sei irrtümlich davon
ausgegangen, dass bis zum 01.11.2010 zwischen ihr und dem Kläger keine
vertragliche Bindung im Sinne des § 127 SGB V bestanden habe. Dies sei
vorliegend jedoch nicht entscheidungserheblich, da sie die Vergütung nicht mit der
Begründung abgelehnt habe, der Kläger sei kein Vertragspartner. Vielmehr sei die
Ablehnung aus dem Grund erfolgt, dass der Kläger bei den den
Vergütungsanträgen zu Grunde liegenden Versorgungen die grundlegenden
Voraussetzungen nicht eingehalten habe. So habe der Kläger in keinem einzigen
Fall die Kostenübernahme per Kostenvoranschlag vor der Durchführung der
Versorgung bei ihr beantragt. Der Antrag auf Kostenübernahme sei ausnahmslos
erst nach dem Abschluss der Versorgung erfolgt. Darüber hinaus sei in 151 Fällen
die ärztliche Verordnung erst nach der Auslieferung der Hilfsmittel ausgestellt
worden. In 9 Fällen sei überhaupt keine ärztliche Verordnung mit einem
ordnungsgemäßen Ausstellungsdatum vorhanden. Auch die vertraglichen
Verpflichtungen aus dem LV, dem der Kläger beigetreten ist, seien nicht
eingehalten worden. So sei auch ab 01.11.2010 in keinem einzigen Fall die
Kostenübernahme per Kostenvoranschlag vor der Durchführung der Versorgung
bei ihr beantragt worden. Der Antrag auf Kostenübernahme sei ausnahmslos erst
nach dem Abschluss der Versorgung erfolgt. Darüber hinaus habe der Kläger bei
93 Kostenvoranschlägen die vertraglich vereinbarte MIP-Anfrage (Abfrage im
Hilfsmittelpool, ob ein geeignetes Hilfsmittel für einen Wiedereinsatz zur Verfügung
steht) nicht am Tag der vorgenommenen Versorgung, sondern erst am Tag der
Erstellung des Kostenvoranschlags zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt
vorgenommen. Ein anderes Ergebnis ergebe sich – entgegen den Ausführungen
des Klägers - auch nicht aus der von ihm genannten Anlage 8 zum LV, dem er
beigetreten ist. Zwar sei ihm insoweit zuzustimmen, dass hier eine Variante des
Versorgungsablaufs so geregelt sei, dass der Leistungserbringer den Patienten im
Schlaflabor mit dem benötigten Hilfsmittel versorge und das Schlaflabor dem
Leistungserbringer eine ärztliche Verordnung überreiche. Allerdings müsse die
ärztliche Verordnung logischerweise vor der Versorgung ausgestellt sein.
Spätester Verordnungstag könne also nur der Tag der Auslieferung des Hilfsmittels
sein, niemals danach. Die Verpflichtung des Klägers zur Einreichung eines
Kostenvoranschlags vor Durchführung der Versorgung sei mit dieser Vereinbarung
gerade nicht abbedungen. Auch bei diesen Versorgungen sei er verpflichtet, vor
der Versorgung bei ihr einen Kostenvoranschlag zur Genehmigung einzureichen.
Die Übersendung eines Kostenvoranschlags Monate oder aber sogar Jahre nach
der Durchführung der Versorgung entspreche nicht den vertraglichen
Vereinbarungen.
20 Zusätzlich sei zu beachten, dass im Rahmen der Wiedereinsatz-Steuerung bei
Bekanntwerden der medizinisch notwendigen Versorgung eine MIP-Abfrage
durchzuführen sei. Diese Regelung sei vom Kläger in 334 Fällen missachtet
worden.
21 Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Einreichung
des Kostenvoranschlages zwingendes Element des einzuhaltenden
Beschaffungsweges zur Erlangung eines Vergütungsanspruchs des Hilfsmittel-
Erbringers. Die Missachtung dieses Verfahrens schließe das Entstehen eines
Vergütungsanspruches aus.
22 Zudem würden die vom Kläger geltend gemachten Forderungen sowohl die
Geräteversorgungen als auch zusätzlich die Kosten für einen nachfolgenden
Therapieabbruch beinhalten. Hier handle es sich um doppelte Anträge, die nicht
berücksichtigt werden könnten.
23 In mehreren Versorgungen habe sie bereits eine Genehmigung ausgesprochen.
Es sei für sie nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund der Kläger die Zahlung
der diesen Genehmigungen zu Grunde liegenden Forderungen nun erneut
beantrage.
24 Das Vorbringen des Klägers, sie habe ihm eine Kostenübernahme für alle Altfälle
zugesichert, sei nicht zutreffend, eine solche Zusage sei zu keinem Zeitpunkt
gegeben worden.
25 Nur rein hilfsweise erhebe sie bezüglich der Forderungen für Versorgungen aus
dem Jahr 2007 die Einrede der Verjährung.
26 Das Vorbringen des Klägers, der für die Versorgungen vorgesehene typische
Ablauf rechtfertige seine Verstöße, könne nicht überzeugen, da seine Annahme,
sie schließe mit ihren Vertragspartnern Verträge, die tatsächlich den gegebenen
Versorgungsabläufen entgegenstünden, weltfremd sei.
27 Die Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der
vertragsärztlichen Versorgung enthalte im Bereich der Hilfsmittelversorgung für den
Kläger keine verbindlichen Bestimmungen. Vielmehr habe der Gesetzgeber den
Abschluss von Versorgungsverträgen im Hilfsmittelbereich in den §§ 126 und 127
SGB V abschließend normiert. Die genannte Richtlinie rechtfertige nicht das
Verhalten des Klägers, sich – anders als andere Vertragspartner – jahrelang über
etablierte und bewährte Vertragsvereinbarungen hinwegzusetzen.
28 Soweit sie in der Vergangenheit einzelne Versorgungen genehmigt und vergütet
habe, rechtfertige dies keinen Anspruch des Klägers auf Bezahlung der hier
streitgegenständlichen Versorgungen. Die Genehmigungen und Zahlungen seien
jeweils aus Kulanzgründen und im Interesse einer einvernehmlichen
partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Kläger erfolgt. Ein gesetzlicher
Anspruch auf Zahlung der hier streitgegenständlichen Versorgungen könne
hieraus nicht abgeleitet werden.
29 Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes und des Vorbringens der Beteiligten
wird auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte der Beklagten nebst Anlagen
und der Gerichtsakte sowie auf die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
30 Der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellte (Haupt-)Antrag auf
Vertagung der mündlichen Verhandlung war abzulehnen. Nach Überzeugung der
Kammer liegen keine erheblichen Gründe vor, die in entsprechender Anwendung
des § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung eine solche Vertagung erfordern.
31 Einer Anhörung des Klägers zu den Inhalten der Gespräche und Telefonate mit
Herrn … und Frau H..., Mitarbeitern der Beklagten, bedarf es nicht. Zu den Inhalten
dieser Gespräche und Telefonate finden sich zum einen ein Gesprächsprotokoll
vom 26.01.2007 sowie Schriftwechsel zwischen dem Kläger und insbesondere
Herrn ... in der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten. Zum anderen hat der
Kläger sowohl im Verwaltungs- als auch im Gerichtsverfahren zum Inhalt der
Gespräche und Telefonate mit den beiden Mitarbeitern der Beklagten,
insbesondere zu der - aus seiner Sicht - im Jahr 2011 abgegebenen Zusage zur
Vergütung aller Altfälle umfangreich vortragen lassen.
32 Auch die vom Kläger begehrte Anhörung anderer Leistungserbringer, wie bspw.
der Firma ..., M..., zum Ablauf der Versorgung und zur damaligen Vertragspolitik
der Beklagten stellt keinen erheblichen Grund für die Vertagung der mündlichen
Verhandlung dar. Der Kläger hat im Gerichtsverfahren den in ständiger Praxis
praktizierten Ablauf der Versorgung mit CPAP-Geräten dargelegt. Selbst wenn
weitere Leistungserbringer wie bspw. die Firma ... diese von ihm dargelegte
Versorgungspraxis bestätigen sollten, hat die Kammer gleichwohl den hier geltend
gemachten Vergütungsanspruch unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben und
hierauf beruhenden vertraglichen Vereinbarungen zu prüfen. Wie noch ausgeführt
wird, rechtfertigt dabei nach Überzeugung der Kammer eine etwaige hiervon
abweichende Versorgungspraxis kein Absehen von den gesetzlichen und hierauf
beruhenden vertraglichen Vorgaben bei der von ihr zu treffenden Entscheidung
über den geltend gemachten Vergütungsanspruch. Eine Anhörung anderer
Leistungserbringer zur damaligen Vertragspolitik der Beklagten ist aus Sicht der
Kammer ohne Relevanz für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits und
daher nicht zielführend. Auch hieraus ergibt sich kein erheblicher Grund für die
vom Kläger beantragte Vertagung der mündlichen Verhandlung.
33 Nach Ablehnung der beantragten Vertagung der mündlichen Verhandlung war
daher über die vom Kläger (hilfsweise) erhobene (echte) Leistungsklage nach § 54
Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu entscheiden. Diese Leistungsklage
ist zwar zulässig, jedoch unbegründet. Der geltend gemachte Vergütungsanspruch
des Klägers besteht nicht. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, in
streitgegenständlicher Höhe die vom Kläger in den Jahren 2007 bis 2011 an ihre
Versicherten zur Schlafapnoebehandlung abgegebenen CPAP-Geräte zu
vergüten. Es besteht weder ein vertraglicher Vergütungsanspruch noch ein
Anspruch auf Vergütung aus einem anderen Rechtsgrund.
34 Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Vergütungsanspruch kommt nur
ein öffentlich-rechtlicher Gebrauchsüberlassungsvertrag zwischen Kläger und
Beklagter in Betracht. Dieser beruht auf § 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V, wonach die
Krankenkassen über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen nach den
Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern schließen,
die dem öffentlichen Recht zuzurechnen sind (§ 69 Satz 1 SGB V). Für die
Versorgung mit Hilfsmitteln - wie den hier streitigen CPAP-Geräten - nach § 33
SGB V richtet sich die Konkretisierung des Leistungserbringerrechts nach den §§
126 und 127 SGB V. Danach dürfen Hilfsmittel an Versicherte nur von
zugelassenen Leistungserbringern (§ 126 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der bis zum
31.03.2007 geltenden Fassung) bzw. nur auf der Grundlage von Verträgen nach §
127 Abs. 1, 2 und 3 abgegeben werden (§ 126 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der ab
01.04.2007 geltenden Fassung). Nach § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der bis zum
31.03.2007 geltenden Fassung schließen über die Einzelheiten der Versorgung
mit Hilfsmitteln und deren Wiedereinsatz sowie über die Preise und deren
Abrechnung die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der
Ersatzkassen mit Wirkung für ihre Mitgliedskassen Verträge mit Verbänden der
Leistungserbringer, soweit Festbeträge noch nicht festgelegt sind oder nicht
festgelegt werden können. Hierbei können nach § 127 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der
bis zum 31.03.2007 geltenden Fassung die Krankenkassen Verträge mit einzelnen
Leistungserbringern zu niedrigeren Preisen als in den Verträgen nach Abs. 1 bei
gleicher Qualität schließen. Nach § 127 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der ab 01.04.2007
geltenden Fassung schließen die Krankenkassen, ihre Verbände oder
Arbeitsgemeinschaften Verträge mit Leistungserbringern oder Verbänden oder
sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer über die Einzelheiten der
Versorgung mit Hilfsmitteln, deren Wiedereinsatz, die Qualität der Hilfsmittel und
zusätzlich zu erbringender Leistungen, die Anforderungen an die Fortbildung der
Leistungserbringer, die Preise und die Abrechnung.
35 Der Kläger hat einen Anspruch auf Vergütung der von ihm erbrachten Leistungen
demnach nur erworben, wenn zwischen ihm und der Beklagten durch Angebot und
Annahme ein Vertrag über die Gebrauchsüberlassung der CPAP-Geräte an
Versicherte der Beklagten zustande gekommen ist und der Kläger daraus ein
Vergütungsanspruch herleiten kann (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 10.03.2008 - B 3
KR 8/07 R - juris -).
36 Ein solcher Gebrauchsüberlassungsvertrag, aus dem der Kläger
Vergütungsansprüche herleiten kann, bestand im hier streitigen Zeitraum
allerdings nur vom 01.01.2007 bis 31.12.2009 und vom 01.11.2010 bis
31.12.2011, nicht jedoch im Zeitraum vom 01.01. bis 31.10.2010.
37 Wie oben bereits dargestellt war bis 31.03.2007 entsprechend dem bis dahin
geltenden § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB V Grundlage für die Befugnis eines
Leistungserbringers zur Abgabe von Hilfsmitteln an Versicherte der Beklagten eine
entsprechende Zulassung, die hier am 04.07.2005 mit Wirkung zum 01.05.2005
dem Kläger erteilt wurde. Dieses Zulassungsprinzip wurde zum 01.04.2007 durch
das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen
Krankenversicherung vom 26.03.2007 (Bundesgesetzblatt I Seite 278) geändert
und durch das sogenannte Vertragsmodell abgelöst. Seit dem 01.04.2007 dürfen
gemäß § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der ab diesem Zeitpunkt geltenden Fassung
Hilfsmittel an Versicherte nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127 Abs. 1,
2 und 3 abgegeben werden. Allerdings hat der Gesetzgeber in § 126 Abs. 2 SGB
V in der ab 01.04.2007 geltenden Fassung für die Inhaber einer bis zum
31.03.2007 erteilten Zulassung - wie dies beim Kläger der Fall ist - eine
dahingehende Übergangsregelung geschaffen, dass abweichend von § 126 Abs.
1 Satz 1 SGB V („Vertrag“) diese bis zum 31.12.2008 zur Versorgung der
Versicherten berechtigt bleiben. Diese bis zum 31.12.2008 geltende
Übergangsfrist wurde durch § 126 Abs. 2 Satz 3 SGB V in der ab 01.01.2009
geltenden Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der
Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung
(Bundesgesetzblatt I Seite 2426) bis zum 31.12.2009 verlängert. Dies bedeutet
vorliegend, dass der Kläger im hier streitigen Zeitraum vom 01.01.2007 bis
einschließlich 31.12.2009 aufgrund der ihm nach § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der
bis zum 31.03.2007 geltenden Fassung erteilten Zulassung zur Abgabe von
Hilfsmitteln an Versicherte der Beklagten - auch ohne entsprechenden
Vertragsabschluss - berechtigt war.
38 Um ab 01.01.2010 nach Auslaufen der Übergangsfrist weiterhin Hilfsmittel an
Versicherte der Beklagten abgeben zu dürfen, hätte nach dem nun -
uneingeschränkt - geltenden Vertragsmodell der Kläger entsprechend § 126 Abs.
1 Satz 1 SGB V in der ab 01.04.2007 geltenden Fassung einen Vertrag mit der
Beklagten abschließen müssen, was jedoch nicht erfolgt ist. Entsprechende
Vertragsunterlagen befinden sich weder in den vorliegenden Unterlagen noch
wurden trotz entsprechender Aufforderung der Kammer solche Unterlagen vom
Kläger vorgelegt.
39 Der Kläger ist erst mit der im Oktober 2010 mit der Beklagten geschlossenen
Vereinbarung nach § 127 Abs. 2a SGB V in der ab 01.01.2009 geltenden Fassung
des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der
gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008 (Bundesgesetzblatt I Seite
2426) dem LV zwischen der Beklagten und der H... mit Wirkung ab 01.11.2010
beigetreten. Nach der genannten Vorschrift können Verträgen nach § 127 Abs. 2
Satz 1 SGB V Leistungserbringer zu den gleichen Bedingungen als
Vertragspartner beitreten, soweit sie nicht aufgrund bestehender Verträge bereits
zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Diese für einen Vertragsbeitritt
notwendige Voraussetzung eines nicht bestehenden Vertrages zeigt zur
Überzeugung der Kammer eindeutig, dass zuvor, also vom 01.01. bis
einschließlich 31.10.2010 kein für die Abgabe von Hilfsmitteln an Versicherte der
Beklagten notwendiger Vertrag zwischen Kläger und Beklagter bestand.
40 Hieran vermag der Hinweis des Klägers auf den am 04.07.2005 abgeschlossenen
VV nichts zu ändern. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 des VV gilt dieser Vertrag nur,
solange die Zulassung vom 01.05.2005 nach § 126 Abs. 1 SGB V besteht. Wie
dargelegt endete jedoch die dem Kläger zum 01.05.2005 erteilte Zulassung mit
Ablauf des 31.12.2009, sodass auch der VV mit diesem Tag seine Gültigkeit
verloren hat.
41 Im Zeitraum vom 01.01. bis einschließlich 31.10.2010 gab es somit zwischen
Kläger und Beklagter keinen Gebrauchsüberlassungsvertrag, aufgrund dessen der
Kläger zur Abgabe von CPAP-Geräten als Hilfsmittel an Versicherte der Beklagten
berechtigt gewesen wäre. Mangels vertraglicher Grundlage besteht schon allein
deshalb kein Vergütungsanspruch des Klägers für die in diesem Zeitraum
erbrachten Leistungen. Hierbei ist es ohne Belang, dass die Beklagte ihre
Entscheidung, auch in diesem Zeitraum erbrachte Leistungen nicht zu vergüten,
nicht auf das Fehlen einer vertraglichen Grundlage gestützt hat.
42 Auch für die in den beiden anderen Zeiträumen vom 01.01.2007 bis 31.12.2009
und vom 01.11.2010 bis 31.12.2011 erbrachten Leistungen besteht kein
Vergütungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte. Wie dargestellt, war der
Kläger zwar aufgrund der ihm erteilten Zulassung bzw. aufgrund seines
Vertragsbeitritts zur Abgabe von CPAP-Geräten an Versicherte der Beklagten
befugt. Sein Vergütungsanspruch scheitert jedoch an der Nichterfüllung der hierfür
erforderlichen, im VV bzw. LV enthaltenen Voraussetzungen.
43 Im Zeitraum vom 01.01.2007 bis 31.12.2009 findet der VV Anwendung, der nach §
2 VV auch für die Beklagte gilt.
44 Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VV ist Voraussetzung für die Abgabe der vertraglich
vereinbarten Hilfsmittel die vollständig ausgestellte vertragsärztliche Verordnung.
Für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind nach § 3 Abs. 1 Satz 3 VV die Richtlinien
des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von
Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung in der jeweils gültigen Fassung
anzuwenden.
45 Die Hilfsmittel-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen
bzw. des GBA sehen in Nrn. 12 und 15 bzw. § 6 Abs. 2, Abs. 4 Satz 2 jeweils vor,
dass vor Abgabe eines Hilfsmittels eine Verordnung durch einen Vertragsarzt zu
erfolgen hat.
46 Nach § 3 Abs. 6 Satz 1 VV besteht ein Anspruch auf Durchführung der Versorgung
aus der Übergabe der ärztlichen Verordnung durch den Versicherten erst ab der
Auftragserteilung. Ein Auftrag gilt als erteilt, wenn dem Leistungserbringer die
Kostenübernahmeerklärung der leistungspflichtigen Ersatzkasse vorliegt. Vor einer
Auftragserteilung ist der Leistungserbringer auf Wunsch des Versicherten oder der
Ersatzkasse zur Herausgabe der Verordnung verpflichtet. Kosten, die vor der
Auftragserteilung entstehen, können weder beim Versicherten noch bei der
leistungspflichtigen Ersatzkasse geltend gemacht werden (§ 3 Abs. 6 Sätze 2 bis 4
VV).
47 Nach § 6 Satz 1 VV ist der Leistungserbringer verpflichtet, einen
Kostenvoranschlag unter Beifügung der ärztlichen Verordnung bei der
leistungspflichtigen Ersatzkasse einzureichen. Die Ersatzkasse ist nach § 6 Satz 3
VV berechtigt, im Rahmen des § 12 Abs. 1 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot)
Vergleichsangebote einzuholen.
48 Nach § 5 Satz 1 VV verpflichtet sich der Leistungserbringer, für die jeweilige
Ersatzkasse den Wiedereinsatz von technisch einwandfreien Hilfsmitteln
durchzuführen, sofern dies mit der einzelnen Ersatzkasse vereinbart wurde.
49 Nach Durchsicht der vorliegenden Unterlagen steht für die Kammer fest, dass im
Zeitraum vom 01.01.2007 bis 31.12.2009 - wie im Übrigen auch im Zeitraum vom
01.01. bis 31.10.2010 - in keinem einzigen Fall vor der Versorgung vom Kläger ein
Kostenvoranschlag bei der Beklagten eingereicht wurde. Auffallend hierbei ist,
dass trotz Versorgung zu unterschiedlichen Zeitpunkten auffallend viele
Kostenvoranschläge am selben Tag erstellt wurden. Auch dies belegt, dass
entgegen der in § 6 VV enthaltenen Regelung vom Kläger kein einziger
Kostenvoranschlag vor erfolgter Versorgung bei der Beklagten eingereicht wurde.
Durch das Erfordernis, einen Kostenvoranschlag bei der Beklagten einzureichen,
soll dieser die Prüfung ermöglicht werden, ob die ins Auge gefasste Versorgung
mit einem CPAP-Gerät dem in § 12 Abs. 1 SGB V niedergelegten
Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht. Ferner soll der Beklagten hierdurch
entsprechend § 6 Satz 3 VV die Möglichkeit gegeben werden, Vergleichsangebote
einzuholen. Erst auf dieser Grundlage kann die Beklagte dann durch Abgabe einer
Kostenübernahmeerklärung einem Leistungserbringer dann einen Auftrag erteilen.
Durch sein Verhalten, Kostenvoranschläge erst nach Versorgung mit CPAP-
Geräten, teilweise erst über ein Jahr später, bei der Beklagten vorzulegen,
verunmöglicht der Kläger die der Beklagten im VV eingeräumte
Überprüfungsmöglichkeit und die Möglichkeit, Vergleichsangebote einzuholen.
Durch sein Verhalten stellt der Kläger somit die Beklagte quasi vor vollendete
Tatsachen, die von der Beklagten angesichts der bereits erfolgten, teilweise bereits
länger zurückliegenden Versorgung ihrer Versicherten mit CPAP-Geräten, nicht
mehr bzw. nur mit unverhältnismäßigem Aufwand wieder rückgängig gemacht
werden können.
50 Mit seinem Verhalten verstößt der Kläger somit gegen die Regelungen in § 6 VV,
vor der Versorgung bei der Beklagten einen Kostenvoranschlag einzureichen.
Entsprechend § 3 Abs. 6 VV besteht mangels einer Auftragserteilung durch
Kostenübernahmeerklärung der Beklagten kein vertraglicher Vergütungsanspruch
des Klägers für die vom 01.01.2007 bis 31.12.2009 erbrachten Leistungen. Hieran
vermag der Hinweis des Klägers auf § 3 Abs. 3 VV, wonach er sich verpflichte, die
Versorgung mit dem ärztlich verordneten Hilfsmitteln grundsätzlich innerhalb von
24 Stunden sicherzustellen, nichts zu ändern. Für die Kammer bedeutet diese
Regelung, dass die 24-Stunden-Frist erst ab Auftragserteilung zum Tragen kommt.
Die Regelung des § 3 Abs. 3 VV ändert also nichts an der Pflicht des Klägers, vor
Versorgung einen Kostenvoranschlag bei der Beklagten einzureichen und dann
die Auftragserteilung durch diese abzuwarten.
51 Ob darüber hinaus die weiteren, von der Beklagten im Einzelnen in ihrer
Klagerwiderung aufgeführten Beanstandungen hier vorliegen, kann offenbleiben,
da ein vertraglicher Vergütungsanspruch bereits am Fehlen eines vor der
Versorgung eingereichten Kostenvoranschlages scheitert.
52 Nach § 2 Nr. 1 Satz 1 des im Zeitraum vom 01.11.2010 bis 31.12.2011 geltenden
LV hat die Leistungserbringerin für jede geplante Versorgung einen
Kostenvoranschlag vorzulegen, sofern keine hiervon abweichende Regelung in
den Anlagen getroffen wurde. Nach § 2 Nr. 2 Satz 1 LV ist grundsätzlich das
Original der ärztlichen Verordnung zusammen mit dem Kostenvoranschlag
einzureichen. Die Auftragsvergabe erfolgt nach § 2 Nr. 3 Satz 1 LV schriftlich durch
die DAK.
53 Nach § 6 Nr. 2 LV hat vorrangig vor Neulieferungen von Hilfsmitteln eine
Versorgung aus dem Lagerbestand der DAK zu erfolgen. Nur wenn kein
Wiedereinsatz möglich ist, hat eine Neulieferung zu erfolgen.
54 Nach Anlage 1 Nr. 3 zum LV ist zusammen mit dem Kostenvoranschlag ein
Ausdruck der MIP-Abfrage einzureichen.
55 Anlage 8 zum LV („Versorgungsabläufe“, „Geräte zur Schlafapnoebehandlung“)
enthält in Nr. 3 „Polysomnographie“ folgende Regelung:
56 Variante 1:
57 Die Leistungserbringerin stellt dem Schlaflabor das benötigte Therapie-Gerät zur
Verfügung, die Ausgabe des Gerätes an den Patienten erfolgt durch die
Leistungserbringerin im Schlaflabor. Das Schlaflabor übergibt dem
Leistungserbringer eine ärztliche Verordnung.
58 Variante 2:
59 Das Schlaflabor stellt eine ärztliche Verordnung aus, aus dem die
Therapieeinstellungen hervorgehen. Die Leistungserbringerin versorgt auf der
Basis der Verordnung.
60 Nach Nr. 5 der Anlage 8 zum LV ist eine Kostenübernahmeerklärung bei der
Krankenkasse durch die Leistungserbringerin einzuholen, ggf. erfolgt ein
Austausch des Gerätes, sofern von der Krankenkasse die Verwendung eines
anderen Gerätes gewünscht wird.
61 Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass auch im Zeitraum vom 01.11.2010
bis 31.12.2011 entgegen § 2 Nr. 1 Satz 1 LV vom Kläger vor Versorgung mit
CPAP-Geräten kein Kostenvoranschlag der Beklagten vorgelegt wurde. Dies
belegt die Durchsicht der vorliegenden Unterlagen. Danach wurden die
Kostenvoranschläge erst nach bereits erfolgter Versorgung der Versicherten der
Beklagten mit CPAP-Geräten der Beklagten vorgelegt. Hierbei fällt auf, dass die
Kostenvoranschläge teilweise erst nach Monaten, teilweise sogar erst nach einem
Jahr nach der Versorgung mit CPAP-Geräten bei der Beklagten eingereicht
wurden. Auch fällt auf, dass zahlreiche Kostenvoranschläge an einem Tag, bspw.
am 19.12.2011, quasi „im Paket“ erstellt wurden. Ohne Vorliegen eines
Kostenvoranschlages vor Versorgung mit CPAP-Geräten war jedoch auch in
diesem Zeitraum der Beklagten eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit mit der konkret
erfolgten Versorgung nicht möglich. Auch erfolgte vor Versorgung entgegen § 2 Nr.
3 Satz 1 LV keine Auftragsvergabe durch die Beklagte.
62 Der Verweis des Klägers auf Anlage 8 zum LV ändert hier nichts an seiner
Verpflichtung, vor der Versorgung mit CPAP-Geräten einen Kostenvoranschlag bei
der Beklagten einzureichen. Zwar kann in Anlage 8 zum LV eine von § 2 Nr. 1 Satz
1 LV „abweichende Regelung in den Anlagen“ gesehen werden. Auch ist dem
Kläger zuzugeben, dass in Nr. 3 der Anlage 8 zum LV unter Variante 1 dort ein
Versorgungsweg vorgegeben ist, der die Einreichung eines Kostenvoranschlages
vor der Versorgung ausschließt.
63 Allerdings gilt diese Ausnahmeregelung entgegen der Ansicht des Klägers nicht für
die gesamte Versorgung mit Geräten zur Schlafapnoebehandlung, sondern
ausweislich des eindeutigen Wortlautes der Nr. 3 nur für den eng begrenzten
Bereich der Polysomnographie. Hierbei handelt es sich um eine Untersuchung und
Messung bestimmter biologischer Parameter im Schlaf, die sich zur
Differentialdiagnose von Schlafstörungen und Schlafapnoe-Syndromen eignet. Die
Polysomnographie wird hierbei in speziell eingerichteten Schlaflaboren unter
stationären oder ambulanten Bedingungen durchgeführt. Hierbei erfolgt bei
ausgeprägter Apnoe schon während der Diagnostik die Anlage eines CPAP (vgl.
www.flexikon.doccheck.com, Stichwort „Polysomnographie“).
64 Wie aus § 3 Anlage I Nr. 3 der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden
vertragsärztliche Versorgung) in der hier maßgebenden Fassung zu ersehen ist, ist
die Polysomnographie Bestandteil der im Rahmen der Differentialdiagnostik und
Therapie der schlafbezogenen Atmungsstörungen durchzuführenden
Stufendiagnostik. Nach Erhebung der Anamnese und ggf. Fremdanamnese (Stufe
1), klinischer Untersuchung (Stufe 2) sowie einer differentialdiagnostischen
Abklärung durch eine kardiorespiratorische Polygraphie (Stufe 3) kann auf Stufe 4
eine kardiorespiratorische Polysomnographie nur dann als ergänzende Diagnostik
durchgeführt werden, wenn trotz sorgfältiger klinisch-anamnestischer Abklärung
einschließlich Durchführung geeigneter Testverfahren und der nach Stufe 3
durchgeführten Polygraphie keine Entscheidung möglich ist, ob eine Therapie
mittels CPAP oder anderer Verfahren notwendig ist. Die kardiorespiratorische
Polysomnographie soll über zwei aufeinanderfolgende Nächte mit wenn möglich
wenigstens 6-stündiger Schlafphase in der zweiten Nacht durchgeführt werden.
Nach § 4 Anlage I Nr. 3 der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung soll
bei gesicherter Indikation zur Überdrucktherapie mit CPAP die Ersteinstellung auf
das Gerät unter kontinuierlicher polysomnographischer Überwachung in der Regel
in zwei aufeinanderfolgenden Nächten durchgeführt werden.
65 Aufgrund des eindeutigen Wortlautes der Nr. 3 in Anlage 8 zum LV bezieht sich die
dort vorgesehene Variante 1 mit dem dort näher beschriebenen Ablauf lediglich auf
die gerade dargestellte, in der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung
näher beschriebene Polysomnographie. Der in Variante 1 unter Nr. 3 der Anlage 8
zum LV beschriebene Versorgungsablauf betrifft hingegen nicht die Versorgung
mit CPAP-Geräten außerhalb der polysomnographischen Diagnostik bzw.
Überwachung. Der dort dargestellte Verfahrensablauf ist also nach Überzeugung
der Kammer für die hier aus den Unterlagen ersichtliche Versorgung mit CPAP-
Geräten im häuslichen Bereich der Versicherten der Beklagten ohne Relevanz. Für
die hier allein streitige Versorgung mit CPAP-Geräten enthält Anlage 8 zum LV
unter Nr. 3 hinsichtlich der Pflicht zur Vorlage eines Kostenvoranschlages vor
Versorgung keine von § 2 Nr. 1 Satz 1 LV „abweichende Regelung in den
Anlagen“, sodass es bei der dort enthaltenen Pflicht zur Vorlage eines
Kostenvoranschlags für jede geplante Versorgung bleibt. Gegen diese
Verpflichtung hat der Kläger - wie bereits dargelegt - verstoßen.
66 Soweit der Kläger darauf verweist, dass aus der Überschrift der Anlage 8 zum LV
(„Versorgungsabläufe“, „Geräte aus Schlafapnoebehandlung“) deutlich werde,
dass die gesamten in Anlage 8 zum LV enthaltenen Regelungen für die
Versorgung mit CPAP-Geräten gelten, übersieht er, dass die hier relevante Nr. 3 zu
Anlage 8 zum LV aufgrund der dort enthaltenen Einschränkung nur für die
Versorgung mit CPAP-Geräten im Rahmen der Polysomnographie gilt. Eine
Ausweitung der dort enthaltenen Regelung auf den gesamten Bereich der
Versorgung mit CPAP-Geräten scheidet damit aus.
67 Soweit der Kläger darauf verweist, die Richtlinie Methoden vertragsärztliche
Versorgung des GBA gelte auch für ihn und sein Verhalten entspreche den
dortigen Vorgaben ist dies nicht zutreffend. Nach § 2 dieser Richtlinie ist diese
Richtlinie nach § 91 Abs. 9 SGB V für die an der vertragsärztlichen Versorgung
teilnehmenden Leistungserbringer, für die gesetzlichen Krankenkassen und deren
Versicherte verbindlich. Nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V nehmen hingegen an der
vertragsärztlichen Versorgung lediglich Ärzte und medizinische
Versorgungszentren, nicht jedoch Leistungserbringer wie der Kläger teil. Im
Unterschied zu § 2 der Hilfsmittel-Richtlinien werden Leistungserbringer wie der
Kläger in § 2 der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung gerade nicht
erwähnt. Auch zeigt die dort näher beschriebene Stufendiagnostik gerade, dass
die dort enthaltenen Vorgaben sich ausdrücklich nur an Ärzte wendet, die an der
vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen.
68 Aufgrund des dargelegten Vertragsverstoßes besteht somit auch im Zeitraum vom
01.11.2010 bis 31.12.2011 kein vertraglicher Vergütungsanspruch.
69 Ob darüber hinaus auch die weiteren von der Beklagten in der Klageerwiderung
aufgeführten Beanstandungen durchgreifen, bedarf keiner Entscheidung. Lediglich
ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass bei Durchsicht der gesamten Unterlagen
auffallend ist, dass die MIP-Abfrage zum selben Zeitpunkt wie der
Kostenvoranschlag erfolgt ist. Dies dürfte nicht den Vorgaben in § 6 Nr. 2 LV
entsprechen, wonach vorrangig vor Neulieferung eine Versorgung aus dem
Lagebestand der DAK zu erfolgen hat. Dieser Verpflichtung kann der Kläger nach
Auffassung der Kammer nur dann nachkommen, wenn vor Versorgung eine MIP-
Abfrage erfolgt.
70 Auch aus anderen Rechtsgründen kann vorliegend der Kläger keine Vergütung
von der Beklagten verlangen.
71 Einem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung in entsprechender
Anwendung der Vorschriften der §§ 812 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches stehen
übergeordnete Gesichtspunkte entgegen. In der gesetzlichen
Krankenversicherung haben Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder
sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher
Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion zu
gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für diese Art der
Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht.
Deshalb kann z.B. der Vertragsarzt, der Apotheker oder ein sonstiger
Leistungserbringer auch bereicherungsrechtlich die Abgeltung von Leistungen, die
unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, selbst dann nicht
beanspruchen, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden
und für den Versicherten geeignet und nützlich sind. Nur soweit bestimmte
Vorschriften reine Ordnungsfunktion haben, besteht kein Grund, dem
Leistungserbringer trotz der Entlastung der Krankenkasse eine Entschädigung zu
versagen (vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2008, a.a.O., m.w.N.).
72 Eine solche bloße Ordnungsfunktion haben die Vorschriften zur Notwendigkeit der
Einreichung eines Kostenvoranschlags indes nicht. Vielmehr dient das
Kostenvoranschlagsverfahren jeweils mit den weiteren für eine Genehmigung
einzureichenden Unterlagen der vollständigen Prüfung eines
Sachleistungsanspruchs des Versicherten und der Prüfung, ob es sich um eine
wirtschaftliche Versorgung (§ 12 SGB V) handelt. Die Einreichung des
Kostenvoranschlages ist mithin zwingendes Element des einzuhaltenden
Beschaffungsweges zur Erlangung eines Vergütungsanspruchs des
Hilfsmittelerbringers. Die Missachtung dieses Verfahrens schließt das Entstehen
eines Vergütungsanspruches aus. Der Zweck des Genehmigungsverfahrens
würde unterlaufen, wenn Versorgungen auch dann abzugelten wären, wenn sie
ohne diese Voraussetzungen durchgeführt werden (BSG, Urteil vom 10.04.2008,
a.a.O.). Nach diesen zutreffenden Ausführungen scheidet auch ein
Vergütungsanspruch des Klägers aus ungerechtfertigter Bereicherung aus.
73 Entgegen dem Vorbringen des Klägers steht zur Überzeugung der Kammer fest,
dass ihm gegenüber seitens der Beklagten keine telefonische Zusage im Jahr
2011 abgegeben wurde, auch die Altfälle in vollem Umfang zu vergüten. Zu dieser
Überzeugung gelangt die Kammer aufgrund der Aussagen von Herrn … in der
mündlichen Verhandlung, an deren Richtigkeit für die Kammer keinerlei Zweifel
besteht. Herr … hat angegeben, keine telefonische Zusage an den Kläger
gemacht zu haben, dass rückwirkend Altfälle vergütet würden. Auch habe es kein
Gespräch mit Frau H... hinsichtlich einer Vergütung von Altfällen gegeben. Zudem
ist das Vorbringen des Klägers im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren hinsichtlich
der von ihm behaupteten telefonischen Zusage widersprüchlich. Während der
Kläger im Verwaltungsverfahren und auch im Gerichtsverfahren angegeben hat,
Herr ... habe nach telefonischer Rücksprache mit Frau H… telefonisch zugesagt,
die Altfälle würden vergütet, hat der Kläger im Schriftsatz vom 21.12.2012
ausgeführt, Frau H... habe ihm telefonisch zugesichert, dass auch alle Altfälle
übernommen werden. Vor diesem Hintergrund und der Aussagen von Herrn ... in
der mündlichen Verhandlung konnte die Kammer nicht die Überzeugung
gewinnen, dass dem Kläger eine Vergütung von Altfällen im Jahr 2011 von der
Beklagten telefonisch zugesagt wurde.
74 Soweit der Kläger darauf verweist, sein Verhalten entspreche der gängigen Praxis,
ergibt sich hieraus kein Vergütungsanspruch gegenüber der Beklagten. Selbst
wenn das Vorbringen des Klägers zutreffend sein sollte, widerspricht diese Praxis
wie dargelegt den vertraglichen Grundlagen. Sollte gleichwohl die Beklagte unter
Verstoß gegen die vertraglichen Grundlagen anderen Leistungserbringern
gegenüber erbrachte Leistungen vergüten, rechtfertigt dies nach dem Grundsatz
„keine Gleichheit im Unrecht“ keinen Vergütungsanspruch des Klägers.
75 Soweit er darauf verweist, sein Verhalten entspreche den Vorgaben in der
Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung des GBA, rechtfertigt auch dies
keine abweichende Entscheidung. Wie bereits ausgeführt, gilt diese Richtlinie nicht
für den Kläger.
76 Soweit der Kläger darauf verweist, die Beklagte habe in der Vergangenheit
teilweise von ihm erbrachte Leistungen vergütet, mag dies durchaus zutreffend
sein und wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Hieraus ergibt sich
jedoch entgegen der Ansicht des Klägers weder eine Bindung der Beklagten noch
ein dahingehender Vertrauensschutz des Klägers, dass ihm die Beklagte auch alle
übrigen hier streitigen Leitungen zu vergüten hat. Entsprechende Anhaltspunkte
für einen entsprechenden Rechtsbindungswillen bzw. für einen Vertrauensschutz
des Klägers liegen nicht vor.
77 Ebenso wenig führt die - unzweifelhaft gegebene - Tatsache, dass ab dem Jahr
2012 die vom Kläger erbrachten Leistungen wieder von der Beklagten vergütet
werden, zu keinem Vergütungsanspruch für die Vergangenheit.
78 Zwar weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass bei unaufschiebbaren
Leistungen eine vorherige Zustimmung der Krankenkasse zur Versorgung ihrer
Versicherten mit einem Hilfsmittel ausnahmsweise entbehrlich ist (vgl. BSG, Urteil
vom 10.04.2008, a.a.O.). Vorliegend ist allerdings für die Kammer nicht zu
erkennen, dass hier die Versorgung mit CPAP-Geräten eine unaufschiebbare
Leistung war. Eine Leistung ist im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative SGB
V nur dann unaufschiebbar, wenn es dem Versicherten angesichts der
Gesamtumstände nicht zumutbar ist, mit dem Beginn einer Behandlung bis zu
einer Entscheidung der Krankenkasse zu warten. Die Leistung muss im Zeitpunkt
ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich sein, dass aus medizinischer Sicht
keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubes besteht. Weder aus dem
Vorbringen des Klägers noch aus den vorliegenden Unterlagen ist zu ersehen,
dass diese Voraussetzungen vorliegen. Eine „Eilbedürftigkeit“ im dargestellten
Sinn ist nicht zu erkennen.
79 Wie dargelegt besteht somit weder ein vertraglicher Vergütungsanspruch des
Klägers noch ein Anspruch auf Vergütung aus anderen Rechtsgründen.
80 Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass
Vergütungsansprüche aus dem Jahr 2007 ohnehin verjährt sind (vgl. zu der hier
maßgebenden vier-jährigen Verjährungsfrist BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR
7/07 R - juris m.w.N.).
81 Aufgrund des nicht gegebenen Vergütungsanspruches besteht auch der geltend
gemachte Zinsanspruch nicht, da er von diesem abhängig ist.
82 Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der
Verwaltungsgerichtsordnung, da weder Kläger noch Beklagte zu den in § 183
SGG genannten Personen gehören.