Urteil des SozG Osnabrück vom 20.06.2007

SozG Osnabrück: verpflegung, systematische auslegung, pauschalierung, verwaltungsakt, rechtsgrundlage, erlass, sozialhilfe, ausnahme, niedersachsen, klinik

Sozialgericht Osnabrück
Urteil vom 20.06.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Osnabrück S 24 AS 189/07
1. Der Bescheid des Beklagten vom 09. November 2006 in der Fassung weiterer Bescheide vom 04. Dezember 2006,
18. Dezember 2006, 12. Februar 2007 und 15. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.
Februar 2007 wird abgeändert. 2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum 01. Dezember 2006 bis 28.
Februar 2007 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne Anrechnung eines
Einkommens aus unentgeltlicher Verpflegung zu gewähren. 3. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des
Klägers. 4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Kürzung der ihm gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach
dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) wegen eines vollstationären
Aufenthaltes in einer Reha-Klinik. Der Kläger erhält seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach
dem SGB II. Mit Bescheid vom 18. Oktober 2006 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum 01. November 2006 bis 30.
April 2007 Leistungen in Höhe von monatlich 693,00 EUR. Enthalten waren darin u.a. die Regelleistung in Höhe von
345,00 EUR sowie ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 51,30 EUR. Die Deutsche
Rentenversicherung G. bewilligte dem Kläger eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Der Reha-
Aufenthalt dauerte vom 19. Dezember 2006 bis zum 06. Februar 2007. Eine Zuzahlung leistete der Kläger nicht. Am
Anreisetag nahm er in der Reha-Einrichtung das Mittag- und Abendessen sowie am Abreisetag das Frühstück ein. Am
09. November 2006 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid für die Monate Dezember 2006 bis April 2007 und
berücksichtigte neben weiteren Änderungen ein monatliches Einkommen von 200,30 EUR als Sachbezug. Am 04. und
18. Dezember 2006 sowie am 12. und 15. Februar 2007 ergingen weitere Änderungsbescheide. Gegen die Bescheide
vom 09. November 2006 und 04. Dezember 2006 legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Der Beklagte half den
Widersprüchen teilweise ab und berücksichtigte ein monatliches Einkommen in Höhe von 126,96 EUR als Sachbezug
während des Reha-Aufenthaltes. Die Anrechnung erfolgte ab dem achten Tag des Aufenthaltes. Im Übrigen wies er
die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2007 unter Verweis auf das Urteil des Sozialgerichts H.
vom 29. August 2006 (S 16 AS 522/05) zurück. Hiergegen hat der Kläger am 15. März 2007 Klage vor dem
Sozialgericht Osnabrück erhoben. Er ist der Auffassung, dass bezüglich der Anrechnung der Vollverpflegung in der
stationären Einrichtung als Sachbezug auf den Leistungsanspruch keine Rechtsgrundlage bestehe. Hilfsweise trägt er
vor, dass im Hinblick auf den Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Januar 2007 (L 13
AS 14/06 ER) eine Anrechnung höchstens in Höhe von 120,75 EUR monatlich zulässig sei. Der Kläger beantragt
schriftsätzlich sinngemäß, den Bescheid des Beklagten vom 09. November 2006 in der Fassung weiterer Bescheide
vom 04. Dezember 2006, 18. Dezember 2006, 12. Februar 2007 und 15. Februar 2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2007 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm für den Zeitraum
01. Dezember 2006 bis 28. Februar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne
Anrechnung eines Einkommens aus unentgeltlicher Verpflegung zu gewähren. hilfsweise, den Bescheid des
Beklagten vom 09. November 2006 in der Fassung weiterer Bescheide vom 04. Dezember 2006, 18. Dezember 2006,
12. Februar 2007 und 15. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2007 abzuändern
und den Beklagten zu verurteilen, ihm für den Zeitraum 01. Dezember 2006 bis 28. Februar 2007 Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Anrechnung eines Einkommens von nur 120,75 EUR aus
unentgeltlicher Verpflegung zu gewähren. Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Klage abzuweisen. Er hält an
seiner Auffassung fest. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakten des Beklagten ergänzend
verwiesen. Sie sind Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte diesen Rechtsstreit gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche
Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis erteilt haben. Die Klage ist zulässig. Die während des
Vorverfahrens erlassenen Änderungsbescheide des Beklagten vom 18. Dezember 2006, 12. und 15. Februar 2007
sind nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden. Streitgegenständlich ist allein die Frage, ob die dem
Kläger während des Reha-Aufenthaltes gewährte kostenlose Verpflegung anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist.
Der anwaltlich vertretene Kläger hat ausdrücklich sein Klagebegehren auf diesen Punkt beschränkt. Die so
verstandene Klage ist auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 09. November 2006 in der Fassung weiterer
Bescheide und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2007 ist insoweit rechtswidrig und
beschwert den Kläger, als die unentgeltliche Verpflegung während des vollstationären Aufenthaltes
anspruchsmindernd berücksichtigt wird. Der Kläger hat einen Anspruch auf weitere Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne Anrechnung eines Einkommens in Form von unentgeltlicher Verpflegung.
Die Voraussetzungen der §§ 40 Abs. 1 SGB II, 330 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III), 48
Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) für eine
teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 18. Oktober 2006 lagen insoweit nicht vor. Nach §§ 40 Abs. 1
SGB II, 330 SGB III, 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit
in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung
vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. In diesem Sinne wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sie
rechtserheblich ist. Vorausgesetzt wird also eine Änderung, die dazu führt, dass die Behörde unter den nunmehr
objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt (so) nicht hätte erlassen dürfen, etwa weil der im
Bescheid festgestellte Anspruch materiell-rechtlich nicht mehr oder nicht mehr in dieser Höhe besteht (Steinwedel in
Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 48 SGB X, Rn. 13 m.w.N.). Nach §§ 40 Abs. 1 SGB II, 330 SGB
III, 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse
aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden
ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Die dem Kläger während des
stationären Aufenthaltes in der Reha-Klinik gewährte unentgeltliche Verpflegung stellt keine wesentliche Änderung in
den tatsächlichen Verhältnissen im vorgenannten Sinne dar. Weder mindert die unentgeltliche Verpflegung den Bedarf
des Klägers (hierzu unter I.) noch stellt sie ein nach § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen dar
(hierzu unter II.). I. Die Inanspruchnahme der unentgeltlichen Verpflegung stellt keine wesentliche Änderung der
tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X dar. Dessen Voraussetzungen sind vorliegend
nicht erfüllt, weil dem Kläger trotz der kostenlos in Anspruch genommenen Vollverpflegung während des Reha-
Aufenthaltes nicht objektiv geringere Leistungen zugestanden haben als mit Bescheid vom 18. Oktober 2006 bewilligt.
Nach § 20 Abs. 2 SGB II steht dem Kläger eine monatliche Regelleistung in Höhe von 345 EUR zu, da er allein
stehend ist. Nach Überzeugung der Kammer kommt eine Kürzung der Regelleistung nicht in Betracht. Denn eine
Kürzung der Regelleistung ist im Anwendungsbereich des SGB II nicht zulässig. Mit § 3 Abs. 3 Satz 2 SGB II hat der
Gesetzgeber klargestellt, dass eine abweichende Festlegung der Bedarfe ausgeschlossen ist. Die Pauschalierung war
ein zentrales Anliegen der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Einmalige Leistungen sind nur noch in
wenigen Fällen vorgesehen (vgl. § 23 SGB II). Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/1696 Seite 26)
sollen die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Ausnahme der Kosten der Unterkunft und der Heizung
grundsätzlich in pauschalierter Form erbracht werden. Sie decken den allgemeinen Bedarf der erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen und der Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, abschließend. Unbeschadet der
Regelungen des Zweiten Abschnitts des Dritten Kapitels, die insbesondere die Möglichkeit der darlehensweisen
Leistungsgewährung bei unabweisbarem Bedarf im Einzelfall beinhalten, werden Leistungen für weitergehende Bedarfe
durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht erbracht. Im Umkehrschluss muss dies auch für
ersparte Aufwendungen gelten. Denn der Gesetzgeber hat im zeitgleich in Kraft getretenen § 28 Abs. 1 Satz 2
Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) eine abweichende Festlegung der Bedarfe im Falle der
vollständigen oder teilweisen anderweitigen Deckung zugelassen, eine entsprechende Regelung im SGB II hat er
jedoch nicht getroffen. Daraus folgt nach Auffassung der Kammer zwingend, dass – von den gesetzlich vorgesehenen
Ausnahmen in §§ 21, 23 SGB II abgesehen – eine Abweichung von der Regelleistung weder nach oben noch nach
unten zulässig ist, ein tatsächlich abweichender Bedarf ist im Einzelfall nicht zu berücksichtigen (im Ergebnis wohl
unstreitig, vgl. Urteil des SG Freiburg vom 24. Oktober 2006, S 9 AS 1557/06; Urteil des SG Karlsruhe vom 09.
Januar 2007, S 14 AS 2026/06; Beschluss des SG Osnabrück vom 23. Februar 2007, S 23 AS 58/07 ER; Urteil des
SG Mannheim vom 28. Februar 2007, S 9 AS 3882/06; Urteile des VG Bremen vom 04. Juni 2007, S 8 K 2002/06 und
S 8 K 1416/06). Eine systematische Auslegung ergibt, dass im SGB II anders als im SGB XII eine abweichende
teilweise Bedarfsdeckung nicht berücksichtigt werden kann, denn es fehlt an einer entsprechenden Rechtsgrundlage.
II. Die unentgeltlich gewährte Verpflegung während des stationären Reha-Aufenthaltes kann nach Auffassung der
Kammer auch nicht als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II berücksichtigt werden. Die Voraussetzungen für
die Aufhebung des Bewilligungsbescheides nach §§ 40 Abs. 1 SGB II, 330 SGB III, 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X
wegen erzielten Einkommens liegen nicht vor. Der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestand in den
Monaten Dezember 2006 bis Februar 2007 unverändert fort. Der Kläger hat während des Reha-Aufenthaltes kein
Einkommen erzielt, durch das sein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gemindert oder weggefallen ist. Nach §
11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II,
der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung
des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem
Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe
der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz als Einkommen zu berücksichtigen. Nach
Auffassung der Kammer stellt die kostenlose Verpflegung während eines vollstationären Aufenthaltes keine Einnahme
in Geldeswert im Sinne des § 11 SGB II dar (str., wie hier SG Detmold, Beschluss vom 10. Januar 2006, S 9 AS
237/05 ER; SG Freiburg, Urteil vom 24. Oktober 2006, S 9 AS 1557/06; Sozialgericht Osnabrück, Beschluss vom 23.
Februar 2007, S 23 AS 58/07 ER; SG Mannheim, Urteil vom 28. Februar 2007, S 9 AS 3882/06, VG Bremen, Urteile
vom 04. Juni 2007, S 8 K 2002/06 und S 8 K 1416/06; a.A. SG Osnabrück, Urteil vom 29. August 2006, S 16 AS
522/05; SG Lüneburg, Beschluss vom 05. September 2006, S 24 AS 932/06 ER; SG Karlsruhe, Urteil vom 09. Januar
2007, S 14 AS 2026/06; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29. Januar 2007, L 13 AS 14/06
ER; SG Stade, Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2007, S 28 AS 319/05; SG Osnabrück, Urteil vom 25. April 2007,
S 22 AS 985/06). Die Kammer sieht, dass die Verpflegung einen Geldwert besitzt, da der Bereitstellung von
Mahlzeiten ein Kostenaufwand gegenübersteht. Jedoch hat der Gesetzgeber bislang keine Rechtsgrundlage für eine
anspruchsmindernde Berücksichtigung von Sachleistungen geschaffen, die ein Leistungsempfänger von dritter Seite
unmittelbar zur Bedarfsdeckung erhält. Durch die Zurverfügungstellung von Nahrung und Getränken wird unmittelbar
ein in der Regelleistung enthaltener Bedarf gedeckt. Diese unmittelbare Befriedigung eines Bedarfs durch Sachmittel
kann nach Ansicht der Kammer nicht mangels einer dem § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII entsprechenden Regelung im
Wege einer ergebnisorientierten Auslegung als Einkommen "umetikettiert" werden. Die Gegenansicht umgeht nach
Auffassung der Kammer die vom Gesetzgeber gewollte Pauschalierung der Bedarfe und übersieht die vom
Gesetzgeber offensichtlich gewollte Abweichung vom SGB XII. Die Berücksichtigung der kostenlosen Verpflegung als
Sachbezug und damit als Einkommen würde "durch die Hintertür" eine abweichende Festlegung der Bedarfe
ermöglichen. Die Kammer sieht die Gefahr, dass auf diese Weise die Pauschalierung ad absurdum geführt wird. Denn
dann wäre in jedem Fall von dem SGB II-Leistungsträger zu ermitteln, ob beispielsweise die Stromrechnung von nicht
zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen bezahlt wird oder ob jemand abgelegte Kleidung von Verwandten
erhält. Dann wären auch der Energieanteil und der Bekleidungsanteil aus der Regelleistung zu kürzen. Neben dem
Widerspruch zur gesetzlich festgelegten Pauschalierung sieht die Kammer auch die praktischen Schwierigkeiten, die
aus der Berücksichtigung einer anderweitigen Bedarfsdeckung als Einkommen resultieren würden. Denn im Rahmen
der Massenverwaltung ist eine konkrete Ermittlung kaum zu leisten. Der Wert des Einkommens wäre im Einzelfall
konkret zu ermitteln. Die Ermittlung des Wertes der Vollverpflegung ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden,
wenn sie überhaupt korrekt möglich ist. Der von der Gegenansicht vorgenommene Rückgriff auf den in der
Regelleistung enthaltenen Ernährungsanteil zeigt, dass es sich in der Sache um eine unzulässige Kürzung der
Regelleistung handelt. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass es jedem Hilfeempfänger frei steht, wie er die ihm
zustehende Regelleistung verwendet. Die Pauschalierung sollte auch die Eigenverantwortlichkeit der Hilfeempfänger
stärken, indem sie entscheiden können, wofür im Einzelnen sie die Regelleistung verwenden wollen. Wenn nun der
Beklagte einen bestimmten Betrag als Einkommen berücksichtigt, nimmt er dem Kläger die Möglichkeit, insoweit frei
über die ihm ausgezahlten Leistungen zu verfügen. Der in der Regelleistung enthaltene Verpflegungsanteil ist zudem
nicht konkret bedarfsdeckend, sondern nur am durchschnittlichen Bedarf orientiert. Damit ist er nicht geeignet, den
Wert einer Sachleistung im Einzelfall zu bestimmen. Eine pauschalierte Berücksichtigung ist mit vergleichendem
Blick auf § 3 Alg II-V sicherlich rechtspolitisch sinnvoll. Angesichts des für die Kammer insoweit – in Bezug auf die
Pauschalierung der Bedarfe – eindeutigen gesetzgeberischen Willens sieht sie sich nicht in der Lage, untergesetzliche
Normen (§§ 2 Abs. 4 Alg II-V in Verbindung mit § 2 Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von
Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung, SvEV, vom 21. Dezember
2006, BGBl. I S. 3385) im Sinne der Ermächtigungsnorm in § 13 SGB II so auszulegen, dass eine Bedarfsdeckung
als Einkommen mit einem bestimmten Wert – der auch nicht einmal in einer untergesetzlichen Norm festgelegt wurde
– gewertet werden müsste. Aus der vorstehenden Argumentation folgt, dass die anderweitige teilweise
Bedarfsdeckung auch nicht zu einer insoweit fehlenden Hilfebedürftigkeit führt, da hierdurch das erklärte Ziel des
Gesetzgebers, eine möglichst einfache Bedarfsermittlung durch Pauschalierung zu ermöglichen, konterkariert würde.
Nach Auffassung der Kammer obliegt es dem Gesetzgeber, für bestimmte Fälle der anderweitigen Bedarfsdeckung
eine Anrechnungsvorschrift zu schaffen. Eine erweiternde Auslegung des Einkommensbegriffes erscheint der
Kammer unzulässig. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Berufung war nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG
wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.