Urteil des SozG Oldenburg vom 22.10.2009

SozG Oldenburg: schiedsstelle, sozialhilfe, vergleich, miete, zink, vertrauensschutz, pacht, abstimmung, zustandekommen, wirtschaftlichkeit

Sozialgericht Oldenburg
Urteil vom 22.10.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Oldenburg S 21 SO 287/05
Die Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII für das Land Nieder-sachsen vom 3. November 2005 wird
aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII für das Land
E. beim Niedersächsischen Ministerium für F. - im Folgenden: Schiedsstelle - über die Festsetzung eines
Investitionsbetrages nach § 75 Abs. 5 Satz 3 SGB XII für das Seniorenzentrum G., H., I., für die Zeit ab dem 01.
Januar 2005.
Der Kläger ist Träger mehrerer Alten-Pflegeeinrichtungen, u. a. dem Seniorenzentrum G., H. in I ... Die Errichtung des
Alten- und Pflegeheimes G. erfolgte in Abstimmung mit der Beklagten, wobei insbesondere die aufgrund von
denkmalschutzrechtlichen Anforderun-gen bedingten hohen Investitionskosten thematisiert wurden. So ist in dem
Grundstücks-kaufvertrag vom 13. Dezember 1988 aufgeführt, dass der Kläger sich verpflichte, in dem Hauptgebäude
bis Ende 1990 Altenwohnungen einzurichten und nach Abbruch der Ne-bengebäude auf der Freifläche Bauten für
Altenheim, Altenpflege und Kurzzeitpflege zu errichten. Die Planung der Baumaßnahmen habe der Kläger mit der
Beklagten abzu-stimmen.
Mit Bescheid vom 13. September 2002 hat die Beklagte gesondert berechenbare Investi-tionsfolgeaufwendungen
gemäß § 82 Abs. 3 SGB XI i. V. m. § 19 Niedersächsisches Pflegegesetz (NPflegeG) in Höhe von 27,32 EUR pro
Pflegeplatz und -Tag anerkannt. Für die Zeit ab dem 01. Januar 2004 hatten die Beteiligten eine Entgeltvereinbarung
nach §§ 93 ff. Bundessozialhilfegesetz über Investitionsbeträge geschlossen, die der Kläger mit Schreiben vom 23.
November 2004 zum 31. Dezember 2004 gekündigt hat. Sich an-schließende Verhandlungen über einen ab dem 01.
Januar 2005 geltenden Investitions-betrag blieben ohne Ergebnis. Die Beklagte hatte während dieser Verhandlungen
einen Investitionsbetrag von 16,50 EUR angeboten.
Die Alten- und Pflegeeinrichtung "G. " verfügte zum 01. Januar 2005 über 112 zugelas-sene Pflegeplätze, wobei zu
dieser Zeit bis zu 30 Bewohner auf ergänzende Sozialhilfe-leistungen angewiesen waren. Für die Einrichtung besteht
ein Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI, der am 14. Dezember 2000 rückwirkend zum 01. November 2000
geschlos-sen worden ist.
Mit einem am 29. Dezember 2004 bei der Geschäftsstelle der Schiedsstelle nach § 88 SGB XII für das Land E. beim
Niedersächsischen Ministerium für F. - Außenstelle J. - eingegangenen Schriftsatz beantragte der Kläger die
Festsetzung der Investitionskosten u.a. für die Einrichtung "G. " in Höhe von 27,32 EUR pro Pflegeplatz und -Tag für
die Zeit ab dem 01. Januar 2005. In seiner ersten Sitzung am 24. Mai 2005 schlug der Vorsitzende der Schiedsstelle
den Beteiligten einen Vergleich vor, der aber nicht zustande kam. Dar-aufhin fand am 12. Oktober 2005 eine weitere
Sitzung der Schiedsstelle statt, in der am Ende der Beschluss gefasst wurde, dass der Investitionsbetrag ab dem 01.
Januar 2005 17,59 EUR pro Pflegetag betrage. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Pro-tokolls der
Schiedsstelle Bezug genommen. Die schriftliche Schiedsstellenentscheidung, die aufgrund der Sitzung am 12.
Oktober 2005 erging, datiert vom 03. November 2005. Zur Begründung der Schiedsstellenentscheidung ist ausgeführt,
dass der Investitionsbe-trag in einem externen Vergleich ermittelt und gleichzeitig überprüft worden sei, ob sich in
einem internen Vergleich unter Beachtung eines Vertrauensschutzes eine andere Vergü-tung ergeben würde. Bei der
Prüfung des "externen Vergleiches" wurde die Einrichtung des Klägers mit verschiedenen anderen Einrichtungen
verglichen, die von der Beklagten benannt worden sind. Dabei stellte die Schiedsstelle eine Bandbreite der Vergütung
der Vergleichseinrichtung zwischen 8,27 EUR und 16,50 EUR bzw. zwischen 10,78 EUR und 16,50 EUR fest. Das
Angebot des Klägers von 27,32 EUR liege damit erheblich außerhalb der Bandbrei-te dieser Vergleichseinrichtungen.
Bei dem sich anschließenden Internen Ver-gleich/Vertrauensschutz gelangte die Schiedsstelle zu der Einschätzung,
dass der Inves-titionsbetrag mit 17,59 EUR pro Pflegetag zutreffend bemessen sei. Entgegen der Auffas-sung des
Klägers seien die finanziellen Belastungen, die bei der Sanierung des von der Beklagten erworbenen Gebäudes aus
Denkmalschutzgründen entstanden seien, nicht zu berücksichtigen, da sich die denkmalschutzrechtlichen Auflagen
auf ein Gebäude bezö-gen, welches für die Hilfe zur Pflege so gut wie nicht genutzt werde.
Nach Abschluss des Schiedsstellenverfahrens hat sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 02. Dezember 2005 an die
Schiedsstelle gewandt und mitgeteilt, dass die Zusammenset-zung der von der Schiedsstelle ermittelten Beträge
leider nicht nachvollzogen werden könnten. Im Hinblick auf zukünftige Verhandlungen - auch und insbesondere mit
dem Kläger - sei es aber erforderlich, die Ergebnisse der Berechnung aufzuschlüsseln. Der Vorsitzende der
Schiedsstelle hat daraufhin der Beklagten mit Schriftsatz vom 02. Januar 2006 im Einzelnen über insgesamt drei
Seiten die rechnerischen Grundlagen für die Ent-scheidung der Schiedsstelle erläutert. Hinsichtlich der Einzelheiten
wird auf den Inhalt dieses Schriftsatzes Bezug genommen, der in der beigezogenen Akte der Schiedsstelle enthalten
ist.
Der Kläger hat daraufhin am 01. Dezember 2005 gegen die Schiedsstellenentscheidung Klage erhoben und zur
Begründung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen: Die Schiedsstellenentscheidung sei rechtswidrig, weil sie an
einem Begründungsmangel lei-de. Es sei nicht möglich, das gefundene Ergebnis der Schiedsstelle nachzuvollziehen.
Die Berechnungen seien unvollständig, maßgebliche Berechnungsgrundlagen seien we-der in der schriftlichen
Schiedsstellenentscheidung vom 03. November 2005 noch sonst in der Akte enthalten. So sei es beispielsweise in
keiner Weise nachvollziehbar, wie die Schiedsstelle zu einer "fiktiven Miete/Pacht" in Höhe von 423.172,51 EUR
gelangt sei. Auch die von der Schiedsstelle offensichtlich der Berechnung zugrunde gelegten Werte für "AfA",
"Zinsen", "sonst. Mieten" und "Inst.Haltung" seien nicht nachvollziehbar. Die Schiedsstellenentscheidung sei darüber
hinaus auch materiell rechtswidrig, da der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht beachtet worden sei. Denn die
Beklagte habe mit Bescheid vom 13. September 2002 der gesonderten Berechnung von Investitionsfol-
geaufwendungen in Höhe von 27,32 EUR pro Pflegeplatz und -Tag gemäß § 82 Abs. 3 SGB XI i. V. m. § 19 NPflegeG
zugestimmt. Die Schiedsstellenentscheidung sei schließlich auch deshalb fehlerhaft, weil sich die Schiedsstelle nicht
mit den von ihm vorgetragenen Berechnungen auseinandergesetzt habe. Als Indiz für den durchgreifenden Begrün-
dungsmangel der Schiedsstellenentscheidung sei zu werten, dass die Beklagte sich selbst an die Schiedsstelle mit
der Bitte um Erläuterung gewandt habe.
Der Kläger beantragt,
die Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII für das Land E. vom 03. November 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass die streitgegenständliche Schiedsstellenentscheidung nicht zu beanstanden sei.
Insbesondere liege kein Begründungsmangel vor. Die maß-geblichen Gesichtspunkte und Umstände seien den
Beteiligten hinreichend bekannt ge-wesen. Die Anforderungen an die Begründungspflicht dürften nicht überspannt
werden. Ihre Nachfrage bei der Schiedsstelle habe lediglich allgemeinen Charakter gehabt. Die Nachfrage sei erfolgt,
um für künftige Verhandlungen auf die Berechnungswege der Schiedsstelle zugreifen zu können und so eine
Abschätzung der Erfolgsaussichten einer Schiedsstellenentscheidung vornehmen zu können. Im Übrigen sei die
Schiedsstellen-entscheidung auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
Das Gericht hat am 03. September 2009 in dieser Sache mit den Beteiligten einen Erör-terungstermin durchgeführt.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll dieses Erörterungstermines Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird
ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die bei-gezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und auf
die beigezogene Akte der Schiedsstelle (K.) verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Ver-
handlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII für das Land E. beim Niedersäch-sischen Ministerium für F.
vom 03. November 2005 ist rechtswidrig und verletzt den Klä-ger in seinen Rechten.
Das streitgegenständliche Seniorenzentrum "G. " in I. ist eine Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 SGB XI für die am
14. Dezember 2000 ein Versorgungsvertrag zwischen dem Kläger und den Verbänden der gesetzlichen Pflegekassen
in Niedersachsen im Einver-nehmen mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe gemäß § 72 Abs. 2 SGB XI ge-
schlossen worden ist. Damit handelt es sich vorliegend um eine zugelassene Pflegeein-richtung im Sinne des § 72
SGB XI für die nach § 75 Abs. 5 SGB XII keine Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII abzuschließen ist. Nach §
82 Abs. 4 SGB XI können nicht nach Landesrecht geförderte Pflegeeinrichtungen ihre betriebsnotwendigen
Investitionsauf-wendungen den Pflegebedürftigen gesondert berechnen. Der Träger der Sozialhilfe ist nach § 75 Abs.
5 Satz 3 SGB XII zur Übernahme gesondert berechneter Investitionen nach § 82 Abs. 4 SGB XI nur verpflichtet,
wenn hierüber entsprechende Vereinbarungen nach dem 10. Kapitel (des SGB XII) getroffen worden sind. Vorliegend
bestand eine sol-che Vergütungsvereinbarung, die allerdings von der Beklagten mit Schriftsatz vom 23. November
2004 mit Wirkung zum 31. Dezember 2004 gekündigt worden ist. Den Beteilig-ten ist es nicht gelungen, für den
Folgezeitraum eine neue Vereinbarung über die Investi-tionskosten abzuschließen. In diesem Fall kann - wie hier
geschehen - der Träger der Sozialhilfe in entsprechender Anwendung von § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII die zuständige
Schiedsstelle mit der Bitte um Entscheidung nach § 80 SGB XII anrufen. Dies folgt aus dem Verweis in § 75 Abs. 5
Satz 3 SGB XII auf das "10. Kapitel", das die Schiedsstelle mit einschließt (Hauck-Noftz, SGB XII, Kommentar,
Stand: 18. Lieferung 9/09, § 75 Randnummer 60). Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist daher die
Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII vom 03. November 2005. Nach § 77 Abs. 1 Satz 4 SGB XII ist
gegen die Entscheidung einer Schiedsstelle der Rechts-weg zu den Sozialgerichten gegeben. Die Klage richtet sich
dabei gegen eine der beiden Vertragsparteien und nicht etwa gegen die Schiedsstelle (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 5 SGB
XII).
Die Entscheidung der Schiedsstelle ist allerdings gerichtlich nur eingeschränkt überprüf-bar (Grube/Wahrendorf, SGB
XII, Kommentar, 2. Auflage 2008, § 80 SGB XII Randnum-mer 22 m.w.N; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-
Westfalen, Urteil vom 29. September 2008, L 20 SO 92/06, zit. nach juris). Zu beachten ist insoweit, dass die
Schiedsstelle aufgrund ihrer paritätischen Besetzung aus Vertretern der Einrichtung so-wie der Sozialhilfeträger
gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 SGB XII als mit der zu regelnden Ma-terie vertrauten und zu einer vermittelnden
Zusammenführung von unter Umständen ge-genläufigen Interessen der Beteiligten berufenden Gremium eine
besondere Beurtei-lungskompetenz zugemessen wird. Aufgrund dieser besonderen Kompetenz ist die ge-richtliche
Überprüfung auf die der Schiedsstelle gesetzten rechtlichen Vorgaben zu be-schränken und der Schiedsstelle für ihre
Bewertungen und Beurteilungen im Rahmen der unbestimmten Rechtsbegriffe (Beispiel: Wirtschaftlichkeit,
Sparsamkeit, Leistungsfähig-keit, leistungsgerechtliches Entgelt etc.) einen Spielraum im Sinne einer Einschät-
zungsprärogative zu überlassen (Mergler/Zink, SGB XII, Kommentar, Stand: September 2008, § 77 SGB XII,
Randnummer 14 m.w.N.). Die gerichtliche Überprüfung ist deshalb nach richtiger Auffassung darauf beschränkt, ob
die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien ermittelt hat, sie alle für die Abwägung
erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen hat, und ob ihre Abwägung frei von Einseitigkeit, in einem fairen
und willkürfreien Verfahren sowie inhaltlich orientiert an den materiellen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts
vorgenommen wurde (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. September 2008, a.a.O.;
Mergler/Zink, § 77 SGB XII, Randnummer 14, mit Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 01. Dezember
1998, 5 C 17/97, FEVS 49, 337). Welche gerichtlichen Anforderungen da-bei an die Begründung der
Schiedsstellenentscheidung im Einzelfall zu stellen ist, ist strit-tig (vgl. Hauck/Noftz, SGB XII, Kommentar, a.a.O., §
77 SGB XII, Randnummern 21 ff. m.w.N.) Nach richtiger Auffassung müssen in Anlehnung an § 35 Abs. 1 Satz 2
SGB X bei der Begründung der Schiedsstellenentscheidung die wesentlichen, tatsächlichen und rechtlichen Gründe
mitgeteilt werden. Da die Beteiligten an dem Zustandekommen der Schiedsstellenentscheidung mitgewirkt haben,
haben sie in der Regel eingehende Kenntnisse von der Sach- und Rechtslage, so dass die Anforderung an die Begrün-
dungspflicht der Schiedsstelle nicht überspannt werden dürfen. Dessen ungeachtet muss die
Schiedsstellenentscheidung aber zumindest auf einer nachvollziehbaren Begründung beruhen (Hauck/Noftz, SGB XII,
Kommentar, a.a.O., § 77 SGB XII, Randnummer 22 a.E.).
Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII vom 03.
November 2005 nicht. Es ist dem Gericht nicht möglich anhand der Begründung dieser Schiedsstellenentscheidung
nachzuvollziehen, ob die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Beteiligten richtig ermittelt hat und ob sie
in einem fairen und willkürfreien Verfahren ihre Entscheidung getroffen hat. Die Begründung der
Schiedsstellenentscheidung vom 03. November 2005 erfüllt in Teilbereichen nicht die dargelegten
Mindestanforderungen. Selbst bei großzügiger Betrachtungsweise ist nicht ansatzweise erkennbar, wie die
Schiedsstelle in dem Abschnitt "II. Interner Ver-gleich/Vertrauensschutz" zu den Werten für "fiktive Miete/Pacht" in
Höhe von 423.172,51 EUR gelangt ist. Gleiches gilt für die dort genannten Werte für "AfA; "Zinsen", "sonst. Mieten"
und "Inst.-Haltung". Der Kläger hat daher zu Recht wiederholt darauf hingewiesen, dass die streitgegenständliche
Schiedsstellenentscheidung für ihn insoweit nicht nachvollzieh-bar ist.
Das Vorbringen der Beklagten zur behaupteten Nachvollziehbarkeit der Schiedsstellen-entscheidung ist wenig
überzeugend. Offensichtlich erfolgte dieser Vortrag während des gerichtlichen Verfahrens vor dem Hintergrund, dass
Einverständnis mit dem Ergebnis der Schiedsstellenentscheidung besteht.
Die Widersprüchlichkeit der Argumentation der Beklagten wird deutlich anhand des Schriftwechsels mit der
Schiedsstelle, der nach dem Ergehen der streitgegenständlichen Schiedsstellenentscheidung stattgefunden hat. Die
Beklagte hat sich nämlich mit Schrift-satz vom 02. Dezember 2005 unmittelbar an die Schiedsstellte gewandt und
bezogen auf den vorliegenden Fall mitgeteilt: "Die Zusammensetzung der von der Schiedsstelle ermit-telten Beträge
kann - bis auf die Instandhaltungsaufwendungen - , leider nicht nachvoll-zogen werden". Zugleich bat die Beklagte die
Schiedsstelle um Mittelung der Berechnun-gen für die im Rahmen des Vertrauensschutzes festgelegten Beträge. Die
Schiedsstelle hat diesen Schriftsatz der Beklagten mit Schreiben vom 02. Januar 2006 ausführlich be-antwortet. In
dem Antwortschreiben wird auf drei Seiten detailliert ausgeführt, auf welcher rechnerischen Grundlage die
Entscheidung der Schiedsstelle basierte.
Obwohl im vorliegenden Verfahren bereits am 01. Dezember 2005 Klage erhoben war, hat die Beklagte weder das
Gericht noch die Gegenseite von sich aus über diesen durch-aus entscheidungserheblichen Schriftwechsel mit der
Schiedsstelle in Kenntnis gesetzt. Vielmehr ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Gericht dieser
Schrift-wechsel - mehr zufällig - bei Durchsicht der beigezogenen Schiedsstellenakte aufgefal-len. Die daraufhin von
der Beklagten abgegebene Begründung, dass der Schriftwechsel mit der Schiedsstelle ohne Bezug auf die
zugrundeliegende Schiedsstellenentscheidung erfolgt sei, ist abwegig und als reine Schutzbehauptung zu werten. Die
Problematik der Nachvollziehbarkeit und Begründung der angefochtenen Schiedsstellenentscheidung bildete von
Beginn an das Kernelement des vorliegenden Rechtsstreites. Aus dem Schreiben der Beklagten an die Schiedsstelle
vom 02. Dezember 2005 ergibt sich un-zweifelhaft der unmittelbare Bezug zum vorliegenden Verfahren. So wird
beispielsweise als Betreff der Nachfrage genau das vorliegende Verfahren benannt. Das in der Nachfra-ge aufgeführte
Aktenzeichen ist das Aktenzeichen der streitgegenständlichen Schieds-stellenentscheidung vom 03. November 2005.
Bereits im ersten Satz des Schreibens vom 02. Dezember 2005 nimmt die Beklagte darauf Bezug, dass die
Schiedsstelle in ih-rer 93. Sitzung in dem o.g. Verfahren folgende Entscheidung getroffen habe: "Der Investi-
tionsbetrag nach § 75 Abs. 5 Satz 3 SGB XII für das Seniorenzentrum G., H., L. I., wird für die Zeit ab dem
01.01.2005 auf 17,59 EUR festgelegt". Ganz offensichtlich ist somit auch der Beklagten die Berechnung in der
Schiedsstellenentscheidung in den genannten Teil-bereichen nicht verständlich gewesen.
Die fehlende Nachvollziehbarkeit der Schiedsstellenentscheidung lässt sich auch nicht dadurch relativieren, dass die
in der beigezogenen Schiedsakte enthaltenen umfangrei-chen Unterlagen ausgewertet werden. Zwar hat der
Vorsitzende der Schiedsstelle ganz offensichtlich eingehende Berechnungen durchgeführt. Diese sind aber nicht zur
Schiedsakte gelangt. Bezeichnenderweise ist in dem Protokoll der 93. Sitzung der Schiedsstelle vom 12. Oktober
2005 folgender Passus enthalten: "Die detaillierte Be-rechnung des Vorsitzenden ist Bestandteil des Bescheides,
insoweit wird darauf verwie-sen." Die entsprechende Berechnung ist aber weder dem Protokoll noch der nachfolgen-
den Schiedsstellenentscheidung vom 03. November 2005 beigefügt.
Da die angefochtene Schiedsstellenentscheidung vom 03. November 2005 somit an ei-nem erheblichen,
durchgreifenden Begründungsmangel leidet und in Teilbereichen nicht nachvollziehbar ist, war sie aufzuheben. Eine
die Schiedsstellenentscheidung ersetzende gerichtliche Leistungsbestimmung ist aufgrund der oben dargelegten
Einschätzungsprä-rogative der Schiedsstelle ausgeschlossen. Die Aufhebung der Schiedsstellenentschei-dung
bewirkt allein eine Fortsetzung des nunmehr nicht mehr wirksam abgeschlossenen Schiedsverfahrens und verpflichtet
die Schiedsstelle über den Schiedsantrag erneut und unter Beachtung der gerichtlichen Aufhebungsgründe zu
entscheiden (Landessozialge-richt für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. September 2008, L 20 SO 92/06,
zit. nach juris m.w.N.; vgl. auch: Hauck/Noftz, SGB XII, Kommentar, a.a.O., § 77 Rand-nummern 27 ff.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.