Urteil des SozG Nürnberg vom 21.11.2008

SozG Nürnberg: heizung, angemessenheit, betriebskosten, wohnungsmarkt, wohnraum, unterkunftskosten, wohnfläche, regierung, baujahr, nebenkosten

Sozialgericht Nürnberg
Gerichtsbescheid vom 21.11.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 20 SO 169/08
G e r i c h t s b e s c h e i d:
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 14.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
12.9.2008 verurteilt, dem Kläger Leistungen nach dem SGB XII unter Berücksichtigung monatlicher Kosten für
Unterkunft i.H.v. 371.- EUR sowie zusätzlicher Kosten für Unterkunft und Heizung für Oktober 2008 i.H.v. 78,73 EUR
zu gewähren. II. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten sind dem Kläger zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger für den Bewilligungszeitraum ab 1.4.2008 (bis auf weiteres) Anspruch
auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 29 SGB XII (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch) hat.
Der am 17.11.1961 geborene Kläger lebt in einer 47 qm großen 2-Zimmer-Wohnung am T. in Nürnberg, die seit 1965
bezugsfertig ist. Für seine Wohnung fällt eine monatliche Nettokaltmiete i.H.v. 303,15 EUR an. Die
Heizkostenvorauszahlung betrug zunächst monatlich 35.- EUR, die Betriebskostenvorauszahlung 67,85 EUR. Zum
1.3.2008 erhöhte der Vermieter die Heizkosten auf 40.- EUR, die Betriebskosten auf 119,85 EUR.
Mit Bewilligungsbescheid vom 14.04.2008 gewährte die Beklagte dem Kläger beginnend ab dem Monat April 2008 bis
auf weiteres laufende Leistungen nach SGB XII - Drittes Kapitel in Höhe von monatlich 838,61 EUR. Laut dem
Bescheid beigefügtem Berechnungsbogen berücksichtigte die Beklagte dabei als Kosten der Unterkunft Mietkosten in
Höhe von monatlich 322.- EUR (Mietobergrenze für Wohnungen mit dem Baujahr 1960 -1976) sowie Heizkosten in
Höhe von monatlich 35.- EUR.
Gegen den Bescheid legte der Kläger am 29.04.2008 Widerspruch ein, soweit die Kosten für Unterkunft und Heizung
nicht in voller Höhe als Bedarf anerkannt worden waren. Er führte aus, dass das Sozialgericht Nürnberg bereits
mehrfach entschieden habe, dass die Orientierung an Baualtersklassen nicht zur Bestimmung von Mietobergrenzen
geeignet sei. Auszugehen sei vielmehr vom Nürnberger Mietspiegel für Wohnungen bis etwa zur Grenze zwischen
unterem und mittlerem Preissegment, so dass bei einer Quadratmeterzahl von 45 bis 50 eine Grundmiete mit bis zu
320.- EUR weiterhin angemessen bleibe. Bei den Nebenkosten sei vom Betriebskostenspiegel auszugeben.
Heizkosten seien nach Ansicht des Sozialgerichts Nürnberg grundsätzlich in der angefallenen Höhe zu gewähren,
außer dem Leistungsträger gelänge der Nachweis der übermäßigen Heizung, was im vorliegenden Fall nicht zu
erwarten sei. Zugleich beantragte der Kläger rückwirkend ab Mai 2007 eine Überprüfung der bewilligten Kosten für
Unterkunft und Heizung nach § 44 SGB X. Die Beklagte hat über den Überprüfungsantrag nach Aktenlage bislang
nicht entschieden.
Nachdem die Beklagte dem Widerspruch insoweit abgeholfen hatte, als sie nunmehr rückwirkend ab 01.03.2008
monatliche Heizkosten in Höhe von 40.- EUR berücksichtigt (vgl. Blatt 205 der Verwaltungsakte), legte sie den
Widerspruch der Regierung von Mittelfranken zur Entscheidung vor. Am 12.09.2008 erging der Widerspruchsbescheid
der Regierung von Mittelfranken. Mit diesem wies sie den Widerspruch zurück. Sie führte aus, dass die Entscheidung
der Stadt Nürnberg, im Bescheid vom 14.04.2008 die Mietobergrenze von 322.- EUR zu berücksichtigen, rechtmäßig
erfolgt sei. Die Beklagte habe den Aufwendungen des Klägers für seine derzeitige Unterkunft vor seinem Umzug in die
Unterkunft nicht zugestimmt. Daher könnten nur die angemessenen Aufwendungen übernommen werden, die für einen
Ein-Personen-Haushalt auf dem Gebiet der Stadt Nürnberg 322.- EUR betragen würden. Dies sei der Höchstbetrag für
die Grundmiete inklusive Betriebsnebenkosten ohne Heizkosten. Allerdings sei es richtig, wenn der Kläger vortrage,
dass nur eine einheitliche Obergrenze für die Angemessenheit der Miete gelten könne und nicht nach dem Baujahr der
Wohnungen differenziert werden dürfe. Die Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft
müsse mit Blick auf die allgemeinen Grundsätze des Sozialhilferechts unter Berücksichtigung der Besonderheiten des
Einzelfalles allein nach sozialhilferechtlichen Maßstäben erfolgen. U.a. beurteile sich die Angemessenheit der
Unterkunftskosten nach der Zahl der vorhandenen Räume, dem örtlichen Mietniveau und den Möglichkeiten des
örtlichen Wohnungsmarktes. Diese Obergrenze der angemessenen Unterkunftskosten sei nicht zu niedrig angesetzt
worden. Bei der Beurteilung der Angemessenheit sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf die im unteren
Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Hilfebedürftigen marktüblichen Wohnungsmieten
abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage die sozialhilferechtlich maßgebliche Mietpreisspanne zu ermitteln.
Die Mietobergrenze von 322.- EUR werde seit dem 01.08.2006 angesetzt. So habe auch das Sozialgericht Nürnberg
im Beschluss vom 27.10.2006 in einem vergleichbaren Einzelfall festgestellt, dass zu diesem Preis in der Tat in
Nürnberg Wohnraum zu finden sei. Dem Kläger sei seit mehreren Jahren bekannt, dass seine Mietkosten zu hoch
seien. Ihm werde schon seit Jahren nur die Mietobergrenze zuerkannt. Es wäre ihm in all der Zeit möglich und
zumutbar gewesen, eine andere preisgünstigere Wohnung anzumieten. Er habe aber offensichtlich hierzu keine
Versuche unternommen. Im Übrigen könnten die beim Kläger vorhandenen Mietrückstände auch nicht nach § 34 Abs.
1 SGB XII übernommen werden.
Am 25.09.2008 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Er legt eine Nachzahlungsforderung seines
Vermieters vom 29.10.2008 i.H.v. 78,73 EUR (49,92 EUR für HK/ 28,81 EUR für Betriebskosten) nebst einer
Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2007 sowie einer Heizkostenabrechnung für den Zeitraum 01.07.2007 bis
30.06.2008 vor.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bewilligungsbescheids vom 14.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 12.09.2008 zu verurteilen, dem Kläger Leistungen nach dem SGB XII unter Berücksichtigung laufender Kosten
für Unterkunft in Höhe von monatlich 303,15 EUR Nettokaltmiete sowie monatlicher Nebenkosten in Höhe von 67,85
EUR sowie der Neben- und Heizkostennachzahlung vom 29.10.2008 in Höhe von 78,73 Euro zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Stellungnahme gegenüber der Regierung von Mittelfranken vom 07.08.2008 sowie auf den
Widerspruchsbescheid. Des weiteren trägt sie vor, dass die Stadt Nürnberg für ihren Bereich keine Pauschale im
Sinne des § 29 (2) SGB XII festgesetzt habe, sondern Mietobergrenzen. Grundlage für die geltende Mietobergrenzen
sei der Nürnberger Mietenspiegel. Die Mietobergrenzen würden jeweils an den geltenden Nürnberger Mietenspiegel
angepasst. Anhand der Inserate in den Nürnberger Tageszeitungen sei festzustellen, dass ausreichend Wohnraum auf
dem örtlichen Wohnungsmarkt innerhalb der geltende Mietobergrenzen angeboten werde und auch in der
Vergangenheit angeboten wurde. Hätten die Beobachtungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt zu dem Ergebnis
geführt, dass zu wenig Wohnungen innerhalb der geltenden Mietobergrenzen zur Verfügung stünden, wäre eine
Anpassung der Mietobergrenzen die Folge gewesen.
Am 19.11.2008 hat ein Erörterungstermin mit den Beteiligten stattgefunden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift, der Gerichtsakte, der Verfahrensakte
S 20 SO 173/08 ER sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt
geklärt ist, macht das Gericht gem. § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von der Möglichkeit Gebrauch, den
Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Die Beteiligten wurden zuvor gehört und haben sich im
Erörterungstermin vom 19.11.2008 mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
I. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist auch begründet. Der Bescheid vom 14.04.2008 in
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.09.2008 ist rechtswidrig, soweit im Rahmen der Leistungsbewilligung für
den Zeitraum ab April 2008 die Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung nicht in tatsächlicher Höhe
berücksichtigt wurden.
Nach § 29 (1) S. 1 SGB XII werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht.
Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind
sie insoweit als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 1 zu berücksichtigen sind,
anzuerkennen (S. 2). Satz 2 gilt solange, als es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen
Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch
längstens für sechs Monate (S. 3). Der Träger der Sozialhilfe kann für seinen Bereich die Leistungen für die
Unterkunft durch eine monatliche Pauschale abgelten, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend
angemessener freier Wohnraum verfügbar und in Einzelfällen die Pauschalierung nicht unzumutbar ist (Abs. 2 S. 1).
Bei der Bemessung der Pauschale sind die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts, der örtliche
Mietspiegel sowie die familiären Verhältnisse der Leistungsberechtigten zu berücksichtigen (S. 2). Absatz 1 Satz 2
gilt entsprechend (S. 3). Nach Abs. 3 S. 1 werden Leistungen für Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht, soweit sie
angemessen sind. Die Leistungen können durch eine monatliche Pauschale abgegolten werden (S. 2). Bei der
Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, die Größe und Beschaffenheit der
Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen (S. 3).
Die Beklagte hat für ihren Bereich keine Pauschale i.S.d. § 29 (2) SGB XII festgesetzt. Ihre Pflicht zur Übernahme
der Kosten für die Unterkunft des Klägers beurteilt sich somit nach § 29 (1) S. 1 SGB XII. Danach sind die Kosten
des Leistungsempfängers in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Allerdings ist die schlecht formulierte
Gesetzesvorschrift im Zusammenhang mit den Sätzen 2 und 3 zu lesen: Die Leistungspflicht des Trägers der
Sozialhilfe ist auf die Übernahme angemessener Aufwendungen beschränkt (vgl. Grube in Grube/Warendorf, SGB XII,
2. Auflage, § 29 Rdnr. 20).
1. Die laufenden monatlichen Aufwendungen des Klägers für seine Unterkunft i.H.v. 371.- EUR sind angemessen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 22 (1) S. 1 SGB II steht es dem Leistungsempfänger offen,
eine Wohnung mit größerer Wohnfläche als grundsätzlich angemessen und dafür mit niedrigerem
Quadratmetermietpreis (= niedrigerem Standard) als möglich anzumieten. Für die Beantwortung der Frage, ob die
Kosten für eine Unterkunft (abstrakt) angemessen sind, ist somit das Produkt aus Wohnfläche und
Preis/Quadratmeter entscheidend (sog. Produkttheorie; vgl. BSG, Urt. v. 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, Urt. v.
7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R u. B 7b AS 18/06 R). Nachdem § 22 (1) S. 1 SGB II für den Bereich der Grundsicherung
für Arbeitsuchende die Parallelvorschrift zu § 29 (1) S. 1 SGB XII darstellt und es keinen Grund für eine
unterschiedliche Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunftskosten in den beiden Bereichen gibt, nimmt das
Gericht auf die zitierte Rechtsprechung Bezug und prüft das Vorliegen der Voraussetzungen des § 29 (1) S. 1 SGB
XII im Lichte dieser Rechtsprechung.
a. Für den alleinstehenden Kläger ist eine Wohnfläche von 50 qm anzusetzen.
Unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes war es in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, bei der Frage nach
der angemessenen Fläche einer Wohnung Rückgriff auf die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften zu § 5 (2)
WoBindG (Wohnungsbindungsgesetz) zu nehmen (siehe dazu Schellhorn in Schellhorn, SGB XII, 17. Aufl., § 29 Rz.
6). Die dabei entwickelten Grundsätze finden nach Auffassung des Gerichts auch im Rahmen des § 29 (1) S. 1 SGB
XII Anwendung (so auch u.a. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 17.04.2008 - L 7 SO 5988/07 m.w.N.).
Zum Vollzug des § 5 WoBindG (in der ab 1.1.2002 gültigen Fassung) in Verbindung mit § 27 (4) S. 1 WoFG
(Wohnraumförderungsgesetz) existieren im Freistaat Bayern die Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des
Wohnungsbindungsrechts (VVWoBindR) in Fassung der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des
Inneren vom 12. September 2007 (Az.: IIC4-4702-003/07). Nach Nr. 5.7 S. 1 dieser Vorschriften ist für Alleinstehende
eine Wohnungsgröße von bis zu 50 qm angemessen.
b. Des weiteren ist unter Zugrundelegung des Nürnberger Mietenspiegels 2008 für den Kläger grundsätzlich ein
Mietpreis von 5,80 Euro/qm maßgebend.
Da der Standard einer Wohnung regelmäßig im Quadratmeterpreis seinen Niederschlag finden, ist im Anschluss an
die für das Bundessozialhilfegesetz gängige Rechtsprechung die ortsübliche Miete für eine Wohnung einfacher
Qualität oder für eine Wohnung mittlerer Qualität im unteren Bereich als Maßstab für die Bestimmung der
Angemessenheit des Wohnungsstandards eines Leistungsbeziehers nach dem SGB XII heranzuziehen (vgl. Grube
a.a.O. Rdnr. 24; ähnlich BSG a.a.O.). Um diese ortsübliche Miete festzustellen, greift das Gericht auf den aktuellen
Nürnberger Mietenspiegel zurück. Dabei ist keine Unterscheidung nach Baujahren, wie sie die Beklagte im Rahmen
der Festsetzung ihrer Mietobergrenzen vornimmt, zu treffen. Vielmehr ist die ortsübliche Miete aus der gesamten
Spannbreite des Mietenspiegels - bezogen auf eine angemessene Wohnungsgröße von 50 m² - zu ermitteln. Dies
zum einen, weil bei der Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards nach gängiger Rechtsprechung auf den
unteren Bereich des Wohnungsmarktes abzustellen ist. Der Wohnungsmarkt wird aber durch die gesamte Spannbreite
des Mietenspiegels abgebildet. Zum anderen würde eine Differenzierung nach Baualtersklassen zu einer nicht
begründbaren Ungleichbehandlung von Leistungsempfängern führen: So könnten die Kosten der Unterkunft für einen
Leistungsempfänger, der in einer Wohnung älteren Baujahres lebt, im Hinblick auf die ortsübliche Vergleichsmiete für
Wohnungen in dieser Baujahresgruppe selbst dann unangemessen sein, wenn sie unter dem lägen, was für eine
Wohnung neueren Baujahres - also mit höherem Wohnungsstandard - im unteren Bereich ihrer Gruppe aufzubringen
wäre. Die Kosten der Unterkunft würden nicht übernommen; würde der Leistungsempfänger in der Wohnung neueren
Baujahres leben, dagegen schon. Dies könnte zu dem widersinnigen Ergebnis führen, dass ein Leistungsempfänger
gezwungen ist, in eine teurere Wohnung umzuziehen, um die Kosten der Unterkunft (nunmehr) in voller Höhe geleistet
zu bekommen. Die Widerspruchsbehörde kommt in ihrem Bescheid vom 12.9.2008 (S. 2) im Übrigen zu dem gleichen
Ergebnis. Mit Befremden hat das Gericht allerdings zur Kenntnis genommen, dass die Behörde über dieses Ergebnis
in ihren folgenden Ausführungen großzügig hinweg gesehen und die Mietobergrenze der Beklagten in Höhe von 322.-
EUR für Wohnungen mit dem Baujahr 1960 - 1976 als "rechtlich nicht zu beanstanden" bezeichnet hat. Der Mühe, die
Mietobergrenze anhand des örtlichen Mietenspiegels zu überprüfen bzw. die Angemessenheit der Unterkunftskosten
selbst zu bestimmen, wollte sich die Behörde offensichtlich nicht unterziehen. Vielmehr hat sie - zusätzlich die
Preissteigerung, insbesondere bei den Nebenkosten ignorierend - festgestellt, dass die Mietobergrenze von 322.- EUR
bereits seit 01.08.2006 angesetzt werde.
Laut Nürnberger Mietenspiegel (Stand Mai 2008) beträgt die Mietspannbreite für Wohnungen mit einer Wohnfläche von
40 bis unter 60 qm zwischen 4,10 und 9,15 EUR/qm. Damit errechnet sich eine angemessene ortsübliche
Nettokaltmiete für das untere Mietsegment des Wohnungsmarktes von ca. 5,80 EUR/qm (4,10 EUR/qm + (9,15 -
4,10)/3 EUR/qm).
Damit liegt in Nürnberg bei einer alleinstehenden Person eine Wohnung mit einer monatlichen Nettokaltmiete von 290.-
EUR (50 x 5,80 EUR) noch im Bereich der Angemessenheit. Diese Grenze wird durch die Nettokaltmiete des Klägers
i.H.v. 303,15 EUR leicht überschritten (um ca. 4,5 %).
c. Dennoch sind die Kosten für die Unterkunft des Klägers als angemessen zu beurteilen.
Die laufende monatliche Betriebskostenvorauszahlung des Klägers beträgt 67,85 EUR. Die Erhöhung der
Betriebskostenpauschale durch den Vermieter auf 119,85 EUR ab 01.03.2008 kann das Gericht außer acht lassen, da
sie vom Kläger nicht umgesetzt wird. Aus Sicht des Gerichts zurecht, da die Erhöhung der monatlichen
Betriebskostenvorauszahlung um ca. 77% anhand der vorliegenden Betriebskostenabrechnungen, insbesondere der
vom 29.10.2008 nicht nachvollziehbar ist, und daher den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 556, 560 Bürgerliches
Gesetzbuch (BGB) nicht entspricht. Der Kläger zahlt somit derzeit monatlich 1,44 EUR/m² an Betriebskosten. Nach
dem Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes von 2007 betrugen im Jahr 2006 die durchschnittlichen
Betriebskosten pro Quadratmeter in Westdeutschland 1,82 EUR (ohne Heizung und Warmwasser). Auch ohne
Einrechnung der seit 2006 erfolgten Preissteigerung in diesem Bereich liegen die Betriebskosten des Klägers somit
deutlich unter dem Durchschnitt.
Auch die Heizkosten des Klägers liegen mit 0,85 EUR/m² (40.- EUR/47 m²) - insbesondere bezogen auf eine
Wohnung aus dem Bereich des unteren Wohnungsstandards - in einem nicht nur angemessenen, sondern sogar
günstigen Bereich.
Daher sind im Ergebnis die monatlichen Kosten für die Unterkunft des Klägers in Höhe von 371.- EUR trotz der
Nettokaltmiete i.H.v. 303,15 EUR als (noch) angemessen zu sehen.
Da die Kosten für die Unterkunft des Klägers aus den genannten Gründen als (abstrakt) angemessen zu beurteilen
sind, kommt es nicht darauf an, ob sie auch deshalb als (konkret) angemessen zu sehen wären, weil die Beklagte
nicht nachgewiesen hat, dass innerhalb der von ihr vorgegebenen Mietobergrenzen für den Kläger eine
Unterkunftsalternative konkret verfügbar und zugängig wäre (siehe dazu BSG, Urt. v. 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06
R). Die Beklagte hat lediglich pauschal darauf verwiesen, dass innerhalb der von ihr gesetzten Mietobergrenzen
ausreichend Wohnraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt zur Verfügung stünde. Bemerkenswert ist, dass sich die
Widerspruchsbehörde zur Beurteilung der aktuellen Situation auf dem Wohnungsmarkt auf einen Gerichtsbeschluss
aus dem Jahr 2006 berufen hat.
2. Auch die Aufwendungen des Klägers für die Nebenkostennachzahlung für das Jahr 2007 in Höhe von 49,92 EUR
bzw. die Heizkostennachzahlung für den Zeitraum 01.07.2007 bis 30.06.2008 in Höhe von 28,81 EUR sind von der
Beklagten im Oktober 2008 als angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung zu übernehmen.
Beim Kläger sind im Jahr 2007 insgesamt Betriebskosten in Höhe von 756,12 EUR angefallen. Somit ergeben sich
durchschnittliche Aufwendungen für Betriebskosten von 1,34 EUR/qm (746,12 EUR/12/47 m²). Diese sind unter
Berücksichtigung der Ausführungen unter 1.c. als angemessen zu beurteilen.
Nach der Abrechnung für den Zeitraum 01.07.2007 bis 30.06.2008 ergeben sich Heizkosten in Höhe von insgesamt
448,81 EUR und somit von monatlich 0,80 EUR/m² (448,81 EUR/12/47 m²). Auch diese sind als angemessen
anzusehen (siehe dazu unter 1.c.).
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).