Urteil des SozG Münster vom 10.01.2002

SozG Münster: wirtschaftliche leistungsfähigkeit, satzung, bemessung der beiträge, anpassung der beiträge, einkünfte, beitragsbemessung, freiwillig versicherter, kapitalvermögen, behandlung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Sachgebiet:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Sozialgericht Münster, S 8 (3) KR 114/01
10.01.2002
Sozialgericht Münster
8. Kammer
Gerichtsbescheid
S 8 (3) KR 114/01
Krankenversicherung
rechtskräftig
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu
erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung der von dem Kläger aufgrund privater
Aktiengeschäfte im Jahre 1999 erzielten Spekulationsgewinne bei der Bemessung der
Höhe seiner freiwilligen Beiträge zur Krankenversicherung bei der Beklagten. Der am
00.00.1963 geborene, verheiratete Kläger ist als selbständigerer Gastwirt erwerbstätig. Er
ist bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Auf Anfrage der Beklagten vom Oktober
2000 zur Überprüfung der aktuellen Einkommenssituation legte der Kläger seinen vom
28.06.2000 datierenden Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes C für das Jahr 1999
vor. In den Angaben zu seinen eigenen Einnahmen teilte der Kläger, neben den Einkünften
aus dem Gewerbebetrieb im Jahre 1999 in Höhe von 43.384,- DM, zudem Einkünfte aus
Kapitalvermögen, d.h. Sparbüchern oder Wertpapieren mit. Nach seinen Angaben handelt
es sich um einmalige Bruttoeinnahmen gemäß Einkommenssteuerbescheid für das Jahr
1999 in Höhe von 19.327,- DM.
Mit Datum "Dezember 2000", ohne Tagesangabe, setzte die Beklagte daraufhin einen
neuen Gesamtbetrag für die freiwillige Krankenversicherung und Pflegeversicherung des
Klägers, fällig ab dem 15.02.2001, fest. Als Mittelwert der Beitragsklasse wurden nun
monatliche Einnahmen in Höhe von 5.250,- DM zugrundegelegt und danach für die
Krankenversicherung ein Monatsbeitrag von 635,25 DM, zahlbar ab Februar 2001, ermittelt.
Hiergegen richtet sich der am 08.01.2001 bei der Beklagten eingegangene Widerspruch
mit der Rüge, dass bei der Neubemessung der freiwilligen Beiträge Spekulationsgewinne
aus Aktiengeschäften zu Unrecht mit einbezogen worden seien. Es habe sich nämlich nur
um Einmaleinkünfte und nicht um laufende Einnahmen des Klägers gehandelt. Insoweit sei
es unverständlich, dass diese für die Berechnung des Beitrags zur freiwilligen
Krankenversicherung Berücksichtigung fänden. Sollte dies zulässig sein, müssten
andererseits nämlich auch spätere Verluste bei derselben Einkunftsart wie etwa bei
privaten Veräußerungsgeschäften zu einer späteren Ermäßigung der Beitragslast führen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2001 den Rechtsbehelf zurück.
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Aufgrund der gesetzlichen Vorschriften sei bei der Beitragsbemessung für freiwillige
Mitglieder die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der freiwilligen Mitglieder für die
Beitragsbelastung zu berücksichtigen. Dazu zählten auch einmalig gezahlte Summen.
Aufgrund der Satzung der Beklagten sei für die beitragspflichtigen Einnahmen das
Arbeitseinkommen sowie alle anderen Einnahmen, die für den Lebensunterhalt verbraucht
werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung
zugrunde zulegen. Bei hauptberuflich selbständig Tätigen gelte als
Beitragsbemessungsgrundlage 100 % der Beitragsbemessungsgrenze. Neben den
Einkünften aus dem Gewerbebetrieb unterlägen auch Einkünfte aus Kapitalvermögen der
Beitragspflicht. Zu diesen Einnahmen aus Kapitalvermögen zählten auch die Einkünfte aus
Spekulationsgeschäften. Derartige Gewinne seien bei der Beitragsbemessung zu
berücksichtigen. Im übrigen sei bei einer späteren Überprüfung bei dann geringeren
Einnahmen eine Anpassung der Beiträge auf Antrag vorzunehmen.
Mit der dagegen am 06.06.2001 anhängig gemachten Klage rügt der Kläger insbesondere,
dass auch bei der Bemessung der Beiträge zur Krankenversicherung und
Pflegeversicherung für freiwillige Mitglieder zwischen regelmäßigen und einmaligen
Einkünften zu unterscheiden sei. Regelmäßige Einkünfte seien etwa Zinsen und
Dividenden aus festangelegten Vermögenswerten. Bei der Berechnung des
Krankenversicherungsbeitrages sei allerdings nicht der Gewinnanteil zu berücksichtigen,
der durch den Kauf und Verkauf von Aktien oder Aktienpaketen erzielt wird. Derartige
Verkäufe von Aktien seien gleichzusetzen mit dem Verkauf betrieblicher Wirtschaftsgüter.
Im Fall der betrieblichen Wirtschaftsgüter sei ein möglicher Gewinn auch nicht zu dem für
die Krankenversicherungspflicht relevanten Einkommen zu zählen. An dem Charakter
eines Einmalgeschäftes ändere sich auch nichts dadurch, dass der Kläger im Jahre 1999
mehrfach den Kauf und Verkauf von Aktien praktiziert habe. Denn anderenfalls müssten
auch Verluste aus Aktiengeschäften zu einer Verringerung des
krankenversicherungsrelevanten Einkommens eines Versicherten führen. Die
Rechtsauffassung des Beklagten, Gewinne aus Spekulationsgeschäften seien bei der
Ermittlung der Krankenversicherungsbeiträge freiwilliger Mitglieder zu berücksichtigen, sei
demnach falsch.
Im übrigen bestreitet der Kläger ausdrücklich, eine Satzung der Beklagten, in welcher Form
auch immer, jemals tatsächlich erhalten zu haben. Derartige Satzungen der Beklagten
seien mit allgemeinen Geschäftsbedingungen im Geschäftsleben gleichzusetzen und
würden daher dann nicht wirksam, wenn einem der Betroffenen nicht die Möglichkeit
eingeräumt werde, von dem Inhalt dieser Satzung Kenntnis zu nehmen. Mangels Kenntnis
von der Satzung der Beklagten könne diese auch Keinerlei nachteiligen Rechtsfolgen
gegenüber dem Kläger daraus herleiten. Darüber hinaus sei, selbst wenn Einnahmen aus
Kapitalvermögen der Bemessung der Höhe der Krankenversicherungsbeiträge des
freiwillig Versicherten mit zugrunde zulegen wären, erforderlich, dass diese Einnahmen
zum Lebensunterhalt zur Verfügung stünden. Das sei allerdings bei den Aktiengeschäften
nicht der Fall gewesen, denn die Wertsteigerungen hätten zunächst nur auf dem Papier
gestanden. Die Gewinne hätten nicht zum Lebensunterhalt zur Verfügung gestanden.
Vielmehr habe der Kläger bei entsprechenden Gewinnsteigerungen Aktienpakete oder
Teile davon verkauft, um sofort wieder neue Aktien zu ordern, so dass also die Gewinne
aus Aktiengeschäften zur Bestreitung des Lebensunterhalts nicht zur Verfügung gestanden
hätten und daher auch nicht bei der Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge
freiwillig Versicherter zu berücksichtigen seien. Schließlich folge auch aus § 226 Abs. 2
Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), dass Einnahmen aus Kapitalvermögen
nicht zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehörten.
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Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom "Dezember 2000" in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 08.05.2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält daran fest, dass es sich bei den Gewinnen aus Spekulationsgeschäften im Jahre
1999 in Höhe von 19.237,- DM um einmalige Einnahmen des Klägers, die für den
Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten, handele und die
deshalb nicht mit dem Verkauf betrieblicher Wirtschaftsgüter gleichzusetzen seien. Ebenso
wenig folge aus der Vorschrift des § 226 SGB V eine andere Rechtsfolge. Denn diese
Norm regele lediglich die Beitragspflicht der versicherungspflichtigen Beschäftigten,
während der Kläger als Selbständiger bei der Beklagten freiwillig versichert sei. Die
Vorschriften des § 226 SGB V könnten bei freiwilligen Mitgliedern nur insoweit eine Rolle
spielen, als mindestens diese Einkünfte der Beitragsberechnung zugrunde zulegen seien.
Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder sei aufgrund der gesetzlichen Regelung
durch Satzungsrecht vorzunehmen. Dabei wiederum sei sicherzustellen, dass die
Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitgliedes
berücksichtige. Zudem sei auch die Möglichkeit gegeben, die geltende Satzung in den
Geschäftsräumen der Beklagten während der üblichen Geschäftsstunden einzusehen, §
196 SGB V. Desweiteren würden Bekanntmachungen der Satzungen und sonstigen
autonomen Rechts in den Geschäftsräumen der Zentraldirektion und der
Regionaldirektionen der Beklagten mindestens eine Woche lang öffentlich ausgehängt.
Der Kläger habe jederzeit die Möglichkeit gehabt, die Satzung der Beklagten in einer der
Geschäftsstellen einzusehen, wobei allerdings kein Anspruch auf Zusendung der Satzung
bestanden habe. Nach § 240 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 23 a Sozialgesetzbuch Viertes Buch
(SGB IV) unterlägen auch einmalige Einnahmen der Beitragspflicht. Nach der Satzung der
Beklagten gehöre das Arbeitseinkommen ebenso wie alle anderen Einnahmen, die für den
Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf
ihre steuerliche Behandlung den für die Beitragsbemessung zu berücksichtigenden
Einnahmen. Ein tatsächlicher Verbrauch für den Lebensunterhalt sei nicht erforderlich, so
dass auch der Umstand umgehenden Neuerwerbs weiterer Aktien durch den Kläger der
Berücksichtigung der Bemessung der freiwilligen Beiträge des Klägers durch Bescheid
vom Dezember 2000 nicht entgegenstehe.
Das Gericht hat den Verwaltungsvorgang der Beklagten beigezogen, einen Termin zur
Erörterung des Sach- und Streitstandes mit den Beteiligten abgehalten und in der Folgezeit
noch die Satzung der Beklagten vom 18.02.1994 i.F.d. 16. Nachtrages vom 13.12.2000
(Satzung der Beklagten) in Kopie zu den Gerichtsakten genommen.
Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der
Beklagten, der beigezogenen Satzung sowie dieser Gerichtsakte in vollem Umfang
verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann gem. § 105 SGG durch Gerichtsbescheid ohne Hinzuziehung der
ehrenamtlichen Richter entscheiden, da die Beteiligten zu dieser Entscheidungsform
angehört wurden und sich im übrigen auch ausdrücklich damit einverstanden erklärt haben.
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist der
ohne Tagesdatum erteilte Bescheid der Beklagten vom "Dezember 2000" in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2001. Diese Verwaltungsentscheidung der
Beklagten zur Festsetzung der freiwilligen Beiträge des Klägers zur Krankenversicherung
ist zutreffend, weil die Beklagte u.a. den ab Februar 2001 fällig werdenden freiwilligen
Krankenversicherungsbeitrag des Klägers unter Berücksichtigung der vom Kläger im Jahre
1999 erzielten Einnahmen aus Aktiengeschäften zu Recht neu berechnet hatte.
Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung
wird nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V durch die Satzung der zuständigen Krankenkasse
geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitgliedes berücksichtigt, § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V.
Die Satzung der Krankenkasse muss mindestens die Einnahmen des freiwilligen
Mitgliedes berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen
Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zulegen sind, § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V.
In § 17 Satzung der Beklagten sind Sonderregelungen über beitragspflichtige Einnahmen
u. a. der freiwilligen Mitglieder getroffen. Beiträge der freiwilligen Mitglieder werden nach
den beitragspflichtigen Einnahmen bemessen, § 17 Abs. 1 Satz 1 Satzung der Beklagten.
Zu den beitragspflichtigen Einnahmen zählen das Arbeitsentgelt sowie alle anderen
Einnahmen, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden
könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung, § 17 Abs. 1 S. 2 Satzung der
Beklagten. Für hauptberuflich selbständig Tätige regelt § 17 Abs. 2 Ziffer c Satzung der
Beklagten, dass 100 % der Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zulegen, bei Nachweis
niedriger Einnahmen vom Folgemonat an 1/12 der jährlichen Einnahmen, jedoch
mindestens 3/4 der monatlichen Bezugsgröße anzusetzen sind. Diese Regelung in § 17
der Satzung der Beklagten verstößt nicht gegen die Ermächtigungsgrundlage in § 240 Abs.
1 SGB V. Bereits in der Begründung zum Gesundheitsreformgesetz zur Regelung in Art. 1
§ 249 des Reformentwurfs, Bundestagsdrucksache 11/2237, S. 225, die unverändert im
derzeit geltenden § 240 Abs. 1 SGB V seine gesetzliche Entsprechung gefunden hat, hieß
es:" Die Vorschrift ermöglicht es allen Krankenkassen, das Beitragsrecht für freiwillig
Mitglieder autonom in der Satzung zu regeln. Dieses Recht hatten bisher nur die
Ersatzkassen. Damit können einkommenslose freiwillig versicherte Ehegatten betroffen
werden. Bei der Beitragsgestaltung ist die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des
Mitgliedes zu berücksichtigen, d. h. alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum
Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, sind ohne Rücksicht auf ihre
steuerliche Behandlung der Beitragsbemessung zugrunde zulegen. Die Regelung
bedeutet aber auch, dass der Beitragsberechnung nicht automatisch bestimmte Einnahmen
zum Lebensunterhalt unterstellt werden können, ohne das die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit geprüft wird". In Übereinstimmung mit dieser Gesetzesbegründung
werden in § 17 Abs. 1 Satz 2 das Arbeitsentgelt sowie alle anderen Einnahmen, die für den
Lebensunterhalt verbraucht oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre
steuerliche Behandlung als beitragspflichtige Einnahmen für freiwillige Mitglieder der
Krankenversicherung behandelt. Insoweit entspricht es auch ständiger Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG), dass die steuerrechtliche Beurteilung diesbezüglich nicht
ausschlaggebend ist, Urteil vom 16.04.1985, 12 RK 47/83, USK, 35233 = Urteilssammlung
der Krankenkassen.
Dabei gilt zum einen, entgegen der Rechtsansicht des Klägers, dass die Satzungsregelung
nicht vergleichbar ist mit allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne des Gesetzes über
die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) im zivilrechtlichen Anwendungsbereich.
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Die Form der Bekanntmachung gem. § 196 SGB V ist nämlich gesetzesgemäß.
Insbesondere sind Bekanntmachungen der Satzung in den Geschäftsräumen der
Zentraldirektion und der Regionaldirektion der Beklagten mindestens 1 Woche öffentlich
auszuhängen, vgl auch § 37 Satzung der Beklagten. Dies entspricht den geltenden
Anforderungen an die zu eröffnende Möglichkeit zur Kenntniserlangung vom Inhalt der
einzelnen Satzungsregelungen. Ein konkrete Kenntnisnahme bzw. sogar Zugang einer
einzelnen individuellen Satzungstextes kann hingegen nicht verlangt werden. Insoweit
genügt nach dem Rechtsstaatprinzip auch für die untergesetzlichen Rechtsnormen des
Satzungsrechts der Beklagten eine den betroffenen zugängliche Verkündung. Diese ist
auch noch dann gewährleistet, wenn der Inhalt der entsprechenden Rechtsnorm ohne
erhebliche Schwierigkeiten für den Betroffenen zugänglich ist, vgl. Urteil des BSG vom
13.12.1984, 11 RK 7/83, BSGE 57,280 - 288 mit Hinweis auf Entscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts(BVerfG) amtliche Sammlung BVerfGE, 17, 192, 193; BVerfGE
44, 244, 249, 322, 350, 358).
Andererseits ist auch die Berücksichtigung der im Jahre 1999 von dem Kläger erzielten
Spekulationsgewinne aus Aktiengeschäften (Aktenverkäufen) in Höhe von rund 19.237,-
DM, auch als damals einmalige Einnahme, zu Recht von der Beklagten zur
Beitragsbemessung mit Wirkung ab Februar 2001 zugrundegelegt worden. Denn auch
diese Einnahmen aus Aktiengeschäften in Form sog. Spekulationsgewinne zählen
ersichtlich zu den sonstigen Einnahmen im Sinne von § 240 SGB V i.V.m. der Regelung
des § 17 Abs. 1 Satz 2 Satzung der Beklagten.
Die Gewinne des Klägers in Höhe von rund 19.237,- DM im Jahre 1999 aus
Kapitalvermögen infolge Verkaufs von Wertpapieren sind nämlich, auch als sogenannte
Spekulationsgewinne, Einnahmen aus Aktenveräußerungen und damit für die Bemessung
der freiwilligen Beitragslast des Klägers zu berücksichtigende Einnahmen aus
Kapitalvermögen. Der Ankauf und Verkauf von Wertpapieren ist, soweit keine gewerbliche
Tätigkeit vorliegt, grundsätzlich der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen. Ein
Zusammenhang mit dem Gaststättenbetrieb des selbständig erwerbstätigen Klägers ist
hinsichtlich der Aktiengeschäfte im Jahre 1999 weder erkennbar noch vom Kläger selbst
dargetan. Steuerrechtlich unterliegen solche aus Wertpapiergeschäften erzielte Gewinne
im allgemeinen nicht der Einkommenssteuer nach dem Einkommensteuergesetz (EStG).
Ausnahmen gelten dann, wie im vorliegenden Fall, wenn es sich um
Spekulationsgeschäfte im Sinne von § 23 EStG handelt. Private Veräußerungsgeschäfte
mit spekulativem Charakter im Sinne von § 23 EStG liegen dann vor, wenn Wirtschaftsgüter
des Privatvermögens, insbesondere u. a. auch Wertpapiere, innerhalb einer bestimmten
Frist, hier in der allgemeinen Jahresfrist, nach der Anschaffung erneut veräußert werden.
Den Erlös aus diesem Veräußerungsgeschäft bezeichnet man dann als
Spekulationsgewinn, da der Zufluss des Gewinns vor Ablauf der gesetzlich vorgesehenen
Wartefrist für eine der Vermögensbildung dienende Kapitalanlage in Form von
Aktienguthaben erwirtschaftet wird. In einer solchen Konstellation, wie hier auch bei den
spekulativen Aktiengeschäften des Klägers im Jahre 1999 gegeben, können
demgegenüber auch keine Verluste aus weiteren Aktientransaktionen Berücksichtigung
finden, da nämlich der Spekulationsgewinn als solcher entstanden ist und die Weiteranlage
in, ggfs. mit Vermögensnachteilen verbundenen, sonstigen Aktienpaketen nicht den
Charakter der spekulativen Gewinnerzielung aufhebt. Dem Gewerbebetrieb des Klägers
sind die Einkünfte aus Aktienspekulationen auch deshalb nicht zuzuordnen, weil sie nicht
zu den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit gehören. Zwar können Arbeitseinkommen im
Sinne von § 15 SGB IV regelmäßig nur Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus
Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit im Sinne des Einkommensteuerrechts sein.
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Die aus anderen Quellen stammenden Einnahmen, z. B. die Einkünfte aus
Kapitalvermögen, § 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG, sonstige Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 7, § 22
EStG bringen zwar auch das Erfordernis eines gewissen persönlichen Einsatzes mit sich,
sind deshalb aber keine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit oder Einkünfte aus einem
Gewerbebetrieb, vgl. auch Urteil des BSG vom 11.02.1993, 5 RJ 8/92, NZS 1993, 366, 367.
Bei den sonstigen Einkünften im Sinne des EStG ist sowohl die Anschaffung als auch die
Veräußerung dem Privatvermögen zuzuordnen, Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom
13.10.1993, Az.: XR 49/92, Der Betriebsberater (BB) 1994, 410, 411 m.w.N ... Dies
unterscheidet wiederum die Berücksichtigung der Einnahmen im Sinne der
Beitragsberechnung für die freiwillige Krankenversicherung gegenüber der Ermittlung von
Hinzuverdienstgrenzen im Rentenrecht, beispielsweise im Fall des § 34 Abs. 2
Sozialgesetzbuch Sechs (SGB VI). Für diese Hinzuverdienstgrenze der gesetzlichen
Rentenversicherung ist maßgeblich das Arbeitsentgelt aus unselbständiger Beschäftigung
sowie der nach allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts
ermittelte Gewinn aus selbständiger Tätigkeit. Die aus anderen Quellen stammenden
Einkommen sind im Recht der Altersrenten der gesetzlichen Rentenversicherung nicht
geeignet, die Versichertenrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres zu
beeinträchtigen, Urteil des BSG vom 04.05.1999, B 4 RA 55/98 R, NJW 2000, 1519, m.w.N.
Diese Beschränkung greift bereits begrifflich hinsichtlich der Berücksichtigung von
Gewinnen aus Spekulationsgeschäften mit Aktien für die Ermittlung freiwilliger Beiträge in
der Krankenversicherung nicht ein. Denn anders als im Regelungsbereich der gesetzlichen
Rentenversicherung beruht die Beitragspflicht im Anwendungsbereich des § 240 SGB V
auf freiwilliger Entscheidung des ohne gesetzliche Verpflichtung zu der jeweiligen
Krankenkasse beigetretenen Mitgliedes. Die unterschiedliche Belastung freiwilliger und
Pflicht-Mitglieder ist im übrigen auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht
zu beanstanden. Weder ist die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG)
verletzt, da die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mitglieder für die Beitragsbemessung
angemessen Berücksichtigung findet. Andererseits ist auch kein Verstoß gegen den
Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG gegeben angesichts der grundsätzlich
geringeren Schutzbedürftigkeit freiwilliger Mitglieder und deren Möglichkeit, jederzeit mit
kurzer Kündigungsfrist aus der Versicherung wieder auszuscheiden, womit insgesamt auch
sachgerechte Gründe für unterschiedliche Beitragsbelastungen existieren, BSG SozR 3-
2500 § 540 Nr. 7.
Demgemäss war die Klage mit der Kostenfolge aus § 105 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 193 SGG
wie geschehen abzuweisen.