Urteil des SozG Münster vom 26.08.2010

SozG Münster (chemotherapie, therapie, behandlung, ausdrücklich, bewertung, erkrankung, versorgung, begründung, krankenkasse, wirksamkeit)

Sozialgericht Münster, S 11 KR 108/08
Datum:
26.08.2010
Gericht:
Sozialgericht Münster
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 11 KR 108/08
Sachgebiet:
Krankenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 06.02.08 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.05.08 verurteilt, a) der
Klägerin Kosten in Höhe von 14950,08 EUR zu erstatten b) die Klägerin
von der noch offenen Forderungen von Dr. L. für die durchgeführt
Hyperthermiebehandlung freizustellen und c) die künftigen kosten der
Hyperthermiebehandlung zu übernehmen, soweit sie begleitend zur
Chemotherapie stattfindet. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die
Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der
Klägerin.
Tatbestand:
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Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung, bzw. Übernahme der Kosten einer
Tiefenhyperthermie.
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Bei der 1940 geborenen Klägerin wurde während einer stationären Behandlung im
August 2007 der dringende Verdacht auf inoperables Pankreaskarzinom bestätigt und
eine Chemotherapie eingeleitet.
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Mit Schreiben vom 15.11.2007 wandte sich Frau Dr. L., Fachärztin für Anästhesie und
Naturheilverfahren und komplementäre und biologische Krebstherapie, an die Beklagte
und teilte mit, sie habe bei der Klägerin am 09.11.2007 damit begonnen, begleitend zur
Chemotherapie 2-3mal pro Woche die lokoregionale Elektrohyperthermie
durchzuführen. In dem Zusammenhang sei zu verweisen auf verschiedene Studien, die
eine Wirksamkeit von kombinierter Chemo- und Hyperthermiebehandlung belegen
könnten. Zudem würden die Kosten inzwischen auch von vielen Kassen übernommen,
sie beantrage daher namens der Klägerin auch hier eine Kostenübernahme. Nach
Anhörung des MDK lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.02.2008 eine
Kostenübernahme ab mit der Begründung bei der Tiefenhyperthermie handele es sich
um eine sog. neue Behandlungsmethode, die nicht zur vertragsärztlichen Versorgung
gehöre. Die Tiefenhyperthermiebehandlung sei durch den Gemeinsamen
Bundesausschuss nicht anerkannt. Nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichtes (BSG) seien die Beschlüsse des Gemeinsamen
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Bundesausschusses rechtsverbindlich, so dass die Kosten für eine solche Therapie
nicht übernommen werden könnten. Auch sei die Erstattung einer privatärztlichen
Behandlung ausgeschlossen. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein im
wesentlichen unter Berufung auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes
vom 06.02.2005.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2008 als unbegründet
zurückgewiesen zum einen mit der Begründung, die Klägerin habe die strittige Therapie
bereits vor Entscheidung der Krankenkasse begonnen und es seien schon deshalb
Erstattungsansprüche ausgeschlossen. Zudem habe der Gemeinsame
Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen mit Beschluss vom 18.01.2005 die
strittige Therapie ausdrücklich aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen.
Die Therapie sei daher als vertragsärztliche Leistung nicht erhältlich. Auch der
angeführte Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes könne hier keine Anwendung
finden, da das BSG in Auslegung dieses Urteils entschieden habe, dass die Grundsätze
dieses Beschlusses nicht mehr angewandt werden könnten in Fällen nicht mehr
angewandt werden könnten, in denen der Bundesausschuss einer Therapie bereits
ausdrücklich aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen habe. Im übrigen,
so heißt es, habe der MDK zurecht darauf hingewiesen, dass mit der Chemotherapie
eine anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung stehe.
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Dagegen hat die Klägerin am 28.05.2008 Klage erhoben weiter unter Berufung auf den
genannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes und die Ausführungen von Dr. L
... Zur Begründung der Klage werden vorgelegt Publikationen über die Wirksamkeit der
strittigen Therapie bei Tumoren. Ferner wird vorgelegt ein Arztbrief des behandelnden
Onkologen vom 16.05.09, in dem es u.a. heißt, es liege derzeit ein ungewöhnlich
günstiger Verlauf der Erkrankung vor. Später wird vorgelegt ein Bericht eines
Medizinischen Versorgungszentrums für Radiologie und Nuklearmedizin vom
31.05.2010, in dem es u.a. heißt: "Insgesamt Größenabnahme der
Pankreaskopfauftreibung mit Rückbildung der zuvor beschriebenen größeren
zystischen Läsion an der ventralen Begrenzung des Pankreas am Übergang vom Kopf
zum Körper bei eher atrophischen Pankreaskörper und Pankreasschwanz mit
pseudozystischer rückläufiger Aufweitung des gesamten Pankreasgangsystems." In
einem ebenfalls noch vorgelegten Bericht der behandelnden Onkologen vom
19.06.2010 heißt es u.a., das weiterhin der Eindruck einer Tumorstabilisierung sich
ergebe. Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.02.08 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 30.04.08 zu verurteilen, a) ihr den seit dem 09.11.07 für
die Hyperthermiebehandlung aufgewandten Betrag von 17.707,17 Euro zu erstatten b)
sie von den noch offenen Forderungen von Dr. L. für die durchgeführte Hyperthermie
freizustellen und c) die künftigen Kosten der Hyperthermietherapie zu übernehmen,
soweit diese begleitend zur Chemotherapie erfolgt.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie beruft sich im wesentlichen weiter darauf, dass der Bundeausschuss die strittige
Therapie aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen habe und ein solcher
ausdrücklicher Ausschluss gem. der BSG-Rechtsprechung verbindlich sei.
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Zu den weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf die Prozeßakte und
die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig und größtenteils begründet.
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Der Anspruch auf Kostenerstattung und Forderungsfreistellung ergibt sich aus § 13 Abs.
3 SGB 5, der Anspruch auf Übernahme der künftigen Kosten aus § 27 Abs. 1 SGB 5.
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Für die Zeit ab Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides hat die Beklagte die
Kostenübernahme zu Unrecht abgelehnt.
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Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 06.12.05 entschieden, dass eine
neue ambulante Behandlungsmethode, auch wenn sie noch nicht vom Gemeinsamen
Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (GBA) in den Leistungskatalog der
gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen worden ist, von den Krankenkassen
erbracht werden muß, wenn
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- eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorliegt, und -
bezüglich dieser Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischen Standards ent-
sprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, und - es im Einzelfall ernsthafte
Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Erfolg der Heilung oder auch nur auf
eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheits- verlauf geht.
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Diese Voraussetzungen sieht die Kammer hier erfüllt.
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Dass die Klägerin an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidet steht außer Zweifel.
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Eine allgemein anerkannte, medizinischen Standards entsprechende Behandlung im
kurativen Sinne steht - ebenfalls unstreitig - nicht zur Verfügung. Soweit der MDK auf
Chemotherapie verweist, hat diese Methode bei einem inoperabelen Pankreascarcinom
ausschließlich einen palliativen Charakter (s. dazu z.B. Leitlinie der Dt. Gesellschaft f.
Verdauungs und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Dt. Krebsgesellschaft
(DKG)). Jedoch weist die behandelnde Ärztin in diesem Zusammenhang zutreffend
darauf hin, dass eine Chemotherapie allein in der Regel nur zu einer Überlebensdauer
von weniger als einem Jahr führt. Dies wird in zahlreichen im Internet veröffentlichten
Publikationen bestätigt. Zudem hat der Ehemann der Klägerin in diesem
Zusammenhang glaubhaft vorgetragen, dass im Falle der Klägerin die behandelnden
Onkologen nur noch von einer Lebenserwartung von ca. 6 Monaten ausgegangen sind.
In Anbetracht dieser Umstände vermag die Kammer die Chemotherapie nicht als Option
im Sinne des o.g. Beschlusses des BVerfG anzusehen.
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Ernsthafte Hinweise aber darauf, dass die Kombination von Chemotherapie und
Hyperthermie zu einer zumindest spürbar positiven Einwirkung auf den
Krankheitsverlauf führt, ergeben sich zunächst aus den unstreitig überraschend
günstigen Verlauf der Erkrankung im Einzelfall der Klägerin. Aber es finden sich solche
Hinweise auch in der wissenschaftlichen Literatur, worauf die behandelnde Ärztin
ebenfalls zutreffend hinweist. Insoweit sei hingewiesen auf die in 2010 veröffentlichte
weltweit erste randomisierte Phase III-Studie von Prof. Issels, Leiter der Klinischen
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Kooperationsgruppe (KKG) Hyperthermie. Darin ist zunächst nur für Weichteilsarkome
die Wirksamkeit der Kombination von Chemotherapie und Hyperthermie nachgewiesen,
und es hat Prof. Issels diesen Nachweis zum Anlass genommen, das durch die Studie
erworbene Wissen u.a. auch die Behandlung des Pankreascarcinoms zu übertragen
(Quelle: Philipp Kressiver, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Klinikum der Universität
München zu Informationsdienst Wissenschaft vom 11.06.2007; siehe auch "Deutsches
Ärzteblatt vom 23.09.09). Insgesamt sieht daher die Kammer auch das dritte und letzte
vom BVerfG aufgestellte Kriterium erfüllt.
Allerdings weist in diesem Zusammenhang die Beklagte zutreffend darauf hin, dass das
BSG die Anwendung dieser Grundsätze eindeutig ausgeschlossen hat für diejenigen
Fälle, in denen der GBA zu einer neuen Untersuchungsmethode bereits ausdrücklich
eine negative Bewertung abgegeben hat (BSG, Urt. v. 07.11.06 - B 1 KR 24/06 R -).
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Eine solche negative Bewertung aber hat der GBA abgegeben mit Beschluss vom
18.01.2005. Darin wird "Hyperthermie, Regionale Tiefenhyperthermie,
Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radatio und/oder
Chemotherapie) ausdrücklich in der Anlage "Nicht anerkannte Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden" der Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden aufgenommen.
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Im Gegensatz zum BSG (aaO) sieht die Kammer darin jedoch keinen Grund, die vom
BVerfG (aaO) entwickelten Grundsätze nicht mehr anzuwenden. Dazu hat das BVerfG in
einem Beschluss vom 29.11.07 (1 BvR 2496/07) ausgeführt (Leitsatz):
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"Es ist nicht ausgeschlossen, die im Beschluss des BVerfG (2005-12-06, 1 BvR 347/08,
BVerfGE 113, 25) für eine noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich
ausgeschlossene neue Behandlungsmethode auch in einem Fall anzuwenden, in
welchem eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom Gemeinsamen
Bundesausschuss ausgeschlossen wurde (entgegen BSG, 2006-11-07, B 1 KR 24/06
R)".
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In diesem Zusammenhang sind, soweit der Kammer ersichtlich, noch keine Urteile
ergangen. Allerdings hat das LSG NRW in einem Eilbeschluss am 22.02.07 (L 5 B 8/07
KR ER), also noch in Unkenntnis des o.g. Beschlusses des BVerfG dazu folgendes
ausgeführt:
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Soweit sich die Antragsgegnerin darauf berufen hat, dass nach dem Urteil des
Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.11.2006, Az.: B 1 KR 24/06 R, eine Anwendung
der Grundsätze der Entscheidung des BVerfG (aaO) dann ausscheide, wenn die
betreffende Behandlungsmethode durch den Bundesausschuss der Ärzte und
Krankenkassen bzw. den Gemeinsamen Bundesausschuss bereits negativ bewertet
worden ist, folgt der Senat dieser Rechtsprechung nicht. Maßstab der Prüfung des
Gemeinsamen Bundesausschusses ist die Frage, ob die fragliche
Behandlungsmethode wirksam ist. Dies bedeutet, dass der volle wissenschaftliche
Nachweis der Wirksamkeit der betreffenden Methode geführt sein muss. Nach der
Rechtsprechung des BVerfG reichte es aber auch aus, dass die fragliche
Behandlungsmethode die nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine
spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf vermuten lässt. Würde man der
Ansicht des 1. Senates in dem o.g. Urteil folgen, so würde man - je nachdem ob sich der
Gemeinsame Bundesausschuss bereits mit einer Behandlungsmethode befasst hat
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oder nicht, einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab zugrundelegen. Dies erscheint
nach Auffassung des Senats weder gerechtfertigt noch lässt sich der Entscheidung des
BVerfG vom 06.12.2005 ein Hinweis auf eine derartige unterschiedliche Beurteilung
entnehmen."
Dem schließt sich die Kammer an, jedenfalls für solche Fälle, in denen die negative
Bewertung des Bundesausschusses im wesentlichen wie hier darauf beruht, dass ein
ausreichender Wirksamkeitsnachweis z.Zt. noch nicht erbracht sei und in denen eine
solche Bewertung durch Zeitablauf und Fortschritt der Wissenschaft
überprüfungsbedürftig scheint, was hier mindestens hinsichtlich der in der
Beschlussbegründung ausdrücklich auch aufgeführten Indikation "Weichteilsarkome"
jetzt der Fall sein dürfte.
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Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass vielfach - wie sicherlich auch hinsichtlich der
Hyperthermie - das Fehlen einer Entscheidung des Bundesausschusses darauf beruht,
dass betreffend einer neuen Methode noch keine ausreichend validen Erkenntnisse
vorliegen. Eben dieser Umstand aber ist auch in der Regel die Begründung für eine
dann folgende förmliche Bewertung, soweit sie eine negative ist. Es ist der Kammer
daher nicht nachvollziehbar, warum ein förmlicher Beschluss des GBA eine derartige
Zäsur in Bezug auf verfassungsrechtlich begründete Ansprüche darstellen sollte, wie
vom BSG (aaO) angenommen (s. dazu auch SG Stuttgart, Beschl. v. 03.02.10 - S 8 KR
7839/09 ER).
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Dass die Klägerin mit der strittigen Behandlung bereits vor der ablehnenden
Entscheidung begonnen hat, steht dem Kostenerstattungsanspruch für die Zeit ab
Bescheiderteilung nicht entgegen. Zwar gilt nach gefestigter Rechtsprechung der
Grundsatz, dass selbstbeschaffte Leistungen grundsätzlich nur dann erstattungsfähig
sind, wenn zuvor die Entscheidung der Kasse abgewartet worden ist, da nur dann, wie
in § 13 Abs. 3 SGB 5 gefordert, die Ablehnung kausal für die Selbstbeschaffung
geworden ist. Jedoch gilt dieser Grundsatz zeitlich uneingeschränkt nur bei sog.
Komplexbehandlungen bzw. bei vertraglicher Gebundenheit an einen Behandler (s.
dazu BSG, SozR 4-2500, § 13 Nr. 10). Beide Fälle liegen hier jedoch nicht vor.
Gegenüber einer Entscheidung, in der ein LSG eine Kostenerstattung auch dann für alle
Zukunft für ausgeschlossen gehalten hat, hat das BVerfG in einem Beschluss vom
19.03.09 (1 BvR 316/09) ausgeführt:
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"Das Landessozialgericht fügt damit im Ergebnis in das Leistungsrecht der gesetzlichen
Krankenversicherung einen dem Gesetz nicht zu entnehmenden und auch aus der in
Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht abzuleitenden
anspruchsvernichtenden Tatbestand ein. Danach wären Versicherte, die es
verabsäumen, vor Beginn der Behandlung mit einer außervertraglichen
Behandlungsmethode eine entsprechende Bescheidung durch die Krankenkasse
abzuwarten, für alle nachfolgenden Behandlungen mit dieser Methode von einer
Leistungspflicht der Krankenkasse ausgeschlossen, selbst wenn sich in der Folge
herausstellte, dass die gewählte Behandlung medizinisch erforderlich und eine
Versorgung im vertragsärztlichen Leistungssystem möglich ist. Das gilt, wie der
vorliegende Fall zeigt, nach Ansicht des Landessozialgerichts selbst im Fall einer
vorhersehbar tödlich verlaufenden Erkrankung. Dieses Ergebnis ist gerade vor dem
Hintergrund der grundrechtlich geschützten Position der Versicherten auf Bereitstellung
erforderlich medizinischer Behandlungsmaßnahmen im System des
krankenversicherungsrechtlichen Leistungsrechts nicht mehr nachvollziehbar."
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Dem folgt die Kammer.
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Schließlich steht dem klägerischen Anspruch auch nicht entgegen, dass hier eine
Nichtvertragsärztin in Anspruch genommen worden ist. Nach bisheriger
Rechtsprechung war seit dem Beschluss des GBA aus 2005 die ambulante
Hyperthermie nicht mehr Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungskatalogs und
konnte von der Beklagten daher auch nicht als Sachleistung erbracht werden, d.h. die
Klägerin war gezwungen eine Privatärztin in Anspruch zu nehmen, oder aber sich von
einem Vertragsarzt auf privatärztlicher Grundlage behandeln zu lassen. Insofern war
daher die Ablehnung durch die Beklagte auch kausal für die (weitere) Inanspruchnahme
einer nach damaliger Rechtslage nicht vertraglichen Leistung. Dass die Klägerin die
privatärztliche Leistung nicht von einem Vertragsarzt in Anspruch genommen hat,
sondern von einer Privatärztin ist nach Auffassung der Kammer in diesem
Zusammenhang unerheblich.
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Insoweit war daher der Klage stattzugeben. Die Höhe des Erstattungsbetrages ergibt
sich aus den im Termin vorgelegten Unterlagen. Der Betrag wird von der Beklagten
ausdrücklich auch nicht bestritten.
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Unbegründet ist die Klage jedoch bezüglich der Kosten der zwischen dem 09.11.07 und
07.02.08 erfolgten Therapien in Höhe von 2.757,66 EUR. Diese Kosten wurden durch
Leistungen vor Ablehnung durch die Beklagte erbracht und können daher nach
gefestigter Rechtsprechung nur in Notfällen gem. § 13 ABs. 3 SGB 5 übernommen
werden, d.h. wenn eine Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig
erbringen konnte. Ein solcher Notfall lag hier jedoch bereits deshalb nicht vor, weil
zwischen Diagnose und Beginn der strittigen Therapie mehr als zwei Monate lagen.
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Insoweit war die Klage daher abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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