Urteil des SozG Münster vom 11.11.2005

SozG Münster: kaufmännischer angestellter, fahrtkosten, eingliederung, vertretung, einkünfte, verhinderungsfall, lehrer, arbeitsentgelt, versicherungspflicht, training

Sozialgericht Münster, S 8 (16) RJ 72/04
Datum:
11.11.2005
Gericht:
Sozialgericht Münster
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 8 (16) RJ 72/04
Sachgebiet:
Rentenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Der Bescheid der Beklagten vom 11.04.2003 in der Gestalt des Wider-
spruchsbescheides vom 06.07.2004 unter Einschluss des Bescheides
vom 03.02.2005 wird insoweit aufgehoben, als dass für den
Beigeladenen zu 2) im Zeitraum vom 01.01.1998 bis 30.06.2000
Beitragsnachforderungen gegen die Klägerin in Höhe von 3.867,36 Euro
erhoben werden. Die Beklagte trägt die Gerichtskosten. Der Streitwert
wird auf 3.867,36 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
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Streitig ist noch, ob der Beigeladene zu 2) bei der Klägerin vom 01.01.1998 bis zum
30.06.2000 sozial- und insbesondere rentenversicherungspflichtig beschäftigt war.
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Der Beigeladene zu 2) ist am 00.04.1963 geboren, von Beruf gelernter Koch und seit
dem Kinder- und Jugendalter langjährig mit dem klägerischen Fußballverein verbunden,
u. a. mehrjährig auch als Amatauerspieler in unteren Klassen tätig gewesen. Im
Dezember 1997 vereinbarte er schriftlich mit dem damaligen Vorstand der Klägerin, das
er ab 01.01.1998 in der Funktion des Übungsleiters die sportliche Leitung der 2.
Fußballmannschaft (Landesliga) des Vereins übernehmen sollte. Dabei waren auch in
Absprache mit dem Trainer des Regionalligateams Spielbeobachtungen vorgesehen.
Die gesamte Funktion sollte nebenberuflich selbständig ausgeübt werden. Zur
Abgeltung wurde ein monatliches Honorar in Höhe von 1.250,- DM vereinbart. Im
Übrigen solllte nach der schriftlichen Absprache der Übungsleiter (Trainer der
Landesligamannschaft) in der zeitlichen und inhaltlichen Gestaltung der
Trainingsinhalte frei sein und keinen Weisungen des Vereins unterliegen.
Trainingszeiten und Freundschaftsspiele wurden individuell nach Ermessen des
Übungsleiters festgelegt. Ihm wurde auch die Möglichkeit eröffnet, andere Aufträge
anzunehmen und durchzuführen. Die ihm im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit
zustehenden Aufwendungen und Kosten sollte der Beigeladene zu 2) insoweit selbst
tragen sowie das monatliche Honorar selbst versteuern. Der Beigeladene zu 2) war
zudem dazu berechtigt, nach eigenem Ermessen Hilfspersonen für seine Tätigkeit
hinzuzuziehen und sie eigenständig zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben als
Übungsleiter der Landesligaabteilung zu beauftragen. Dabei entstehende Kosten hatte
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er aber selbst zu tragen. Die Vereinbarung war auf unbestimmte Zeit geschlossen und
konnte jederzeit unter Verzicht auf wechselseitige Ansprüche durch die Beteiligten
aufgehoben werden.
Tatsächlich trainierte der Beigeladene zu 2) bis Mitte 2000 danach die
Landesligamannschaft der Klägerin. Zudem führte er zeitweise nach Absprache und auf
Veranlassung des zeitweiligen Trainers der Regionalligamannschaft W tatsächlich
auswärtige Spielbeobachtungen, überwiegend im ostwestfälischen W, durch. Für damit
verbundene Kosten rechnete er im Zeitraum vom 07.02.1999 bis 19.12.1999
insges.3.646,- DM ab auf der Basis von 7.010 km und einem km-Satz von 0,52 DM.
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Die Beklagte nahm von November 2001 bis April 2003 Betriebsprüfungen bei der
Klägerin vor. Mit Anhörung vom 19.11.2002 wurden u. a. beitragsrechtliche
Konsequenzen aufgrund der Zahlungen an den Trainer der 2. Mannschaft, nämlich die
Nachberechnung von Sozialversicherungsbeiträgen, in Aussicht gestellt. Die Beklagte
erteilte am 11.04.2003 einen Bescheid nach dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch (SGB
IV) über eine Nachforderung von insgesamt 11.568,10 Euro auf Grund diverser
Nachforderungsfälle. Mit Widerspruch vom Mai 2003 rügte die Klägerin u. a., dass der
Beigeladene zu 2) in seinem Hauptberuf als kaufmännischer Angestellter weiterhin
abhängig beschäftigt war und als Außendienstmitarbeiter deutlich höhere Einkünfte
bezogen hatte im Vergleich zum Honorar für seine Tätigkeit als Trainer der
Landesligamannschaft des Vereins. Insbesondere rügte die Klägerin jedoch die
fehlende Vergleichbarkeit der Tätigkeit des Landesligatrainers mit den Aufgaben und
der besonderen Verantwortung des Profitrainers für das Regionalligateam der Klägerin.
Insoweit sei der Beigeladene zu 2) als allenfalls nebenberuflicher Übungsleiter
anzusehen und nicht sozialversicherungspflichtig für diese Tätigkeit im
Vereinsinteresse.
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Bezüglich eines anderen, mit der Klage zuletzt nicht mehr weiter verfolgten,
Teilstreitgegenstandes, der Umwandlung von regulären Gehaltsansprüchen des
Beigeladenen zu 1.) in sog. Fahrgelder, suchte die Klägerin einstweiligen Rechtschutz
beim Sozialgericht (SG) Münster. Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung des Widerspruchs vom Mai 2003 lehnte das SG Münster jedoch mit Beschluss
vom 19.08.2003, S 14 RJ 57/03 ER; ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde der
Klägerin blieb ohne Erfolg, Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen
(LSG NRW) vom 10.12.2003, L 5 B 51/03 KR ER. Sodann schloss die Beklagte das
Rechtsbehelfsverfahren mit abschlägigem Widerspruchsbescheid vom 06.07.2004 ab.
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Mit der dagegen am 26.07.2004 erhobenen Klage begehrt die Klägerin zuletzt noch die
Aufhebung der Heranziehung zur Nachentrichtung von Beiträgen insbes. zur
gesetzlichen Rentenversicherung für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 2) als Trainer
der Landesligamannschaft. Zur Klagebegründung vertieft sie ihr
Widerspruchsvorbringen. So sei der Beigeladene zu 2) quasi als Trainer einer
Hobbyfußballmannschaft tätig geworden, eher im Rahmen der Förderung des
Breitensports, und nicht vergleichbar mit dem Regionalligateam , d.h. der 1. Mannschaft
des Vereins. Zudem sei in der tatsächlichen Durchführung, wie auch bereits im
Dezember 1997 schriftlich vereinbart, keine Ausübung von Direktionsrechten bzw.
arbeitgebertypischer Weisungsbefugnis von Seiten des Vereins gegenüber dem
Beigeladenen zu 2) erfolgt. Letztlich sei der Beklagten eine Beitragserhebung jedenfalls
für das Jahr 1998 verwehrt, da mit den angefochtenen ursprünglichen Bescheiden
ausdrücklich Beitragspflicht für den Beigeladenen zu 2) erst ab 01.01.1999
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angenommen und fälschlicherweise um 1 Jahr zu lang, bis zum 30.06.2001, festgestellt
worden war.
Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 11.04.2003 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 06.07.2004 unter Einschluss des Änderungsbescheides
vom 03.02.2005 aufzuheben soweit es die Feststellungen der Beklagten zum Bei-
geladenen zu 2) für den Zeitraum vom 01.01.1998 bis 30.06.2000 einschließlich betrifft.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bezieht sich zum Einen auf ihre angefochtenen Verwaltungsentscheidungen.
Darüber hinaus hat sie mit teilweise abändernden Bescheid nach § 96
Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 03.02.2005 die den Beigeladenen zu 2) betreffenden
Feststellungen umdatiert, und zwar nun auf den den Zeitraum vom 01.01.1998 bis
30.06.2000. Zudem wurde für den Beigeladenen zu 2) wegen Überschreitens der
maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenzen Versicherungsfreiheit zur Kranken- und
Pflegeversicherung für den streitbefangenen Zeitraum von Januar 1998 bis Juni 2000
einschließlich angenommen; die verbliebene Forderung insbes. von
Rentenversicherungsbeiträgen bezifferte die Beklagte im Änderungsbescheid vom
03.02.2005 zuletzt auf 3.867,36 Euro.
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Das Gericht hat die die Klägerin betreffenden 3 Bände Verwaltungsakten der Beklagten
und die Gerichtsakten des SG Münster zum einstweiligen Rechtschutzverfahren S 14
RJ 57/03 ER beigezogen. Zudem wurden im Termin zur mündlichen Verhandlung die
Beigeladenen zu 1.) und 2.), die keine Anträge gestellt haben, persönlich angehört.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der
beigezogenen Akte S 14 RJ 57/03 ER, SG Münster, sowie der 3 Bände
Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung,
Beratung und Entscheidungsfindung waren, in vollem Umfang verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Hinsichtlich des nach Einschränkung
des Klagebegehrens ohne Klageänderung gem. § 99 Abs. 3 2. Alt. SGG noch
anhängigen Teilstreitgegenstandes, versicherungspflichtige Beschäftigung des
Beigeladenen zu 2) bei der Klägerin vom 01.01.1998 bis 30.06.2000, waren die
angefochtenen Bescheide unter Einschluss des Bescheides vom 03.02.2005 nach § 96
SGG wie tenoriert aufzuheben. Denn die in diesen Verwaltungsakten enthaltenen
Entscheidungen der Beklagten, der Beigeladene zu 2) habe eine abhängige
Beschäftigung ausgeübt und Klägerin sei zur Beitragsnachentrichtung i.H.v. 3.867,32
Euro verpflichtet, sind rechtswidrig und beschweren die Klägerin i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1
SGG.
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Die Ermächtigungsgrundlage für die Bescheide der Beklagten als Trägerin der
Rentenversicherung ist § 28 p Abs. 1 S. 5 SGB IV, wonach Verwaltungsakte zur
Versicherungspflicht und Beitragshöhe u. a. in der Kranken-, Pflege- und
Rentenversicherung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den
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Arbeitgebern von den Trägern der Rentenversicherung erteilt werden. Materiell
verletzen die Bescheide der Beklagten vom 11.04.2003, 06.07.2004 sowie 03.02.2005
allerdings das geltende Recht, soweit der Beigeladene zu 2) als
versicherungspflichtiger Beschäftigter betrachtet wurde. Die hier noch streitige
Versicherungspflicht insbes. in der Rentenversicherung nach § 1 S. 1 Nr. 1 Sechstes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bzw. auch nach dem Recht der Arbeitsförderung, § 25
Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gilt nämlich nur für abhängig
Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind.
Zwar sind u.a. selbsständige Lehrer nach § 2 S.1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig in
der Rentenversicherung, sofern sie im Zusammenhang mit der Tätigkeit selbst keine
eigenen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Dazu können auch Lehrer
aus dem Bereich des allgemeinen Breitensports als Übungsleiter gehören. Diese
müssen dann allein Beiträge zur Rentenversicherung zahlen. Darüber ist in diesem
Streitverfahren bezüglich der Nachentrichtung von Arbeitnehmerpflichtbeiträgen durch
die Klägerin an die Beklagte aber nicht zu entscheiden. Im Übrigen wäre von der
Beklagten dann auch § 25 Abs. 1, Abs. 2, S. 6 SGB IV zu beachten und danach zu
beurteilen, in welchem Umfang überhaupt noch nachträglich tatsächlich
Beitragszahlungen vom Beigeladenen zu 2) innerhalb nicht rechtsverjährter Zeiträume
immerhin seit Januar 1998 nach erhoben werden könnten. Jedenfalls ist hier zur
Überzeugung der Kammer nicht festzustellen, dass der Beigeladene zu 2) als abhängig
Beschäftigter, mithin als Arbeitnehmer i.S.d. o.g. Pflichtversicherungstatbestände des §
1 SGB VI bzw. des SGB III, ab 1998 bis 30.06.2000 versicherungs- pflichtig für die
Klägerin tätig war.
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Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem
Arbeitsverhältnis § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind die
Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des
Weisungsgebers. Nach ständiger Rechtsprechung u. a. des Bundessoozialgerichts
(BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber
persönlich abhängig ist. Bedeutsame Anhaltspunkte sind u. a. die Eingliederung in den
Betrieb und das damit in aller Regel verbundene Direktionsrecht des Arbeitgebers.
Entscheidend ist, ob der zur Arbeitsleistung Verpflichtete die Tätigkeit im Wesentlichen
selbst bestimmen kann oder hinsichtlich Zeit, Ort und Art seiner Arbeitsleistung
bestimmten Weisungen des Arbeitgebers unterliegt. Die Weisungsbefugnis kann im
Einzelfall, gerade bei Diensten höherer Art, eingeschränkt sein. Sie muss jedenfalls
überwiegend fremdbestimmt bleiben, was der Fall ist, soweit sie von der Ordnung des
Betriebes geprägt wird, in dem die Dienstverrichtung geschieht. In Zweifelsfällen sind
alle Einzelumstände zu berücksichtigen, um eine Entscheidung nach dem Gesamtbild
der jeweiligen Arbeitsleistung bei Beachtung der Verkehrsanschauung zu treffen, BSG,
SozR 2200, § 165 Nr. 2. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen
Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag, BSGE 145, 199, 200; ausführlich, auch
zur abhängigen Beschäftigung von Sportlehrern/Übungsleitern, BSG, Urteil vom
18.12.2001, B 12 KR 8/01 R, bestätigend BSG, Urteil vom 12.02.2004, B 12 KR 26/02 R.
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Unter Berücksichtigung der schriftlichen Vereinbarung vom Dezember 1997 einerseits
und den ausführlichen eigenen Angaben des Beigeladenen zu 2) andererseits gelangt
die Kammer zu der Überzeugung, dass hier jedenfalls nicht die Merkmale für eine
abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 2) bei der Klägerin vorlagen. Ein
tatsächliches Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit
des Beigeladenen zu 2) und der Art und Weise, wie dieser seine Arbeit als Trainer des
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Landesligateams der Klägerin wahrnahm, vermag die Kammer danach in Gesamtschau
nicht anzunehmen. Der Beigeladene zu 2) war insoweit weitgehend weisungsfrei
gestellt. So trainierte er bei Trainingsbedarf nach selbstständiger Absprache mit den
Landesligaspielern. Die Interessen der im bezahlten Profifußball agierenden
Regionalligamannschaft genossen allemal regelmäßig Vorrang vor den Bedürfnissen
des Landesligakaders. Insgesamt ist der Beigeladene zu 2) nach seinen glaubhaften
Darlegungen ernstlich nicht als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer der Klägerin
anzusehen.
Auch die von der Beklagten unterstellte Vergleichbarkeit der Verhältnisse in der
Landesligamannschaft mit dem Regionalligateam vermochte die Kammer nicht zu
bestätigen. Insoweit ist nach den überzeugenden Bekundungen des Beigeladenen zu 2)
nachvollziehbar, dass die Landesligamannschaft gerade nicht die Durchgangsstation
zur Weiterqualifikation für die Regionalliga war. Das Interesse der damaligen
Vereinsführung galt vorrangig - und den sachlichen Umständen gemäß nachvollziehbar-
der Entwicklung des Regionalligateams. Vor dem Hintergrund ist auch nachvollziehbar,
dass die damalige Vereinsführung wiederholt erwogen hat, die gesamte
Landesligamannschaft aus dem Spielbetrieb abzumelden und dadurch freiwerdende
finanzielle Mittel für den Regionalligakader einzusetzen.
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Mit der Verneinung der abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 2) setzt sich
die Kammer auch nicht im Widerspruch zur bereits genannten Entscheidung des BSG
vom 18.12.2001, B 12 KR 8/01 R, NZA 2002, 550. Zwar verfügte der Beigeladene zu 2)
nicht etwa über eigene Betriebsstätten, also Trainingsplätze bzw. witterungsgeschützte
Trainingsräumlichkeiten, und hatte für das Training auch keine eigenen erheblichen
Mittel aufzubringen. Dies rechtfertigt aber noch nicht, bei ihm fehlendes
Unternehmerrisiko und zugleich insbes. Weisungsgebundenheit bzw. Eingliederung in
den Betriebszusammenhang der Klägerin als Arbeitnehmer anzunehmen. So kann das
Training für Fußballer auch auf fremden Plätzen, ob sie nun im Eigentum des
auftraggebenden Vereins, Kommunen oder Dritter stehen sollten, durchgeführt werden.
Der von der Beklagten im Laufe des Verfahrens gegebene Hinweis auf ein
Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom
21./22.11.2001 zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Übungsleitern in
Sportvereinen, rechtfertigt ebenfalls kein anderes Ergebnis, zumal die Gerichte der
Sozialgerichtsbarkeit an derartige bloss verwaltungsvereinfachende Auslegungs- und
Abgrenzungshilfen für die Beitragsüberwachung ersichtlich nicht gebunden sind. Im
Übrigen muss stets der Einzelfall maßgeblich bleiben.
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Vor allem die Regelungen in der schriftlichen Vereinbarung vom Dezember 1997, an
deren tatsächlicher Einhaltung die Kammer keinen Zweifel hat, sprechen aber
maßgeblich gegen die abhängige Tätigkeit des Beigeladenen zu 2). Danach hatte er
u.a. selbst für Vertretungen im Krankheitsfall zu sorgen. In der tatsächlichen
Durchführung oblag ihm dadurch auch im Falle eigener Verhinderung das
wirtschaftliche Risiko. So konnte er in einem Einzelfall zwar auf einen Bekannten als
Aushilfs- und Vertretungstrainer für die Landesligamannschaft unentgeltlich
zurückgreifen. Das beruhte nach den insoweit ebenfalls überzeugenden Darlegungen
des Beigeladenen zu 2) jedoch auf persönlicher Verbundenheit und sportlicher
Begeisterung. Jedenfalls war die Heranziehung von Hilfspersonen zur Durchführung der
Tätigkeit als Übungsleiter der Landesligamannschaft des Vereins eigenes Risiko des
Beigeladenen zu 2). Denn nach der schriftlichen Vereinbarung vom Dezember 1997,
Ziff. 10 S. 2, hatte er evtl. dafür entstehende Kosten grundsätzlich selbst zu tragen.
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Unabhängig von der monatlichen Pauschalzahlung in Höhe von 1.250,- DM war dem
Beigeladenen zu 2) damit im Krankeits- und sonstigen Verhinderungsfall insoweit auch
ein wirtschaftliches Risiko übertragen. Auch dies spricht maßgeblich gegen eine
Arbeitnehmereigenschaft. Denn bei Verhinderung eines Arbeitnehmers ist es Aufgabe
des Arbeitgebers, für dessen Vertretung Sorge zu tragen. Arbeitnehmer haben nach den
allgemeinen Regelungen ihre Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen und dürfen
sich dabei regelmäßig nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen. Damit liegt hier ein
maßgeblicher Unterschied zu der Entscheidung des BSG vom 18.12.2001, B 12 KR
8/01 R vor. Denn der Beigeladene zu 2) hatte laut Vereinbarung vom Dezember 1997
seine Vertretung im Verhinderungsfall selbst zu organisieren. Für die von ihm
organisierte Vertretung konnte er, wenn denn ein eigener Aushilfstrainer tatsächlich
nicht unentgeltlich eingesprungen wäre, rechtlich auch keinen Entgeltersatz
beanspruchen, vgl. dazu LSG Hamburg, Urteil vom 03.03.2004, L 1 RJ 114/02.
Des weiteren ist das vereinbarte Honorar in Höhe von 1.250,- DM monatlich nicht als
Arbeitsentgelt anzusehen gewesen. Insbes.ist für die Kammer nicht erkennbar, dass
vom Beigeladenen zu 2) die Tätigkeit als Trainer der Landesligamannschaft um dieses
Entgelt willen ausgeübt wurde. Eine entgeltliche Arbeitsverrichtung soll dann vorliegen,
wenn Zahlungen erfolgen, die wesentlich über einen Aufwendungsersatz hinausgehen.
Im Fall der Sportausübung ist diese dann nicht mehr Selbstzweck, sondern auch Mittel
zur Erzielung von Einkünften. Die Entgeltvereinbarung tritt insoweit dann an die Stelle
bzw. neben das sich aus der Mitgliedschaft ergebende Rechtsverhältnis, dazu
Bundesfinanzhof (BFH) in USK 92110, ebenso vertiefend, SG Kassel, Urteil vom
30.06.1997, S 7 Ar 205/97, rechtskräftig. Zu beachten ist hier aber, dass die monatliche
Honorarpauschale von 1.250,- DM sämtliche Aufwendungen und Kosten des
Beigeladenen zu 2) in Gänze abgelten sollte, Ziff. 7 der Vereinbarung vom Dezember
1997. Zu berücksichtigen sind dabei primär Fahrtkosten. Dies gilt einerseits für die
Gesamtzahl der mehrmals wöchentlich anfallendne Fahrten des Beigeladenen zu 2)
von seiner damaligen Wohnung in der N Innenstadt zum Trainingsgeläde des Q-
Stadions an der I-Straßen mit jeweils 3 bis 4 km einfacher Entfernung. Maßgeblich
hinzukommen jedoch noch alle Fahrten zu Auswärtsspielen im Rahmen der Landesliga.
So umfasst der räumliche Bereich der Landesliga einen regionalen Umkreis von
annähernd 100 km rund um den Vereinssitz in N, erstreckt sich mithin vom
Nordwestmünsterland bis in den Kreis Recklinghausen. Für die dabei anfallenden
Fahrtkosten zu Auswärtsspielen hatte der Beigeladene zu 2) nach der Vereinbarung
vom Dezember 1997 in vollem Umfang selbst aufzukommen. Die generell entstehenden
Fahrtkosten hat der Beigeladene zu 2.) auch tatsächlich aus dem Honorarfixum
bestreiten müssen. Dies zeigt sich u.a. daran, dass er für auswärtige
Spielbeobachtungen, überwiegend im ostwestfälischen W, entstandene Kosten von
Februar 1999 bis 19.12.1999 gesondert mit insges.3.646,- DM für 7.010 km bei der
Klägerin abrechnen musste. Zusätzlich zu berücksichtigen sind die auch gerade bei
Auswärtsspielenden anfallenden Spesen in Form zusätzlicher Verpflegungskosten,
Kosten für Sportkleidung und dergleichen, siehe auch Urteil des LSG Bayern vom
11.07.2003, L 8 AL 184/01. Schließlich war die Traineraufgabe blosse Nebentätigkeit
des Beigeladenen zu 2.), der im Hauptberuf als kaufmännischer Angestellter und
Außendienstmitarbeiter derart hohe Einkünfte bezogen hatte, dass die Beklagte selbst
wegen Überschreitens der maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenzen im Bescheid
gem. § 96 SGG vom 03.02.2005 für den streitigen Zeitraum seine Versicherungsfreiheit
zur Kranken- und Pflegeversicherung feststellen musste. Damit war das Honorar für
seine Tätigkeit als Trainer der Landesligamannschaft in Gesamtschau bei der
sportlichen Betätigung für dne Beigeladenen zu 2) auch nicht als Einkommen relevant
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bzw. nach Abzug umfangreicher Fahrtkosten etc. wirtschaftlich bedeutsam , vgl. ebenso
zu verbleibenden Einnahmen eines Sporttrainers: Urteil des LSG Bayern vom
11.07.2003, L 8 AL 184/01.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Die Entscheidung über das für den Streitwert maßgebliche Gerichtskostenrecht richtet
sich gemäß § 72 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 94 SGG nach dem Zeitpunkt der
Klageerhebung. Damit gilt für die hier Ende Juli 2004 erhobene Klage das ab
01.07.2004 anzuwendende neue Gerichtskostengesetz ( GKG n.F.). Die
Streitwertbemessung selbst folgt aus § 52 Abs. 1 GKG n.F:
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