Urteil des SozG Münster vom 23.07.1998

SozG Münster (1995, stellungnahme, erhöhung, abänderung, bericht, sgg, antrag, zystitis, beurteilung, zustand)

Sozialgericht Münster, S 10 VS 105/96
Datum:
23.07.1998
Gericht:
Sozialgericht Münster
Spruchkörper:
10. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 10 VS 105/96
Sachgebiet:
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 02.01.1996 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.10.1996 verurteilt,
den GdB der Klägerin ab 06.07.1995 mit 60 festzusetzen. Der Beklagte
hat der Klägerin die erstattungsfähigen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
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Die am XX.XX.XXXX geborene Klägerin begehrt von Beklagten nach dem SchwbG die
Feststellung eines höheren GdB als 30.
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Im Jahre 1994 stellte die Klägerin ihren ersten Antrag nach dem SchwbG. Sie fügte
ärztliche Befunde und ein Informationsblatt bei. Das Versorgungsamt holte einen Bericht
von Dr. C ein sowie eine gutachtliche Stellungnahme von Dr. C1 vom 13.05.1994. Der
schätzte den GdB mit 30 ein: 30 wegen der Harnblasenentzündung, je 10 wegen
Schuppenflechte, Reizmagen und Hörbehinderung. Mit Bescheid vom 26.05.1994
stellte das Versorgungsamt den GdB mit 30 fest.
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Am 06.07.1995 stellte die Klägerin einen Antrag auf Neufeststellung wegen des
Zustandes nach Blasenoperation und Neo-Blase. Das Versorgungsamt holte Berichte
des Dr. C und des Urologen Dr. U ein sowie eine gutachtliche Stellungnahme der Frau
Dr. S vom 24.10.1995. Mit Bescheid vom 02.01.1996 lehnte das Versorgungsamt die
Erhöhung des GdB ab und bezeichnete die Behinderungen neu. Dagegen legte die
Klägerin Widerspruch ein und fügte eine Liste ihrer Behandlungen bei. Der Beklagte
holte einen Bericht der Urologischen Universitätsklinik Münster vom 04.07.1995 ein. Mit
Widerspruchsbescheid vom 04.10.1996 wies das Landesversorgungsamt Nordrhein-
Westfalen den Widerspruch zurück.
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Am 29.10.1996 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, der GdB sei urologisch
unterbewertet. Sie legt Berichte der Urologischen Universitätsklinik vom 08.04.1994 und
01.03.1995 sowie Informationsschriften vor.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des Bescheides vom 02.01.1996 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 04.10.1996 den Beklagten zu verurteilen, den GdB ab
06.07.1995 mit 60 festzusetzen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Gericht hat sich vom Urologen Dr. U berichten lassen. Von Prof. Dr. I Urologische
Universitätsklinik Münster, hat es ein Gutachten (15.10.1997) und eine gutachtliche
Stellungnahme (29.03.1998) eingeholt. Dem tritt der Beklagte mit Stellungnahmen des
Urologen Dr. T entgegen. Wegen des Beweisergebnisses und zur näheren Darlegung
der weiteren Einzelheiten wird auf die Streitakten und die SchwbG-Akten des
Versorgungsamt Münsters, GZ: 000, Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist begründet.
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Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 02.01.1996 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 04.10.1996 beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG,
weil dieser Verwaltungsakt rechtswidrig ist.
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Die Klägerin kann vom Beklagten die Erhöhung des GdB auf 60 ab 06.07.1995
verlangen, denn insoweit ist eine wesentliche Änderung im Sinne der Verschlimmerung
urologischerseits eingetreten. Die Kammer folgt in ihrer Beurteilung den gutachtlichen
Äußerungen des Prof. Dr. I, die auch durch die vom Beklagten vorgelegten
Stellungnahmen des Urologen Dr. T nicht erschüttert werden. Bei der Klägerin besteht
eine chronische interstitielle Zystitis bei Zustand nach subtotaler Zystektomie,
Hysterektomie und Ovarektomie beiderseits mit Anlage einer leozökalaugmentation,
eine postoperativ bestehende weitestgehende Beschwerdepersistenz im Sinne eines
chronischen Schmerzsyndroms, eine rezidivierende Infektneigung der Darmersatzblase
und eine chronische, derzeit nicht-substitutionspflichtige, metabolisch-resorptive
Azidoseneigung. Diese Gesundheitsstörungen sind so in den maßgeblichen
"Anhaltspunkten" (1996) nicht aufgeführt. Die Situation der Klägerin ist am ehesten
durch die auf Seite 108 der Anhaltspunkte unter "chronische Harnblasenentzündung mit
Schrumpfblase (Fassungsvermögen unter 100 ml, Blasentenesmen)" beschriebene
Position wiedergegeben. Diese Krankheit bedingt einen GdB von 50 - 70. Der vom
Sachverständigen vorgeschlagene GdB von 60, der zugleich den Gesamt-GdB darstellt,
wird dem schwerwiegenden Krankheitsbild der Klägerin gerecht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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