Urteil des SozG München vom 29.06.2006

SozG München: eigenes verschulden, bedingter vorsatz, verjährungsfrist, regierung, kauf, aufschub, beitragspflicht, herbst, krankheit, säumnis

Sozialgericht München
Urteil vom 29.06.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 17 R 5626/04
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Säumniszuschläge wegen verspätet geleisteter Nachversicherungsbeiträge zahlen muss.
Die Versicherte war von 16.09.1996 bis 14.09.1998 beim Kläger in einem versicherungsfreien
Beschäftigungsverhältnis als Lehramtsanwärterin beschäftigt. Die Nachversicherung für diese Beschäftigungszeit
wurde im März 2004 durchgeführt. Mit Schreiben vom 22.03.2004 (Eingang 31.03.2004) wurden der Beklagten die
Nachversicherungsdaten mitgeteilt, die Wertstellung der Nachversicherungsschuld in Höhe von 7617,57 (14180,02
DM) erfolgte am 25.03.2004.
Mit Bescheid vom 04.10.2004 machte die Beklagte Säumniszuschläge auf Nachversicherungsbeiträge in Höhe von
4640,00 EUR geltend und forderte den Kläger zur Überweisung dieses Betrags unter Angabe der
Versicherungsnummer auf. Auf der Basis eines Fälligkeitstags am 15.12.1998 wurden der Berechnung 64 Monate
Säumnis zugrunde gelegt.
Am 15.10.2004 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Klage ein und erhob die Einrede der Verjährung. Zur
Anwendung komme die vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB
IV); bei Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge am 15.09.1998 sei Verjährung am 31.12.2002 eingetreten.
Auf den Vorhalt der Beklagten, dass der Anspruch auf den Säumniszuschlag auf verspätet gezahlte Pflichtbeiträge in
30 Jahren verjähre, weil die entsprechenden Beiträge bedingt vorsätzlich vorenthalten worden seien, macht der Kläger
geltend, dass ein vorsätzliches bzw. bedingt vorsätzliches Vorenthalten der Beiträge nicht vorliege. Dazu wird unter
Bezugnahme auf die als Anlagen beigefügten Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 10.12.2004 und vom
07.02.2005 folgender Sachverhalt geschildert:
Für die Entscheidung, ob ein Aufschubgrund besteht, sei in diesem Fall die Regierung von Oberbayern zuständig
gewesen (Verordnung über Zuständigkeiten für die Entscheidung über den Aufschub der Beitragszahlung vom
02.03.1993). Wenn geklärt sei, dass ein Aufschubgrund nicht besteht, erfolge die Weiterleitung des Vorgangs an die
Bezügestelle zur Durchführung der Nachversicherung. Die bei der Regierung von Oberbayern für die Nachversicherung
zuständige Sachbearbeiterin leide seit Jahren an einer schweren psychischen Erkrankung, die sich in den
zurückliegenden Jahren schleichend verschlechtert habe. Aufgrund der psychischen Erkrankung hätten sich bei ihr
auch ohne gehäufte Fehlzeiten wegen Krankheit große Bearbeitungsrückstände angesammelt. In den letzten Jahren
seien bei ihr folgende Fehltage wegen Krankheit angefallen: im Jahr 2000 neun Krankheitstage, in 2001 zwei
Krankheitstage, in 2002 sieben Krankheitstage, im Jahr 2003 110 Krankheitstage (seit 17.09.2003 durchgehend
erkrankt). Anlässlich erfolgter Rückfragen durch ihre Vorgesetzten betreffend den Arbeitsanfall sei von der
Sachbearbeiterin stets erklärt worden, dass sie auf dem Laufenden sei und es sich bei den ihr vorliegenden
Vorgängen um Wiedervorlagen handele. Da sich die psychische Erkrankung schleichend verschlechtert hätte, seien
Umfang und Ausmaß der bestehenden Bearbeitungsrückstände von den Vorgesetzten verkannt und erst im Herbst
2003 festgestellt worden, als wegen der eingetretenen Dauererkrankung der Sachbearbeiterin eine Umorganisation des
Arbeitsplatzes erfolgte. Bei den regelmäßig erfolgten Nachfragen zum Bearbeitungsstand habe es keinerlei Hinweise
darauf gegeben, dass die Aussagen der Sachbearbeiterin hierzu, nämlich dass sie auf dem Laufenden sei, nicht
zutreffend sein sollten. Deshalb sei auch keine Kontrolle erfolgt, ob diese Aussagen der zuständigen Sachbearbeiterin
tatsächlich zutreffend waren. Für eine Überprüfung habe auch deshalb kein Anlass bestanden, weil die
Nachversicherungsvorgänge von der Sachbearbeiterin an ihrem Arbeitsplatz geordnet und strukturiert verwaltet
wurden, der äußere Anschein somit keinen Anlass geboten habe, die Vorgänge zu überprüfen.
Der Kläger steht auf dem Standpunkt, dass die erst verspätet erfolgte Nachversicherung allenfalls auf einem
möglicherweise auch grob fahrlässigen Organisationsverschulden seitens der Regierung von Oberbayern beruhen
könne; dies reiche aber für Vorsatz im Sinn des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht aus. Zum Vorsatz gehöre ein
Wissens- und ein Willenselement. Das Bundessozialgericht (BSG) habe im Urteil vom 30.03.2000 (B 12 KR 14/99)
ausgeführt, dass zum Vorsatz das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestands festgestellt werden müsse, d.h.
anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner durch
Sachverhaltsaufklärung individuell ermittelt werden müsse. Im Zweifel trage der Versicherungsträger die Feststellung-
bzw. Beweislast für das Vorliegen des subjektiven Tatbestands des Vorsatzes. Die Beklagte könne also nicht, so wie
im vorliegenden und in zahlreichen anderen Fällen, pauschal und generell, vom Vorliegen einer 30jährigen
Verjährungsfrist ausgehen. Dass deren Auffassung nicht zutreffen könne, ergäbe sich schon daraus, dass andernfalls
die vom Gesetzgeber in § 25 Abs. 1 SGB IV ausdrücklich vorgenommene Unterscheidung, was die Dauer der
Verjährungsfrist bei vorsätzlichem bzw. lediglich fahrlässigem Vorenthalten der Beitragszahlung anbelange, keinen
Sinn machen würde.
Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 04.10.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Für die Frage der Anwendung der 30jährigen Verjährungsfrist kommt es aus ihrer Sicht nicht auf die individuellen
Gegebenheiten des Einzelfalls an. Im Ergebnis spiele es deshalb keine Rolle, aus welchen Gründen die
Nachversicherungsbeiträge nicht rechtzeitig gezahlt worden seien. Die Klägerin könne sich in ihrer Funktion als
Arbeitgeber nicht auf die Krankheit einer Mitarbeiterin zurückziehen. Die Grundsätze im Urteil des BSG vom
30.03.2000 seien erkennbar auf private Arbeitgeber ausgerichtet. Die Frage nach den Anforderungen an den
Tatbestand des vorsätzlichen Vorenthaltens von Beiträgen bei öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern bedürfe als
Rechtsfrage noch höchstrichterlicher Entscheidung. Die Beklagte sei der Auffassung, dass bei öffentlichen
Arbeitgebern, insbesondere bei der Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen, der Arbeitgeber im Ganzen zu
betrachten sei. Ob der einzelne Sachbearbeiter fahrlässig oder vorsätzlich handele, sei insoweit nicht von Bedeutung.
Entscheidend sei die Außenwirkung. Der Arbeitgeber handele bedingt vorsätzlich, wenn er nach Ablauf von drei
Monaten nach dem Ausscheiden des Beschäftigten noch keine Entscheidung über den Aufschub der
Nachversicherung oder die Zahlung der Beiträge getroffen hat. Der bedingte Vorsatz werde durch die Tatsache
begründet, dass er zu diesem Zeitpunkt von der Möglichkeit der Beitragspflicht ausgehen muss und die rechtswidrige
Unterlassung der Beitragszahlung billigend in Kauf nimmt (BSG vom 21.06.1990, 12 RK 13/89).
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Beklagtenakte Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Erhebt ein Land Klage, muss ein Vorverfahren nicht durchgeführt werden (§ 78 Abs. 1 Satz 2
Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Klage ist unbegründet und deshalb abzuweisen. Der streitgegenständliche Bescheid vom 04.10.2004 ist
rechtmäßig. Der Kläger muss die geforderten Säumniszuschläge zahlen, die von ihm erhobene Einrede der Verjährung
hat keinen Erfolg.
Die Beklagte hat gegen den Kläger Anspruch auf Zahlung von Säumniszuschlägen in Höhe von 4640 EUR. Gemäß §
24 Absatz 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags
gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des
rückständigen, auf 50 EUR nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Diese Regelung ist auch im Fall verspätet
entrichteter Nachversicherungsbeiträge anwendbar (BSG vom 12.02.2004, B 13 RJ 28/03 mit ausführlicher und
zutreffender Begründung). Die Nachversicherungsbeiträge wurden nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags am
15.09.1998 beglichen, sondern erst im März 2004. Berechnung und Höhe der erhobenen Säumniszuschläge sind nicht
streitig und diesbezügliche Fehler nicht ersichtlich. Keiner Vertiefung bedarf die Frage, ob die Beklagte zu Recht auf
den 15.12.1998 als dem für die Säumniszuschlags-Berechnung maßgeblichen Fälligkeitstag abgestellt hat oder ob
richtigerweise der 15.09.1998 (bei unversorgtem Ausscheiden der Versicherten am 14.09.1998) hätte zugrunde gelegt
werden müssen. Streitgegenstand sind nur die mit Bescheid vom 04.10.2004 geltend gemachten Säumniszuschläge.
Die Erhebung der Säumniszuschläge ist nicht durch § 24 Abs. 2 SGB IV ausgeschlossen. Diese Vorschrift lautet:
"Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender
Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine
Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte." Möglicherweise wird man die Anwendung dieser Regelung bei
Nachversicherungsfällen nicht schon daran scheitern lassen können, dass hier die Beitragsschuld typischerweise
nicht durch Bescheid der Beklagten als Beitragsgläubigerin festgestellt wird, sondern die Nachversicherungsbeiträge
vom Beitragsschuldner selbst ermittelt und eigeninitiativ gezahlt werden (§ 184 Abs. 1 und 3, § 185 Abs. 1
Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI). Dies kann aber dahingestellt bleiben. Die Rechtsfolge des § 24 Abs. 2
SGB IV tritt jedenfalls deswegen nicht ein, weil der Kläger nicht glaubhaft gemacht hat, dass er unverschuldet keine
Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Im Fall des unversorgten Ausscheidens eines Beschäftigten aus einem
versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis hat der Nachversicherungsschuldner regelmäßig Kenntnis von seiner
Zahlungspflicht. Diffizile Rechtsfragen wie sie oftmals bei sozialversicherungsrechtlichen Beitragsansprüchen
gegenüber privaten Arbeitgeben entstehen und zu klären sind, gibt es bei der Nachversicherung grundsätzlich nicht.
Im Angelegenheiten der Nachversicherung sind Unklarheiten und daraus resultierend eine unverschuldete Unkenntnis
von der Zahlungspflicht noch am ehesten vorstellbar im Zusammenhang mit der Frage des Bestehens von
Aufschubgründen (dazu BSG vom 12.02.2004, B 13 RJ 28/03), was bei vorliegendem Sachverhalt aber keine Rolle
spielt.
Der Durchsetzung des Anspruchs auf Säumniszuschläge steht auch nicht die vom Kläger erhobene Einrede der
Verjährung entgegen. Der Anspruch ist nicht verjährt. Die Verjährung richtet sich hier nicht nach der vierjährigen
Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, sondern nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, wonach Ansprüche auf
vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind,
verjähren.
Ansprüche auf Beiträge im Sinn des § 25 SGB IV sind auch Ansprüche auf Nebenleistungen (Nebenforderungen) wie
Säumniszuschläge, Verzugszinsen, Mahngebühren, Kosten der Vollstreckung. Die Anwendung der 30jährigen
Verjährungsfrist auf Nebenforderungen setzt nicht voraus, dass die Nebenforderungen vorsätzlich vorenthalten worden
sein müssten. Entscheidend ist vielmehr, ob die Beitragsansprüche vorsätzlich vorenthalten wurden (vgl. BSG vom
08.04.1992, 10 RAr 5/91).
Nach dem vom Kläger geschilderten, von der Beklagten nicht bestrittenen und vom Gericht zugrunde gelegten
Sachverhalt liegt eine vorsätzliche Vorenthaltung von Beiträgen vor. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die bei
der Regierung von Oberbayern für Nachversicherungsangelegenheiten zuständige Sachbearbeiterin
Nachversicherungsbeiträge bedingt vorsätzlich vorenthalten hat. Der Kläger muss sich dieses Verhalten zuzurechnen
lassen.
Für Vorsatz im Sinn des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ist das Bewusstsein und der Wille erforderlich, die Abführung der
fälligen Beiträge zu unterlassen. Dabei reicht es für das Eingreifen der 30jährigen Verjährungsfrist aus, wenn der
Schuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die
Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. Fahrlässigkeit, auch in den Erscheinungsformen
der bewussten oder der groben Fahrlässigkeit, genügt nicht. Notwendig ist die Feststellung des inneren (subjektiven)
Tatbestands des Vorsatzes; er muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls und bezogen auf den
betreffenden Beitragsschuldner individuell ermittelt werden (BSG vom 30.03.2000. B 12 KR 14/99 R; BSG vom
21.06.1990, 12 RK 13/89).
Der Fehler liegt hier auf der Ebene der Sachbearbeitung, wo die Beitragspflicht als solche der dafür zuständigen
Person selbstverständlich bekannt war. Sie hat die erheblich verzögerte Abführung der Nachversicherungsbeiträge
verursacht und auch billigend in Kauf genommen (bedingter Vorsatz). Die Elemente des Vorsatzes, Wissen und
Wollen bzw. billigende Inkaufnahme des rechtswidrigen Erfolgs, lassen sich konkret und individuell feststellen. Im
Aufgabenbereich der Sachbearbeiterin hatten sich erhebliche Bearbeitungsrückstände gebildet, die mehrere Jahre
zurückreichten, wie die vorliegende Sachverhaltsgestaltung zeigt (Fälligkeit der Nachversicherung im Herbst 1998,
Umorganisation des Arbeitsplatzes im Herbst 2003). Auf Nachfrage der Vorgesetzten teilte die Sachbearbeiterin stets
mit, dass sie auf dem Laufenden sei. Dabei muss ihr klar gewesen und bei jeder Nachfrage erneut bewusst geworden
sein, dass es in ihrem Arbeitsbereich eine Vielzahl nicht erledigter Nachversicherungsfälle gab und für diese
unerledigten Fälle jeweils das weitere Verfahren, nämlich Weiterleitung an die Bezügestelle zur Berechnung und
Überweisung der Nachversicherungsbeiträge, blockiert war. Dies nahm sie billigend in Kauf, statt ihre Vorgesetzten zu
informieren und um Hilfe zu bitten. Auf die Beweggründe für ihr Verhalten kommt es nicht an. Rechtlich unerheblich ist
auch die schleichende psychische Erkrankung der Sachbearbeiterin. Denn der geschilderte Sachverhalt bietet
keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass sie in den Jahren vor 2003 und schon Ende der 90iger Jahre
unzurechnungsfähig gewesen wäre.
Das Verschulden der Sachbearbeiterin, hier in Form des bedingten Vorsatzes, muss sich der Kläger gemäß § 278
Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zurechnen lassen. Danach hat der Schuldner ein Verschulden der Personen,
deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, im gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden.
Der Kläger hat sich zur Erfüllung seiner Nachversicherungs-Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten dieser
Sachbearbeiterin als Erfüllungsgehilfin bedient. § 278 BGB ist anwendbar, weil zwischen dem Kläger als
Beitragsschuldner und der Beklagten als Beitragsgläubigerin ein gesetzliches Schuldverhältnis besteht. Im Rahmen
der Nachversicherung trifft den Arbeitgeber eines unversorgt ausscheidenden Beschäftigten die Hauptpflicht
gegenüber dem Rentenversicherungsträger, die im Regelfall sofort fällig werdenden Nachversicherungsbeiträge zu
tragen und unmittelbar an den Rentenversicherungsträger zu zahlen (§§ 181 Abs. 5, 185 Abs. 1 Satz 1 SGB VI; BSG
vom 29.07.1997, 4 RA 107/95).
Bei diesen Gegebenheiten kommt es auf die von den Beteiligten diskutierte Frage, ob ein bedingt vorsätzliches
Vorenthalten von Beiträgen im Verhalten der Vorgesetzten (Organisationsverschulden) zu sehen ist, nicht an.
Im Übrigen ist im Hinblick auf den Vortrag der Beteiligten ergänzend Folgendes anzumerken:
Die Erläuterungen des BSG im Urteil vom 30.03.2000 (B 12 KR 14/99) sind, wie der Kläger zu Recht ausführt, auch
dann maßgeblich, wenn es um die Verjährung von Nachversicherungsschulden geht.
Nicht zutreffend ist die These der Beklagten, für die Frage der Anwendung der 30jährigen Verjährungsfrist komme es
nicht auf die individuellen Gegebenheiten des Einzelfalls an. Ebensowenig richtig sein kann die Annahme, ein bedingt
vorsätzliches Vorenthalten von Beiträgen liege stets vor, wenn der Arbeitgeber nach Ablauf von drei Monaten nach
dem Ausscheiden des Beschäftigten noch keine Entscheidung über den Aufschub der Nachversicherung oder die
Zahlung der Beiträge getroffen hat. Schon gar nicht nachvollziehbar ist die Argumentation, bei öffentlich-rechtlichen
Arbeitgeber, insbesondere bei der Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen, sei der Arbeitgeber im Ganzen zu
betrachten. Würde man nach Maßgabe der Auffassung der Beklagten verfahren, würde Vorsatz unterstellt bzw.
fingiert werden, nicht aber festgestellt werden. Dies wäre mit der Ausgestaltung des § 25 Abs. 1 SGB IV nicht
vereinbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Zu beachten ist § 2 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (Kostenfreiheit für den Kläger).
Die Berufung wird gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil die Kammer der Rechtssache grundsätzliche
Bedeutung beimisst.