Urteil des SozG München vom 06.05.2010

SozG München: einkommen aus erwerbstätigkeit, kündigung, schwangerschaft, kausalität, arbeitsunfähigkeit, gesundheit, gerichtsbarkeit, steuer, verwaltungsakt, form

Sozialgericht München
Urteil vom 06.05.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht München S 30 EG 186/09
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 03.06.2009 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 10.08.2009 wird
abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Elterngeldes.
Die Klägerin beantragte am 02.06.2009 beim Beklagten die Zahlung von Elterngeld wegen Erziehung ihrer am
XX.XX.2009 geborenen Tochter K. S ... Ein Attest vom 15.05.2009 bescheinigt ihr eine Arbeitsunfähigkeit während
der gesamten Schwangerschaft "aufgrund verschiedener schwangerschaftsbedingter Erkrankungen". Ihr
Arbeitsverhältnis hatte laut eigener Mitteilung und vorgelegtem Kündigungsschreiben des Arbeitgebers am 31.10.2008
geendet. Mit Bescheid vom 03.06.2009 bewilligte der beklagte Freistaat das beantragte Elterngeld. Für die die ersten
12 Lebensmonate des Kindes und somit den Zeitraum vom 25.04.2009 bis 24.04.2010 wurde außerhalb der Phase
des Bezuges eines anrechnungspflichtigen Mutterschaftsgeldes monatlich ein Zahlbetrag von EUR 616,57
festgesetzt. Zur Berechnung wurde erläutert, der Mutterschaftsgeldbezug ab 17.03.2009 bewirke eine Verschiebung
des maßgeblichen Zwölfmonatszeitraums. Ab 01.11.2008 sei die Klägerin in keinem Arbeitsverhältnis mehr
gestanden. Durch den Krankengeldbezug sei daher kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise
weggefallen. Für die Monate November 2008 bis Februar 2009 liege somit kein sog. Verschiebetatbestand vor.
Die Klägerin erhob hiergegen am 06.07.2009 Widerspruch. Sie betonte erneut ihre Arbeitsunfähigkeit während der
gesamten Schwangerschaft, also auch in den Monaten Ok-tober 2008 bis Februar 2009. Nach § 2 Abs. 7 des
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) vom 05.12.2006 hätten Monate unberücksichtigt zu bleiben, in
denen wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus
Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen sei. Die Klägerin habe ihre Arbeitsstelle verloren, weil sie wegen ihrer
Schwangerschaft krankgeschrieben gewesen war. Die Berücksichtigung der Monate November 2007 bis Februar 2008
würde ein wesentlich höheres Elterngeld bewirken.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.08.2009 zurück. Zur Begründung führte er aus,
wegen der Kündigung zum 30.10.2008 wäre bei der Klägerin unabhängig von der Krankschreibung ohnehin kein
Einkommen angefallen.
Die Klage verlangt die Berechnung des Elterngeldes auf der Basis des im letzten Jahr vor der zum 18.09.2009
erfolgten Krankschreibung erzielten Einkommens. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei unter dem Vorwand
des Arbeitsmarktes ausgesprochen worden, in Wirklichkeit jedoch wegen der schwangerschaftsbedingter Erkrankung
erfolgt. Sie sei nichtig mit der Folge eines Wiedereinstellungsanspruchs der Klägerin. Ihr stehe Elterngeld in Höhe von
EUR 858,95 anstelle von EUR 616,57 zu.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 03.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
10.08.2009 zu verpflichten, ihr Elterngeld unter Zugrundelegung eines maßgeblichen Zwölfmonatszeitraums vom
November 2007 bis Oktober 2008 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Akten des Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte
sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht
beim zuständigen Gericht erhoben. Mit dem Begehren einer teilweisen Aufhebung der angegriffenen Bescheide und
der Verurteilung zur Zahlung des höheren Elterngeldes ist sie als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage
zulässig.
Sie erweist sich jedoch in der Sache als unbegründet. Nach § 2 Abs. 7 S. 6 BEEG bleiben bei der Bestimmung der
zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zu Grunde liegenden Kalendermonate solche
Kalendermonate unberücksichtigt, in denen Einkommen aus Erwerbstätigkeit wegen einer schwangerschaftsbedingten
Erkrankung ganz oder teilweise weggefallen ist. Dieser Gesetzeswortlaut verlangt den Nachweis einer Kausalität
zwischen Erkrankung und Einkommensverlust. Der Beklagte hat zutreffend dargestellt, dass es nach einer bereits
erfolgten Kündigung des Arbeitsverhältnisses an dieser Kausalität fehlt. Die Beurteilung einer Kausalität geschieht
mithilfe der Überlegung, ob sich bei einem hypothetischen Verlauf ohne das strittige Tatbestandsmerkmal geänderte
Folgen ergeben hätten. Dies ist nicht der Fall: auch bei fortbestehender Gesundheit hätte die Klägerin Einkommen aus
einem Arbeitsverhältnis nach dessen Kündigung nicht erzielt.
Abwegig ist das gegenüber dem Sozialgericht erhobene Begehren, die seinerzeitige Kündigung des
Arbeitsverhältnisses für nichtig zu erklären. Für dieses Anliegen ist bekannt-lich der Rechtsweg zu den
Arbeitsgerichten gegeben. Keine Gerichtsbarkeit kann außer-halb seiner Zuständigkeit Vertragsverhältnisse oder per
Verwaltungsakt geschaffene Gestaltungen beispielsweise auf den weiten Feldern des Familien-, Arbeits-,
Staatsangehörigkeits-, Steuer- oder Beamtenrechts bewerten oder gar umgestalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).