Urteil des SozG München vom 09.10.2008

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Sozialgericht München
Urteil vom 09.10.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht München S 30 EG 49/08
I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 22.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 28.03.2008 verurteilt, dem Klä-ger für die Zeit vom 04.08.2007 bis 03.10.2007 Elterngeld nach Maßgabe der
Berechnungsvorschriften des BEEG zu gewähren. II. Der Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten
zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist der Anspruch auf Elterngeld. Der 1970 geborene Kläger beantragte am
24.07.2007 beim Beklagten die Zahlung von Elterngeld wegen Erziehung seiner am 2007 geborenen Tochter V. für die
Lebensmonate 7 und 8. Er wies durch Vorlage des Textes einer Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber nach, dass er in
der Zeit vom 06.08.2007 bis 24.09.2007 zwölf Tage unbezahlten Urlaub genommen hatte, an denen jeweils die
Pflichten zur Arbeitsleistung und zur Zahlung der Vergütung geruht hatten. Mit Bescheid vom 22.10.2007 lehnte der
Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller dürfe, um einen Anspruch auf Elterngeld
zu erwerben, keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausüben. Letzteres sei der Fall, wenn die wöchentliche
Arbeitszeit 30 Stunden im Durchschnitt des Monats nicht übersteige. Die für die Ermittlung des Anspruchs
notwendige Berechnung der Wochenstunden der Erwerbstätigkeit unter-scheide nicht zwischen Arbeitstagen und
Wochenenden. Es seien nur die tatsächlichen Kalendertage mit oder ohne Entgelt aus einer Vollzeitbeschäftigung
maßgebend. Der Klä-ger habe nur für die Arbeitstage unbezahlten Urlaub beansprucht, die Wochenenden sei-en vom
Arbeitgeber bezahlt worden. Nach der Gegenüberstellung der Kalendertage mit und ohne vom Arbeitgeber bezahltem
Entgelt werde die maximal zulässige Wochenstun-denzahl überschritten. Der Kläger erhob insoweit Widerspruch und
führte aus, es sei in seinem Fall nicht mög-lich, aus dem von seiner Firma gezahlten Gehalt für die Monate August
und September auf die Reduzierung seiner Arbeitszeit zu schließen. Anstelle der im 7. Lebensmonat (04.08.2007 bis
03.09.2007) vertraglich geschuldeten 160 Arbeitsstunden und der im 8. Lebensmonat (04.09.2007 bis 03.10.2007)
geschuldeten 168 Arbeitsstunden habe er nur 112 bzw. 120 Stunden geleistet. Der Beklagte wies den Widerspruch mit
Widerspruchsbescheid vom 28.03.2008 zurück. Er enthielt eine Berechnung, wonach der Kläger im 7. Lebensmonat
seines Kindes an 25 Kalendertagen (= 81 %) mit 40 Wochenstunden erwerbstätig gewesen sei, so dass im
Durchschnitt des Lebensmonats 81 % von 40 Wochenstunden anzusetzen seien. Dies ergebe eine durchschnittliche
Arbeitszeit von 32,4 Wochenstunden. Für den 8. Lebens-monat seien 24 Kalendertage (= 80 %) und somit 80 % von
40 Wochenstunden anzuset-zen, was eine durchschnittliche Arbeitszeit von 32 Wochenstunden ergebe. Die Klage
begehrt weiterhin die Zahlung eines Elterngeldes unter Berücksichtigung einer Absenkung der Arbeitszeit auf nicht
mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats. Im Gesetz werde nicht gefordert, die Arbeitszeit zu
reduzieren, sondern die Ar-beitszeit dürfe das Maximum von 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Lebensmonats
nicht übersteigen.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22.10.2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 28.03.2008 zur Zahlung des beantragten Elterngeldes zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Akten des Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte
sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsver-fahrens form- und fristgerecht
beim zuständigen Gericht erhoben und ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage auch statthaft. Die
zulässige Klage ist auch in der Sache begründet. Der Beklagte hatte § 1 Abs. 1 Nr. 4 des Bundeselterngeld- und
Elternzeitgesetzes (BEEG) anzuwenden, wonach Anspruch auf Elterngeld nur hat, wer keine oder keine volle
Erwerbstätigkeit ausübt. Nach Abs. 6 S. 1 der Vorschrift ist eine Person nicht oder nicht voll erwerbstätig, wenn Ihre
wöchentli-che Arbeitszeit 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats nicht übersteigt. Diese Voraussetzung ist
beim Kläger in den Lebensmonaten 7 und 8 seiner Tochter erfüllt. Der Beklagte kam nur deswegen zu einem anderen
Ergebnis, weil er mit einer Software arbeitet, die eine Absenkung monatlich geleisteter Arbeitsstunden aus der
Absenkung des Entgelts errechnet und hierbei Tage ausblendet, die er unter dem Aspekt der Arbeit wie auch dem des
Entgelts als neutral ansieht. Diese Berechnungsweise kann jedoch zu feh-lerhaften Ergebnissen führen.
Beispielsweise könnten für einen ganzen Lebensmonat so-wohl vier Samstage und vier Sonntage als auch 22 Tage
unbezahlten Urlaubs ausge-blendet werden und der Blick ausschließlich auf einen einzigen Tag mit acht Stunden be-
zahlter Arbeit gerichtet werden und sodann die Feststellung getroffen werden, für diesen Tag als einzig relevanten
Zeitraum des ganzen Monats sei die Arbeitspflicht nicht herab-gesetzt worden. Aus den Werten für diesen einzigen
Tag wäre dann auf den ganzen Le-bensmonat hochzurechnen mit der Folge eines theoretischen Ansatzes von mehr
als 160 Arbeitsstunden. Das Gericht hat nicht zu überprüfen, ob die vom Beklagten angewendete Berechnungs-
methode insgesamt zweckmäßig ist. Im streitgegenständlichen Einzelfall müssen ihre Er-gebnisse jedoch zwingend
nach dem Maßstab der tatsächlich geleisteten Stunden korri-giert werden. Deren Summe überschreitet die vom
Gesetz vorgeschrieben nicht die Zahl von 30 pro Woche. Der Kläger hat das Anliegen des Gesetzgebers erfüllt, den
Schwer-punkt seiner zeitlichen Inanspruchnahme vom Beruf auf die Kindererziehung zu verlagern. Die
Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).