Urteil des SozG Marburg vom 23.03.2011

SozG Marburg: gemeinschaftspraxis, ausgleichsfonds, rückführung, hessen, übereinstimmende willenserklärungen, vertragsarzt, auflösung, angestellter, aufteilung, innenverhältnis

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Gericht:
SG Marburg 12.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
S 12 KA 904/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 85 Abs 4 SGB 5, § 8 Abs 2
ErwHVGrs HE, § 3 Abs 3
ErwHVGrs HE, § 3 Abs 4
ErwHVGrs HE vom 26.06.2004,
§ 10 Abs 3 ErwHVGrs HE
Kassenärztliche Vereinigung Hessen - Gemeinschaftspraxis
- Rückführung der bis Ende 2005 angesammelten Beiträge
zur Erweiterten Honorarverteilung - Zahler der Beiträge zur
Erweiterten Honorarverteilung
Leitsatz
Die Rückführung der bis Ende 2005 angesammelten Beiträge zur Erweiterten
Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen hat an das einzelne
Mitglied einer - inzwischen aufgelösten - Gemeinschaftspraxis zu erfolgen.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.390,80 € zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Kläger hat 1/10, die Beklagte und der Beigeladene haben jeweils 4,5/10 der
Gerichtskosten zu tragen. Der Kläger hat der Beklagten und der Beigeladenen
jeweils 1/10 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die
Beklagte und die Beigeladene haben dem Kläger zu gleichen Teilen der
notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Weitere Kosten sind nicht zu
erstatten.
4. Der Streitwert wird auf 29.089,08 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zahlung aus der Auflösung und Rückführung des
EHV-Fonds in Höhe von 29.089,08 € an den Kläger anstatt an die Beigeladene.
Der Kläger ist Laborarzt. Er wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses für
Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 26.03.2002 für den
Vertragsarztsitz A-Stadt zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen. Der
Zulassungsausschuss genehmigte mit weiterem Beschluss vom 26.03.2002 die
gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit des Klägers mit vier weiteren Ärzten, die
bereits in Gemeinschaftspraxis tätig waren. Die Zulassung als Vertragsarzt des
Klägers endete zum 31.12.2005 infolge Verzichts des Klägers auf seine Zulassung
zugunsten der ab 01.01.2006 zugelassenen Beigeladenen (Beschlüsse des
Zulassungsausschusses vom 29.11.2005). Der Zulassungsausschuss genehmigte
mit weiterem Beschluss vom 29.11.2005 die Beschäftigung des Klägers in Vollzeit
bei der Beigeladenen ab 01.01.2006.
Die Kassenärztliche Vereinigung X1. teilte der Beklagten unter Datum vom
27.03.2009 mit, der Kläger sei als angestellter Arzt in YE. tätig, was vom
Zulassungsausschuss für Ärzte mit dem Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung
X1., Regierungsbezirk X-Stadt mit Wirkung vom 01.04.2009 genehmigt worden sei.
Der Kläger schloss mit der Beigeladenen einen Aufhebungsvertrag am 31.03.2009,
wonach das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt im gegenseitigen
Einvernehmen ende. Daraufhin stellte der Zulassungsausschuss mit Beschluss
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Einvernehmen ende. Daraufhin stellte der Zulassungsausschuss mit Beschluss
vom 30.06.2009 fest, dass die Anstellung des Klägers bei der Beigeladenen
geendet habe.
Der Kläger wandte sich mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten mit Datum
vom 16.06.2009 an die Beklagte und wies auf deren Mitteilung vom 10.07.2008
hin, wonach aufgrund des Beschlusses der Vertreterversammlung der Beklagten
die im Zeitraum IV/01 bis II/06 den EHV-Ausgleichsfonds zugeflossenen Gelder den
Einzahlern zurückzuerstatten seien und sich für ihn ein Betrag in Höhe von
29.988,74 €, abzüglich 3% Verwaltungskosten von 899,66 € noch ein Betrag in
Höhe von 29.089,08 € ergeben habe. Er bitte um Überweisung des Betrages, da
bisher eine Zahlung bei ihm nicht eingegangen sei.
Die Beklagte teilte daraufhin unter Datum vom 03.07.2009 mit, die Rückführung
aus dem EHV-Ausgleichsfonds sei an die Beigeladene geleistet worden, die ihr
gegenüber abgerechnet habe. Sie bitte insoweit, die Angelegenheit im
Innenverhältnis zu lösen.
Der Kläger hat am 18.08.2009 die Klage erhoben. Er trägt vor, er sei ordentliches
Mitglied der Beklagten gewesen. Bei der Rückführung aus den EHV-
Ausgleichsfonds handele es sich um einen höchstpersönlichen Anspruch des
einzelnen Mitglieds der Beklagten. Die Beigeladene sei erst zu einem späteren
Zeitpunkt gegründet worden. Er sei zuvor Mitglied einer Gemeinschaftspraxis
gewesen, die dann aufgelöst worden sei. Schon vor diesem Hintergrund könne mit
schuldbefreiender Wirkung nicht an die Beigeladene geleistet worden sein. Es sei
ihm unklar, was die Beklagte mit einer „Einigung im Innenverhältnis“ meine.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 29.089,08 € nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 01.08.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf § 9 des Aufhebungsvertrages zwischen dem Kläger und der
Beigeladenen, in dem ausdrücklich vereinbart worden sei, dass von dieser
Abgeltungsklausel nicht erfasst seien etwaige Ansprüche im Zusammenhang mit
der Auflösung EHV-Fonds (Rückführung des EHV-Fonds für den Zeitraum IV/01 bis
II/06). Sie bleibe daher bei ihrer Auffassung, dass der Kläger die Auszahlung des
Betrags im Innenverhältnis mit dem MVZ zu klären habe. Aufgrund eines anderen
Modells zur Lösung von demografischen Verwerfungen sei es weitestgehend zur
Auflösung des im Zuge der ersten EHV-Reform eingeführten Ausgleichsfonds
gekommen. Dies sei im Einzelnen in § 8 Abs. 2 der ab 01.07.2006 gültigen
Grundsätze der erweiterten Honorarverteilung in der geänderten Fassung ab
01.01.2007 am 27.05.2008 geregelt. Es handele sich bei der Rückführung aus dem
EHV-Ausgleichsfonds nicht um höchstpersönliche Ansprüche des einzelnen
Mitglieds der Beklagten. Gem. § 8 Abs. 2 der Grundsätze der erweiterten
Honorarverteilung sei der EHV-Ausgleichsfonds an die Vertragsärzte
zurückzuzahlen, die ihn aus ihrem Honorar gebildet hätte. Es habe kein
unmittelbarer Honoraranspruch des Klägers ihr gegenüber bestanden. In der Zeit
vom 01.01.2006 bis 04.06.2009 habe er vielmehr der an der vertragsärztlichen
Versorgung teilnehmenden Beigeladenen zugestanden. In der Zeit davor habe der
Anspruch der Gemeinschaftspraxis zugestanden. Nicht die einzelnen Mitglieder
der Gemeinschaftspraxis seien Gläubiger der Honorarforderung im Verhältnis zur
KV, sondern die Gemeinschaftspraxis als BGB-Gesellschaft selbst (so u. a. auch:
SG Marburg, Urteil vom 07.03.2007 – S 12 KA 59/07 –). Die Gemeinschaftspraxis
sei dann komplett in das beigeladene MVZ umgewandelt worden. Mit dem
Schreiben vom 17.07.2008 sei der Kläger lediglich auf den auf ihn anfallenden
Anteil aus dem EHV-Ausgleichsfonds informiert worden. Es handele sich um
Honorarzahlungen, so dass ein Zinsanspruch nicht bestehe.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das ursprünglich zugunsten des Fonds einbehaltene
Honorar hätte ausschließlich an die damaligen Leistungserbringer ausgeschüttet
werden müssen. Berechtigt gewesen wären also nur die im Zeitraum des Aufbaus
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werden müssen. Berechtigt gewesen wären also nur die im Zeitraum des Aufbaus
des Fonds aktiven Vertragsärzte bzw. die ärztlichen Gemeinschaftspraxen (bzw.
ggf. deren Rechtsnachfolger) oder medizinischen Versorgungszentren. Mit der
erfolgten Auszahlung an die damals aktiven Vertragsärzte habe die Beklagte eine
Honorarumverteilung vorgenommen, die von der Satzung nicht gedeckt sei.
Gläubiger der Honorarforderung sei die Gemeinschaftspraxis, nicht der einzelne
Gesellschafter. Bei der Rückführung des EHV-Ausgleichsfonds handele es sich um
Honorar, das den Berechtigten nunmehr - lediglich zeitversetzt – als solches
auszuzahlen wäre. Eine Zahlung der Beklagten an die einzelnen Mitglieder der
Gemeinschaftspraxis hätte die Beklagte von ihrer Zahlungspflicht nicht befreit. Der
erhöhte Vorwegabzug aufgrund des Ausgleichsfonds sei ohne Auswirkungen auf
die Entwicklungen der jeweiligen EHV-Punktekonten gewesen. Die Auflösung des
Ausgleichsfonds habe zu keinem Punkteverlust geführt. Die mit der Auflösung des
Fonds veranlasste Rückabwicklung müsse spiegelbildlich zum ursprünglichen
Einbehalt erfolgen. § 8 Abs. 2 GEHV sei insofern ungenau. Auch die
Gemeinschaftspraxen seien an der Rückzahlung zu beteiligen. Auf eine
Individualisierung der Beiträge komme es nicht an. Eine solche habe nicht
stattgefunden. Mit dem Kläger habe sie bisher keine Einigung über die Beiträge
erzielen können.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 11.01.2010 die Beiladung ausgesprochen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und
beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist,
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und mit
einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine
Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12
Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Kammer konnte dies ohne weitere
mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt
haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem
zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist zum überwiegenden Teil auch begründet. Der Kläger hat einen
Anspruch auf Zahlung von 26.390,80 €. Einen weitergehenden Anspruch hat er
nicht. Die Klage war daher im Übrigen abzuweisen.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von 26.390,80 €. Der Anspruch
besteht in der Höhe der Beiträge zur EHV, die bis zur Beendigung seiner
Zulassung als Vertragsarzt und der Gemeinschaftspraxis zum 31.12.2005
angefallen sind.
Rechtsgrundlage für den strittigen Zahlungsanspruch ist § 8 Abs. 2 der Grundsätze
der Erweiterten Honorarverteilung in der ab 01.07.2006 geltenden Fassung in den
geänderten Fassungen ab 01.01.2007 und 27.05.2008 (im Folgenden: GEHV
2007). Danach ist der in der Zeit vom 01.01.2001 bis 30.06.2006 gebildete
Ausgleichsfond bis auf einen Restbetrag in Höhe von 6 Mill. € aufgelöst. Der
verbleibende Betrag dient als Schwankungsreserve zur Abdeckung von Risiken aus
nach Abschluss des Quartals entstehenden Zahlungsverpflichtungen. Über die
Verwendung entscheidet der Vorstand in Abstimmung mit dem Beratenden
Fachausschuss EHV. Der EHV-Ausgleichsfond wird einschließlich der Zinserträge
an die Vertragsärzte zurückgezahlt, die ihn aus ihrem Honorar gebildet haben.
Nach § 3 Abs. 3 GEHV 2007 (bzw. Abs. 4 i.d.F. v. 26.06.2004) wird aber für jeden
Vertragsarzt ein eigenes EHV-Konto geführt.
Rechnen mehrere Vertragsärzte im Rahmen einer gegenüber der KV-Hessen
gemeinsam ab, so wird für jeden dieser Vertragsärzte ein getrenntes EHV-Konto
geführt und das anerkannte Gesamthonorar der an der Gemeinschaftspraxis
beteiligten Vertragsärzte zu gleichen Teilen aufgeteilt. Weisen die an der
Gemeinschaftspraxis beteiligten Vertragsärzte nach oder stellt die KV Hessen bei
einer Überprüfung von Amts wegen fest, dass diese Aufteilung von den
tatsächlichen Gegebenheiten der Leistungserbringung abweicht, so kann der
Vorstand eine andere Aufteilung beschließen. Eine rückwirkende Änderung auf
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Vorstand eine andere Aufteilung beschließen. Eine rückwirkende Änderung auf
Antrag ist nur für das letzte abgerechnete Quartal möglich.
Im Hinblick auf die Zahlung als Teil eines Honoraranspruchs geht die Beklagte
zunächst zutreffend davon aus, dass in der Zeit bis Ende 2005 der Anspruch auf
Rückführung des EHV-Fonds der Gemeinschaftspraxis als BGB-Gesellschaft
zugestanden hat. Dies ist aber insofern zu modifizieren, als die Grundsätze der
erweiterten Honorarverteilung mit der Zahlung im Sinne eine „Beitragsabführung“
eine Individualisierung dieser Beiträge vornehmen. So wird nach § 3 Abs. 3 GEHV
(bzw. Abs. 4 der früheren Regelungen) für jeden Vertragsarzt ein eigenes EHV-
Konto geführt. Das anerkannte Gesamthonorar der an der Gemeinschaftspraxis
beteiligten Vertragsärzte wird zu gleichen Teile aufgeteilt, sofern nicht eine
abweichende Regelung zu treffen ist. Soweit diese Aufteilung in erster Linie der
Feststellung des EHV-Anspruchs dient, so erfolgt aber im Rahmen der EHV auch
eine Zuordnung der Zahlungen auf den einzelnen Vertragsarzt.
Die Zahlung der Beiträge zur EHV erfolgt zwar durch die Gemeinschaftspraxis
durch Abzug von dem allein ihr und nicht dem einzelnen Vertragsarzt zustehenden
Honorar. Mit der Zuweisung auf ein EHV-Konto handelt es sich aber um einen
Beitrag des einzelnen Arztes und nicht der Gemeinschaftspraxis. Nur der einzelne
Vertragsarzt erwirbt einen Anspruch auf Teilnahme an der Honorarverteilung und
nicht die Gemeinschaftspraxis.
Von daher stehen die bis Ende 2005 angesammelten Beiträge dem Kläger zu.
Aber auch wenn man davon ausgehen wollte, dass Gläubiger der Beiträge die
Gemeinschaftspraxis ist - der Kläger hätte dann nur einen Anspruch auf Zahlung
an die Gemeinschaftspraxis -, so konnte die Beklagte an die Beigeladene nicht mit
schuldbefreiender Wirkung leisten.
Die Gründung der Beigeladenen ist rechtlich keine „Umwandlung“ der vormals
bestehenden Gemeinschaftspraxis bzw. Berufsausübungsgemeinschaft, wenn
auch in Hinblick auf die angestellten Ärzten weitgehend Personengleichheit
besteht. Die vormals bestehende Gemeinschaftspraxis hat nicht durch ihre
Mitglieder ein „neues“ Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) gegründet,
sondern Gründer des MVZ war allein ein vormaliges Mitglied der
Gemeinschaftspraxis. Es handelte sich damit in jedem Fall um eine Neugründung.
Von daher scheidet eine wie auch immer geartete Rechtsnachfolge der
Beigeladenen zu 1 bezüglich der bis Ende 2005 bestehende
Berufsausübungsgemeinschaft aus.
Die Rückabwicklung des EHV-Ausgleichsfonds folgt allein nach öffentlich-
rechtlichen Regelungen. Zivilvertragliche Regelungen können von der Beklagten
nicht berücksichtigt werden, jedenfalls insoweit, als nicht übereinstimmende
Willenserklärungen der Betroffen vorliegen, z. B. in Gestaltung einer
Abtretungserklärung.
Von daher ist nicht ersichtlich, auf welcher Rechtsgrundlage die Beklagte die hier
strittigen Zahlungen aus dem Ausgleichsfonds für den Zeitraum 01.07.2002 bis
31.12.2005 an die Beigeladene vorgenommen hat.
Im Übrigen war die Klage aber abzuweisen.
Der Kläger hat keinen weitergehenden Anspruch, insbesondere hat er für den
Zeitraum ab dem 01.01.2006 keinen Anspruch auf Rückzahlung. In dieser Zeit war
er angestellter Arzt der Beigeladenen.
Zahler der EHV-Beiträge sind aber ausschließlich die zugelassenen
Leistungserbringer, auch wenn Nutznießer der EHV-Beiträge Dritte sein können, so
angestellte Ärzte der Vertragsärzte oder eines Medizinischen
Versorgungszentrums.
Ein in einem MVZ angestellter Arzt ist nach § 10 Abs. 3 GEHV im Rahmen der
Grundsätze der EHV den zugelassenen Vertragsärzten unter Maßgabe der
nachfolgenden Ausführungen gleichgestellt. In MVZ angestellte Vertragsärzte
werden gemäß dem vom Zulassungsausschuss festgelegten Tätigkeitsumfang
anteilig berücksichtigt. Für in Medizinischen Versorgungszentren angestellte
Vertragsärzte werden die angeführten Prozentpunkte und bei Eintritt des
Versorgungsfalls die Ansprüche mit dem vom Zulassungsausschuss festgelegten
Tätigkeitsumfang anteilig quotiert. Sofern der angestellte Vertragsarzt im MVZ
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Tätigkeitsumfang anteilig quotiert. Sofern der angestellte Vertragsarzt im MVZ
unter Berücksichtigung des vom Zulassungsausschuss festgelegten
Tätigkeitsumfangs bei einem festgestellten Anspruch 20 % der jeweiligen
Punktzahl der Normalstaffel nicht erreicht, so entfallen die Ansprüche auf
Gewährung eines Mindestsatzes/einer Abfindung in den einzelnen Vorschriften.
Liegt der festgestellte Anspruch zwischen 20 % und 40 % der jeweiligen Punktzahl
der Normalstaffel, erfolgt die Mindestsatzzahlung/Abfindung in Form einer
einmaligen Zahlung unter Berücksichtigung der statistischen Lebenserwartung auf
Basis der berufsständigen Sterbetafel. Diese Regelungen gelten auch für
angestellte Vertragsärzte in Medizinischen Versorgungszentren, die ab dem
01.01.2005 zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen wurden, für die Zeit bis zur
Mitgliedschaft ab 01.01.2006.
Mit § 10 Abs. 3 GEHV hat der Satzungsgeber klargestellt, dass die in einem MVZ
angestellten Ärzte sowohl als aktive – vermittelt über ihren Arbeitgeber - als auch
als inaktive Ärzte an der EHV teilnehmen. Für die EHV-Beiträge zum Erwerb der
Anwartschaft und damit auch zur Finanzierung der EHV-Zahlungen hat aber das
MVZ als zugelassener Leistungserbringer nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V und
damit als Inhaber des Honoraranspruchs nach § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V
aufzukommen (zur Rechtmäßigkeit dieser Regelungen vgl. SG Marburg,
Gerichtsbescheid v. 10.07.2009 - S 12 KA 646/08 – www.sozialgerichtsbarkeit.de =
juris, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA /09 -).
Soweit auch für die EHV-Beiträge angestellter Ärzte eine Individualisierung auf
einem EHV-Konto erfolgt, so bleibt es dennoch bei einer Zahlung des MVZ als
Arbeitgeber. Der angestellte Arzt wird nicht beitragspflichtig, auch wenn er
Begünstigter der Beitragszahlung seines Arbeitgebers MVZ wird. Eine
Rückabwicklung kann insoweit nur über das MVZ als Beitragszahler erfolgen.
Ein Zinsanspruch besteht nicht. Vertragsärzte haben keinen Anspruch auf
Verzinsung rückständiger Honorarzahlungen (vgl. zuletzt BSG, Beschl. v.
11.03.2009 – B 6 KA 11/08 B – juris; SG Marburg, Urt. v. 26.11.2008 – S 12 KA
27/08 –, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Urt. v. 24.06.2009 – L 4 KA
3/09 –). Zahlung der EHV und auch Beitragsrückzahlungen sind Honorarzahlungen
gleichzustellen.
Die Kammer konnte, wie von der Beigeladenen beantragt, von der Beiladung der
ehemaligen Gemeinschaftspraxis absehen, da dieser nach Auffassung der
Kammer weder ein Rückzahlungsanspruch zusteht noch diese Rückzahlungen
bisher erhalten hat. Deren Rechte werden von der Entscheidung der Kammer nicht
berührt. Bereits von daher besteht keine Notwendigkeit, die Vertretungsbefugnis
des Herrn Dr. med. E. für die ehemalige Gemeinschaftspraxis anzuerkennen, wie
weiter von der Beigeladenen beantragt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 155 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsordnung. Die Quotelung erfolgte nach den Teilen des
Obsiegens und Unterliegens. Der Beigeladene war an den Kosten zu beteiligen, da
er einen Antrag gestellt und der Klage entgegengetreten ist.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes
bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn
ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der
Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden
Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1
und 2 GKG). Der Streitwert ergab sich aus der Klageforderung.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.