Urteil des SozG Marburg vom 08.10.2008

SozG Marburg: innere medizin, gemeinschaftspraxis, vergütung, versorgung, unechte rückwirkung, hessen, reformatio in peius, unterliegen, aufschiebende wirkung, subjektives recht

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 08.10.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 469/07
Hessisches Landessozialgericht L 4 KA 105/08
1. Unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale II/05 und III/05, beide in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 18.10.2007, wird die Beklagte verurteilt, den Kläger über seine Honoraransprüche unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Kläger hat ¾, die Beklagte hat ¼ der Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat ¼ der notwendigen
außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
4. Die Sprungrevision zum Bundessozialgericht wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars für die beiden Quartale II und III/05.
Der Kläger ist als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Lungen- und Bronchialheilkunde mit Praxissitz in
A-Stadt seit 1988 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In den Quartalen I/04 bis I/05 entwickelte sich seine
Honorarabrechnung wie folgt:
Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
I/04 II/04 III/04 IV/04 I/05 Bruttohonorar PK + EK in EUR 62.100,59 58.067,71 53.200,06 68.928,19 59.823,76 Fallzahl
PK + EK 1.137 1.063 935 1.193 1.026
Für die beiden streitbefangenen Quartale setzte die Beklagte das Honorar des Klägers durch Honorarbescheid fest. Im
Einzelnen nahm sie folgende Feststellungen vor, wobei die Angaben für das Quartal II/05 auf dem aus allgemeinen
abrechnungstechnischen Gründen ersetzten Honorarbescheid bestehen:
Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
Quartal II/05 III/05 Honorarbescheid v. 29.06.2006 12.08.2006 Bruttohonorar PK + EK in EUR 65.570,25 49.609,54
Fallzahl PK + EK 1.171 932 RLV oberer Pw in Ct. PK/EK 2,982/3,027 3,265/3,074 RLV unterer Pw in Ct. PK/EK
0,467/0,471 0,467/0,471
Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV - Fallzahlgrenze 1.083 Verbleibende Honorarforderung in Punkten
2.148.695,0 Fallzahl aktuell 1.157 Fallwert in Punkten 1.857,1 Anerkannte Honorarforderung in Punkten 2.045.595,7
Kürzung in Punkten- 103.099,3 Quote 95,2 %
Regelleistungsvolumen 7.5 HVV Fallzahl RLV 1.107 923 Fallwert RLV in Punkten 1.263,8 1.266,0 Praxisbezogenes
RLV in Punkten 1.398.924,0 1.168.518 Abgerechnetes Honorarvolumen in Punkten 2.148.695,0 1.543.530
Überschreitung in Punkten 749.668,4 375.012 Überschreitung in %- 53,6 32,1
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV Referenzfallwert in EUR 53,4757 55,1922 Referenzfallzahl 1.063 935
Honoraranspruch aktuell in EUR 52.457,61 44.403,08 Verbleibendes Honorar aktuell in EUR 45.046,48 39.485,86
Relevanter Fallwert in EUR 38,4684 42,3668 Relevante Fallzahl 1.171 932 Auffüllbetrag je Fall in EUR 12,3355 5,5863
Auffüllbetrag gesamt in EUR 13.112,64 5.206,46 Fallwert + Auffüllbetrag in EUR- 50,8039 47,9531 Fallwert +
Auffüllbetrag im Verhältnis zum Referenzfallwert- 95 % 86,9 % - Berechnung der Kammer
Gegen den Honorarbescheid für das Quartal II/05 legte der Kläger am 04.09.2006 Widerspruch ein. Er trug vor, die
Zuordnung der radiologischen Leistungen zu dem pneumologischen Regelleistungsvolumen sei unzulässig. Mit dem
Ansatz des Ordinationskomplexes und des pneumologisch-diagnostischen Komplexes werde der Rahmen des
Regelleistungsvolumens ausgeschöpft. In der Praxis bedeute dies, dass die radiologischen Leistungen fast nicht
honoriert würden. Dies sei rechtswidrig. Die Beklagte habe keinen gesetzlichen Auftrag, die Teilradiologie
abzuschaffen. Pneumologen ohne Teilradiologie und Pneumologen mit Teilradiologie würden gleich behandelt werden.
Bei der Ausgestaltung des Honorarverteilungsmaßstabes sei die Inhomogenität der Gruppe übersehen worden. Die
teilradiologischen Pneumologen veranlassten weniger teurere Leistungen wie z. B. CT-Untersuchungen. Er stelle
deshalb den Antrag, dass die radiologischen Leistungen aus dem Regelleistungsvolumen herausgenommen und durch
ein eigenes Regelleistungsvolumen begrenzt würden. Dies müsse auf der Grundlage der Abrechnungsdaten der
radiologisch tätigen Internisten mit Schwerpunkt Pneumologie bzw. der Lungenfachärzte berechnet werden.
Gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/05 legte der Kläger am 25.10.2006 mit gleich lautender Begründung
Widerspruch ein. Weiter führte er aus, die im EBM 2005 ausgewiesenen Komplexziffern basierten auf einem
Punktwert von 5,11 Cent. Die derzeit deutlich niedrigeren Punktwerte bedeuteten für die Fachärzte mit hohem
Fixkostenanteil eine unverhältnismäßige Kürzung der persönlichen ärztlichen Leistungen. Eine angemessene
Honorierung sei nicht mehr gegeben. Dies treffe alle deutschen Fachärzte. Dies sei ein klarer Rechtsbruch. Die
Vergütungsstruktur des neuen EBM 2005 für die Ermittlung der Fallpunktzahlen für die fachspezifischen Leistungen
sei nicht nachvollziehbar und gebe den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten
dargestelltes Verhältnis zu einander nicht sachgerecht wieder. Beispielhaft verweise er auf die Bronchoskopie, die
nach Ziffer 13662 EBM 2005 mit 2.735 Punkten angesetzt werde und selbst bei einem Punktwert von 5,11 Cent einen
Wert von 139,75 EUR ergebe, einen Betrag, der dem Aufwand und Umfang der Leistungen nicht annähernd gerecht
werde. Der weit unter der Kalkulationsgrundlage von 5,11 Cent liegende Punktwert führe zu einer Kostenunterdeckung.
Es verstoße gegen die gesetzliche Vorgabe der Vergütung zu einem festen Punktwert, wenn nach dem
Honorarverteilungsvertrag der vereinbarte Punktwert von 4,0 Cent ggf. weiter quotiert werden könne. Der Punktwert
innerhalb des Regelleistungsvolumens habe unterhalb des vereinbarten Punktwertes gelegen mit 3,5367 Cent im
Primärkassen- und 3,3295 Cent im Ersatzkassenbereich. Nach Abzug der Umlage für Notdienstleistungen habe der
Bruttopunktwert 3,448 Cent bzw. 3,246 Cent betragen. Die Regelleistungsvolumina seien zu gering bemessen. 24 %
der von ihm abgerechneten Leistungen seien nur mit dem Restpunktwert vergütet worden. Es habe jedoch keine
Ausweitung der Leistungsmenge vorgelegen. Nahezu alle Fachkollegen hätten das Regelleistungsvolumen
überschritten. Wenn kein Fachkollege in der Lage sei, das berechnete Regelleistungsvolumen einzuhalten, sei dies
ein deutliches Indiz dafür, dass das Regelleistungsvolumen als solches zu knapp kalkuliert sei. Allein für die
üblicherweise durchzuführende Mindestdiagnostik falle neben dem Ordinationskomplex (Ziffer 13211/13212 EBM
2005), dem Konsultationskomplex (Ziffer 13215 EBM 2005), dem pneumologisch-diagnostischen Komplex (Ziffer
13650 EBM 2005) sowie der Thoraxaufnahme in zwei Ebenen (Ziffer 34241 EBM 2005) eine Punktmenge von ca.
1.730 Punkten an. Hinzukämen noch weitere diagnostische und therapeutische Leistungen sowie solche aus dem
Bereich der Allergologie wie die Allergologie-Tests nach Ziffer 30110, 30111 EBM 2005, die üblicherweise häufig
durchzuführenden Hyposensibilisierungen gemäß Ziffer 30130 EBM 2005 sowie die weiteren im Bereich der
Pneumologie üblicherweise durchzuführenden Röntgenaufnahmen zur Diagnostik. Die Empfehlung des
Bewertungsausschusses laute, dass z. B. Leistungen der diagnostischen Radiologie im Rahmen der Teilradiologie
außerhalb des Regelleistungsvolumens mit einem festen Punktwert zu vergüten seien. Dies habe die Beklagte
versäumt. Die Ausgleichsregelung nach 7.5 HVV hätte zu einem Ausgleich in Höhe von 10,07 EUR führen müssen
(Differenzbetrag bis – 5 %). Jedoch habe aufgrund des zur Verfügung stehenden Honorarvolumens und durch die
notwendig gewordene zusätzliche Quotierung der Punktwerte der Fallwertverlust nicht in vollem Umfang ausgeglichen
werden können, es sei lediglich ein Auffüllbetrag in Höhe von 5,59 (entspreche 56 %) anerkannt und vergütet worden.
Der mit der Ausgleichsregelung beabsichtigte Sicherstellungseffekt werde konterkariert. Sein Widerspruch beziehe
sich auch auf die Bevorzugung der Gemeinschaftspraxen gegenüber den Einzelpraxen. Diesbezüglich hat sein
Prozessbevollmächtigter im Rahmen von ca. 200 weiteren Widerspruchsverfahren weiter vorgetragen. Die
Widersprüche richteten sich gegen die Tatsache, dass nach dem seit 01.04.2005 geltenden EBM 2005 Ärzte, die in
Gemeinschaftspraxen tätig seien, einen Aufschlag von mindestens 60 und höchstens 105 Punkten auf den
Ordinationskomplex erhielten. Dies verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 GG und die
Berufsausübungsfreiheit der in Einzelpraxis tätigen Ärzte (Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG). Außerdem erhielten nach
dem seit dem 01.04.2005 geltenden Honorarverteilungsvertrag der Beklagten Ärzte, die in Gemeinschaftspraxen tätig
seien, einen Aufschlag von mindestens 130 und höchstens 220 Punkten auf die Fallpunktzahl. Dies widerspreche
dem Gebot der leistungsproportionalen Vergütung bzw. dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Artikel 3 Abs.
1 i. V. m. Artikel 12 Abs. 1 GG). Soweit die Beklagte keine Verwerfungskompetenz bezüglich des Regelwerks habe,
werde dennoch im Hinblick auf ein sozialgerichtliches Verfahren zur Begründung weiter vorgetragen. Auch nach Teil
III Nr. 3.2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses gemäß § 85 Abs. 4a SGB V vom 29.10.2007 würden
Gemeinschaftspraxen bevorzugt werden. Die Fallpunktzahlen für Gemeinschaftspraxen würden als arithmetischer
Mittelwert der Fallpunktzahlen der in der Gemeinschaftspraxis vertretenen Arztgruppen berechnet werden. Die so
errechnete Fallpunktzahl erhöhe sich um 130 Punkte für arztgruppen- und schwerpunktgleiche Gemeinschaftspraxen
und um 30 Punkte je in einer arztgruppen- bzw. oder schwerpunktübergreifenden Gemeinschaftspraxis repräsentierten
Fachgebiet oder Schwerpunkt, jedoch um mindestens 130 Punkte und höchstens 220 Punkte. Die Vorgaben des
Bewertungsausschusses seien in § 6 Nr. 6.3 i. V. m. § 2 Nr. 2.1 Abs. 3 des HVV unverändert übernommen worden.
Unter Berücksichtigung der im Einzelnen dargestellten Grundsätze, wie sie insbesondere von der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts entwickelt worden seien, verstoße die Regelung in Abschnitt I Nr. 5.1 EBM 2005 gegen
höherrangige Rechtsgrundsätze. Bei der Bevorzugung von Gemeinschaftspraxen habe der Bewertungsausschuss
seinen Regelungsspielraum überschritten und seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt. Er habe sich
von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Die Besserstellung von Gemeinschaftspraxen greife unzumutbar in die
Berufsausübungsfreiheit der Einzelärzte gemäß Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG ein. Die Ärzte in Einzelpraxen erhielten
für die gleiche Leistung weniger Honorar. Damit würde auch Gleiches ungleich behandelt werden, was einen Verstoß
gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 GG darstelle. Bei der Regelung der "Zusatzpunkte"
nehme der Bewertungsausschuss keine Leistungsbeschreibung vor, sondern erlasse Abrechnungsregelungen. Die
Berufsausübungsfreiheit der Einzelärzte werde dadurch unangemessen beeinträchtigt. Das Normprogramm des EBM
nehme auf tatsächliche Verhältnisse Bezug, indem behauptet werde, der Behandlungsaufwand pro Fall sei in einer
Gemeinschaftspraxis höher als in einer Einzelpraxis. Die vorliegende Generalisierung durch Bevorzugung aller
Gemeinschaftspraxen habe keinen sachlichen Grund. Es werde eine Berechnung beigefügt, aus der sich ergebe, dass
sich ein Zuschlag von 60 Punkten bei den verschiedenen Fachgruppen völlig unterschiedlich auswirke. So habe
beispielsweise ein Augenarzt in einer Einzelpraxis bei einem 50jährigen Patienten einen Ordinationskomplex von 405
Punkten. Ein Augenarzt in einer zweigliedrigen Gemeinschaftspraxis habe dagegen einen Ordinationskomplex von
465 Punkten. Dies entspreche einer Differenz von 14,8 %. Ein Frauenarzt, der eine 40jährige Patientin in einer
Einzelpraxis behandele, habe einen Ordinationskomplex von 255 Punkten, in einer Gemeinschaftspraxis von 315
Punkten. Dies entspreche einer Differenz von 23,5 %. Am größten seien die Diskrepanzen bei den Allgemeinärzten
bzw. hausärztlichen Internisten. Hier führe eine Erhöhung des Ordinationskomplexes um 60 Punkte z. B. zu einer
Erhöhung zwischen 26,7 % bei Versicherten ab 60 Jahre, 38,7 % bei Versicherten bis 5 Jahren und 41,4 % bei
Versicherten von 5 bis 59 Jahren. Die "heckenschnittartige" Zuerkennung einer Erhöhung von 60 Punkten führe also
nicht nur dazu, dass der Arzt in der Gemeinschaftspraxis gegenüber dem Arzt in der Einzelpraxis bevorzugt werde,
sondern auch dazu, dass Ärzte in Gemeinschaftspraxis völlig unterschiedlich von der Erhöhung des
Ordinationskomplexes profitierten. Diese Regelungen seien nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und
Erprobungsregelung zulässig. Zum einen seien Besserstellungen in dem genannten Sinne nicht neu. Zum anderen
könnten Regelungen nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung toleriert werden, deren
Richtung bzw. Struktur von vornherein nicht stimme. Die konkrete Maßnahme der Besserstellung von
Gemeinschaftspraxen durch Erhöhung der Fallpunktzahlen wirke sich allerdings auf HVV-Ebene mindestens ebenso
ungerecht aus, als die Erhöhung des Ordinationskomplexes auf der bundesweit geltenden EBM-Ebene. So werde
beispielsweise ein Frauenarzt in einer zweigliedrigen fachgleichen Gemeinschaftspraxis gegenüber seinem Kollegen in
der Einzelpraxis durch den Zuschlag von 130 Punkten um 40,6 % besser gestellt, wenn er eine 60jährige AOK-
Versicherte behandele. Behandele er eine VdAK-Patientin, werde er um 34,4 % bevorzugt bzw. im Umkehrschluss der
Gynäkologe in der Einzelpraxis entsprechend benachteiligt. Die Differenz bei Allgemeinärzten betrage zwischen 12,3
und 30,7 %. Die nicht leistungsproportionale Vergütung werde dadurch verstärkt, dass im Bereich der Beklagten für
Primär- und Ersatzkassen unterschiedliche Fallpunktzahlen zugrunde gelegt würden. Diese Unterschiede würden
nochmals deutlich verstärkt, wenn man nicht nur auf den Bereich der Beklagten, sondern bundesweit die
Fallpunktzahlen vergleiche. Das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit sei verletzt, wenn selbst innerhalb der
Gemeinschaftspraxis von Fachgruppe zu Fachgruppe, von Kassenarzt zu Kassenarzt und von KV zu KV
unterschiedliche prozentuale Aufschläge gewährt würden. Erst recht gelte dies im Vergleich mit den entsprechend
benachteiligten Einzelpraxen. Soweit sozialgerichtliche Entscheidungen anderes aussagten, seien diese
Entscheidungen zur Rechtslage unter den bis II/03 geltenden Praxis- und Zusatzbudgets ergangen. Die Situation sei
nicht mit der heutigen vergleichbar, in der nach § 85 Abs. 4 a Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 7 und 8 SGB V der
Bewertungsausschuss Leistungsvolumina vorgebe, die von den Vertragspartnern der Honorarverteilungsverträge
umgesetzt werden müssten. Im EBM 1996 habe eine abgestaffelte Vergütung nach Fallzahlbereichen stattgefunden.
Ursprünglich sei vor gewesen, um Gemeinschaftspraxen nicht zu benachteiligen, deren Fallzahlen aufgrund der
höheren Behandlerzahl früher in die Abstaffelung einbezogen worden wären, einen Zuschlag zuzugestehen. Die
Abstaffelung nach Fallzahlbereichen sei aber noch vor Inkrafttreten dann auf jeden Arzt bezogen worden. Offenbar sei
dann übersehen worden, dass damit die Rechtfertigung für einen Fallpunktzahlzuschlag für Gemeinschaftspraxen
gemäß Ziffer 1.6 weggefallen sei. Schon damals sei die weiter geltende Bevorzugung von Gemeinschaftspraxen nicht
mehr sachgerecht gewesen. Abgesehen davon sei die angebliche Erfahrungstatsache falsch, dass die Zahl der
Patienten nicht proportional zu jedem voll tätigen Arzt steige. Unter dem EBM 2005 werde diese ungerechtfertigte
Bevorzugung der Gemeinschaftspraxen perpetuiert und noch gesteigert. Eine Abstaffelung der Fallpunktzahl um 35 %
setze gemäß Teil III Nr. 3.2.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 bei 150 % der
durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe ein. Für Gemeinschaftspraxen gelte aber nicht die durchschnittliche
Fallzahl einer Einzelpraxis. Es werde sowohl die Fallzahlobergrenze als auch die Abstaffelungsregelung pro Arzt
berechnet. Die Gemeinschaftspraxis stehe also nicht schlechter als der Einzelarzt. Unter dem früheren Recht sei
auch eine prozentuale Erhöhung der Fallpunktzahl für Gemeinschaftspraxen vorgesehen gewesen, was zu einer
leistungsproportionalen Vergütung zumindest innerhalb der verschiedenen Gemeinschaftspraxistypen
(fachgleich/fachübergreifend) geführt habe. Eine zweigliedrige Gemeinschaftspraxis habe unabhängig von ihrer
Besetzung einen Zuschlag von 10 % erhalten. Heute führe die Erhöhung um feste Punktwerte zu den genannten
Verwerfungen. Weniger als 1/3 der Vertragsärzte in Deutschland seien in einer Gemeinschaftspraxis organisiert. Von
den 94.599 Praxen im Jahr 2005 seien 15,3 % als fachgleiche und 3,4 % als fachübergreifende Gemeinschaftspraxen
organisiert, die übrigen würden als Einzelpraxen betrieben werden (81,3 %). Die ganz überwiegende Zahl der
Gemeinschaftspraxen werde demnach fachgleich betrieben. Es sei ungerecht, wenn der Gemeinschaftspraxis-Arzt
zwischen 15 und 40 % mehr für die gleiche Leistung bezahlt bekomme als der Kollege in der Einzelpraxis. In
Gemeinschaftspraxen arbeiteten auch die Ärzte zum Teil nur in Teilzeit. Es dürften jedoch nur Vollzeit arbeitende
Ärzte verglichen werden. Ein höherer Behandlungsaufwand in fachgleichen Gemeinschaftspraxen ergebe sich
allenfalls dann, wenn die Partner keinen Urlaub machten oder deshalb weniger Vertreterfälle induzierten. Jedoch
mache auch ein großer Teil der Gemeinschaftspraxen (gemeinsam) Urlaub und lasse sich vertreten, auch sei die
Reduktion an induzierten Vertreterfällen weit geringer als der Aufschlag. Die Tatsache, dass nur ein
Ordinationskomplex pro Quartal abgerechnet werden könne, sei durch das Mehr an Freizeit für den einzelnen
Gemeinschaftspraxis-Arzt gerechtfertigt. Eine Besserstellung der fachgleichen Gemeinschaftspraxen wäre nur dann
gerechtfertigt, wenn derselbe Patient im selben Quartal aus medizinischen Gründen von beiden Gemeinschaftspraxis-
Partnern behandelt werden müsse. Dies sei in der fachgleichen Gemeinschaftspraxis aber nicht erforderlich. Bei einer
eventuellen Subspezialisierung könne eine Einzelleistungsabrechnung über den Ordinationskomplex hinaus erfolgen.
Auch bei Überweisung aus einer Einzelpraxis an einen anderen Arzt für eine spezielle Untersuchung falle nicht eine
weitere Ordinationsgebühr an. Wenn man eine gewisse Kompensation habe gewähren wollen, wäre diese aus Gründen
der Honorarverteilungsgerechtigkeit auf fachübergreifende Gemeinschaftspraxen zu begrenzen. Aber auch dann sei
die Kompensationsregelung quantitativ weit überzogen. Die Komplexierung von Einzelleistungen treffe Einzel- und
Gemeinschaftspraxis gleichermaßen. In der Kommentarliteratur sei seinerzeit unterschiedlich argumentiert worden, es
sei auf die größere Anzahl von Patienten und die dadurch bedingte häufigere Überschreitung der
Durchschnittsfallzahlen bzw. auf das Aufgehen vieler Einzelleistungen in der Ordinationsgebühr abgestellt worden.
Beide Argumente überzeugten nicht. Eine "amtliche Begründung" für die Bevorzugung der Gemeinschaftspraxis
existiere nicht. In ländlichen Gebieten, die insbesondere bei Hausärzten nur mit Einzelpraxen versorgt werden
könnten, gefährde die Benachteiligung der Einzelpraxen die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung. Die
Notwendigkeit einer Abgeltung des interkollegialen Aufwands und der Kosten für konsiliarische Rücksprachen sei
nicht mehr aktuell. Im alten EBM sei die mit 50 Punkten bewertete Erörterung nach Nr. 44 zwischen zwei Partnern
einer fachgleichen Gemeinschaftspraxis nicht berechnungsfähig gewesen, jedoch zwischen Einzelpraxen. Im neuen
EBM gebe es diese Erörterungsziffer nicht mehr. Auch für Einzelpraxen sei die interkollegiale Erörterung in
Komplexen aufgegangen. Wolle man Gemeinschaftspraxen nur deshalb fördern, um das "Hin- und Herüberweisen" in
Praxisgemeinschaften einzudämmen, dann hätte man dies mit anderen Regelungen bzw. schärferen Prüfmethoden
tun können und müssen. Es treffe auch nicht mehr zu, die Privilegierung der Gemeinschaftspraxen hätte keine
nennenswerte Auswirkung auf den wirtschaftlichen Erfolg von vertragsärztlichen Einzelpraxen. Gemeinschaftspraxen
hätten ohnehin höhere Erträge als Einzelärzte. Die Klagebefugnis könne nicht bezweifelt werden. Rechtswidrige EBM-
Regelungen seien nichtig, da sie gegenüber den Ärzten wie Rechtsnormen wirkten (Normsetzungsvertrag).
Rechtswidrige HVM-Regelungen seien grundsätzlich unwirksam. Bei der Bildung von Fachgruppentöpfen führe eine
unwirksame HVV-Regelung zu einer Besserstellung der im Honorartopf befindlichen Ärzte. Würde die Privilegierung
der Gemeinschaftspraxen wegfallen, würde sich in dem konkreten Honorartopf das Honorar (Punktwert) erhöhen. Dies
würde dann allen im Fachgruppentopf befindlichen Ärzten, also sowohl den Einzelärzten als auch den
Gemeinschaftspraxis-Ärzten zugute kommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2007, dem Kläger am 24.10. zugestellt, wies die Beklagte die Widersprüche als
unbegründet zurück. Soweit es fraglich erscheine, ob die Widersprüche im Hinblick auf die Rüge der
Ungleichbehandlung von Einzelpraxen gegenüber Gemeinschaftspraxen mangels Beschwer als unzulässig
zurückzuweisen wären, so könne diese Frage dahingestellt bleiben, da die Widersprüche zumindest unbegründet
seien. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des EBM 2005 und des HVV liege nicht vor. Mit dem GKV-
Modernisierungsgesetz seien Neuerungen hervorgerufen worden, wonach u. a. nach § 85 Abs. 4 SGB V
arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen seien, bis zu denen, die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen
mit festen Punktwerten zu vergüten seien (Regelleistungsvolumina). Mit Beschluss vom 13.05.2004 habe der
Bewertungsausschuss zunächst die Einführung eines neuen EBM zum 01.01.2005 mit zugleich in Kraft tretenden
Regelleistungsvolumina beschlossen. Nachdem die Einführung des EBM 2005 jedoch wiederholt verschoben worden
sei, habe der Bewertungsausschuss schließlich durch Beschluss vom 29.10.2004 die Inkraftsetzung des EBM 2005
und die Einführung der Regelleistungsvolumina zum 01.04.2005 festgesetzt. Das Bundesministerium für Gesundheit
und Soziale Sicherung habe den Beschluss nicht beanstandet. Diese Vorgaben seien im Honorarverteilungsvertrag
umgesetzt worden. Soweit die angewandten Kostensätze als rechtswidrig und nicht nachvollziehbar gerügt würden, da
die betriebswirtschaftliche Kalkulation im Rahmen des EBM 2005 auf einer Punktwertbewertung von 5,11 Cent
basiere, könne dem jedoch nicht gefolgt werden. Der Bewertungsausschuss habe auch beschlossen, dass der
ursprüngliche Beschluss des Bewertungsausschusses vom 13.05.2004, der die Zugrundelegung eines Punktwerts
von 5,11 Cent vorgesehen habe, nicht zum Ansatz gekommen sei. Ein Punktwert von 5,11 Cent könne auch nicht
ausgezahlt werden, da einzig die mit den Krankenkassen vereinbarte Gesamtvergütung auf der Grundlage des § 85
Abs. 4 SGB V von ihr an die Vertragsärzte verteilt werden könne. Dabei errechne sich der jeweilige Punktwert, indem
zunächst die Honorarforderungen aller Vertragsärzte zu einem rechnerischen Punktwert der vorhandenen
Gesamtvergütung gegenüber gestellt würden. Soweit die Gesamtvergütung nicht ausreiche, um die
Honoraranforderungen mit diesem Punktwert zu befriedigen, seien Nachforderungen ihrerseits an die Krankenkassen
ausgeschlossen. Vielmehr müsse eine Quotierung erfolgen, die schließlich im Ergebnis zu dem ausgezahlten
Punktwert geführt habe. Die sozialgerichtliche Rechtsprechung habe diese Art der Vergütung seit langem als
rechtmäßig bestätigt. Nach den Feststellungen des Bundessozialgerichts (Urteil vom 09.12.2004, B 6 KA 44/03 R) sei
hinzunehmen, dass im Rahmen dieser Art der Vergütung bei einem Mengenzuwachs der Auszahlungspunktwert
absinke. Eine verstärkte Beobachtungspflicht halte es nur für den Fall für gegeben, dass dem Honorartopf nur eine
geringe Zahl von Leistungserbringern zugeordnet und der entsprechende Bereich in besonderem Maße von
Leistungsausweitungen durch medizinisch-technischen Fortschritt betroffen sei. Anhaltspunkte hierfür lägen nicht vor.
Gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 des Honorarverteilungsvertrages seien für die Fachgruppe der Fachärzte für Innere
Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie, der die Praxis des Klägers zuzuordnen sei, folgende arztgruppenspezifische
Fallpunktzahlen festgelegt:
Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
RLV-Fallpunktzahl Primärkassen Ersatzkassen Altersgruppe der Patienten in Jahren: 0 – 5 6 – 59 -) 60 0 – 5 6 – 59 -)
60 Fallpunktzahl lt. HVV 662 1.253 1.350 647 1.206 1.209
Bei der Festsetzung der Regelleistungsvolumina könne sie von den Vorgaben des Bewertungsausschusses nicht
abweichen. Zwar könne auch für weitere Differenzierungen, z. B. der Berücksichtigung mit/ohne Teilradiologie
abgewichen werden. Dies habe jedoch mit den Verbänden der Krankenkassen nicht vereinbart werden können. Der
Differenzierung werde dadurch Rechnung getragen, dass für Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt
Pneumologie gesonderte Fallpunktzahlen festgelegt worden seien. Der besondere Leistungsbedarf der Pneumologen
im Bereich radiologischer Leistungen habe Berücksichtigung gefunden. Die überschreitende Honorarforderung werde
auch noch zu einem unteren Punktwert vergütet. Eine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen komme nicht in
Betracht. Nach einem Beschluss des Vorstandes komme dies nur aus Gründen der Sicherstellung in Betracht. Für die
Beurteilung des Aspektes der Sicherstellung sei dabei maßgeblich, ob im Umkreis von 50 km ausreichend Ärzte zur
Verfügung stünden, die die vertragsärztliche Versorgung in diesem Bereich sicherstellten. Ein Sicherstellungsproblem
sei im Hinblick auf die vertragsärztliche Versorgung mit internistischen bzw. pneumologischen Leistungen für das
Gebiet in und um A-Stadt nicht zu konstatieren. Gemäß des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom
29.10.2004 sollten Leistungen der diagnostischen Radiologie, wenn sie nicht von Fachärzten für diagnostische
Radiologie erbracht würden, aus dem Arztgruppentopf zu vergüten sein und nicht dem Regelleistungsvolumen
unterliegen. Sie sollen dem Leistungsbereich 4.2 zugeordnet werden, sofern für die Vergütung dieser Leistungen
gesondert gesamtvertragliche Regelungen vereinbart seien. Der HVV sehe eine Zuordnung der Radiologieleistungen
zum Leistungsbereich 4.0 vor. Eine generelle Herausnahme dieser Leistungen aus dem Regelleistungsvolumen
scheide aus, da die Leistungsbereiche für extrabudgetär und vorab zu vergütende Leistungen abschließend definiert
seien und somit nicht mehr einseitig geändert werden könnten. Die Auffüllungsbeträge nach Ziffer 7.5 HVV seien
ordnungsgemäß ermittelt worden. Soweit kein vollständiger Ausgleich zur Grenze von 5 % vorgenommen worden sei,
entspreche dies den Vorgaben im HVV. Ein vollständiger Ausgleich könne nicht erfolgen, wenn das in der
Honorar(unter)gruppe zur Verfügung stehende Honorarvolumen durch die notwendig gewordene zusätzliche Quotierung
der Punktwerte nicht ausreiche. Die Gewährung von entsprechenden Zuschlägen für Gemeinschaftspraxen im
Vergleich zu Einzelpraxen sei bereits Bestandteil des EBM 1996 gewesen. Die seinerzeit eingeführten
Komplexgebühren und vor allem der Ordinationsgebühr seien viele bis dahin als selbständige
Gebührenordnungspositionen abrechenbare Leistungen aufgegangen. Im Hinblick auf das typischerweise größere
Leistungsspektrum in Gemeinschaftspraxen habe dies bedeutet, dass der in der Ordinationsgebühr aufgegangene
Anteil an Leistungen bei Gemeinschaftspraxen höher als bei Einzelpraxen gewesen sei. Dies sei der Grund für die
Zuschläge gewesen. Im EBM 2005 kämen Leistungskomplexen noch eine wesentlich größere Bedeutung zu. An der
Systematik habe sich nichts geändert. Die Fortführung der Zuschläge sei mithin gerechtfertigt. Zudem habe der
Gesetzgeber in § 87 Abs. 2 a Satz 1 SGB V alte Fassung vorgegeben, dass die im EBM für die ärztlichen Leistungen
aufgeführten Leistungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen, zu
Leistungskomplexen oder Fallpauschalen zusammen zu fassen seien. In der Gesetzesbegründung werde auf den in
der Regel höheren Behandlungsbedarf pro Patient bei einer kooperativen Versorgungsform hingewiesen, da in ihr
oftmals mehrere Ärzte an der Behandlung beteiligt seien. Der im EBM 2005 geregelte Aufschlag für
Gemeinschaftspraxen sei für sie verbindlich. Hinsichtlich des Aufschlags bei der Fallpunktzahl für
Gemeinschaftspraxen habe das Bundessozialgericht die Regelung mehrfach bestätigt. Die vom Bundessozialgericht
entwickelten Grundsätze könnten auf die aktuellen Zuschlagsregelungen übertragen werden. Den Regelungen lägen
sachliche Erwägungen zugrunde. Sie seien weder willkürlich, noch verstießen sie gegen grundgesetzliche Vorgaben.
Die Förderung von Kooperationsstrukturen stelle bereits allein ein ausreichendes Differenzierungskriterium für die
entsprechenden Zuschlagsregelungen dar. Die im Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004
getroffenen Regelungen zur Festlegung von Regelleistungsvolumen seien gemäß § 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V kraft
Gesetzes Bestandteil des Honorarvertrages geworden und somit für die Vertragsparteien bindend. Dies sei im HVV
korrekt umgesetzt worden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Vergütung liege nicht vor. Die
Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen in Gemeinschaftspraxen ermögliche häufig die Erbringung eines
Leistungsumfangs, der ansonsten nur durch die Konsultation verschiedener Leistungserbringer möglich gewesen
wäre. Dementsprechend höher sei der Punktzahlbedarf von Gemeinschaftspraxen. Der Bewertungsausschuss habe
auch in seine Betrachtung den Umstand einbezogen, dass sich der Leistungsumfang bei arztgruppen- bzw.
schwerpunktgleichen Gemeinschaftspraxen gegenüber dem arztgruppen- bzw. schwerpunktübergreifenden
Gemeinschaftspraxen geringer darstellen könne und habe insoweit entsprechende Differenzierungen festgelegt.
Hiergegen hat der Kläger am 19.11.2007 die Klage erhoben. Er ist unter weitgehender Wiederholung seines
Vorbringens im Widerspruchsverfahren weiterhin der Auffassung, die Privilegierung der Gemeinschaftspraxen bzw.
Benachteiligung der Einzelpraxen sei rechtswidrig. Weiter trägt er vor, der EBM 2005 mit den dazugehörigen
Beschlüssen des Bewertungsausschusses sowie der Honorarverteilungsvertrag verstießen gegen höherrangiges
Recht und seien rechtswidrig. Ein Honorarverteilungsvertrag mit Regelleistungsvolumina hätte bereits zum
01.07.2004, nicht erst zum 01.04.2005 abgeschlossen werden müssen. Auch der Beschluss des
Bewertungsausschusses sei zu spät ergangen. Die Leistungen innerhalb des Regelleistungsvolumens müssten mit
festen Punktwerten vergütet werden. Die Transcodierung der Leistungen nach dem EBM 1996 in Leistungen nach
EBM 2005 zur Bestimmung des Regelleistungvolumens sei von der hierfür nicht zuständigen KBV vorgenommen
worden und genüge nicht dem Rechtsstaatsgebot. Ein Arzt könne nicht nachprüfen, ob die Transcodierung korrekt
erfolgt sei. Das Gebot der Normenklarheit und das Bestimmtheitsgebot seien nicht beachtet worden. Der Beschluss
des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, da er praktisch alle
wesentlichen Entscheidungen delegiere. Mit Beschluss vom 01.06.2006 habe der Bewertungsausschuss die Formel
zur Ermittlung der Fallpunktzahl rückwirkend geändert. Die "Fallzuwachsbegrenzungen" würden nicht definiert werden.
Der "kalkulatorische Leistungsbedarf" als Berechnungsgrundlage sei aufgegeben worden. Es erfolge eine
"Sozialisierung" der ärztlichen Leistung insoweit, als die Punktwerte in einen Korridor von 20 % gepresst würden und
für alle Arztgruppen gleichermaßen ein kalkulatorischer Arztlohn von 95.000,00 EUR festgesetzt werde. Die ärztliche
unternehmerische Leistung lohne sich also nicht mehr. Dies greife in unzulässiger Weise in die
Berufsausübungsfreiheit ein. Es verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot, dass die Beschlüsse des
Bewertungsausschusses nicht mehr dem EBM zu entnehmen seien. Er rüge eine rückwirkende Inkraftsetzung des
Honorarverteilungsvertrages. Es seien keine festen Punktwerte für Leistungen innerhalb des Regelleistungsvolumens
vorgesehen. Die Regelung zur Fallzahlzuwachsbegrenzung im Honorarverteilungsvertrag sei in sich widersprüchlich
und unverständlich, da sie das Honorar begrenze und nicht die Zahl der Behandlungsfälle. Die "verbleibende
Honorarforderung" werde quotiert. Die Kompliziertheit der Regelung müsse zwangsläufig zu Umsetzungsfehlern
führen. Nicht nachvollzogen werden könne, welche Fallzahlen dann für das Regelleistungsvolumen maßgebend seien.
Die Vermischung von Honorarvolumen und Fallzahlen setze sich bei der Berechnung des Regelleistungsvolumens
fort. Unverständlich sei, weshalb der Vorstand Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen
vornehmen könne. Der Honorarverteilungsvertrag beziehe entgegen den Vorgaben des Bewertungsausschus¬ses
verschiedene Leistungen in das Regelleistungsvolumen ein. Hausärztliche und kinderärztliche Strukturleistungen nach
den Nrn. 0300 und 04000 EBM 2005 würden im fachärztlichen Versorgungsbereich vergütet werden, nämlich in der
Honorargruppe B 1. Fachärztlich tätige Kinderärzte dürften nicht dem hausärztlichen Versorgungsbereich,
Honorargruppe A 2.1, zugeordnet werden. Die Kombination verschiedener Honorarbegrenzungsmaßnahmen greife
unverhältnismäßig in die Berufsausübungsfreiheit ein. Weshalb eine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen
nicht in Betracht komme, müsse die Beklagte erläutern. Der Bereich der Teilradiologie werde bei dem
Regelleistungsvolumen nicht berücksichtigt. Ärzte mit und ohne Teilradiologie würden gleich behandelt werden, was
unzulässig sei.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale II/05 und III/05, beide in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2007, die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Quartale II/05 und III/05 ein
höheres vertragsärztliches Honorar zuzuerkennen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, ihn über seine Widersprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
bescheiden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, die Bildung
eines Regelleistungsvolumens sei rechtmäßig. Ein Punktwert von 5,11 Cent habe mit den Krankenkassen nicht
vereinbart werden können. Eine Quotierung sei zulässig. Die Zuschlagsregelung für Gemeinschaftspraxen sei
zulässig. An den Aufschlag beim Ordinationskomplex sei sie gebunden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die zulässige Klage ist im Hilfsantrag begründet.
Die Honorarbescheide für die Quartale II und III/05, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2007
sind rechtswidrig und waren daher abzuändern. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger unter der Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts über seinen Honoraranspruch neu zu bescheiden. Im Übrigen war die Klage aber
abzuweisen.
Die Honorarbescheide für die Quartale II und III/05, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2007
sind rechtswidrig.
Die Rechtswidrigkeit folgt bereits aus der Regelung nach Ziffer 6.3 der hier maßgeblichen Vereinbarung zwischen der
Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der AOK – Die Gesundheitskasse in Hessen, dem BKK Landesverband
Hessen, der IKK Hessen, dem Verband der Angestellten Krankenkassen e. V. (VdAK) – Landesvertretung Hessen,
dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassenverband e. V. – Landesvertretung Hessen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen
Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, der Krankenkasse für den Gartenbau und der Knappschaft zur
Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005 vom 10.11.2005, veröffentlicht durch die Beklagte als Anlage 2
zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung Landesstelle vom 10.11.2005 (im Folgenden: HVV), soweit mit dieser
Regelung der HVV gegen die zwingenden Vorgaben des Bewertungsausschusses verstößt.
Die Honorarbescheide sind insofern rechtswidrig, als die Beklagte Leistungen, die entsprechend den Vorgaben des
Bewertungsausschusses in seinem Beschluss vom 29.10.2004 dem Leistungsbereich 4.1 zuzuordnen sind, innerhalb
des Regelleistungsvolumens vergütet hat. Insofern ist auch die Berechnung des Regelleistungsvolumens fehlerhaft.
Die Festsetzung des Regelleistungsvolumens ist grundsätzlich rechtmäßig.
Nach Ziffer 6.3 HVV sind praxisindividuelle Regelleistungsvolumina zu bilden, da der Kläger zu den entsprechenden
Arztgruppen gehört.
Im Einzelnen bestimmt Ziffer 6.3 HVV:
Die im Abrechnungsquartal für eine Praxis zutreffende Fallpunktzahl bestimmt sich aus der Zugehörigkeit der Ärzte
einer Praxis zu einer in der Anlage 1 angeführten Arzt-/Fachgruppe unter Beachtung der angeführten Altersklassen.
Bei Gemeinschaftspraxen bestimmt sich die Höhe der in der einzelnen Altersklasse zu treffenden Fallpunktzahl als
arithmetischer Mittelwert aus der Fallpunktzahl der in der Gemeinschaftspraxis vertretenen Ärzte (gemäß Zuordnung
entsprechend Anlage zu Ziffer 6.3) verbunden mit folgender Zuschlagsregelung:
130 Punkte bei arztgruppen- und schwerpunktgleichen Gemeinschaftspraxen sowie bei Praxen mit angestellten
Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung gemäß Angestellten-Ärzte Richtlinien unterliegen,
alternativ
30 Punkte je in einer arztgruppen- oder schwerpunktübergreifenden Gemeinschaftspraxis repräsentiertem Fachgebiet
oder Schwerpunkt, mindestens jedoch 130 Punkte und höchstens 220 Punkte
Bei der Ermittlung der Zuschlagsregelung bleiben Ärzte aus Arztgruppen, für die gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 keine
arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen definiert sind, unberücksichtigt.
Die Zuschlagsregelung findet keine Anwendung bei Praxen mit angestellten Ärzten bzw. zugelassenen Ärzten, die
einer Leistungsbeschränkung gemäß Bedarfsplanungsrichtlinien bzw. Angestellten-Ärzte-Richtlinien unterliegen. Für
Ärzte bzw. Psychotherapeuten, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben,
richtet sich die Höhe der Fallpunktzahl in den einzelnen Altersklassen nach dem Schwerpunkt der Praxistätigkeit bzw.
dem Versorgungsauftrag mit dem der Arzt bzw. Psychotherapeut zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist.
Das im aktuellen Abrechnungsquartal gültige praxisindividuelle (fallzahlabhängige) Regelleistungsvolumen einer Praxis
bestimmt sich dann aus der Multiplikation der im aktuellen Quartal nach verstehender Vorgabe ermittelten
arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen und der Fallzahl der Praxis unter Beachtung der Aufteilung der relevanten
Fallzahlen in die verschiedenen Altersklassen.
Bei der Ermittlung der für die einzelnen Altersklassen gültigen relevanten Fallzahlen einer Praxis sind alle kurativ
ambulanten Behandlungsfälle (gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 BMVÄ bzw. § 25 Absatz 1 Satz 1 GKV
zugrunde zu legen, ausgenommen Behandlungsfälle, die gemäß Anlage 1 Und 2 zu Ziffer 7.1 Honorierung kommen,
Notfälle im organisierten ärztlichen Bereitschaftsdienst bzw. Notdienst (Muster 19 A der Vordruckvereinbarung),
Überweisungsfälle zur Durchführung ausschließlich von Probenuntersuchungen oder zur Befundung von
dokumentierten Untersuchungsergebnissen sowie Behandlungsfälle, in denen ausschließlich Kostenerstattungen des
Kapitels V. 40 abgerechnet werden. Die so festgestellten Fallzahlen reduzieren sich dabei (vorab der Berechnung des
praxisindividuellen (fallzahlabhängigen) Regelleistungsvolumens) aufgrund einer zuvor durchgeführten
fallzahlabhängigen Bewertung (Fallzahlbegrenzungsregelung) gemäß Ziffer 5.2, wobei die aus dieser Maßnahme
resultierende Reduzierung anteilig auf die Altersklassen zu verteilen ist.
Das nach dieser Vorschrift festgestellte Regelleistungsvolumen einer Praxis im aktuellen Quartal ist dann nachfolgend
für jeden über 150% der durchschnittlichen Fallzahl der Honorar(unter)gruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal
hinausgehenden Fall um 25% zu mindern.Die Feststellung der relevanten durchschnittlichen Fallzahl erfolgt bei
Gemeinschaftspraxen und Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung unterliegen, je in
der Gemeinschaftspraxis tätigen Arzt bzw. Psychotherapeuten.
Für die Bildung des Regelleistungsvolumens einer Praxis im Abrechnungsquartal gilt im Übrigen eine
Fallzahlobergrenze in Höhe von 200% der durchschnittlichen Fallzahl der Honorar(unter)gruppe im vergleichbaren
Vorjahresquartal. Überschreitet eine Praxis im aktuellen Abrechnungsquartal diese Fallzahlobergrenze, tritt diese
anstelle der praxisindividuellen Fallzahl bei der Ermittlung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens. Dabei
bestimmt sich im Falle von Gemeinschaftspraxen und Praxen mit angestellten Ärzten, die keiner
Leistungsbeschränkung unterliegen, die Fallzahlobergrenze aus den arztgruppenbezogenen durchschnittlichen
Fallzahlen im entsprechenden Vorjahresquartal je in der Gemeinschaftspraxis tätigen Art bzw. Psychotherapeuten.
Für Ärzte bzw. Psychotherapeuten, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen
ausüben, bestimmt sich die durchschnittliche Fallzahl im entsprechenden Vorjahresquartal für vorstehende
Bewertungsvorgaben bzw. Fallzahlobergrenze aus der Honorar(unter)gruppe, zu der sie nach dem Versorgungsauftrag
zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind.
Soweit in der Anlage zu Ziffer 6.3 Arztgruppen nicht aufgeführt sind, gehen deren Fälle und Honoraranforderungen
nicht in die Berechnung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens ein.
Der Vorstand der KV Hessen ist ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und
psychotherapeutischen Versorgung praxisbezogenen Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen
gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 vorzunehmen.
Die Kammer hält diese Regelungen, soweit sie hier streitbefangen sind, grundsätzlich für rechtmäßig. Diese
Regelungen beruhen auf Vorgaben des Bewertungsausschusses, die wiederum auf Vorgaben des Gesetzgebers
beruhen.
Nach § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung v. 20.12.1988, BGBl. I S. 2477
in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-
Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003, BGBl. I S. 2190 mit Gültigkeit ab 01.01.2005 (SGB V), verteilt die
Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung
verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§
73) (§ 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der
Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu
vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im ersten und zweiten Quartal 2004 erbrachten
vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab angewandt (§ 85
Abs. 4 Satz 2 SGB V). Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der
Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten
Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zu Grunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Im
Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten,
der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und
Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychotherapeutische Medizin sowie der
ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit
gewährleisten (§ 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen
gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden (§ 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat
Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen (§ 85 Abs.
4 Satz 6 SGB V). Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer
Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina) (§ 85 Abs. 4 Satz
7 SGB V). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende
Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V). Widerspruch und Klage
gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs. 4
Satz 9 SGB V). Die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen sind Bestandteil der
Vereinbarungen nach Satz 2 (§ 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V). Dabei bestimmt nach § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V der
Bewertungsausschuss Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 4 SGB V, insbesondere zur
Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung sowie für deren Anpassung
an solche Veränderungen der vertragsärztlichen Versorgung, die bei der Bestimmung der Anteile der hausärztlichen
und der fachärztlichen Versorgung an der Gesamtvergütung zu beachten sind; er bestimmt ferner, erstmalig bis zum
29. Februar 2004, den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen.
Der Bewertungsausschuss ist seinen Regelungsverpflichtungen nach § 85 Abs. 4a SGB V u. a. durch den Beschluss
in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen
Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 46
vom 12.11.2004, Seite A-3129 = B-2649 = C-2525) (im Folgenden: BRLV) nachgekommen. Darin bestimmt er, dass
Regelleistungsvolumen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V arztgruppenspezifische Grenzwerte sind, bis zu denen die von
einer Arztpraxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum (Arzt-Abrechnungsnummer) im jeweiligen
Kalendervierteljahr (Quartal) erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern des
Honorarverteilungsvertrages (ggf. jeweils) vereinbarten, festen Punktwert (Regelleistungspunktwert) zu vergüten sind.
Für den Fall der Überschreitung der Regelleistungsvolumen ist vorzusehen, dass die das Regelleistungsvolumen
überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten (Restpunktwerten) zu vergüten ist (III.2.1 BRLV).
Für die Arztpraxis oder das medizinische Versorgungszentrum, die bzw. das mit mindestens einer der in Anlage 1
genannten Arztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sind im Honorarverteilungsvertrag
nachfolgende Regelleistungsvolumen zu vereinbaren, für die dieser Beschluss die Inhalte der Regelungen vorgibt
(III.3.1 Abs. 1 BRLV). Die in 4. aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen unterliegen nicht den
Regelleistungsvolumen (III.3.1 Abs. 4 BRLV).
Die Kammer sieht in diesen Bestimmungen eine verbindliche Vorgabe des Bewertungsausschusses. Dies hat die
Kammer bereits für die von der Beklagten vorgenommene und gegen die Vorgaben des Bewertungsausschusses
verstoßende Einbeziehung von Dialyseleistungen in die Regelleistungsvolumina festgestellt (vgl. Urteil der Kammer
vom 26.09.2007 - S 12 KA 822/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Die hiergegen eingelegte Berufung hat das
Landessozialgericht zurückgewiesen (LSG Hessen, Urt. v. 23.04.2008 - L 4 KA 69/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de
= juris, Revision anhängig - B 6 KA 31/08 -). Es hat im Einzelnen dargelegt, dass ein Honorarverteilungsvertrag nach
der gesetzlichen Fiktion des § 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V aus einem Beschlussteil und dem zwischen den
Vertragspartnern vereinbarten Teil besteht, dass im Falle einer divergenten Regelung den bundeseinheitlichen
Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses der Vorrang zu kommt und dass die Vertragspartner des
Honorarverteilungsvertrags an die Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses in der Weise gebunden sind,
dass sie rechtswirksam keine abweichende Regelung treffen konnten. Dem folgt die Kammer vollumfänglich.
In der Anlage 1 BRLV werden unter den Arztgruppen, für die Arztgruppentöpfe gemäß III.1. BRLV und
Regelleistungsvolumen gemäß III.3.1 BRLV berechnet werden, die Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)
Schwerpunkt Pneumologie genannt. Entsprechend hat der HVV auch die Honorar(unter)gruppe B 2.10 "Fachärztlich
tätige Internisten mit Schwerpunkt Lungen- und Bronchialheilkunde (VfG 33 03) sowie Lungenärzte (VfG 45)" gebildet
und für "Fachärzte für Innere Medizin mit SP Pneumologie" gemäß der Anlage zu Ziff. 6.3 HVV die im
Widerspruchsbescheid genannten Fallpunktzahlen vorgegeben.
Mit dem GMG hat der Gesetzgeber die bisher als Soll-Vorschrift ausgestaltete Regelung zu den
Regelleistungsvolumina verbindlich vorgegeben. Dadurch soll erreicht werden, dass die von den Ärzten erbrachten
Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit
Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben wird. Leistungen, die den Grenzwert
überschreiten, sollen mit abgestaffelten Punktwerten vergütet werden; damit soll zum einen der Kostendegression bei
steigender Leistungsmenge Rechnung getragen werden, zum anderen soll der ökonomische Anreiz zur übermäßigen
Mengenausweitung begrenzt werden (vgl. BT-Drs. 15/1170, S. 79).
Regelleistungsvolumina dienen damit der Kalkulationssicherheit bei der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen
(vgl. Engelhard in: Hauck/Haines, SGB V, Kommentar, § 85, Rn. 256a f.; Freudenberg in: jurisPK-SGB V, Online-
Ausgabe, Stand: 26.02.2008, § 85, Rn. 164). Zum anderen haben sie aufgrund des Zwecks, der Kostendegression bei
steigender Leistungsmenge Rechnung zu tragen als auch den ökonomischen Anreiz zur Ausweitung der
Leistungsmenge zu verringern, auch den Charakter von Honorarbegrenzungsmaßnahmen (vgl. Engelhard, ebd.). Nach
Auffassung der Kammer steht aber angesichts der gesetzgeberischen Vorgaben der Gesetzeszweck der
Kalkulationssicherheit im Vordergrund, insbesondere auch im Hinblick auf eine begrenzte Gesamtvergütung bei
insgesamt steigenden Leistungsanforderungen.
Ein Ausnahmefall, der ein Abweichen vom festgesetzten Regelleistungsvolumen rechtfertigen würde, liegt nicht vor.
Der Kläger hat auch keine entsprechenden Gründe vorgetragen. Soweit er auf die von ihm betriebene Teilradiologie
verweist, dürfen diese Leistungen nicht in das Regelleistungsvolumen einbezogen werden.
Die Beklagte hat aber Leistungen, die entsprechend den Vorgaben des Bewertungsausschusses dem
Leistungsbereich 4.1 zuzuordnen sind (III.4.1 BRLV) und außerhalb des Regelleistungsvolumens zu vergüten sind, in
das Regelleistungsvolumen einbezogen. Dies ist rechtswidrig.
Nach Ziff. 6.3 HVV sind bei der Ermittlung der für die einzelnen Altersklassen gültigen relevanten Fallzahlen einer
Praxis alle kurativ ambulanten Behandlungsfälle zugrunde zu legen, ausgenommen Behandlungsfälle, die gemäß
Anlage 1 und 2 zu Ziffer 7.1 zur Honorierung kommen, Notfälle im organisierten ärztlichen Bereitschaftsdienst bzw.
Notdienst (Muster 19 A der Vordruckvereinbarung), Überweisungsfälle zur Durchführung ausschließlich von
Probenuntersuchungen oder zur Befundung von dokumentierten Untersuchungsergebnissen sowie Behandlungsfälle,
in denen ausschließlich Kostenerstattungen des Kapitels V. 40 abgerechnet werden. Anlage 1 und 2 zu Ziffer 7.1 HVV
betreffen Vorwegleistungen als extrabudgetäre Leistungen. Es handelt sich nach Ziffer 7.1 a) HVM um Leistungen
gemäß Anlagen 1 (Primärkassen) und 2 (Ersatzkassen), die aufgrund besonderer Regelungen und Vereinbarungen
abweichend von den allgemeinen Bestimmungen, gesondert zu vergüten sind. In den Anlagen 1 und 2 werden nicht
die Leistungen aufgeführt, die nach Abschnitt III.4.1 BRLV außerhalb des Regelleistungsvolumens zu vergüten sind.
Soweit nach Ziffer 6.4 HVV im Einzelnen aufgeführte Leistungen bzw. Leistungsbereichen nicht innerhalb des
Regelleistungsvolumens, sondern zu festen Punktwerten zu vergüten sind, handelt es sich nur z. T. um die in
Abschnitt III.4.1 BRLV genannten Leistungen.
So rechnete der Kläger für die radiologischen Leistungen nach Ziff. 34240, 34241, 34242 und 34248 EBM 2005 im
Quartal II/05 272.650 Punkte und im Quartal III/05 176.730 Punkte ab. Die Frequenzstatistik für das Quartal III/05 gibt
dabei an, dass diese Leistungen nur von 2 bis 20 Praxen der in der Fachgruppe des Klägers erfassten 29 Praxen mit
35 Behandlern erbracht werden. Daneben erbringt der Kläger Leistungen nach Ziff. 01210, 01600, 01601, 01602,
01610 und 01622 EBM 2005, im Quartal II/05 in einem Umfang von 231.945 Punkten und im Quartal III/05 von
161.355 Punkten, die die Beklagte ebf. entgegen der Vorgabe in III.4.1 BRLV in das Regelleistungsvolumen
einbezogen hat.
Hierdurch sind die Punktzahlen des Regelleistungsvolumens bereits fehlerhaft berechnet worden. Zudem sind
Leistungen bei der Anwendung des Regelleistungsvolumens einbezogen worden, die außerhalb hätten vergütet werden
müssen.
Der Bewertungsausschuss für hat die im Einzelnen aufgeführten Leistungen bestimmt, dass diese aus dem
Arztgruppentopf zu vergütenden Leistungen und Leistungsarten dem Regelleistungsvolumen nicht unterliegen (III.4.1
BRLV). Wie bereits ausgeführt sind die Vertragsparteien des HVV hieran gebunden und besteht keine Ermächtigung
für eine abweichende Regelung. Das bedeutet, dass die in Ziff. III. 4.1 BRLV aufgeführten Leistungen, Leistungsarten
und Kostenerstattungen, die nicht den Regelleistungsvolumina unterliegen, nicht unter dem Regime der
Regelleistungsvolumina abzurechnen sind (so zutreffend LSG Hessen, Urt. v. 23.04.2008, aaO., Rdnr. 32).
Von daher bedarf es keiner Änderung des HVV. Die Beklagte wird vielmehr die Punktzahlen für das
Regelleistungsvolumen ohne diese Leistungen neu berechnen und wird das Regelleistungsvolumen für den Kläger ebf.
ohne diese Leistungen festsetzen. Diese Leistungen sind dann mit einem entsprechend neu berechneten Punktwert
des Fachgruppentopfes zu vergüten. Ein Anspruch auf einen festen Punktwert von 5,11 Cent besteht aber mangels
einer Anspruchsgrundlage nicht. Für sie gilt auch nicht der sog. Kalkulationspunktwert von 5,11 Cent, da es für
diesen, wie sogleich ausgeführt wird, keine Rechtsgrundlage gibt.
Im Übrigen war die Klage aber abzuweisen.
Eine rechtswidrige Benachteiligung der Einzelpraxen gegenüber den Gemeinschaftspraxen war für die Kammer weder
im EBM 2005 noch im Honorarverteilungsvertrag zu erkennen.
Abschnitt III.3.2.2 BRLV gibt einen Aufschlag für die Regelleistungsvolumina vor. Diese Regelung hat der
Honorarverteilungsvertrag fast wortgleich übernommen. Danach gilt:
Bei Gemeinschaftspraxen bestimmt sich die Höhe der in der einzelnen Altersklasse zu treffenden Fallpunktzahl als
arithmetischer Mittelwert aus der Fallpunktzahl der in der Gemeinschaftspraxis vertretenen Ärzte (gemäß Zuordnung
entsprechend Anlage zu Ziffer 6.3) verbunden mit folgender Zuschlagsregelung: &8722; 130 Punkte bei arztgruppen-
und schwerpunktgleichen Gemeinschaftspraxen sowie bei Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer
Leistungsbeschränkung gemäß Angestellten-Ärzte-Richtlinien unterliegen, alternativ &8722; 30 Punkte je in einer
arztgruppen- oder schwerpunktübergreifenden Gemeinschaftspraxis repräsentiertem Fachgebiet oder Schwerpunkt,
mindestens jedoch 130 Punkte und höchstens 220 Punkte.
An die Regelungen im BRLV sind die Vertragsparteien gebunden. Ein Honorarverteilungsvertrag besteht nach der
gesetzlichen Fiktion des § 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V aus einem Beschlussteil und dem zwischen den
Vertragspartnern vereinbarten Teil, so dass im Falle einer divergenten Regelung den bundeseinheitlichen
Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses der Vorrang zukommt. Die Vertragspartner des
Honorarverteilungsvertrags sind an die Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses in der Weise gebunden,
dass sie rechtswirksam keine abweichende Regelung treffen konnten (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 23.04.2008, aaO.).
Soweit die Regelleistungsvolumina erhöhte Fallpunktzahlen für Gemeinschaftspraxen vorsehen, berücksichtigen sie
zunächst die Höherbewertung des Ordinationskomplexes im EBM 2005.
Nach dem seit 01.04.2005 geltenden EBM 2005 erhalten Ärzte, die in Gemeinschaftspraxen tätig sind, einen
Aufschlag von mindestens 60 und höchstens 105 Punkten auf den Ordinationskomplex (vgl. im Einzelnen Abschnitt I
"Allgemeine Bestimmungen" Nr. 5.1 EBM 2005). Diese Regelung hat der Honorarverteilungsvertrag der Beklagten
übernommen (vgl. § 2 Nr. 2.1 Satz 1 und 2.9.1 HVV). Der Zuschlag zum Ordinationskomplex im EBM 2005 und der
Zuschlag zum Regelleistungsvolumen nach Ziffer 3.2.2 BRLV widersprechen weder dem Gebot der
leistungsproportionalen Vergütung noch dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 12
Abs. 1 GG).
Das Bundessozialgericht hat bereits zur Privilegierung von Gemeinschaftspraxen bei der Festsetzung der
Fallpauschalen für das Praxisbudget nach dem EBM 1996 ausgeführt, es lasse ebenso wie das Berufungsgericht
offen, ob ein klagender Vertragsarzt in einer Einzelpraxis durch eine - unterstellte - Rechtswidrigkeit der Regelung der
Allgemeinen Bestimmungen A I, Teil B, Nr. 1.6 EBM 1996 über die Berechnung der Fallpunktzahl bei
Gemeinschaftspraxen und insbesondere über den Aufschlag von 10 v. H. für Gemeinschaftspraxen zwischen
Hausärzten oder Fachärzten derselben Gebietsbezeichnung beschwert sein könne. Es liege nicht auf der Hand, dass
der klagende Vertragsarzt bei Nichtigkeit der entsprechenden Regelung ein höheres Honorar erhalten würde, weil nicht
erkennbar sei, wie die Normgeber des EBM auf eine evtl. Feststellung der Unwirksamkeit der Begünstigungsregelung
in Nr. 1.6, aaO, EBM 1996 reagieren würden. Dies bedürfe jedoch keiner Vertiefung, weil die Frage, ob die Regelung
über den prozentualen Aufschlag zur Fallpunktzahl für Gemeinschaftspraxen im EBM 1996 rechtmäßig sei, keiner
Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfe. Sie sei vielmehr auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats zur
Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses (z. B. BSGE 89, 259, 264 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 34 S 192) ohne
weiteres zu bejahen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Bewertungsausschuss als Normgeber des EBM 1996 die ihm
zukommende Gestaltungsfreiheit im Rahmen des § 87 Abs. 2 SGB V verletzt haben könnte. Der Regelung über den
Aufschlag bei der Fallpunktzahl für Gemeinschaftspraxen lägen sachliche Erwägungen zu Grunde. Zum einen solle
die Tätigkeit in Gemeinschaftspraxen gefördert werden. Zum anderen trage die Regelung dem Bemühen Rechnung,
den interkollegialen Aufwand bzw. die Kosten für konsiliarische Rücksprachen zwischen den Partnern einer
Gemeinschaftspraxis abzugelten, zumal die mit 50 Punkten bewertete konsiliarische Erörterung nach Nr. 44 EBM
1996 zwischen zwei oder mehr Ärzten derselben Gebietsbezeichnung nicht berechnungsfähig sei, wenn diese
Mitglieder derselben Gemeinschaftspraxis seien. Selbst wenn sich der Normgeber bei der Einführung des Aufschlags
zur Fallpunktzahl für Gemeinschaftspraxen auch von der Erwägung hätte leiten lassen, die mit den Einschränkungen
bei der Ordinationsgebühr verbundenen Mindereinnahmen für Gemeinschaftspraxen zu kompensieren, um damit die
Attraktivität von Gemeinschaftspraxen gegenüber Praxisgemeinschaften zu steigern, wäre das nicht zu beanstanden.
Das gelte jedenfalls, solange die Regelungen über die Praxisbudgets nicht insgesamt dazu führten, dass eine
Einzelpraxis wirtschaftlich nicht mehr betrieben werden könne. Der Umstand, dass nach wie vor die Mehrzahl der
vertragsärztlichen Praxen in Deutschland Einzelpraxen seien, lasse es als ausgeschlossen erscheinen, dass die -
geringfügige - Privilegierung von Gemeinschaftspraxen bei der Festsetzung der Fallpunktzahl für das Praxisbudget
nennenswerte Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg von vertragsärztlichen Einzelpraxen habe (vgl. BSG,
Beschl. v. 28.01.2004 - B 6 KA 112/03 B – juris Rdnr. 11 f.).
Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen an. Sie sieht auch insofern für den Bewertungsausschuss und die
Vertragsparteien des Honorarverteilungsvertrages einen hinreichenden Gestaltungsspielraum, den diese nicht
überschritten haben. Es ist nicht erkennbar, dass diese sich von sachfremden Erwägungen hätten leiten lassen. Es
ist eine vertretbare Einschätzung des Bewertungsausschusses, wenn er von einem höheren Behandlungsaufwand pro
Fall in einer Gemeinschaftspraxis als in einer Einzelpraxis ausgeht. Dies gilt gerade auch unter Geltung des EBM
2005, der vermehrt zu Komplexziffern übergegangen ist. Gleichfalls obliegt es der Entscheidungsprärogative des
Bewertungsausschusses, wie hoch er diesen Mehraufwand schätzt und in welchem Umfang damit die Bildung von
Gemeinschaftspraxen gefördert werden soll. Die Zuerkennung von festen Punktezahlen als Zuschlag, unabhängig von
der Höhe des Ordinationskomplexes, ist im Rahmen einer dem Normgeber zustehenden Pauschalierung nicht zu
beanstanden. Sie führt jedenfalls nicht zu unvertretbaren Verzerrungen zwischen den Arztgruppen.
Eine Änderung der Rechtslage zum EBM 1996 ist nur insofern eingetreten, als mit dem GMG der Gesetzgeber
nunmehr ausdrücklich eine "Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen" verlangt (§ 85
Abs. 2a Satz 1 SGB V i.d.F.d. GMG). Nach der Begründung des insoweit unverändert angenommenen Entwurfs (BT-
Drs. 15/1525) wurde der Bewertungsausschuss dadurch verpflichtet, bei der Zusammenfassung von Einzelleistungen
zu Leistungskomplexen und Fallpauschalen die Besonderheiten von Gemeinschaftspraxen und anderen
Kooperationsformen zu berücksichtigen. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu ausdrücklich:
"Es wird klargestellt, dass bei der Festlegung der Fallpauschalen und Leistungskomplexe die Besonderheiten von
kooperativen Versorgungsformen zu berücksichtigen sind: so ist i.d.R. der anfallende Behandlungsaufwand pro
Patient bei der Behandlung durch eine kooperative Versorgungsform im Vergleich zur Behandlung durch eine
Einzelpraxis höher, da in der kooperativen Versorgungsform oftmals mehrere Ärzte an der Behandlung beteiligt sind. (
) Zur Förderung der Versorgung durch kooperative Versorgungsformen, beispielsweise medizinische
Versorgungszentren, sollen spezifische Fallpauschalen entwickelt werden, die den Besonderheiten dieser
Versorgungsformen Rechnung tragen." (BT-Drs. 15/1525, Zu Nummer 66 (§ 87), Zu Buchstabe d, Zu
Doppelbuchstabe aa)
Der Gesetzgeber geht damit davon aus, dass ein von ihm unterstellter Mehraufwand in Gemeinschaftspraxen durch
ein breiteres fachliches Spektrum und kollegiale Zusammenarbeit zu berücksichtigen ist und dass überhaupt
kooperative Versorgungsformen gefördert werden sollen. Es kann hier dahinstehen, ob und in welcher Weise hieraus
für den Bewertungsausschuss eine Verpflichtung folgte, kooperative Versorgungsformen im EBM und bei den
Regelleistungsvolumina begünstigend zu berücksichtigen. Jedenfalls war ihm dies in der vorgenommenen Weise nicht
verwehrt, da der Gesetzgeber ihn hierzu ausdrücklich ermächtigt hatte.
Die klägerseits gegen die Bewertungen des Bewertungsausschusses vorgetragenen Einwände, die sich letztlich auch
gegen die Vorgaben des Gesetzes richten, sind nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der Regelungen zu begründen. Es
handelt sich insgesamt um beachtliche berufspolitische Argumente, die im Rahmen der Einschätzungsprärogative des
Normgebers aber anders gewichtet und bewertet werden können, ohne dass hierdurch die Rechtswidrigkeit der
Entscheidung des Normgebers folgt. Angesichts der eindeutigen Vorgabe des Gesetzgebers geht dieser gerade von
einer Unterscheidung zwischen Einzelpraxen und kooperativen Versorgungsformen aus. Der Gesetzgeber gibt
insoweit eine ungleiche Behandlung vor. Die genannten Gründe hierfür können auch nicht als sachfremd bezeichnet
werden. An der Geltung der gesetzlichen Rechtsgrundlage hat die Kammer keine Zweifel. Angesichts der klaren
gesetzgeberischen Aussage folgt die Besserstellung auch nicht daraus, dass ursprünglich ein Ausgleich für eine
Gemeinschaftspraxen benachteiligende Fallzahlabstaffelung gewährt werden sollte, was dann aber, da Fallzahlen arzt-
und nicht praxisbezogen ermittelt werden, obsolet geworden wäre.
Darüber, ob der Behandlungsaufwand pro Fall in einer Gemeinschaftspraxis höher als in einer Einzelpraxis ist, liegen
verlässliche empirische Daten nicht vor. Soweit ersichtlich, beruft sich auch weder der Gesetzgeber noch der
Bewertungsausschuss auf solche Daten. Die klägerischen Einwände hiergegen sind aber jedenfalls nicht weniger
spekulativ als die des Normgebers. Insofern liegt es aber auf der Hand, dass im Regelfall zwei Vertragsärzte auch bei
gleicher Fachrichtung aufgrund unterschiedlicher Berufsbiographie nicht über ein vollständig identisches
Leistungsspektrum verfügen. Entscheidend ist aber, dass der Normgeber die kollegiale Zusammenarbeit, die auch bei
gleicher Fachrichtung vorliegen kann, berücksichtigen will, ohne hierfür spezifische Leistungslegenden zu schaffen,
und generell die Bildung von Gemeinschaftspraxen fördern will.
Soweit die Zubilligung fester und einheitlicher Zuschläge für Gemeinschaftspraxen zu prozentual unterschiedlichen
Erhöhungen der Ordinationsgebühr und der Regelleistungsvolumina führen, ist dies noch von der Möglichkeit des
Normgebers zur Pauschalierung gedeckt. Die klägerseits dargelegten prozentualen Abweichungen sind lediglich auf
eine einzelne Ziffer bezogen. Es ist folgerichtig, angesichts der Höherbewertung auch die Regelleistungsvolumina
schon um diesen Teil höher zu bewerten. Im Ergebnis führt die Erhöhung des Ordinationskomplexes aber pro Patient
zu einer Anerkennung gleicher Punktzahlvolumen. Gleiches gilt für die Regelleistungsvolumina. Im Hinblick auf die
genannten Regelungszwecke ist ein unmittelbarer und insoweit rechtlich zwingender Zusammenhang mit dem
Ordinationskomplex nicht ersichtlich, der zu einheitlich prozentualen oder weiter differenzierten Zuschlägen führen
müsste.
Der Kammer ist auch nichts ersichtlicht, dass die Benachteiligung der Einzelpraxen zu einer gesundheitlichen
Gefährdung der Bevölkerung geführt hätte oder führen würde. Das Bundessozialgericht hat bereits darauf
hingewiesen, dass der Umstand, dass nach wie vor die Mehrzahl der vertragsärztlichen Praxen in Deutschland
Einzelpraxen seien, lasse es als ausgeschlossen erscheinen, dass die - geringfügige - Privilegierung von
Gemeinschaftspraxen bei der Festsetzung der Fallpunktzahl für das Praxisbudget nennenswerte Auswirkungen auf
den wirtschaftlichen Erfolg von vertragsärztlichen Einzelpraxen habe. Dies gilt auch aktuell für die hier strittigen
Regelungen. Von daher vermochte die Kammer auch keinen Zusammenhang zwischen der Absicht, sich
vertragsärztlich niederzulassen, und den hier strittigen Regelungen zu erkennen. Auch ist nicht erkennbar, dass
aufgrund der hier strittigen Regelungen eine Einzelpraxis wirtschaftlich nicht mehr betrieben werden könnte.
Soweit die Beklagte für die Leistungen innerhalb des Regelleistungsvolumens keinen festen, im Vorhinein fest
vereinbarten Punktwert vergütet hat, war dies von der Kammer nicht zu beanstanden. § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V sieht
zwar vor, dass insbesondere arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen sind, bis zu denen die von einer
Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina). Entsprechend
sieht Ziffer 6.4 HVV zunächst vor, dass die nach Abzug der Vorwegvergütungen und zu festen Punktwerten
vergüteten Leistungen dann noch verbleibenden Honorarforderungen der Praxis der Bewertung mit einem Punktwert
von 4,0 Ct. bis zu dem nach Ziffer 6.3 HVV für das aktuelle Quartal festgestellten praxisindividuellen
Regelleistungsvolumen unterliegen. Darüber hinausgehende Honorarforderungen sind mit einem Punktwert von
mindestens 0,51 Ct. zu bewerten.
Die Kammer hält die Vertragsparteien des Honorarverteilungsvertrages aber für gerade noch befugt, diesen Punktwert
zu quotieren, d. h. davon abhängig zu machen, welches Honorarvolumen den abgerechneten Leistungen
gegenübersteht, soweit die Quotierung auf honorarvertraglicher Grundlage erfolgt.
Für die hier maßgebliche fachärztliche Versorgungsebene sieht Ziffer 2.2 der Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.2 HVV vor,
dass, reicht der zur Verfügung stehende Anteil am Verteilungsbetrag in einer Honorar(unter)gruppe zur Honorierung der
angeforderten Leistungen nicht aus, eine Quotierung aller Honorarforderungen innerhalb des Regelleistungsvolumens
und damit des Punktwertes von 4,0 Ct. zu erfolgen hat. Soweit die so festgestellten Quoten um mehr als 15 %
Punkte von der nach gleicher Vorgehensweise über alle Honorar(unter)gruppen der Honorargruppe B 2 gebildeten
(mittleren) Quote abweichen, ist, soweit möglich, ein Ausgleich zwischen den Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B 2.32
mit dem Ziel der Erreichung einer maximalen Abweichung von 15 % Punkten von der mittleren Quote für alle
Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B 2.32 durchzuführen.
Wenn auch einiges dafür spricht, dass die Vorstellung des Gesetzgebers von einer Begrenzung des
Leistungsgeschehens durch Regelleistungsvolumina bei gleichzeitig garantiertem Punktwert mit einhergehender
Kalkulationssicherheit ausging, so besteht jedenfalls keine rechtliche Garantie für eine bestimmte Höhe des
Punktwerts. Die Vereinbarung eines festen Punktwerts von 4 Cent im HVV, der nach Kenntnis der Kammer so gut wie
in keiner Honorar(unter)gruppe im Ergebnis zur Festsetzung kam, ist einer offensichtlich Fehlkalkulation der
Vertragsparteien des HVV geschuldet. Es kann hier dahinstehen, ob und welche berufspolitischen Überlegungen
hinter einer solchen Vereinbarung standen, ob dadurch ein günstiger Vertragsabschluss signalisiert werden sollte.
Insofern erleichtert die dargestellte Regelungssystematik des HVV nicht die Erkenntnis, dass der im Gegensatz zur
Koloskopieleistung nach Nr. 13421 EBM 2005 vorgegebene feste Punktwert von 4 Cent für Leistungen innerhalb des
Regelleistungsvolumens nicht unter dem "Vorbehalt einer gegebenenfalls erforderlichen Quotierung" steht, sondern
dieser Vorbehalt sich erst aus den Anlagen zum HVV ergibt. Jedenfalls hätte bei realistischerer Kalkulation bei einer
begrenzten Gesamtvergütung nur ein tieferer Punktwert vereinbart werden können, der im Hinblick auf
Sicherheitstoleranzen u. U. unterhalb des jetzt im Ergebnis festgesetzten quotierten Punktwerts gelegen hätte. Damit
wäre gerade der Honoraranspruch der Praxen, deren Abrechnung sich im Wesentlichen innerhalb des
Regelleistungsvolumens bewegt, eher vermindert worden. Die Vorgabe des Regelleistungsvolumens geht aber davon
aus, dass damit grundsätzlich das Leistungsgeschehen adäquat erfasst wird und ein auskömmliches Praxisergebnis
erzielt werden kann. Die Quotierung innerhalb des Regelleistungsvolumens führt im Ergebnis dazu, dass im Regelfall
ein höherer Punktwert innerhalb des Regelleistungsvolumens erreicht wird, ohne dass es zu Stützungsmaßnahmen
aus den anderen Honorar(unter)gruppen kommt. Insofern ist den Vertragsparteien des Honorarverteilungsvertrages ein
Regelungsspielraum einzuräumen.
Aber auch unterstellt, es ist von einer Rechtswidrigkeit der Quotierungsregelungen auszugehen, so besteht kein
Anspruch auf eine Vergütung zu einem Punktwert von 4 Cent. Die Regelungen zur Festvergütung von 4 Cent und
Quotierung bilden insofern eine Einheit. Hielte man eine Quotierung für unzulässig, so könnte die Beklagte bzw. die
Vertragsparteien nur verpflichtet werden, einen festen Punktwert rückwirkend festzusetzen bzw. zu vereinbaren, der
aber angesichts der begrenzten Gesamtvergütung nicht höher als der im Ergebnis quotierte Punktwert liegen könnte.
Nicht zu beanstanden war von der Kammer ferner, dass die das Regelleistungsvolumen übersteigenden
Leistungsanforderungen mit einem einheitlichen, dem sog. unteren Punktwert vergütet werden. Soweit nach § 85 Abs.
4 Satz 8 SGB V für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte vorzusehen ist, dass die den Grenzwert
überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird, folgt für die Kammer nicht, dass
"abgestaffelt" so zu verstehen ist, dass mindestens zwei Punktwertgruppen zu bilden sind. "Abgestaffelt" ist nach
Auffassung der Kammer so zu verstehen, dass ein geringerer Punktwert zur Auszahlung gelangt als für die
Leistungen innerhalb des Regelleistungsvolumens, was vorliegend der Fall war.
Es bestand auch keine Verpflichtung zur Auszahlung eines festen Punktwerts von 5,11 Cent. Zutreffend hat die
Beklagte dargelegt, dass der Bewertungsausschuss insofern zum Inkrafttreten des EBM 2005 keine bindende
Vorgabe weder generell noch für einzelne Leistungsbereiche gemacht hat. Soweit der EBM 2005 auf der Grundlage
einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation mit einem Punktwert von 5,11 Cent erstellt wurde, handelt es sich um eine
Rechengröße. Eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Auszahlung eines festen Punktwerts ist der Kammer
nicht ersichtlich. Vielmehr beschränkt sich der Anspruch des Vertragsarztes auf die Teilnahme an der
Honorarverteilung und nicht auf einen bestimmten Honoraranspruch (§ 85 Abs. 4 SGB V).
Ohne Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des hier geltenden Honorarverteilungsvertrags ist der Umstand, dass ein
Honorarverteilungsvertrag mit Regelleistungsvolumina bereits zum 01.07.2004, nicht erst zum 01.04.2005 hätte
abgeschlossen werden müssen. Dies kann allenfalls Auswirkungen auf die Rechtslage bis zum 31.03.2005 gehabt
haben. Der HVV umfasst jedenfalls Regelleistungsvolumina und ist insofern im Einklang mit den gesetzlichen
Vorgaben. Der Beschluss des Bewertungsausschuss vom 29. Oktober 2004 zur Festlegung von
Regelleistungsvolumen ist weit vor den hier streitbefangenen Quartalen ergangen und damit nicht zu spät. Aus der
möglicherweise im Hinblick auf die gesetzgeberische Vorgabe 01.07.2004 insgesamt zu späte Verabschiedung des
Regelwerks kommt es nicht an, da allein hieraus nicht deren Rechtswidrigkeit folgt.
Soweit der HVV erst am 10.11.2005 unterzeichnet und veröffentlicht wurde, wurde er für die Quartale II und III/05 und
z. T. auch IV/05 rückwirkend in Kraft gesetzt. Hierbei handelt es sich aber um eine zulässige unechte Rückwirkung.
Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit
angehörende Sachverhalte eingreift, eine unechte dann, wenn eine Rechtsnorm auf gegenwärtige, noch nicht
abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt, indem sie Rechtspositionen
nachträglich entwertet. Bei dieser Abgrenzung, die jeweils nur im Einzelfall unter Würdigung der Eigenarten des in
Betracht kommenden Regelungsbereichs vorgenommen werden kann, ist auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung der
Norm abzustellen. Honorarbegrenzungsregelungen, die noch vor Durchführung der Abrechnung eines Quartals in den
Honorarverteilungsmaßstab aufgenommen werden, entfalten regelmäßig nur eine unechte Rückwirkung. Ein konkreter
Honoraranspruch - und damit ein bereits abgeschlossener Sachverhalt - entsteht unter der Geltung begrenzter
Gesamtvergütungen regelmäßig erst nach Prüfung sämtlicher von den Vertragsärzten eingereichter Abrechnungen
und der darauf basierenden Errechnung der möglichen Verteilungspunktwerte; erst dadurch konkretisiert sich der bis
dahin nur allgemeine Anspruch auf Honorarteilhabe zu einem der Höhe nach individualisierten Honoraranspruch. Nur in
den - seltenen - Fällen, in denen eine bestehende HVM-Regelung bereits eine abschließende Festlegung z. B. in Form
der Garantie eines Mindestpunktwertes enthält, führt ein nach Leistungserbringung erfolgender Eingriff in diese
Position zur Umgestaltung eines in den wesentlichen Merkmalen bereits abgewickelten Sachverhalts und damit zu
einer echten Rückwirkung (vgl. BSG, Urt. v. 29.11.2006 - B 6 KA 42/05 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 30 = USK 2006-123,
juris Rn. 14 f. m. w. N.). Im November 2005 waren aber noch keine der hier streitbefangenen Honorarbescheide
ergangen, so dass eine unzulässige Rückwirkung nicht vorliegt.
Die Vorgaben für die Berechnung des Regelleistungsvolumens sind hinreichend bestimmt. Anlage 2 zum Teil III BRLV
verweist zur Berechnung der KV-bezogenen, arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl für das Regelleistungsvolumen
auf den arztgruppenspezifischen Leistungsbedarf in Punkten im Zeitraum vom 2. Halbjahr 2003 bis zum 1. Halbjahr
2004 unter Berücksichtigung der Neufassung des EBM. Damit ist hinreichend präzise beschrieben, wie die
Regelleistungsvolumina zu bilden sind. Soweit hierbei eine Transkodierung der Leistungen nach dem alten EBM 1996
in den neuen EBM 2005 erfolgt, obliegt dies dem Gestaltungsspielraum der Vertragspartner des HVV, die die
Regelleistungsvolumina arztgruppenspezifisch festgesetzt haben. Soweit hierfür eine Übersetzungsliste der KBV zur
Verfügung gestellt wurde, kann dahinstehen, ob es sich insoweit um eine Richtlinie nach § 75 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1
SGB V handelt, die dann lediglich die Beklagte binden könnte. Jedenfalls waren die Vertragspartner des HVV im
Rahmen ihres Gestaltungsspielraums befugt, diese Vorgaben zu übernehmen. Für diese Detailregelungen bedurfte es
keiner weitergehender inhaltlicher Bestimmungen des Bewertungsausschusses. Der Kammer ist nicht ersichtlich,
dass die Vertragspartner des HVV diesbezüglich ihren Gestaltungsspielraum überschritten hätten, auch wenn die
Beklagte sich bisher nicht im Einzelnen dazu geäußert hat, wie die Transkodierung vorgenommen wurde.
Die Auffassung trifft nicht zu, dass der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 nicht den
gesetzlichen Anforderungen genüge, da er praktisch alle wesentlichen Entscheidungen delegiere. Wie bereits
ausgeführt, werden die wesentlichen Vorgaben zur Ermittlung der Regelleistungsvolumina im Beschluss selbst
getroffen. Die Fallpunktzahlen für die Regelleistungsvolumina konnte der Bewertungsausschuss nicht selbst
vorgeben, da für deren Ermittlung auf den Bedarf in den jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen abzustellen ist.
Der Bewertungsausschuss gibt eine Fallzahlobergrenze mit 200 % des Durchschnitts vor, ermöglicht aber hiervon
Abweichungen im HVV (III.3.3.1 BRLV). Dies ist nicht zu beanstanden, da den Vertragspartnern des HVV ein eigener
Gestaltungsspielraum eingeräumt werden kann.
Hinsichtlich der Bildung von Faschgruppentöpfen und der Einführung von Regelleistungsvolumina ist der HVV von
dem BRLV nicht abgewichen, so dass es auf die Zulässigkeit einer Ermächtigung zu abweichenden Regelungen nicht
ankommt. Es ist nicht ersichtlich, dass im HVV Anpassungen vorgenommen wurden. Im Übrigen bestehen gegen die
Regelung in Abschnitt III.3.1 Abs. 3 BRLV aufgrund der genannten Zielsetzungen keine Bedenken, da damit
regionalen Besonderheiten Rechnung getragen werden kann. Die "Fallzuwachsbegrenzungen" müssen vom
Bewertungsausschuss nicht definiert werden. Insofern handelt es sich seit der Einführung der sog. Praxisbudgets um
ein Steuerungsinstrument der regionalen Honorarverteilung. Eine gesetzliche Vorgabe für eine weitergehende
Ausgestaltung durch den Bewertungsausschuss gibt es nicht. Der Bewertungsausschuss war auch befugt, die
Vertragspartner des HVV auf Fallzahlzuwachsbegrenzungen festzulegen, da das Regelleistungsvolumen mit der
Fallzahl steigt und insofern flankierender Steuerung bedarf. Für einen "kalkulatorischen Leistungsbedarf" als
Berechnungsgrundlage gibt es weder eine gesetzliche Vorgabe noch einen zwingenden sachlichen Grund. Insofern
setzt das Regelleistungsvolumen an dem tatsächlichen Bedarf im genannten Referenzzeitraum an, was sachlich nicht
zu beanstanden ist.
Unbeachtlich ist, ob der Bewertungsausschuss weitere Beschlüsse zum EBM fast. Maßgeblich ist allein, ob eine
ausreichende gesetzliche Ermächtigung besteht, was hier der Fall ist.
Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 01.04.2006 betrifft nicht die Ermittlungsvorgaben für die
Fallpunktzahl selbst. Soweit in der neu eingefügten Fußnote 2 eine abweichende Ermittlung zugelassen wird, ist nicht
ersichtlich, dass die Partner des HVV hiervon Gebrauch gemacht hätten. Bereits aus diesem Grund ist dieser
Beschluss ohne Bedeutung für die hier streitbefangenen Honorarbescheide.
Die Regelung zur Fallzahlzuwachsbegrenzung im Honorarverteilungsvertrag sind auch nicht in sich widersprüchlich
und unverständlich. Es werden klare Vorgaben zur Ermittlung der Fallzahlgrenze gegeben. Es ist auch zulässig, bei
Übersteigen der Fallzahlgrenzen einen Teil der Honoraranforderung zu kürzen. Ähnliche
Fallzahlbegrenzungsmaßnahmen sind von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wiederholt für rechtmäßig
befunden worden (vgl. BSG, Urt. v. 13.03.2002 – B 6 KA 48/00 R – SozR 3-2500 § 85 Nr. 44 = MedR 2002, 594 =
GesR 2002, 88 = NZS 2003, 440; BSG, Urt. v. 10.03.2004 - B 6 KA 3/03 R – SozR 4-2500 § 85 Nr. 9 = BSGE 92,
233 = GesR 2004, 393 = MedR 2004, 639 = Breith 2005, 14 = USK 2004-123). Gründe für eine Sonderregelung hat
der Kläger auch im Klageverfahren nicht substantiiert geltend gemacht und sind der Kammer nicht ersichtlich. Aus der
tatsächlichen oder angegebenen Kompliziertheit einer Regelung folgt nicht zwangsläufig, dass diese zu
Umsetzungsfehlern führen muss. Solche sind nicht substantiiert vorgetragen worden und der Kammer nicht
ersichtlich. Im Honorarbescheid wird auch angegeben, welche Fallzahl für das Regelleistungsvolumen maßgebend ist.
Soweit hausärztliche und kinderärztliche Strukturleistungen nach den Nrn. 0300 und 04000 EBM 2005 im
fachärztlichen Versorgungsbereich vergütet werden, nämlich in der Honorargruppe B 1, und fachärztlich tätige
Kinderärzte dem hausärztlichen Versorgungsbereich, Honorargruppe A 2.1, zugeordnet werden, ist nicht ersichtlich,
welche Auswirkungen, auch unterstellt, die Regelungen seien rechtswidrig, dies auf den Honoraranspruch der
klägerischen Praxis haben sollte. Im Übrigen hat die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise
abrechnungstechnisch die fachärztlich tätigen Kinderärzten der Honorar(unter)gruppe A 2 und damit dem
hausärztlichen Bereich zugeordnet. Dies entsprach der bisherigen Rechtslage. Der Bewertungsausschuss hat erst im
BRLV vorgesehen, dass Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt durch den
Honorarverteilungsvertrag entsprechenden Arztgruppen zugeordnet werden können (vgl. Anlage 1 zum Teil III des
Beschlusses, Abs. 3). Zwingend vorgegeben hat er dies nicht (vgl. hierzu SG Marburg, Urt. v. 06.02.2008 - S 12 KA
14/07 – www.sozialgerichsbarkeit.de = juris, Berufung anhängig LSG Hessen - L 4 KA 36/08 -).
Die Kombination verschiedener Honorarbegrenzungsmaßnahmen greift nicht unverhältnismäßig in die
Berufsausübungsfreiheit ein. Warum dies der Fall sein sollte, ist klägerseits nicht dargelegt.
Soweit klägerseits letztlich eine zu geringe Vergütung der Leistungen geltend gemacht wird, kann dies keinen höheren
Honoraranspruch begründen.
Nach § 72 Abs. 2 SGB V ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der
Richtlinien der Bundesausschüsse durch schriftliche Verträge der KÄVen mit den Verbänden der Krankenkassen so
zu regeln, dass (auch) die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Aus dieser Bestimmung kann ein
subjektives Recht des einzelnen Vertragsarztes auf höheres Honorar für ärztliche Tätigkeiten erst dann in Betracht
kommen, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als
Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa in einer Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche Existenz
der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet wird (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA
44/03 R – aaO., juris Rdnr. 130 m. w. N.). Anzeichen hierfür sind nicht ersichtlich. Auch für das klägerische
Fachgebiet ist im Bezirk der Beklagten die vertragsärztliche Versorgung gewährleistet.
Bei einer Neubescheidung ist die Beklagte daher auch nicht verpflichtet, die bisherigen Punktwerte als
Mindestpunktwerte oder höhere Punktwerte festzusetzen. Sie kann vielmehr die Auswirkungen der Entscheidung der
Kammer auf die gesamte Honorarverteilung berücksichtigen und insofern neue Punktwerte errechnen. Lediglich aus
dem Grundsatz des Verböserungsverbots (reformatio in peius) besteht eine Bindung an den bereits festgesetzten
Gesamthonoraranspruch.
Nach allem war der Klage lediglich im Hilfsantrag stattzugeben und war die Klage mit dem Hauptantrag abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten
des Verfahrens. Die Quotelung war anhand des unbegründeten Hauptantrags und des begründeten Hilfsantrags
entsprechend zu bestimmen. Zu berücksichtigen war hierbei aber auch, dass der Kläger nur mit einem Teil seiner
Argumente durchdringen konnte.
Die Sprungrevision war nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Bei der Kammer sind in großer Zahl weitere
Verfahren anhängig, bei denen die hier entschiedenen Rechtsfragen gleichfalls von Bedeutung sind. Der
Prozessbevollmächtigte des Klägers selbst verweist bzgl. der gerügten Bevorzugung der Gemeinschaftspraxen auf
über 200 weitere in Hessen und 650 in Baden-Württemberg von ihm vertretene Vertragsärzte hin. Zudem sind
zahlreiche weitere Klagen bzgl. der Honorarbescheide bei der Kammer anhängig.