Urteil des SozG Marburg vom 31.03.2010
SozG Marburg: vergütung, psychotherapie, beigeladener, verfügung, gerichtsakte, versorgung, betriebskosten, anteil, begriff, hessen
Sozialgericht Marburg
Urteil vom 31.03.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 11 KA 689/08 ZVW
Hessisches Landessozialgericht L 4 KA 26/10
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Gerichtskosten einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens. Die Beteiligten haben
einander im Übrigen keine Kosten zu erstatten.
Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung der Klägerin für das Quartal III/04.
Die Klägerin ist Psychologische Psychotherapeutin/Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und nimmt als solche
an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Sie rechnet mindestens 90 % ihrer Leistungen nach dem Abschnitt G IV
des EBM ab.
Mit Honorarbescheid vom 07.02.2005 setzte die Beklagte für die Klägerin für das Quartal III/04 einen
Gesamthonoraranspruch in Höhe von EUR 20.261,50 brutto und EUR 19.724,36 netto fest. Für
"Psychotherapieleistungen" werden in dem Bescheid insgesamt 407.450 Punkte ausgewiesen. Gegen diesen
Bescheid erhob die Klägerin am 19.04.2005 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
27.05.2005 zurückwies. Zur Begründung verwies sie auf die Beschlüsse des Bewertungsausschusses vom
29.10.2004 und Februar 2005, mit denen der Bewertungsausschuss die Vorgaben des Bundessozialgerichts
umgesetzt habe. Unter Berücksichtigung dieser Beschlüsse habe sie, die Beklagte, auch für die Zeit ab dem
01.07.2004 für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen des Abschnitts G IV des EBM einen
Mindestpunktwert ermittelt, der sich im Primärkassenbereich auf 4,67 Cent und im Ersatzkassenbereich auf 4,70 Cent
belaufe. Diese Punktwerte seien bereits um die anteiligen Aufwendungen für den organisierten Notdienst reduziert.
Lasse man diesen minimalen prozentualen Abzug außer Acht, ergebe sich für die zeitgebundenen
genehmigungspflichtigen Psychotherapien ein Punktwert von 4,84 Cent im Primär- und Ersatzkassenbereich. Auch
die Minderung des Punktwertes um die anteiligen Aufwendungen für den organisierten Notdienst sei nicht zu
beanstanden. Gleichfalls korrekt sei, dass die "übrigen" abgerechneten Leistungen, wie z.B. probatorische Sitzungen,
mit dem floatenden Punktwert der entsprechenden Honorargruppe vergütet worden seien, denn eine
Stützungsverpflichtung sei aufgrund der Rechtsprechung und der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses nur
für die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen des Abschnitts G IV des EBM gegeben.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 30.06.2005 Klage erhoben. Sie hat zunächst vorgetragen, die
angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig. Der Bewertungsausschuss habe auch mit seinen neuen Beschlüssen
den Begriff der "angemessenen Höhe der Vergütung pro Zeiteinheit" in rechtswidriger Weise konkretisiert. Das
Berechnungsmodell des Ausschusses beruhe nach wie vor in einigen Punkten auf "strukturellen Fehlfestlegungen".
Fehlerhaft sei zunächst die Höhe der in Ansatz gebrachten Praxiskosten, bei denen die ermittelte Höhe nicht
hinreichend nachvollziehbar und zudem die in die Berechnung eingestellten Personalkosten zu niedrig seien. Auch sei
die Art und Weise der Berechnung inkongruent. Eine starre Kostenquote sei nicht systemgerecht. Zudem seien
mindestens Kosten für eine Halbtagskraft mit einer Vergütung nach BAT VII sowie Kosten für eine Reinigungskraft
anzusetzen. Bei dem erforderlichen linearen Kostenansatz und der – vom BSG zugrunde gelegten – Kostenquote von
40,2 % ergäben sich Betriebskosten von EUR 46.109. Weiter sei bei der Ermittlung des Ertrages der ärztlichen
Vergleichsgruppen deren durchschnittlicher Ist-Jahresumsatz nicht in vollem Umfang, sondern bereinigt um Honorare
aus belegärztlicher Behandlung, aus Kapitel O und U ebenso wie Dialysekosten, regional vereinbarte Kosten und
Honorare aus Vergütungen nach § 63 SGB V herangezogen worden, was das Gebot der Honorargerechtigkeit verletze.
Auch seien bei der Berechnung des Vergleichsertrages nach Ziffer 2.7 des Beschlusses des Bewertungsausschusses
die Betriebskosten bei der Vergleichsarztgruppe doppelt in Ansatz gebracht worden. Darüber hinaus sei die
vorgesehene Quartalsobergrenze von 561.150 Punkten nur dann zulässig, wenn, bezogen auf das gesamte Jahr, die
in einem Quartal nicht ausgenutzte Quote auf die übrigen Quartale dieses Jahres übertragen werden könne.
Schließlich müsse der Mindestpunktwert auch auf die zwar zeitgebundenen, jedoch nicht genehmigungspflichtigen
probatorischen Sitzungen der Psychotherapeuten erstreckt werden, soweit sich den probatorischen Sitzungen
tatsächlich eine genehmigungspflichtige Psychotherapie anschließe. Über die Rechtswidrigkeit der Beschlüsse des
Bewertungsausschusses hinaus sei auch die Umsetzung dieser Beschlüsse durch die Beklagte fehlerbehaftet.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Sie seien sowohl sachlich als
auch rechnerisch richtig. Die Beschlüsse des Bewertungsausschusses entsprächen den Vorgaben des § 85 Abs. 4 S.
4 SGB V. Weder die zugrunde gelegten Betriebsausgaben in Höhe der von EUR 40.634 noch die Herausnahme
bestimmter Leistungsarten bei der Ermittlung des Ist-Umsatzes der Vergleichsarztgruppe sei zu beanstanden. Die
Höhe der Betriebsausgaben beruhe auf den Werten des Zentralinstituts Köln, welche dieses anlässlich einer
Kostenstrukturanalyse für Psychotherapeuten für das Jahr 1999 ermittelt habe. Auch die Bereinigung des Ist-
Umsatzes sei korrekt, da sich dieser nur auf anerkanntes Honorar aus ambulanter vertragsärztlicher Tätigkeit
beziehe. Rechtmäßig sei darüber hinaus auch die Quartalsobergrenze, die auch vom Bundessozialgericht bisher nicht
in Frage gestellt worden sei. Schwankungen innerhalb eines Quartals seien insoweit zu tolerieren. Es sei schließlich
rechtlich auch nicht geboten, dass für probatorische Sitzungen, die sich aufgrund der fehlenden
Genehmigungsbedürftigkeit und Zeitabhängigkeit von anderen vertragsärztlichen Leistungen gerade nicht signifikant
unterschieden, ein Mindestpunktwert gezahlt werden müsse. Sie habe die Beschlüsse des Bewertungsausschusses
überdies korrekt umgesetzt.
Das SG Marburg (Urteil vom 04.07.2007, Az. S 11 KA 270/05) hat die Klage teilweise abgewiesen, die Beklagte
jedoch verurteilt, unter Abänderung ihres Bescheides vom 06.02.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
20.07.2005 über die Honoraransprüche der Klägerin für das Quartal III/04 unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts neu zu entscheiden. Die Bescheide seien rechtswidrig, weil die Beschlüsse des Bewertungsausschusses
vom 29.10.2004 und Februar 2005, auf deren Grundlage das dem Kläger zuerkannte Honorar berechnet wurde,
ihrerseits rechtswidrig seien. Denn mit diesen Beschlüssen habe der Bewertungsausschuss den Begriff der nach § 85
Abs. 4 S. 4 SGB V zu gewährleistenden "angemessenen Höhe der Vergütung je Zeiteinheit", auch unter
Berücksichtigung des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums, in rechtlich fehlerhafter Weise interpretiert und
umgesetzt. Nicht zu beanstanden sei hingegen, dass nur für die genehmigungspflichtigen zeit- und
antragsgebundenen Leistungen nach Abschnitt G IV des EBM ein regionaler Mindestpunktwert vorgegeben werde.
Nicht geboten sei, die Mindestpunktwert-Regelung auch auf probatorische Sitzungen auszudehnen.
Mit Beschluss vom 29.08.2007 hat die Kammer auf Antrag der Beklagten die Sprungrevision zugelassen. Die
Beklagte hat daraufhin am 26.09.2007 die Sprungrevision auch eingelegt.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 28.05.2008 (Az. B 6 KA 43/07 R) das Urteil des SG Marburg aufgehoben und den
Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG Marburg zurückverwiesen. Es hat festgestellt,
dass die Vorgaben im Beschluss des Bewertungsausschusses vom 18.2.2005 zur Berechnung der Psychotherapie-
Punktwerte für die hier maßgeblichen Zeiträume ab 2002 rechtmäßig sind. Gleichwohl hat der Senat in der Sache
nicht abschließend über die Honoraransprüche der Klägerin entschieden, weil das SG die hierfür erforderlichen
tatsächlichen Feststellungen in Bezug auf die Einwendungen der Klägerin gegen die Richtigkeit der von der Beklagten
vorgenommenen Punktwertberechnung aufgrund seiner abweichenden Rechtsauffassung nicht getroffen hatte. Nicht
beanstandet hat das BSG zunächst die Vorgabe eines festen Betrags von 40.634 Euro für die bei der Berechnung des
Psychotherapie-Punktwertes zu berücksichtigenden Betriebsausgaben einer voll ausgelasteten
psychotherapeutischen Praxis. Der Bewertungsausschuss war von Rechts wegen nicht verpflichtet, die
Betriebskosten solcher Psychotherapeuten mit einer prozentualen Kostenquote von z. B. 40,2 % ihrer Soll-Umsätze
zu erfassen. Auch die Höhe der berücksichtigten Betriebskosten begegnet keinen Bedenken. Auch nicht zu
beanstanden ist nach dem BSG der der Berechnung zugrunde liegende "Fachgruppenmix". Als wesentliche Vorgabe
für die Berechnung der Psychotherapie-Punktwerte enthält der Beschluss vom 18.2.2005 nähere Maßgaben für die
Ermittlung des Vergleichsertrags der zum Einkommensvergleich herangezogenen Arztgruppen. Während Nr. 2.2.1.6
des Beschlusses des Bewertungsausschusses die für die unterschiedlichen Zeiträume einheitlich anzuwendenden
Berechnungsvorgaben aufstellt, sind unter Nr. 2.3 bis 2.7 für die jeweilige Periode das maßgebliche Bezugsjahr und
die Vergleichsgruppe festgelegt. Gemäß Nr. 2.3 und Nr. 2.4 ist in den Jahren 2000 und 2001 auf den Ertrag der
Allgemeinmediziner im hausärztlichen Versorgungsbereich abzustellen; für die nachfolgenden Zeiträume ist der
"Fachgruppenmix" maßgeblich. Auch die vom Bewertungsausschuss in Nr. 2.2.1.6 Abs. 2 des Beschlusses vom
18.2.2005 vorgegebene Bereinigung der zum Vergleich herangezogenen Honorare um bestimmte Leistungen begegnet
nach den Feststellungen des Senats jedenfalls insoweit keinen durchgreifenden Bedenken, als sie sich – für
Zeiträume ab 1.1.2002 – auf die durchschnittlichen Erträge der Arztgruppen des "Fachgruppenmix" bezieht. Dies hält
sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums, der den Normgeber berechtigt, gerade im Bereich eines komplexen
sowie der Steuerung dienenden Regelungsgefüges pauschalierende und typisierende Vorgaben zu treffen und
auszuwählen, nach welchen Kriterien er Sachverhalte als im Wesentlichen gleich oder ungleich ansieht.
Dem Sozialgericht hat der Senat aufgegeben, bei seiner erneuten Entscheidung zu klären, ob der weitere Einwand der
Klägerin berechtigt ist, der auf der Grundlage des Beschlusses des Bewertungsausschusses für alle Kassenarten
einheitlich zu bestimmende Psychotherapie-Punktwert sei von der Beklagten aufgrund von Bestimmungen der
Honorarverteilung zu Unrecht zur Finanzierung der im vertragsärztlichen Notdienst erbrachten Leistungen um
unterschiedliche Quoten im Primär- und Ersatzkassenbereich reduziert worden. Weiter hat das BSG dem SG
aufgegeben, im Rahmen seiner erneuten Entscheidung die rechnerische Umsetzung der Finanzierung der im
Notdienst erbrachten ärztlichen Leistungen nach den Vorgaben des HVM bzw. HVV im Einzelnen nachzuvollziehen.
Weiterhin muss aufgeklärt werden, ob diese Umsetzung den normativen Vorgaben in den Anlagen 1 und 2 zu LZ 702
der ab 1.7.2003 geltenden Grundsätze der Honorarverteilung der Beklagten entspricht (die wegen des erst mit Wirkung
ab Quartal II/2005 zwischen Krankenkassen und KÄV abgeschlossenen Honorarverteilungsvertrags bis einschließlich
Quartal I/2005 weiterhin zur Anwendung kamen, vgl. info.doc Nr. 3/2004 S 28, Nr. 3/2005 S 16, abrufbar über
www.kvhessen.de unter Publikationen). In Abschnitt 4 Nr. 3 Abs. 2 der genannten Anlagen ist jeweils geregelt, dass
die erforderlichen Honoraranteile zur Vergütung der Leistungen im ärztlichen Notdienst mit einem festen Punktwert
"durch Quotierung aller nach diesen Honorarverteilungsgrundsätzen festgestellten Punktwerte (ausgenommen
Mindestpunktwerte)" zur Verfügung gestellt werden. In Fußnoten, deren Qualität als amtliche Anmerkung oder
lediglich redaktioneller Hinweis nicht ersichtlich wird, ist allerdings genau das Gegenteil dieser Regelung vermerkt,
dass nämlich die Mindestpunktwerte nicht ausgenommen, sondern "entsprechend niedriger angesetzt" sind.
Schließlich hat das BSG darauf hingewiesen, dass bei der rechtlichen Bewertung zu berücksichtigen ist, dass
einerseits HVM-Regelungen den Vorgaben des Bewertungsausschusses zur Anwendung eines Mindestpunktwerts für
die Vergütung zeitgebundener und genehmigungsbedürftiger psychotherapeutischer Leistungen im Beschluss vom
18.2.2005 nicht widersprechen dürfen (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 14 f). Andererseits haben
es die Psychotherapeuten hinzunehmen, dass aus den von den Krankenkassen gezahlten Gesamtvergütungen auch
die im Notdienst erbrachten Leistungen vergütet werden. Dies wird üblicherweise durch entsprechende Vorwegabzüge
vor Aufteilung der Gesamtvergütungen auf die einzelnen Honorarbereiche umgesetzt, so wie dies auch in § 7 des
HVM der Beklagten – allerdings für andere Leistungen wie etwa diejenigen der Universitäts-Polikliniken oder für
Sonderhonorare und sonstige Leistungen – vorgesehen ist (dort LZ 701). Zu ermitteln ist, ob die Regelungstechnik der
Beklagten, zunächst sämtliche Punktwerte ohne Berücksichtigung der Aufwendungen für den Notdienst zu berechnen
und diese erst anschließend entsprechend dem Finanzbedarf für die Notdienstleistungen zu quotieren, zu wesentlich
abweichenden Verteilungsergebnissen führt. In diesem Zusammenhang wird auch zu bewerten sein, ob diese
Regelungstechnik möglicherweise eine Benachteiligung einzelner Gruppen von Psychotherapeuten (je nach Umfang
ihres Anteils an G IV-Leistungen) – oder auch dieser insgesamt im Verhältnis zu anderen Arztgruppen, deren
Leistungen ebenfalls mit festen Punktwerten vergütet werden – bewirkt.
Mit Beschluss vom 23.02.2007 hatte das erstinstanzliche Gericht die Kassenärztliche Bundesvereinigung
(Beigeladene zu 1), den AOK-Bundesverband (Beigeladener zu 2), die Bundesverbände der Betriebskrankenkassen
(Beigeladener zu 3), Innungskrankenkassen (Beigeladener zu 4) und Landwirtschaftlichen Krankenkassen
(Beigeladener zu 6), die Verbände der Angestellten-Krankenkassen (Beigeladener zu 7) und der Arbeiter-Ersatzkassen
(Beigeladener zu 8) sowie die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft Bahn See (Beigeladene zu 5) zu dem
Verfahren beigeladen. Mit Beschluss vom 23.12.2009 hat die erkennende Kammer die Beiladung hinsichtlich der
Beigeladenen zu 2-8 aufgehoben und stattdessen den C. beigeladen.
Im vorliegenden Verfahren trägt die Klägerin nunmehr vor, dass sich aus der Methodik des Abzuges für den
organisierten Notdienst eine deutliche Benachteiligung der Psychotherapeuten ergebe. Bis zum Quartal III/2002 sei es
so gewesen, dass die Kosten für den organisierten Notdienst aus einer Quotierung des Honorars der Haus- und
Fachärzte bezahlt worden seien. Dabei seien unterschiedliche Quoten für den Primär- und Ersatzkassenbereich
festgelegt worden. Im Durchschnitt habe sich ein Punktwertabzug von ca. 3% ergeben. Mit dem Quartal IV/02 sei
dann die Honorargruppe C eingeführt worden. Die für die Leistungen des organisierten Notdienstes notwendigen
Honoraranteilen seien durch Quotierung aller nach den Honorarverteilungsgrundsätzen festgestellten Punktwerte zur
Verfügung gestellt worden. Diese Quotierung wirke sich für die Fachgruppe der Psychotherapeuten entscheidend
anders aus als für die Fachgruppe der Haus- und übrigen Fachärzte. Bereits bei der Berechnung der Ist-Umsätze der
Vergleichsarztgruppe des Fachgruppenmixes seien Abzüge vermutlich unter dem Faktor "regional vereinbarte Kosten"
in Ansatz gebracht worden. Damit sei der Mindestpunktwert für die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen
des Abschnitts G IV des EBM wegen des Bezugs zur Vergleichsgruppe ebenfalls gesunken. Durch diese
Auswirkungen auf den Punktwert habe die Fachgruppe der Psychotherapeuten bereits eine Minderung des
Mindestpunktwertes erfahren, bevor sie unmittelbar und erneut zur Finanzierung des Notdienstes mit herangezogen
worden sei. Zudem sei durch einen Vorwegabzug der Anteile der erweiterten Honorarverteilung eine Benachteiligung
der Psychotherapeuten entstanden.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 07.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
27.05.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie hinsichtlich ihrer Vergütung für das Quartal III/04 unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Die Beklagte trägt unter Vorlage detaillierter Berechnungen und Programmieranweisungen vor, wie sie die Arztzahlen
des Fachgruppenmixes ermittelt habe. Dauerassistenten hätten keine Berücksichtigung gefunden, zudem seien auch
nur Personen ohne Jobsharing mit eingestellt worden. Darüber hinaus habe man nur diejenigen Ärzte gezählt, die in
allen 4 Quartalen des Jahres unter der gleichen Arztnummer jeweils mindestens eine der relevanten Leistungen
abgerechnet hätten. Bezug nehmend auf die Frage der Beteiligung der Psychotherapeuten an der Finanzierung des
Notdienstes trägt die Beklagte weiter vor, dass die den Psychotherapeuten zugewiesenen Mindestpunktwerte so
berechnet wurden, dass hier bereits ein Abzug vorgenommen worden sei. Dies komme zum Ausdruck durch die
Formulierung in Fußnote 12 in der es heiße, dass die Mindestpunktwerte entsprechend niedriger angesetzt seien. Die
bereits erfolgte Absenkung sei gerade auf den Abzug für Leistungen des organisierten ärztlichen Notdienstes
zurückzuführen. Dies werde auch deutlich im Kontext mit Ziffer 4 der Anlage 1 bzw. 2 der Leitzahl 702. Dort heiße es,
dass für zeitgebundene genehmigungspflichtige Leistungen des Abschnitts G IV des EBM innerhalb der
Honoraruntergruppen A 2.1 bis A 2.3 ein Mindestpunktwert gemäß Vorgaben des Bewertungsausschusses für
ausschließlich psychotherapeutische Ärzte bis zu einer bestimmten Punktzahl zu vergüten sei. In der entsprechenden
Fußnote werde dann darauf hingewiesen, dass der Mindestpunktwert unter Berücksichtigung der anteiligen
Aufwendungen für Leistungen des Honorarbereichs C reduziert wurde. Der Zusatz, dass Mindestpunktwerte
ausgenommen sein sollen, habe somit ausschließlich Klarstellungsfunktion dahingehend, dass keine weitere
Reduzierung erfolgen solle. Keinesfalls sei die Formulierung jedenfalls so zu verstehen, als solle der
Mindestpunktwert keinem Abzug für Leistungen des organisierten ärztlichen Notdienstes unterliegen.
Im streitigen Quartal sowie in den Folgequartalen habe der Abzug im Hinblick auf die sonstigen Punktwerte wie folgt
ausgesehen:
Quartal Notdienstfaktor EK Notdienstfaktor PK III/04 2,79 % 3,46 % IV/04 2,75 % 3,65 % I/05 2,56 % 3,41 %
Dieser Notdienstfaktor für die sonstigen Punktwerte errechne sich dabei auf der Basis des Jahres 2001 wie folgt:
Quartal PK EK Honorarbedarf für Honorarbereich C Minderungsquote %-Anteil bezogen auf Gesamtvergütung
Honorarbedarf für Honorarbereich C Minderungsquote %-Anteil bezogen auf Gesamtvergütung I/01 18,0 Mio. DM 3,41
% 10,2 Mio. DM 2,56 % III/01 17,6 Mio. DM 3,46 % 10,2 Mio. DM 2,79 % IV/01 18,9 Mio. DM 3,65 % 11,0 Mio. DM
2,75 %
Für den Mindestpunktwert Psychotherapie sei ein konstanter Faktor von 2,6915% im Falle der Ersatzkassen und
3,3126% im Falle der Primärkassen zugrunde gelegt worden. Insoweit seien die Angaben im Widerspruchsbescheid
richtig zu stellen. Es sei nicht der Notdienstfaktor herangezogen worden, der für die sonstigen Punktwerte zur
Anwendung gekommen sei. Hier sei ein fester, gleichbleibender Faktor angesetzt worden. Es sei auch zweckmäßig
gewesen, eine einheitliche Abzugsquote zugrunde zu legen, da auch der Mindestpunktwert für einen gewissen
Zeitraum hätte festgeschrieben werden müssen. Nur so habe eine Stabilität des Mindestpunktwerts erreicht werden
können. Vor diesem Hintergrund habe man einen durchschnittlichen Bedarf ermittelt, der zur Finanzierung des
Notdienstes benötigt worden sei und, daran orientiert, den Faktor berechnet. Die Beklagte legt dar, dass der
Mindestpunktwert geringer gewesen wäre, wenn er den gleichen Abzug für den Notdienst erfahren hätte, wie die
sonstigen Punktwerte:
Quartal PT-Mindestpunktwert PT-Mindestpunktwert bei Abzug Notdienstfaktor EK wie sonstige Punktwerte PT-
Mindestpunktwert bei Abzug Notdienst entsprechend HVM EK, wie ausgezahlt PT-Mindestpunktwert bei Abzug
Notdienstfaktor PK wie sonstige Punktwerte PT-Mindestpunktwert bei Abzug Notdienst entsprechend HVM PK, wie
ausgezahlt III/04 4,83 4,695 4,700 4,663 4,670 IV/04 4,83 4,697 4,700 4,654 4,670 I/05 4,83 4,706 4,700 4,665 4,670
Insoweit seien die Psychotherapeuten nicht beschwert, sondern durch diese Regelung sogar begünstigt worden.
Bei der Berechnung der Ist-Umsätze des Fachgruppenmixes seien gemäß den Vorgaben des
Bewertungsausschusses ausschließlich die Honoraranteile aus belegärztlicher Behandlung, Honorar aus Kapitel O
und U sowie Dialysesachkosten, regional vereinbarte Kosten und Honorar aus Vergütung nach § 63 SGB
unberücksichtigt geblieben. Bei den regional vereinbarten Kosten handele es sich um Kosten, die nicht im EBM
sondern über hessische Pseudoziffern abgebildet würden. Da ab dem Quartal IV/02 der Notdienst über einen
Honorarabzug mit Faktor finanziert worden sei, habe man diesen Faktor den Ist-Umsätzen wieder hinzusetzen
müssen, was sich aus der vorgelegten Berechnung ergebe. In die Vergleichsberechnung seien zudem die reinen
Bruttohonorare, d. h. die Honorare vor EHV-Abzug einbezogen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zunächst ausdrücklich Bezug genommen auf die
von der Beklagten vorgelegten Programmieranweisungen und Berechnungen, Bl. 17 bis 27 der Gerichtsakte, sowie
den Vortrag der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Zudem nimmt die Kammer Bezug auf die
Verwaltungsakte, die Gerichtsakte zum Verfahren S 11 KA 270/05 sowie die Akte des Bundessozialgerichts zum
Aktenzeichen B 6 KA 43/07 R und die Prozessakte im vorliegenden Verfahren, die allesamt in der mündlichen
Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und
Psychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und
Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 07.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2005 ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung,
weil die Beklagte die rechtmäßigen Vorgaben des Bewertungsausschusses im HVM bzw. HVV in nicht zu
beanstandender Weise umgesetzt hat. Insbesondere folgt auch die Berechnung des Mindestpunktwertes den vom
Bewertungsausschuss vorgegebenen Maßstäben.
Rechtsgrundlage der Berechnungen ist zunächst der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004
(Beschluss gemäß § 85 Abs. 4a SG V durch den Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 93.
Sitzung am 29. Oktober 2004; abgeändert hinsichtlich vorliegend nicht maßgeblicher Zeiträume durch den Beschluss
in der 96. Sitzung), in dem der Bewertungsausschuss aufgrund der Urteile des BSG vom 28.01.2004 (B 6 KA 52/03 R
und B 6 KA 53/03) eine Neuregelung der Vergütung der Psychotherapeuten auch rückwirkend für den Zeitraum ab
dem 01.01.2000 getroffen hat.
Dieser Beschluss ist rechtmäßig (BSG, Urteile vom 28.05.2008, Az. B 6 KA 41/07 R, 42/07 R und 43/07 R). Die
Beklagte berechnet den Mindestpunktwert für die zeitgebundenen genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen
Leistungen und die sich daraus ergebenden Honorare auf Grundlage dieses Beschlusses.
Für den Zeitraum ab 1.7.2004 gilt danach, dass ein Vergleichsertrag zu bilden ist, der sich aus dem mit der Arztzahl
gewichteten durchschnittlichen Ist-Umsatz der Fachärzte (Augenärzte, Chirurgen mit und ohne Schwerpunkt,
Frauenärzte, HNO-Ärzte, Hautärzte, Orthopäden und Urologen) im fachärztlichen Versorgungsbereich gem. § 73 Abs.
1a SGB V im Jahr 2002 multipliziert mit einem Faktor für jede Arztgruppe ergibt.
1. Die Kammer hat zunächst keine Bedenken im Hinblick auf die Berechnung der Arztzahlen des Fachgruppenmixes.
Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 12.02.2009 ausführlich dargelegt, wie die Arztzahlen ermittelt wurden.
Dauerassistenten und Jobsharer fanden keine Berücksichtigung. Darüber hinaus wurden nur Ärzte gezählt, die in allen
vier Quartalen des Jahres 2002 unter der gleichen Arztnummer jeweils mindestens eine der relevanten Leistungen
abgerechnet haben. Die Tatsache, dass Ärzte aus Gemeinschaftspraxen jeweils mit dem Faktor 1 berücksichtigt
wurden, ist zur Überzeugung des Gerichts ebenfalls von den Vorgaben des Bewertungsausschusses gedeckt, da es
maßgeblich auf die Zahl der abrechnenden Personen ankommt. Die Gemeinschaftspraxis ist nur ein
Zusammenschluss der abrechnenden Ärzte. Die Ermittlung der Arztzahlen wurde im Übrigen nach den Ausführungen
der Beklagten von Seiten der Klägerin nicht mehr streitig gestellt.
2. Die Kammer ist zudem – auch nach der Vorlage der beiden Auszüge aus den Kurzprotokollen des beratenden
Fachausschusses in der mündlichen Verhandlung – der Überzeugung, dass im Rahmen der Berechnung des
Mindestpunktwertes Psychotherapie keine unzulässige Verminderung durch den Abzug von EHV-Anteilen erfolgt ist.
Die grundsätzliche Rechtswidrigkeit eines solchen Abzuges folgt bereits aus der Tatsache, dass die psychologischen
Psychotherapeuten an diesem System nicht teilnehmen (vgl. Hess LSG, Urteil vom 28.06.2006, L 4 KA 35/05).
Dass ein solcher Abzug jedoch gerade nicht vorgenommen wurde, ergibt sich bereits aus den von der Beklagten
vorgelegten Programmieranweisungen, die zunächst ausschließlich auf das "Ambulante Anerkannte Honorar (LG 1 bis
9 und 12)xBruttoquote (DM)" für den Bereich der Primär- und Ersatzkassen Bezug nehmen, Bl. 17 der Gerichtsakte.
Aus dem "Klartext" der Programmieranweisung ergibt sich, dass es sich insoweit um das "quotierte Bruttohonorar
PK+EK Gesamt" handelt, was auch der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung erneut bestätigt hat. Dass
es sich bei diesem Honorar um die Bruttohonorarforderung ohne EHV-Abzug handelt, ergibt sich auch aus der
Systematik der EHV-Berechnung. Bei der Ermittlung der für die EHV einzubehaltenden Gesamtvergütungsanteile, die
auf die einzelne Praxis entfallen, werden besondere Kosten berücksichtigt. Dies geschieht deshalb, weil innerhalb der
vertragsärztlichen Versorgung signifikante Abweichungen bei den Kostensätzen bestehen, die eine differenzierte
Betrachtung der unterschiedlichen Honorargruppen im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes notwendig machen
(BSG, Urteil vom 16.07.2008, Az. B 6 KA 38/07 R). Ein Abzug dieser Kostensätze vom Bruttohonorar ist daher
grundsätzlich vor Berechnung des EHV-Abzuges notwendig. Ein derartiges Vorgehen hätte sich in der
Programmieranweisung niederschlagen müssen. Dieser ist jedoch gerade nicht zu entnehmen, dass EHV-relevante
Kostensätze abgezogen worden wären. Dass ein Vorwegabzug von EHV-Anteilen seitens der Beklagten tatsächlich
vorgenommen wurde, obwohl er in der Programmieranweisung nicht erfasst ist, hält das Gericht für abwegig. Diese
Überzeugung vermag auch das von Seiten des Klägers im Parallelverfahren zum Az. S 11 KA 690/08 ZVW im
Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegte Kurzprotokoll des beratenden Fachausschusses nicht zu
erschüttern. Ausweislich dieses Protokolls hat der juristische Geschäftsführer der Beklagten, Herr JP., zwar
ausdrücklich bestätigt, dass die Berechnung des durchschnittlichen Einkommens der Vergleichspraxen nach Abzug
EHV erfolgt sei. Die Kammer hält diese Auskunft in Zusammenschau mit den vorgelegten Berechnungsgrundlagen
jedoch für einen Irrtum.
3. Nach den Vorgaben des BSG sind auch die Psychotherapeuten an der Finanzierung des Notdienstes zu beteiligten.
Dies hat die Beklagte bei der Festlegung des Mindestpunktwertes in nicht zu beanstandender Weise getan.
Insbesondere steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass ein Abzug für Notdienstkosten nicht – wie vom
Prozessbevollmächtigten behauptet – doppelt vorgenommen worden ist. Bei der Frage des Notdienstabzuges geht es
um die Finanzierung der ärztlichen Leistungen, die im organisierten Notdienst erbracht werden. Für diese Finanzierung
ist im hier maßgeblichen Jahr 2002 zwischen zwei unterschiedlichen Regelungssystematiken, einmal hinsichtlich der
Quartale I-III/2002, des Weiteren hinsichtlich des Quartals IV/2002 zu differenzieren.
In den Quartalen I-III/2002 wurden die Leistungen des organisierten ärztlichen Notdienstes innerhalb der
Honorargruppentöpfe bezahlt und finanziert. Aus Anlage 1 zur LZ 702 der geltenden Honorarverteilungsbestimmungen
(Grundsätze der Honorarverteilung der KV Hessen, Primär- und Ersatzkassen vom 01.12.2001, gültig ab 01.01.2002)
folgt zunächst die grundsätzliche Aufteilung in einen hausärztlichen und in einen fachärztlichen Honorarbereich. Die
Gesamthonorarforderung wird nach den weiteren Bestimmungen zunächst auf die beiden Honorarbereiche und sodann
auf die enumerierten Honorargruppen nach verschiedenen Grundsätzen verteilt. Steht der sich daraus ergebende
Verteilungsbetrag für die einzelnen Honorargruppen fest, werden für jede Gruppe Punktwerte bzw. Quoten für die
einzelnen Leistungen innerhalb des Bereiches der Primär- und Ersatzkassen separat ermittelt. Aus Nr. VII der Anlage
1 zu LZ 702 ergibt sich sodann, dass die so ermittelten Punktwerte bzw. Quoten nochmals um einen Anteil für den
ärztlichen Notdienst quotiert werden. Dies bedeutet im Ergebnis, dass Leistungen im organisierten Notdienst nach
dieser Systematik keine Reduzierung des der jeweiligen Honoraruntergruppe zur Verfügung stehenden
Bruttohonorartopfs bewirken, sondern erst bei der Berechnung der Punktwerte Berücksichtigung finden. Die
Bruttohonorarforderung der jeweiligen Fachgruppe wird dadurch jedoch nicht reduziert. Es findet vielmehr innerhalb der
Honoraruntergruppe eine Umverteilung statt. Bei der Berechnung der Bruttohonorare des Fachgruppenmixes hat die
Punktwertquotierung jedoch keinerlei Auswirkungen dergestalt, dass dadurch eine Reduzierung der eingestellten
Bruttohonorare erfolgt.
Im Quartal IV/2002 – mit dem neuen HVV (Grundsätze der Honorarverteilung der KV Hessen, Primär- und
Ersatzkassen, Stand 8. Juni bzw. 22. Juni 2002, gültig ab 01.10.2002) – wurde diese Regelungssystematik durch die
Bildung eines gesonderten Notdiensttopfes – Honorarbereich C – grundlegend verändert. Die Leistungen des
organisierten Notdienstes werden nunmehr bereits auf der Ebene der Verteilung der Gesamthonorarforderung auf die
Honorarbereiche separat berücksichtigt. Dafür werden den übrigen Honorarbereichen vorab Finanzmittel entzogen. Die
Beklagte hat dieser neuen Systematik bei der Berechnung der Bruttohonorare des Fachgruppenmixes insoweit
Rechnung getragen, als sie die Abzüge, die in den einzelnen Honorargruppen für die Finanzierung des
Honorarbereichs C erfolgt sind, der Honorarforderung wieder zugesetzt hat. Dies ergibt sich eindeutig und
unzweifelhaft aus der für das Quartal IV/2002 vorgelegten Berechnung, Bl. 22 der Gerichtsakte.
Nach alledem steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass im Rahmen der Ermittlung des Ist-Umsatzes des
Fachgruppenmixes weder in den Quartalen I-III/02 noch im Quartal IV/02 ein Abzug für den organisierten Notdienst
vorgenommen wurde.
Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte sodann den Mindestpunktwert unter Abzug eines
Notdienstfaktors ermittelt hat. Fest steht jedoch unzweifelhaft, dass die Verwendung des Terminus
"Mindestpunktwert" im ab dem Quartal IV/2002 gültigen HVV irreführend ist, weil der Begriff zur Überzeugung des
Gerichts für zwei unterschiedliche Bedeutungen verwendet wird. In Ziff. 4.2.2., 5. Absatz der Anlage 1 zu LZ 702
heißt es zunächst, dass für zeitgebundene genehmigungspflichtige Leistungen des Abschnitts G IV EBM innerhalb
der jeweiligen Honoraruntergruppen ein Mindestpunktwert gemäß Vorgabe des Bewertungsausschusses gebildet wird.
In Fußnote 11 findet sich sodann die Erläuterung, dass der Mindestpunktwert noch unter Berücksichtigung der
anteiligen Aufwendungen für Leistungen des Honorarbereichs C reduziert worden sei. Im Umkehrschluss bedeutet
dies, dass in der obigen Regelung ein bereits um den Notdienstfaktor reduzierter Punktwert als Mindestpunktwert
bezeichnet wird. Demgegenüber nimmt die Begriffsverwendung im Absatz über den fachübergreifenden Notdienst, bei
Ziffer 4.2.3. Absatz 3 der Anlage 1 zu LZ 702 Bezug auf den noch nicht um einen Notdienstfaktor reduzierten
Punktwert. Dort heißt es, dass die für die Bewertung notwendigen Honoraranteile durch Quotierung aller nach diesen
Honorarverteilungsgrundsätzen festgestellten Punktwerte (ausgenommen Mindestpunktwerte) zur Verfügung gestellt
werden. Diese Formulierung legt den Schluss nahe, dass ein Mindestpunktwert nicht mehr reduzierbar ist. Erst in der
Fußnote 12 wird erläutert, dass der Mindestpunktwert entsprechend niedriger angesetzt sei. Im Anschluss an das
BSG (Urteil vom 28.05.2008, Az. B 6 KA 43/07, Rn. 52) ist auch für die erkennende Kammer die Qualität der
Fußnoten als amtliche Anmerkungen oder lediglich redaktionelle Hinweise nicht ersichtlich. Unabhängig von dieser
Frage steht jedoch gemäß den Vorgaben des BSG fest, dass die Psychotherapeuten hinzunehmen haben, dass aus
den von den Krankenkassen gezahlten Gesamtvergütungen auch die im Notdienst erbrachten Leistungen vergütet
werden, sie also auch an der Finanzierung des Notdienstes zu beteiligen sind. Dies ist zwischen den Beteiligten auch
unstreitig. Der Mindestpunktwert ist deshalb unter Abzug eines Notdienstfaktors zu berechnen.
4. Auch die Berechnung dieses einheitlichen Abzugsfaktors begegnet keinen Bedenken, weil sie sich nach den
Darlegungen der Beklagten – an deren Richtigkeit zu zweifeln die Kammer keinen Anlass hatte – im Vergleich zu den
übrigen Fachgruppen für die Psychotherapeuten sogar als begünstigend herausgestellt hat.
Die Kammer vermag nach den vorliegenden Berechnungen auch nicht zu erkennen, dass die Regelungstechnik der
Beklagten, zunächst sämtliche Punktwerte ohne Berücksichtigung der Aufwendungen für den Notdienst zu berechnen
und diese erst anschließend entsprechend dem Finanzbedarf für die Notdienstleistungen zu quotieren zu die
Psychotherapeuten benachteiligenden Verteilungsergebnissen führt. Diese Berechnungsweise ist nach Einschätzung
der Kammer der unterschiedlichen Systematik der Vergütung von Leistungen des organisierten Notdienstes in den
Quartalen bis III/02 und ab IV/02 geschuldet. Es liegt im Gestaltungsspielraum der Beklagten, die Berechnungsweise
festzulegen, sofern dadurch keine Benachteiligungen für einzelne Fachgruppen entstehen. Dass eine Benachteiligung
der Psychotherapeuten insgesamt oder einzelner Gruppen von Psychotherapeuten durch diese Regelungstechnik
entstanden sein könnte, schließt das Gericht nach den von der Beklagten vorgelegten Berechnungen zum
Notdienstfaktor aus. Vielmehr handelt es sich um eine die Psychotherapeuten gegenüber den übrigen Fachgruppen
begünstigende Regelung, da der abgezogene Notdienstfaktor im streitgegenständlichen Quartal geringer war, als bei
den übrigen Fachgruppen. Insbesondere ist eine Benachteiligung der Klägerin, die mindestens 90% ihrer Leistungen
nach Abschnitt G IV des EBM zum Mindestpunktwert abrechnet, ausgeschlossen.
Die Kammer folgt der Beklagten auch darin, dass es zweckmäßig gewesen ist, der Berechnung des
Mindestpunktwertes eine einheitliche Abzugsquote zugrunde zu legen, um für den gesamten Zeitraum einen
einheitlichen Wert zu erreichen. Das Wesen eines Mindestpunktwertes ist gerade durch eine entsprechende Stabilität
geprägt, so dass eine durch den Notdienstabzug begründete Schwankung dieses Wertes von Quartal zu Quartal
gerade diesem Wesen zuwider laufen würde.
5. Die Beklagte durfte nach den Vorgaben des Bewertungsausschusses bei der Berechnung des Mindestpunktwertes
regional vereinbarte Kosten vom Ist-Umsatz abziehen. Dies hat sie ausweislich der vorgelegten Berechnungen und
Programmieranweisungen auch getan. Die Kammer hatte keinen Anlass, an den Erläuterungen der Beklagten zu
zweifeln, die in ihrem Schriftsatz vom 04.03.2010 sowie nochmals ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung
dargelegt hat, dass im Rahmen dieser Position nur Kosten Berücksichtigung gefunden haben, die nicht im EBM,
sondern über hessische Pseudoziffern abgebildet wurden (z.B. Katarakt-Sachkosten und Dialyse-Sachkosten).
6. Schließlich folgt die Kammer der Beklagten auch darin, dass Leistungen sonstiger Kostenträger in die Berechnung
des Ist-Umsatzes des Fachgruppenmixes nicht einzubeziehen waren, weil es sich hierbei nicht um Bestandteile der
vertragsärztlichen Versorgung handelt. Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung die
Rechtsgrundlagen und Abrechnungsvorgänge im Rahmen der Leistungen für sonstige Kostenträger erläutert und
dargelegt, dass es sich nicht um Leistungen handelt, die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbracht
werden. Vielmehr basiert die Abrechnung dieser Leistungen durch die Beklagte auf gesonderten Verträgen mit den
jeweiligen Kostenträgern.
Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154, 161 VwGO.
In den Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert
nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein
Streitwert von 5.000,00EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG), Der wirtschaftliche Wert des Begehrens ist
vorliegend nicht zu beziffern, weshalb vom Regelstreitwert auszugehen war. Dies ergab den festgesetzten Wert.