Urteil des SozG Marburg vom 07.07.2010

SozG Marburg: abrechnung, zyste, befund, lege artis, anhörung, bekanntgabe, operation, aufwand, diagnose, eingriff

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 07.07.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 633/09
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der konservierend-chirurgischen Abrechnung für
die vier Quartale I/06 bis IV/06 in Höhe von noch 4.138,24 Euro in 52 Behandlungsfällen.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. mit Praxissitz in A-Stadt. Seit Ende 2003 bestand sie nach Zulassung des
Herrn Dr. AB zur vertragszahnärztlichen Versorgung aus drei Zahnärzten. Frau Dr. AC hat zum 30.06.2009 auf ihre
vertragszahnärztliche Zulassung verzichtet.
Der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen – Hessen – beschloss in seiner Sitzung am 06.04.2009,
die Unterlagen auf Grund der Überprüfung der Honorarabrechnungen für die streitbefangenen Quartale zur sachlich-
rechnerischen Berichtigung an die Beklagte zu verweisen. Zur Begründung führte er aus, in einer Reihe von Fällen
seien Wurzelkanalbehandlungen durchgeführt worden, zu denen keine Röntgenaufnahmen abgerechnet worden seien.
Es gelte aber unter rein zahnmedizinischen Gesichtspunkten als unumstritten, dass unter qualitätsorientierten
Gesichtspunkten eine Wurzelbehandlung im allgemeinen nur dann als "lege artis" angesehen werden könne, wenn
therapiebegleitend eine ausreichende Röntgendiagnostik erfolge. Dabei könne im Regelfall von drei
Röntgenaufnahmen ausgegangen werden (vor der Behandlung, Nadelmessaufnahme, Kontrollaufnahme). Soweit eine
elektrometrische Messung erfolge, sei dies entsprechend zu dokumentieren. Bei den Exzisionen (sowohl nach Nr. 49
als auch Nr. 50 BEMA-Z) sei zu beachten, dass sie neben einer anderen chirurgischen Leistung in derselben Sitzung
für dasselbe Operationsgebiet nicht abrechenbar seien. Wenn es sich um getrennte Operationsgebiete handele, so sei
die Nr. 50 mehrmals je Kiefer abrechenbar. Für einzelne Ausnahmefälle sei zusätzlich die Möglichkeit vorgesehen,
eine isolierte Behandlung einzelner parodontal erkrankter Zähne nach der Nr. 50 (Exz2) abzurechnen. In mehreren
Fällen seien die Abrechnungsbestimmungen nicht ausreichend streng beachtet worden. Sie verweise beispielhaft auf
fünf Behandlungsfälle. Komme es bei Zystenoperationen (Nr. 56a-d BEMA-Z) zu Zweifeln an der Erfüllung des
Leistungsinhalts, so trage der Vertragszahnarzt das Beweislastrisiko. Die Gesamtzahl der Zy-Leistungen sei auf eine
zu großzügige Interpretation des Leistungsinhaltes zurückzuführen. In einzelnen Fällen seien die üblichen
therapiebegleitenden Aufnahmen nicht angefertigt worden oder wegen qualitativer Mängel nicht auswertbar. Hierzu
verwies der Prüfungsausschuss auf zwei Beispielsfälle. Zur Prüfung gab der Prüfungsausschuss daher sämtliche
Fälle, bei denen Wurzelbehandlungen ohne Abrechnung von Röntgenaufnahmen zum Ansatz gelangt seien, sämtliche
Leistungen nach Nr. 50 (Exz2) und 13 namentlich aufgeführte Fälle im Hinblick auf die Abrechenbarkeit der Nr. 56a
bis 56d BEMA-Z an die Beklagte ab. Ferner setzte die gemeinsame Prüfungsstelle der Zahnärzte und Krankenkassen
in Hessen eine Honorarkürzung im Bereich der Leistungen nach Nr. 12 BEMA-Z (bMF) in Höhe von insgesamt
4.347,23 EUR für die streitbefangenen Quartale I bis IV/06 ab und erteilte einen Hinweis bezüglich der Leistungen
nach Nr. 57 BEMA-Z (SMS).
Die Klägerin führte in ihrem Widerspruch gegen den Bescheid der gemeinsamen Prüfungsstelle unter anderem aus,
durch weniger Röntgenaufnahmen habe sie eigentlich Geld eingespart. Es fehlten die Angaben bezüglich der
fehlenden Messaufnahmen. Es fehlten Aussagen über die Qualität der WF. Es seien 512 WK und 483 WF erbracht
worden. Röntgenaufnahmen fehlten in weniger als 1% der Fälle. Für eine Exzision sage ein Röntgenbild zu wenig aus.
Eine detaillierte Stellungnahme zu einzelnen Patienten sei im Vorfeld nicht angefordert worden. Die Einlassung zur
Entfernung von Zysten könne nicht immer nachvollzogen werden. Vor allem die Weitergabe an eine Verwaltung sei
unzulässig, da fachlich die Positionen geändert werden müssten. Wenn Zähne mit Aufklappung entfernt werden
würden und die Entfernung einer Zyste nicht anerkannt werde, müsse die Extraktion in eine Osteotomie gewandelt
werden.
Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 05.01.2009 eine Honorarberichtigung in den streitbefangenen Quartalen vor. Sie
setzte in 59 namentlich aufgeführten Behandlungsfällen Leistungen insgesamt in einer Höhe von 6.034,75 EUR ab.
Zur Begründung führte sie aus, als Nachweis der vertragsgerechten Leistungserbringung genüge in aller Regel die
Einreichung der entsprechenden Abrechnungsunterlagen. Komme es im Rahmen der sachlich-rechnerischen
Überprüfung zu Zweifeln an der Erfüllung von Leistungsinhalten bzw. zu Beanstandungen, seien die Voraussetzungen
für die ordnungsgemäße Abrechnung einer Gebührenposition vom Vertragszahnarzt unter Tragen des
Beweislastrisikos nachzuweisen. In mehreren Fällen seien die Richtlinien zur Durchführung endodontischer Eingriffe
nicht ausreichend beachtet worden. Es seien die üblichen Röntgenaufnahmen entweder nicht angefertigt oder trotz
Anforderung nicht vorgelegt worden. Die Richtlinien seien u. a. in den "Qualitätsrichtlinien endodontischer
Behandlungen der Europäischen Gesellschaft für Endodontologie" sowie in wissenschaftlichen Stellungnahmen der
Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde dokumentiert. Die Leistungen müssten auch den Stand
der Erkenntnis in der Zahnheilkunde beachten. Eine Röntgenaufnahme sei eine unverzichtbare diagnostische Leistung
vor Einleitung einer Wurzelbehandlung. Werde auf eine Messaufnahme verzichtet, müsse die Wurzelkanallänge auf
andere Weise gemessen werden. Die Karteikarte sollte eine entsprechende Dokumentation aufzeigen. Soweit in den
vorliegenden Fällen die Karteiaufzeichnungen ausnahmslos pro Wurzelkanal die folgenden Eintragungen "1. AL 0,00
ISO 0,00 und Def. AL 0,00" beinhalteten, habe Herr Dr. AB schriftlich erklärt, dass in diesen Fällen bei
Vitalexstirpationen bis apex gemessen worden sei, da sonst eine Zahl gestanden hätte. Die in weiteren Fällen
angefertigten Röntgenaufnahmen zeigten, dass die endodontischen Maßnahmen nicht mit den vertraglichen
Bestimmungen in Einklang zu bringen seien. Leistungsbestandteil der Position WK und WF sei, dass der betroffene
Zahn bis bzw. bis nahe an die Wurzelspitze abgefüllt werde. Die Wurzelkanalfüllung solle das Kanalvolumen
vollständig ausfüllen. Bei pulpentoten Zähe mit dem Röntgenbild diagnostizierbarer pathologischer Veränderung an der
Wurzelspitze sei bei der Prognose kritisch zu prüfen, ob der Versuch der Erhaltung des Zahnes durch konservierende
oder konservierend-chirurgische Behandlung unternommen werde. Bei kombinierten parodontalen und endodontischen
Läsionen sei die Erhaltung der Zähne im Hinblick auf die parodontale und endodontische Prognose kritisch zu prüfen
(Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen A. III. 9.1a, 9.1d, 9.4 und 9.5). Hinsichtlich
der Zystenoperationen sei grundsätzlich zu beachten, dass die Abrechnung der Zystektomie nach Nr. 56a/c (Zy1/Zy3)
neben einer im Röntgenbild diagnostizierbaren Zyste, also einem erkennbaren raumfordernden Prozess, einen
zusätzlichen, nach Art und Inhalt einer Zystenoperation entsprechenden chirurgischen Aufwand (zusätzliche
Kieferresektion, Entfernung eines Zystenbalges, Säuberung von Zystenresten) voraussetze. Nicht jede geringfügige
röntgenologisch sichtbare Aufhellung rechtfertige die Abrechnung einer Leistung nach den Nr. 56a-d (Zy1 bis Zy4).
Das Auskratzen von Granulationsgewebe oder kleinen Zysten in einer Extraktions- oder Osteotomiewunde könne
nicht zusätzlich berechnet werden. Ggf. bedürfe es eines detaillierten klinischen Befundes. Dem Röntgenbild komme
im Rahmen der Abrechnungsprüfung die primäre Bedeutung zu. In der ersten Stufe zur Beurteilung der
Abrechnungsfähigkeit der Zystenentfernung werde das präoperative Röntgenbild beurteilt. Sei bei radikulären Zysten
die zystische Aufhellung im Röntgenbild in der erkennbaren größtmöglichen Ausdehnung ) 10mm (Zahnfilm) bzw. )
12mm (OPG), bei follikulären Zysten neben Weisheitszahnentfernungen die perikoronare Aufhellungen ) 3mm (OPG),
bestehe der operative Mehraufwand mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Bestehe keine größere
zystische Aufhellung (( 6mm (Zahnfilm) bzw. ( 7,5mm (OPG)), bestehe kein nachvollziehbarer Mehraufwand auf
Grundlage des Röntgenbildes. Es könne jedoch durch einen pathohistologischen Befund "Zyste", da eine Summe der
Einzelpräparate von ) 9mm (halber Umfang einer im Durchmesser 6mm großen Zyste) ausweise, der operative
Mehraufwand nachgewiesen werden. Ein pathohistologischer Befund, der eine geringere oder gar keine Präparatgröße
angebe, könne als Nachweis des Mehraufwandes nicht herangezogen werden. Bei der genannten röntgenologischen
Ausgangslage könne der OP-Bericht alleine den Mehraufwand nicht dokumentieren. Sei die zystische Aufhellung in
der erkennbaren größtmöglichen Ausdehnung zwischen 6 und 10 mm (Zahnfilm) bzw. zwischen 7,5 und 12 mm (OPG)
erkennbar, könne der röntgenologische Befund entweder durch den pathohistologischen Befund mit den vorstehenden
Kriterien oder durch den intraoperativen OP-Bericht belegt werden. Für follikuläre Zysten neben
Weisheitszahnentfernungen könne bei einer erkennbaren größten Ausdehnung der perikoronaren Aufhellung ( 3mm
(OPG) der Mehraufwand als nachvollziehbar beurteilt werden, wenn in Verbindung mit dem Röntgenbefund der
pathohistologische Befund der Diagnose "Zyste" bestätigt und eine Summe von Einzelpräparaten von ) 15mm
dokumentiert werde oder der pathohistologische Befund Diagnose "Zyste" bestätige und der operative Mehraufwand
mit einem OP-Bericht nachgewiesen werde. Die Exzisionen könnten neben einer anderen chirurgischen Leistung in
derselben Sitzung für dasselbe Operationsgebiet nicht abgerechnet werden. Wenn es sich um getrennte
Operationsgebiete handele, so sei die Nr. 50 mehrmals je Kiefer abrechenbar. Im Unterschied zur Nr. 49, der
einfachen Exzision nicht gewucherten Gewebes, handele es sich bei der Nr. 50 in der Regel um einen chirurgischen
Eingriff größeren Umfangs, der eine eigene Wundversorgung (z. B. Naht) und auch Nachbehandlung (vgl. Nr. 38
BEMA Z) erforderlich mache. Die in der Leistungslegende in Klammern aufgeführten Schleimhautwucherungen
(lappiges Fibrom, Epulis) seien, wie auch die Buchstaben "z.B." ausdrückten, beispielhafte, aber keine
abschließenden Aufzählungen. Chirurgische Eingriffe, die nach Art und Ausführung der Exzision einer
Schleimhautwucherung entsprächen, könnten somit alle nach Nr. 50 BEMA-Z abgerechnet werden. Für einzelne
Ausnahmefälle sei zusätzlich die Möglichkeit vorgesehen, eine isolierte Behandlung einzelner parodontal erkrankter
Zähne nach der Nr. 50 (Exz2) abzurechnen. Allerdings müssten hierfür die Leistungsinhalte der Nr. 200 – 203 BEMA-
Z in vollem Umfang in einer selbstständigen Sitzung unabhängig von Präparationssitzungen für Kronen und
Zahnersatz erbracht werden. Die für die Parodontosebehandlung übliche und notwendige Ausheilungszeit nach dem
Eingriff müsse eingehalten werden; ebenso seien die weiteren Richtlinien für Parodontosebehandlungen zu beachten.
Es müsse sich um wenige, einzelne Zähne (Parodontien) handeln (max. 3 pro Fall) und keinesfalls dürfe mit dieser
Möglichkeit eine systematische vertraglich vorgesehene Parodontosebehandlung umgangen werden. Im akuten
Schmerzzustand sei eine Leistung nach Nr. 50 BEMA-Z als parodontalchirurgische Maßnahme kontraindiziert und
somit nicht abrechnungsfähig. Im Bescheid werden sodann die 59 Behandlungsfälle und die Absetzungen im
Einzelnen aufgeführt.
Hiergegen legte die Klägerin am 26.01.2009 Widerspruch ein. Sie wandte ein, ein von der Prüfungsstelle genannter
Beschluss vom 29.10.2008 sei ihr nicht bekannt gegeben worden. Die Sache sei auch verjährt. Es sei nach neuem
Verfahren vorgegangen worden. Die Praxis sei seit 2003 fortlaufend geprüft worden, so dass eine weitere Prüfung
nicht zulässig gewesen sei. Der Aufwand für sie sei aufgrund der Prüfungen enorm. Die Ausgliederung von sachlich-
rechnerischer Berichtigung als separates Verfahren sei nicht zulässig, weil es insgesamt in eine
Wirtschaftlichkeitsprüfung eingebunden bleiben müsse. Es müsse insgesamt die Wirtschaftlichkeit beachtet werden.
Die Anhörung sei eine Farce gewesen. Die Prüfgremien müssten Beweise für eine unwirtschaftliche
Behandlungsweise haben. Der Wurzelkanalbehandlungskomplex könne nicht von der Gesamtwirtschaftlichkeit
abgekoppelt werden. Es könnten nicht wenige Einzelfälle herausgesucht werden. Sie habe eine Abfüllquote von 94 %
gehabt. Die im Bescheid genannten Qualitätsrichtlinien könnten für die vertragszahnärztliche Tätigkeit nicht
herangezogen werden. Der Forderung einer Messaufnahme widerspreche die pauschale Kürzung nach
Landesdurchschnitten. Nicht unbedingt notwendige Röntgenaufnahmen bedeuteten eine Körperverletzung.
Elektrometrische Messungen als privatzahnärztliche Leistungen könnten nicht verlangt werden. Zur Abrechnung der
Exz2 sei anzumerken, dass eine singuläre Parodontalbehandlung bei überkronten Zähnen erforderlich sei. Eine
Behandlung sei meist erst nach Entfernung der Kronen/Brücken möglich. Ferner nahm sie zu den
Einzelbeanstandungen Stellung.
Die Beklagte gab mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2009 dem Widerspruch teilweise statt und hob den
Erstbescheid vom 05.01.2009 insoweit auf, als darin ein Betrag von mehr als 4.138,24 EUR festgesetzt wurde. Im
Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Unter Wiederholung ihrer allgemeinen Ausführungen begründete sie jeweils
im Einzelfall die Stattgabe oder Ablehnung des Widerspruchs.
Hiergegen hat die Klägerin am 03.09.2009 die Klage erhoben. Sie hält es weiterhin für unzulässig, dass die Prüfung
auf dem ihr nicht bekannt gegebenen Beschluss vom 29.10.2008 basiere bzw. dieser Beschluss erst am 06.04.2009
schriftlich abgefasst worden sei, also nach Erlass des hier strittigen Ausgangsbescheides. Gegen den Beschluss der
Prüfungsstelle vom 06.04.2009 habe sie Widerspruch eingelegt, dessen Ausgang zunächst abzuwarten gewesen sei.
Der Beschluss müsse an den Beschwerdeausschuss zurückgegeben werden. Der Beschluss der Prüfungsstelle sei
bereits aus formalen Gründen fehlerhaft. Sie sei auch entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung davon ausgegangen,
dass ihr Widerspruch die Verweisung betreffe. Die Beklagte sei wegen des noch laufenden Widerspruchverfahrens
gegen den Bescheid der gemeinsamen Prüfungsstelle nicht zur Entscheidung berechtigt gewesen. Die
Behandlungsfälle müssten mit zahnärztlichem Sachverstand beurteilt werden. Beispielhaft sei der Fall Nr. 3 Carsten
Bock genannt. Die Behauptung der Beklagten, es hätte kein Röntgenbild vorgelegen, sei falsch. Sie habe in der
Stellungnahme erklärt, dass der Patient in Notfallvertretung mit Schmerzen behandelt worden sei. Er habe eine
Röntgenaufnahme des Kollegen in AAA. mitgebracht. Es wäre unwirtschaftlich und entgegen der vertraglichen
Bestimmung gewesen, neu zu röntgen. Außerdem sei zur Feststellung der Diagnose "akute Pulpitis" kein Röntgen
erforderlich und zudem im Röntgenbild nicht sichtbar. Die Unterlagen seien dem Patienten wieder ausgehändigt
worden. Die Notfalltherapie mittels Trepanation werde wissenschaftlich nicht mehr als ausreichend angesehen.
Röntgenbilder dürften nach der Röntgenverordnung nicht zum Nachweis der Leistung angefertigt werden. Wenn eine
elektrometrische Längenmessung des Kanals erfolge und z. B. der Guttaperchastift in der Länge eingepasst (gekürzt)
werde, könne die Wurzelfüllung exakt erfolgen. Die Nr. 50 BEMA-Z könne auch zur Behandlung einzelner Parodontien
herangezogen werden. Die Indikation könne nur fachlich im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung geprüft werden.
Die Klägerin nahm ferner zu den Einzelbeanstandungen Stellung.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 05.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
07.08.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid und trägt ergänzend vor, mit Schreiben vom
30.10.2008 habe die Beklagte den Kläger erstmals schriftlich von ihrer Zuständigkeit unterrichtet und ihn aufgefordert,
die entsprechenden, zur Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit erforderlichen Unterlagen zu übersenden.
Vorausgegangen sei die Anhörung nach der Prüfvereinbarung am 29.10.2008. Die Gemeinsame Prüfungsstelle sei
dort u. a. zu dem Ergebnis gekommen, zwecks sachlich-rechnerischer Prüfung die Beklagte einzuschalten. Sie habe
sich daher darauf verlassen können, dass sie die sachlich-rechnerische Berichtigung in den streitgegenständlichen
Einzelfällen nach der Anhörung vom 29.10.2008 im Einverständnis mit dem Kläger habe einleiten dürfen. Sie habe
jedenfalls aber auch ohne förmlichen schriftlichen Beschluss der Gemeinsamen Prüfungsstelle und ohne
Einverständnis des Klägers die Pflicht und die Möglichkeit gehabt, die streitgegenständlichen sachlich-rechnerischen
Berichtigungen vorzunehmen. Die Berufung auf einen "Verweisungsbeschluss" der Gemeinsamen Prüfungsstelle laut
Bescheid vom 05.01.2009 sei dabei terminologisch missverständlich. Rechtlich gesehen bewege sich die Beklagte
jedoch im Rahmen ihrer Pflichten und Befugnisse. Ein "gleichzeitiges" Vorgehen sei nicht nur sachgerecht, sondern
benachteilige die Klägerin nicht. Beide Prüfverfahren beträfen verschiedene Lebenssachverhalte. Die Beklagte
erwiderte ferner zu den Einzelbeanstandungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den
Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte
handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 05.01.2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 07.08.2009 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Der Bescheid der Beklagten vom 05.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.08.2009 ist
rechtmäßig.
Die Beklagte war zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung
sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die
vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2
Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten
obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine
ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die
sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die Arzt
bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs.
2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z/17 EKV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten
Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl. BSG, Urt. v.
10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1 = NZS 1996, 134 = Breith 1996, 280 = USK 95120, juris Rdnr. 12;
BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA
34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS
2005, 549, juris Rdnr. 17) bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z (vgl. BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-
5555 § 10 Nr. 1 = USK 98155, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - aaO.; BSG, Urt. v.
30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - aaO.).
Während die Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V bei der Menge der erbrachten Leistungen ansetzt,
erstreckt sich die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung auf die Frage, ob die abgerechneten
Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme
des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. Solche Verstöße können zum Beispiel darin liegen, dass die
Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle
Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 01. Juli 1998,
Az: B 6 KA 48/97 R- BSG SozR 3-2500 § 75 Nr. 10 S 43 = Breith 1999, 659 = USK 98163, juris Rdnr. 15 m. w. N.).
Eine K(Z)V darf im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung vom Arzt in Ansatz gebrachte Leistungen in
vollem Umfang streichen, wenn deren Voraussetzungen erweislich nicht vorliegen oder ihr Vorliegen sich im Einzelfall
nicht nachweisen lässt. Diese Berechtigung besteht unabhängig davon, ob die Nichterfüllung der Leistungslegende nur
in Einzelfällen oder in vielen Fällen im Streit ist. Während bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung allein an die Menge
ärztlicher oder ärztlich veranlasster Leistungen angeknüpft wird, die in grundsätzlicher Übereinstimmung mit den
gesetzlichen und/oder vertraglichen Bestimmungen erbracht worden sind, bezieht sich die Prüfung der Abrechnung
seitens der KV auf Rechenfehler und die Einhaltung der tatbestandlich umschriebenen Voraussetzungen einer
Position der Gebührenordnung und der sie flankierenden Regelungen. Dieses bedingt bei der
Wirtschaftlichkeitsprüfung eine Zurückführung der überhöht erbrachten Leistungen ggf. auf Durchschnittswerte,
während für nicht in Einklang mit den Vergütungsnormen erbrachte Leistungen - unabhängig von ihrer Menge - kein
Vergütungsanspruch besteht. Ergeben sich in einzelnen Behandlungsfällen begründete Zweifel daran, dass der
Tatbestand einer Gebührenordnungsposition erfüllt ist, weil der abrechnende Vertragsarzt den Inhalt der
Leistungslegende verkannt hat, obliegt es auch dem betroffenen Arzt, an der Beseitigung dieser Zweifel durch
sachdienliche Angaben mitzuwirken. Da ihn als Anspruchssteller grundsätzlich die Feststellungslast hinsichtlich der
Voraussetzungen für seinen Vergütungsanspruch trifft, liegt eine derartige Mitwirkung in seinem eigenen Interesse.
Den KVen ist es nicht untersagt, anhand von Einzelfällen zu prüfen, worauf etwa ein als implausibel bewerteter
Anstieg der Ansatzhäufigkeit einer bestimmten EBM-Ä-Position beruht und darauf ggf. mit einer Korrektur der
Abrechnung zu reagieren (vgl. BSG, Beschl. v. 06.09.2000 - B 6 KA 17/00 B - juris Rdnr. 8).
Nach der Rechtsprechung des BSG ist ferner anerkannt, dass die K(Z)Ven ärztliche Leistungen nicht honorieren
müssen, die der Vertragsarzt nicht hat erbringen dürfen, weil sie nicht Gegenstand der Leistungspflicht der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind. Eine Leistungspflicht der GKV besteht nicht bei solchen Leistungen,
die sich im konkreten Behandlungszusammenhang in offenkundigem Widerspruch zum Stand der medizinischen
Wissenschaft befinden oder erkennbar ohne jeden Nutzen erbracht worden sind. Ist bei vertragsarztrechtlich an sich
zulässigen Leistungen diese Evidenzschwelle nicht erreicht, kommt aus kompetenzrechtlichen Gründen nur die
Untersuchung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise durch die zuständigen Prüfgremien in Betracht (vgl. BSG,
Urt. v. 05.02.2003 - B 6 KA 15/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 1 = MedR 2003, 591 = Breith 2003, 704 = USK 2003-125,
juris Rdnr. 19; BSG, Urt. v. 20.03.1996 - 6 RKa 85/95 - SozR 3-5533 Nr. 3512 Nr. 1 = NZS 1997, 44 = SGb 1997, 229
= MedR 1997, 187 = USK 9696, juris Rdnr. 14; jurisPK-Clemens, § 106a, Rdnr. 38; s.a. BSG, Beschl. v. 17.03.2010 -
B 6 KA 23/09 B -, juris Rdnr. 11).
Die Beklagte ist grundsätzlich zur sachlich-rechnerischen Berichtigung ohne Antrag befugt. Von daher kommt es auf
eine entsprechende Verweisung seitens der Prüfgremien nicht an. Eine sachliche Vorgreiflichkeit der
Wirtschaftlichkeitsprüfung besteht nicht. Lediglich im Rahmen eines statistischen Kostenvergleichs besteht eine
Vorgreiflichkeit der sachlich-rechnerischen Berichtigung, da bei Leistungsabsetzungen sich veränderte statistische
Werte ergeben. Soweit im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsprüfverfahrens Leistungen nach Nr. 12 (bMF) BEMA-Z
geprüft und abgesetzt worden sind, betrifft dies nicht die hier streitgegenständlichen Leistungen. Auch von daher ist
dieses Verfahren unabhängig von dem Wirtschaftlichkeitsprüfverfahren.
Zum Zeitpunkt des Zugangs des angefochtenen Bescheids war die Ausschlussfrist von vier Jahren noch nicht
verstrichen. Für die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen gilt eine vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer der
Richtigstellungsbescheid der K(Z)ÄV dem Betroffenen bekannt gegeben werden muss. Nach Ablauf dieser Frist ist
eine Richtigstellung auf der Rechtsgrundlage der bundesmantelvertraglichen Richtigstellungsvorschriften
ausgeschlossen. Sie ist dann nur noch nach Maßgabe der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 (Abs. 2 i.V.m.
Abs. 4 Satz 1) SGB X möglich (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 40/05 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 15 = BSGE
97, 84 = GesR 2007, 174 = USK 2006-114, juris Rdnr. 12). Die vierjährige Ausschlussfrist zur Berichtigung beginnt
mit dem Tag der Bekanntgabe des ursprünglichen Bescheides und nicht mit dem Ablauf des Jahres, in dem dieser
Bescheid erlassen worden ist (vgl. BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R - SozR 4 2500 § 85 Nr. 35 = BSGE 98,
169 = GesR 2007, 461 = USK 2007-35 = ZMGR 2008, 144, juris Rdnr. 18). Das Datum der Bekanntgabe eines
Verwaltungsaktes (§ 37 SGB X) ist typischerweise feststellbar. Jeder Honorarbescheid trägt das Datum, unter dem er
von der K(Z)ÄV erstellt und versandt worden ist. Dann lässt sich verlässlich berechnen, wann der Verwaltungsakt als
bekannt gegeben gilt, sofern sich der Zeitpunkt der Bekanntgabe nicht ohnehin aus Zustellungsurkunden oder
ähnlichen Nachweisen ergibt. Der Tag der Erstellung der jeweiligen Quartalsabrechnungsbescheide, der Termin ihrer
Versendung an die Vertrags(zahn)ärzte und die darauf beruhende rechtliche Feststellung des Zeitpunktes der
Bekanntgabe (§ 37 Abs. 2 SGB X) ist regelmäßig anhand der Unterlagen der K(Z)ÄV zu ermitteln (vgl. BSG, Urt. v.
28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R – aaO., juris Rdnr. 25).
Der Bescheid vom 05.01.2009 ist der Klägerin im Januar 2009 zugegangen. Die Berichtigung betrifft alle Quartale des
Jahres 2006. Die Berichtigung bzgl. des 1. Quartals 2006 erfolgte damit in weniger als drei Jahren, die der übrigen
Quartale ebf. Damit war die Ausschlussfrist gewahrt. Von daher kommt es nicht darauf an, ob die Ausschlussfrist
durch den Beschluss des Prüfungsausschusses gehemmt wurde (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 40/05 R –
aaO., juris Rdnr. 13 ff.).
Die Beklagte hat die Klägerin ausreichend angehört (§ 24 Sozialgesetzbuch, 10. Buch – SGB X -). Eine Anhörung
kann bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3,
Abs. 2 SGB X). Mit der Möglichkeit der Widerspruchseinlegung nach Erlass des angefochtenen Ausgangsbescheids
vom 05.01.2009, der vollständig alle streitbefangenen Absetzungen nennt, war jedenfalls einer Anhörung ausreichend
Genüge getan.
Der angefochtene Berichtigungsbescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Auffassung der Beklagten zur Endodontie waren von der fachkundig mit einer Vertragszahnärztin und einem
Vertragszahnarzt besetzten Kammer nicht zu beanstanden. Im Notfall kann eine Schmerzbeseitigung durch eine
Trepanation abgerechnet werden und setzt die Wurzelkanalaufbereitung die vollständige Aufbereitung des
Wurzelkanals voraus, was röntgenologisch abzusichern ist. Allein die Bahnung eines Wegs in den Wurzelkanal, um
ein Medikament anzubringen, erfüllt noch nicht die Voraussetzungen einer Wurzelkanalaufbereitung nach Nr. 32 (WK)
BEMA-Z und der medikamentösen Einlage nach Nr. 34 (Med) BEMA-Z. Eine Behandlung im Notdienst hat sich auf
schmerzbeseitigende Maßnahmen zu beschränken. Damit kann im Regelfall eine Wurzelkanalaufbereitung nicht
abgerechnet werden (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v.07.12.2005 – S 12 KA 22/05 –). Bei Patienten, die als
Schmerzfälle abgerechnet werden, kann sich die Behandlung nicht auf Maßnahmen erstrecken, die auf einen späteren
Zeitpunkt hätten verschoben werden können. Zur Erlangung von Schmerzfreiheit reicht die Trepanation nach Nr. 31
BEMA-Z oder die Vitalexstirpation nach Nr. 28 BEMA-Z des betroffenen Zahns aus. Sowohl das zusätzliche
Aufbereiten des Wurzelkanalsystems nach Nr. 32 BEMA-Z als auch die zusätzliche medikamentöse Einlage nach Nr.
34 BEMA-Z in Verbindung mit einer Maßnahme nach den Nrn. 28, 29 oder 32 BEMA-Z dienen danach nicht mehr der
Beseitigung der geklagten Schmerzen. Sie sind Teil einer sich an die Akutbehandlung anschließenden
Wurzelkanalbehandlung, die aus den Arbeitsschritten Eröffnen des Pulpenkavums, Kanaleröffnung, Gestaltung des
Zugangskavität, Pulpenentfernung, Kanalreinigung, Kanaldesinfektion, Kanalverbreiterung und schließlich Kanalfüllung
besteht. Soweit die zahnmedizinischen Fachgesellschaften befürworten, dass auch in Akutfällen nach Möglichkeit
kausal und nicht nur symptombezogen behandelt wird, ist dies ohne Belang, denn dies hat bisher jedenfalls keinen
Eingang in das vertragszahnärztliche Regelwerk gefunden (vgl. LSG Hamburg, Urt. v. 24.09.2008 – L 2 KA 35/06 –
www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Die Kammer sieht es ferner als zahnmedizinisch gesichert an, dass eine Wurzelfüllung im Regelfall drei
Röntgenaufnahmen erfordert. Zu diagnostischen Zwecken ist vor Beginn der Behandlung eine Röntgenaufnahme
anzufertigen. Nach Aufbereitung des Wurzelkanals hat eine weitere Röntgenaufnahme zu Kontrollzwecken zu
erfolgen. Diese Aufnahme kann durch andere Messtechniken ersetzt werden. Nach Abschluss der Wurzelbehandlung
hat eine dritte Aufnahme zu erfolgen zur Qualitätskontrolle und sicherung. Der Verweis der Beklagten auf
entsprechende Richtlinien der Fachgesellschaften bringt lediglich zum Ausdruck, dass die von ihr geschilderte
Verfahrensweise nach wie vor zum zahnmedizinischen Erfahrungswissen gehört. Die Klägerin kann demgegenüber
nicht auf ein Verbot nach der Röntgenverordnung verweisen. Soweit nach dem Stand der zahnmedizinischen
Erkenntnisse eine Röntgenaufnahme erforderlich ist, handelt es sich auch um eine notwendige Röntgenaufnahme und
kommt ein Verstoß gegen die Röntgenverordnung nicht in Betracht.
Hinsichtlich der Zystenoperationen weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Abrechnung der Zystektomie
nach Nr. 56a/c (Zy1/Zy3) neben einer im Röntgenbild diagnostizierbaren Zyste, also einem erkennbaren
raumfordernden Prozess, einen zusätzlichen, nach Art und Inhalt einer Zystenoperation entsprechenden chirurgischen
Aufwand (zusätzliche Kieferresektion, Entfernung eines Zystenbalges, Säuberung von Zystenresten) voraussetzt.
Die mit 120 Punkten bewertete Leistung nach Nr. 56a (Zy1) BEMA-Z beinhaltet die Operation einer Zyste durch
Zystektomie, die mit 72 Punkten bewertete Leistung nach Nr. 56b (Zy2) BEMA-Z beinhaltet die Operation einer Zyste
durch orale Zystektomie und die mit 48 Punkten bewertete Leistung nach Nr. 56c (Zy3) BEMA-Z beinhaltet die
Operation einer Zyste durch Zystektomie in Verbindung mit einer Osteotomie oder Wurzelspitzenresektion. Das
Entfernen von Granulationsgewebe und kleinen Zysten ist nicht nach Nr. 56 abrechnungsfähig.
Voraussetzung zur Berechnung der Leistungen nach Nr. 56 muss eine im Röntgenbild diagnostizierbare Zyste und ein
zusätzlicher, nach Art und Inhalt einer Zystenoperation entsprechender chirurgischer Aufwand sein. Dabei komme es
nicht allein auf die Größe des entfernten Gewebes an. Soweit die Notwendigkeit der Durchführung einer Operation
nach Nr. 56 BEMA-Z nicht ausschließlich durch Röntgenbilder belegt werden kann, kommt es in diesen seltenen
Ausnahmefällen entscheidend auf den klinischen Befund, also auf den Zustand, wie ihn nur der Operateur sieht, an.
Dabei kann ein Nachweis ferner nicht durch die Untersuchungsbefunde eines pathologischen Instituts geführt werden,
da diese Institute nur eine Gewebsprobe erhalten, die sie untersuchen, die sie aber nicht dahingehend unterscheiden
können, woher diese Proben stammen, ob es sich um Gewebeproben eines Zahnfollikels oder einer follikulären Zyste
handelt. Die Voraussetzungen für die Erbringung des vollständigen Leistungsinhalts sind vom Vertragszahnarzt
nachzuweisen, da er einen Anspruch geltend macht. In der Regel genügt er diesen Voraussetzungen durch
Einreichung der Behandlungsausweise. Komme es aber zu Beanstandungen, so hat er im Einzelfall die
Voraussetzungen unter Tragen des Beweislastrisikos nachzuweisen. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass in den
Fällen, in denen allein der klinische Befund den Nachweis für die Voraussetzungen der Nr. 56 BEMA-Z erbringen
kann, der Vertragszahnarzt wenige Möglichkeiten für diesen hat. Der klinische Befund kann nur von ihm
vorgenommen werden. Andererseits berechtige nicht jede Gewebsentfernung die Abrechnung nach Nr. 56 BEMA-Z,
so dass die Verwaltung nicht auf die alleinige Behauptung des Vertragszahnarztes verwiesen werden könne. Dem
Beweisnotstand kann durch einen detaillierten klinischen Befund abgeholfen werden, der nur dann zu erstellen ist,
wenn nicht schon aufgrund der Röntgenbefunde die Voraussetzungen der Nr. 56 nachgewiesen werden können (vgl.
SG Marburg, Urt. v. 03.06.2009 – S 12 KA 520/08 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = www.lareda.hessenrecht.de =
juris = MedR (Leitsatz), Berufung anhängig: LSG Hessen – L 4 KA 53/09 -; SG Marburg, Urt. 07.12.2005 - S 12 KA
22/05 -; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 24.02.2000 - L 5 Ka 50/97 -, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch
BSG, Beschl. v. 13.12.2000 - B 6 KA 28/00 B -; LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 19.04.2002 - L 6 KA 34/99 –; LSG
Schleswig-Holstein, Urt. v. 20.06.2006 – L 4 KA 20/05 – Breith 2007, 9 = NZS 2007, 276 = MedR 2007, 566, juris
Rdnr. 25; SG Frankfurt am Main, Urt. v. 30.08.1995 - S-27/KA-1670/95 -; v. 11.02.2004 - S 27 KA 1076/03 -; SG
Gotha, Urt. v. 13.02.2008 – S 7 KA 4379/06 – und – S 7 KA 2743/05 –, www.zahn-forum.de/zf/urteile juris; SG AAC.,
Urt. v. 06.09.2006 – S 2 KA 108/04 –).
Die Ausführungen der Beklagten zu den Exzisionen geben im Wesentlichen die Leistungslegende wieder und
entsprechen der Kommentierung von Lieboldt/Raff/Wissing,Kommentar BEMA-Z, Stand: 93 Ergänzungslieferung,
Februar 2010, zu Nr. 49/50 BEMA-Z.
Die Leistung nach Nr. 49 (Exz1) BEMA-Z beinhaltet die mit 10 Punkten bewertete Exzision von Mundschleimhaut
oder Granulationsgewebe für das Gebiet eines Zahnes. Eine Leistung nach Nr. 49 ist in derselben Sitzung nicht für
dasselbe Gebiet einer anderen chirurgischen Leistung abrechnungsfähig. Die Leistung nach Nr. 50 (Exz2) BEMA-Z
beinhaltet die mit 37 Punkten bewertete Exzision einer Schleimhautwucherung (z.B. lappiges Fibrom, Epulis). Eine
Leistung nach Nr. 50 ist in derselben Sitzung nicht für dasselbe Gebiet einer anderen chirurgischen Leistung
abrechnungsfähig. Eine Leistung nach Nr. 50 ist auch mehrmals je Kiefer abrechnungsfähig, wenn es sich um
getrennte Operationsgebiete handelt.
Soweit die Klägerin die Abrechnung der Nr. 50 (Exz2) BEMA-Z für einzelne Ausnahmefälle zur isolierten Behandlung
einzelner parodontal erkrankter Zähne abgerechnet hat, hat die Beklagte diesen Ansatz im Grundsatz nicht
beanstandet. Die Beklagte ist aber zutreffend der Auffassung, dass dann die Voraussetzungen für eine
Parodontosebehandlung vorliegen müssen. Insofern war die Auffassung der Beklagten, dass die Leistungsinhalte der
Nr. 200 – 203 BEMA-Z in vollem Umfang in einer selbstständigen Sitzung unabhängig von Präparationssitzungen für
Kronen und Zahnersatz erbracht werden müssen, dass die für die Parodontosebehandlung übliche und notwendige
Ausheilungszeit nach dem Eingriff eingehalten werden muss, dass die weiteren Richtlinien für
Parodontosebehandlungen zu beachten sind, dass es sich um wenige, einzelne Zähne (Parodontien) handeln (max. 3
pro Fall) muss und keinesfalls mit dieser Möglichkeit eine systematische vertraglich vorgesehene
Parodontosebehandlung umgangen werden darf und dass im akuten Schmerzzustand eine Leistung nach Nr. 50
BEMA-Z als parodontalchirurgische Maßnahme kontraindiziert und somit nicht abrechnungsfähig ist, nicht zu
beanstanden.
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Absetzungen nicht zu beanstanden. Bezüglich der Einzelabsetzungen
verweist die Kammer auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und sieht von einer weiteren Darstellung der
Entscheidungsgründe ab, da es der dort gegebenen Begründung folgt (§ 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend verweist die
Kammer auf die über dreistündige mündliche Verhandlung, in der ein Mitglied der Klägerin anwesend war. In der
mündlichen Verhandlung wurde auch ein Teil der von der Klägerin eingereichten digitalen Röntgenbilder, die mit Hilfe
eines Beamers an die Wand projiziert wurden, angesehen. Insgesamt wurden mit dem Vertreter der Klägerin zehn von
diesem vorgeschlagene Behandlungsfälle sehr ausführlich erörtert. Im Ergebnis waren die Absetzungen der Beklagten
allesamt nicht zu beanstanden. Im Einzelnen wird ergänzend auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Die Kammer
vermochte auch die übrigen Absetzungen nicht zu beanstanden.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten
des Verfahrens.