Urteil des SozG Marburg vom 24.02.2010

SozG Marburg: aktiven, reform, anteil, ausgleichsfonds, honorarforderung, hessen, quote, rechtsgrundlage, versorgung, anwartschaft

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 24.02.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 348/09
Hessisches Landessozialgericht L 4 KA 18/10
1. Die Bescheide vom 10.07.2007 und vom 12.07.2007 über das EHV-Honorar in den Quartalen III/06 und IV/06, beide
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2009 werden abgeändert und die Beklagte verurteilt, den Kläger
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die
Gerichtskosten haben die Beteiligten jeweils zu ½ zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Anspruchs auf Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung für die
Quartale III und IV/06 und hierbei insbesondere auch um die Geltung der mit Wirkung ab 01.07.2006 geänderten
Grundsätze der erweiterten Honorarverteilung der Beklagten.
Der 1939 geborene und jetzt 70-jährige Kläger war zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in Hessen
zugelassen. Auf seine Zulassung verzichtete er zum 31.10.2002. Neben seinen Bezügen aus der EHV erhält er nach
eigenen Angaben Bezüge vom ärztlichen Versorgungswerk in Höhe von 1.157,88 EUR monatlich (sowohl in den
streitbefangenen Quartalen als auch aktuell).
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 25.08.2003 den Anspruch des Klägers an der erweiterten Honorarverteilung ab
01.11.2002 auf 14,7082% fest. Dies entsprach einem vierteljährlichen EHV-Honorar von seinerzeit ca. 5.640,00 EUR.
Die Beklagte nahm aufgrund der ab 01.07.2006 geltenden Neuregelungen der Grundsätze der erweiterten
Honorarverteilung eine Neuberechnung vor.
Mit Bescheid vom 26.06.2007 teilte sie dem Kläger mit, für die EHV-Empfänger, die eine Anspruchsberechtigung
nach der ab 01.01.2001 geltenden Satzung hätten, sei eine Übergangsregelung geschaffen worden. Ab diesem
Zeitpunkt sei eine stufenweise Absenkung des Höchstanspruchssatzes erfolgt. Soweit der Kläger aufgrund eines
niedrigeren Höchstanspruchssatzes als 18% davon betroffen gewesen sei und nach der für diesen Zeitraum geltenden
Normalstaffel eine Minderung seines EHV-Anspruchs im Verhältnis zur jetzt geltenden Regelung erhalten habe, sei
eine Neuberechnung auf der Grundlage der neuen Satzung durchgeführt worden. Der Kläger nehme künftig an diesem
neu festgesetzten Prozentsatz nach der Regelung dieser neuen Satzung an der EHV teil. Soweit sich im Einzelfall
hierdurch ein höherer Anspruch ergebe, als er Grundlage der Zahlung bis zum Inkrafttreten dieser geänderten Fassung
gewesen sei, erhalte er eine Nachzahlung in Höhe der Differenz zwischen dem neu festgesetzten prozentualen
Anspruch und den tatsächlichen Zahlungen. Dem Bescheid sei ein Berechnungsbogen beigefügt. Nach dem
Berechnungsbogen erhöhte sich der Anspruchssatz von bisher 16,9060 % um 0,9917 auf 17,8977 %. Hieraus
errechnete die Beklagte für die Quartale IV/02 bis IV/06 einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von insgesamt – netto –
6.515,80 EUR.
Hiergegen legte der Kläger am 12.07.2000 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, in den Neuberechnungen
seien die Kürzungen der Auszahlung für die EHV-Empfänger nach der Reform gültig ab 01.01.2001 eingegangen.
Diese Kürzungen seien rechts- und verfassungswidrig.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 10.07.2007 das EHV-Honorar für das Quartal III/06 fest. Bei einem
Anspruchssatz von 14,7082 % errechnete sie bei einem Durchschnittshonorar in Höhe von 41.194,39 EUR ein EHV-
Bruttohonorar in Höhe von 6.058,95 EUR. Unter Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsfaktors gem. § 8 der
Grundsätze der EHV betrage die Auszahlungsquote 88,5400 %. Daraus resultiere ein Anspruch von 5.364,60 EUR
abzüglich des aktuellen Verwaltungskostensatzes.
Hiergegen legte der Kläger am 07.08.2007 Widerspruch ein. Er wies darauf hin, ab dem Quartal III/06 seien seine
verfassungsrechtlich geschützten Ansprüche auf Beteiligung an der erweiterten Honorarverteilung erneut gekürzt
worden und zwar um etwas mehr als 10%. Für diese Kürzung gebe es weder eine gesetzliche Grundlage noch eine
nachvollziehbare Begründung. Insbesondere könne die Kürzung nicht unter Hinweis auf den Nachhaltigkeitsfaktor
gerechtfertigt werden. Sein Widerspruch richte sich auch gegen die fortwirkende Kürzung aus der EHV-Reform 2000.
Mit Bescheid vom 12.07.2007 setzte die Beklagte das EHV-Honorar für das Quartale IV/06 bei einem Anspruchssatz
von 14,7082 % und einem Durchschnittshonorar von 44.587,28 EUR auf brutto 6.557,99 EUR fest und bei einem
Nachhaltigkeitsfaktor von 89,0956 % auf 5.842,88 EUR.
Hiergegen legte der Kläger am 06.08.2007 mit gleicher Begründung wie für das Vorquartal Widerspruch ein.
Die Beklagte teilte dem Kläger unter Datum vom 07.04.2008 mit, es sei korrekt, dass aufgrund der Satzungsregelung
zum 01.07.2006 der Anspruchssatz gem. dem Bescheid vom 26.06.2007 von 14,7082 % auf 15,5710 % geändert
worden sei. Wie bereits im Schriftsatz vom 01.11.2007 ausgeführt, sei bei der Abrechnung für das Quartal III/06 von
einem fehlerhaften Bruttohonorar (vor Durchführung aller HVV-Maßnahmen) aller aktiven Vertragsärzte ausgegangen
worden. Richtigerweise sei der Ausgangspunkt der Berechnung das Bruttohonorar nach Durchführung aller HVV-
Maßnahmen. Somit sei das EHV-Honorar im III. Quartal 2006 auf Basis eines zu hohen Durchschnittshonorars
abgerechnet worden, mit der Folge, dass die ausgezahlten Restzahlungsbeträge ebenfalls zu hoch ausgefallen seien.
Der Kläger wies unter Datum vom 15.04.2008 daraufhin, dass in dem dem Bescheid vom 26.06.2007 beigefügten
Abrechnungsbogen von einem neuen Anspruchssatz von 17,8977 % ausgegangen werde, jetzt werde in der Anlage
ein Prozentsatz von 15,5710 % angenommen. Vorsorglich widerspreche er daher dem neuen Abrechnungsbogen. Mit
E-Mail vom 19.01.2009 zog er seinen Widerspruch diesbezüglich zurück (Bl. 25 VA).
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2009 die Widersprüche als unbegründet zurück. Darin führte
sie aus, der neue Anspruchsprozentsatz sei ursprünglich nicht korrekt ermittelt worden. Mit Schreiben vom
07.04.2008 sei daher nochmals der Bescheid von 26.06.2007 nebst richtigem Berechnungsbogen bzgl. des
Anspruchsprozentsatzes sowie der hieraus resultierenden richtigen Nachzahlungsbeträge richtig übermittelt worden.
Gem. diesem Bescheid nehme er nunmehr mit einem Anspruchssatz von 15,5710 % an der EHV teil. Die Grundsätze
der EHV seien ein auf Umlagebasis finanziertes Alterversorgungswerk der Hessischen Vertragsärztinnen und
Vertragsärzte. Der Finanzbedarf werde im aktuellen Zahlungszeitraum, hier Quartal, durch Umlage von den dieses
Versorgungswerk tragenden (aktiven) Vertragsärztinnen und Vertragsärzten aufgebracht. Nach § 3 der GEHV errechne
sich der Anspruch auf Teilnahme an der Honorarverteilung im Rahmen der EHV zunächst auf der Basis der um die
besonderen Praxiskosten der nach § 5 sowie der Anlage zu § 5 reduzierten Durchschnittshonorarforderungen aller
Vertragsärzte im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen. Die durchschnittliche Honorarforderung errechne
sich, indem nach Abzug der besonderen Kosten die Gesamtsumme der anerkannten Honorarforderungen durch die
Zahl der im gleichen Quartal tätigen Vertragsärzte geteilt werde. Vor dem Hintergrund einer steigenden Belastung der
aktiv tätigen Vertragsärztinnen und Vertragsärzte als Folge der Alterspyramide der Hessischen Vertragsärzte sowie
zunehmenden Lebenserwartung sei im Dezember 2000 eine erste grundsätzliche EHV-Novellierung beschlossen
worden. Ein Teil diese Reform sei die Berücksichtigung sog. besonderer Kosten gewesen. Dies habe dazu geführt,
dass die Honoraranteile von Praxen mit kostenintensiven Leistungen in Teilen von den EHV-Zahlungen ausgenommen
worden seien. Unter dem Druck langfristig steigender Beiträge zur EHV bei rückläufigen Praxisumsetzungen sei nach
Scheitern weiterer Reformansätze der Fortbestand des EHV-Systems gefährdet. Nach langen Beratungen sei es
gelungen, den Generationsvertrag und das Solidaritätsprinzip der EHV durch Beschlüsse der Vertreterversammlung
zu erneuern. Die Neufassung sei zum 01.07.2006 in Kraft getreten. Mit der EHV-Reform 2006 sei unter anderem der §
8 (Finanzierung der EHV-Ansprüche) aufgenommen worden. Nach Abs. 1 würden die für die Finanzierung nach §§ 3 ff.
festgestellten EHV-Ansprüche notwendigen Mittel durch Quotierung der im Rahmen der Honorarverteilung
festgestellten Punktwerte bereitgestellt werden. Die Quote dürfe dabei einen Wert von 5% nicht überschreiten. Die
festgestellten Ansprüche bezögen sich dabei auf das jeweils anerkannte durchschnittliche Honorar aus der
Behandlung Versicherter der Primär- und Ersatzkassen gem. § 3 i.V.m. § 5 Abs. 3. Sollten die erforderlichem Mittel
(nach Abs. 1 S. 2) für die Finanzierung der EHV-Ansprüche nicht ausreichen, seien alle Ansprüche über einen
Nachhaltigkeitsfaktor so zu quotieren, dass die quotenmäßige Belastung der Punktwerte der Honorarverteilung eine
Wert von 5% nicht überschreite. Im Übrigen sei ab dem Quartal III/06 auch die Berechnungsweise des EHV-Honorars
insoweit umgestellt worden, als nunmehr auf die Brutto-Durchschnittshonoraranforderungen der niedergelassenen
Vertragsärzte zurückgegriffen werde. Vor dem Quartal III/06 sei hier das Netto-Durchschnittshonorar zugrunde gelegt
worden. Auf den ersten Blick erscheine daher der Nachhaltigkeitsfaktor sehr hoch. Dies relativiere sich allerdings,
wenn auf Grundlage des Netto-Durchschnittshonorars die EHV-Bezüge gerechnet worden wären. Aus der
nachstehenden Tabelle sei ersichtlich, dass das EHV-Honorar bei der alten Berechnungsweise (Grundlage Netto-
Durchschnittshonorar) unwesentlich höher gewesen wäre.
Quartal Durchschnittshonorar netto EHV-Honorar, ohne Abzug Verwaltungskosten (neu) Durchschnittshonorar brutto
EHV-Honorar nach NHF ohne Abzug Verwaltungskosten (neu) 3/2006 39.232,75 EUR 6.108,93 EUR 41.194,39 EUR
5.679,29 EUR 4/2006 42.464,08 EUR 6.612,08 EUR 44.587,28 EUR 6.185,63 EUR
Das Bundessozialgericht habe in seien Urteilen vom 16.07.2008 festgestellt, dass die Regelungen der GEHV, die in
den Quartalen IV/01 bis II/06 gegolten hätten, nicht zu beanstanden seien. Schon seit dem 01.07.1991 würden bei der
Ermittlung der für die EHV einzubehaltenden Gesamtvergütungsanteile die auf die einzelne Praxis entfalle, besondere
Kosten berücksichtigt werden. Damit habe die Kassenärztliche Vereinigung Hessen auf die signifikanten
Abweichungen bei den Kostensätzen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung reagiert, die im System der
Honorarverteilung von besonderer Bedeutung seien. Auch die Neufassung des § 5 GEHV zum 01.10.2001 und der
Wegfall des § 3a GEHV (Fassung 1991) seien mit höherrangigem Recht vereinbar. Dieser Rechtsgedanke gelte auch
für die Quartale III/06 ff. weiter. Der Eigentumsschutz bedeute nicht, dass ein festes EHV-Honorar (als Eurobetrag)
zugesichert werden müsse. Der Anspruchssatz, wie er mit Neuberechnungsbescheid vom 26.06.2007 festgesetzt
worden sei, bleibe weiterhin unveräFndert. Aus dem Anspruchssatz allein könne jedoch kein bestimmter Anspruch an
EHV-Bezügen abgeleitet werden, da diese vom Durchschnittshonorar, wie er nach den Grundsätzen der erweiterten
Honorarverteilung zu berechnen sei, wesentlich abhänge. Der Durchschnittsumsatz hänge aber wiederum von
verschiedenen Faktoren ab, sodass sich bei einem feststehenden Anspruchssatz von Quartal zu Quartal
schwankende Honoraransprüche ergäben. Kein Recht könne uneingeschränkt bestehen. Art. 14 GG schütze lediglich
den Bestand des Eigentums, nicht aber erwartete respektive prognostizierte Erwerbschancen in der Zukunft.
Hiergegen hat der Kläger am 15.05.2009 die Klage erhoben. Er trägt vor, er habe seine Zulassung aus Altersgründen
zum 31.10.2002 beendet. Seit dem 01.11.2002 beziehe er Leistungen der erweiterten Honorarverteilung. Er beziehe
ferner eine Rente vom ärztlichen Versorgungswerk. Aus den angefochtenen Bescheiden ergebe sich nicht, wie sich
die "besonderen Kosten" gem. § 5 Abs. 1 GEHV bei der Ermittlung des Durchschnittshonorars errechneten. § 5 Abs.
1 GEHV nehme auf Anl. 1 Bezug. Eine Anl. 1 gebe es aber nicht. Es fehle hierfür an einer satzungsmäßigen
Rechtsgrundlage. Das Landessozialgericht Hessen habe in seinem Beschluss vom 29.02.2008 auf eine mögliche
Überprüfung aufgrund des EBM 2005 hingewiesen. Die Beklagte sei zu verpflichten, im Einzelnen nachzuweisen, wie
sich die Praxiskosten errechneten. Die Höhe des Nachhaltigkeitsfaktors im Quartal III/06 sei nicht nachvollziehbar.
Die EHV-Aufwendungen hätten sich im Jahr 2004 auf rund 76,4 Mio. EUR belaufen. In den Quartalen III/06 bis II/07
hätten sie sich auf 75,45 Mio. EUR belaufen, seien also gesunken (hoher Nachhaltigkeitsfaktor). Die Anwendung des
Nachhaltigkeitsfaktors führe zu einer Verringerung der Gesamtaufwendungen gegenüber 2004. Er gleiche also nicht
zusätzliche Belastungen wegen der Demographie aus, sondern führe zu einer Verschiebung der Honoraranteile von
den inaktiven Ärzten zu den aktiven Ärzten. Dafür gebe es weder in der Satzung noch im Gesetz irgendeine
Rechtsgrundlage. Es gebe keine Rechtsgrundlage für die Berechnung der EHV-Leistungen auf der Brutto-
Durchschnittshonoraranforderung. Die Beklagte sei zu verpflichten, im Einzelnen nachzuweisen, bis wann das
Durchschnittshonorar "netto" den EHV-Berechnungen zugrunde gelegt worden sei und auf welcher Rechtsgrundlage
wie im Einzelnen diese Berechnungen geändert worden seien.Die Absenkung der EHV-Leistungen verstoße auch
gegen die Hessische Verfassung und das Grundgesetz. Die EHV-Bezüge seien kontinuierlich zurückgegangen, wie
bereit im Verfahren gem. § 86b Sozialgerichtsgesetz vor der Kammer (Az.: S 12 KA 431/07 ER) aufgelistet worden
sei. Dies bei steigender Gesamtvergütung. Durch die Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors komme es im Quartal
III/06 zu einer zusätzlichen strukturellen Absenkung der Leistungen um 11,5 %. Die Beklagte räume im
Widerspruchsbescheid eine Absenkung um rund 7 % ein. Inzwischen betrage die Kürzung der EHV-Rente aber im
Quartal III/08 rund 16 %. Es fehle an einer gesetzlichen Ermächtigung für den Nachhaltigkeitsfaktor nach § 8 Abs. 1
GEHV. Dieser stehe im Widerspruch zu § 8 KVHG, der auf eine effektive (und damit auch tatsächlich
unterhaltssichernde) Versorgung abziele, die berufsständische Versorgung entsprechend hälftig ersetze. In der
Abstimmung habe kein einziger Vertreter der Inaktiven teilgenommen. Es fehle an der demokratischen Legitimation.
Der Nachhaltigkeitsfaktor sei ungeeignet, demographische Verwerfungen auszugleichen, weil die Demographie nicht
ein von den inaktiven Ärzten zu verantwortendes oder gar allein zu bewältigendes Problem darstelle, sondern ein
gesamtgesellschaftliches sei. Die Maßnahme sei nicht erforderlich weil zunächst ein Ausgleichsfonds angespart
worden sei, der an die aktiven Ärzte wieder zurückgezahlt worden sei. Der EHV seien zunächst Mittel entzogen
worden, um zugleich die Leistungen der Inaktiven drastisch zu beschneiden. Mit demographischen Risiken habe dies
nichts zutun. Die Maßnahme sei auch unverhältnismäßig. Die Nachteile für die aktiven Ärzte, die Herabsetzung des
Anspruchsatzes von 18% auf 15% sei wieder korrigiert worden, auch sei der Ausgleichsfonds zurückgezahlt worden.
Er werde unverhältnismäßig benachteiligt, da er keine Möglichkeiten habe, sich auf die Korrekturen einzustellen. Die
Leistungseinschränkungen addierten sich im Bereich zwischen 18% und 22%. Die Kürzungen seien nicht mit
Kürzungen im Bereich der Beamtenversorgung vergleichbar. Es müsse auf die Summe der Einschränkungen
abgestellt werden. Auch vorangegangene Einschränkungen müssten berücksichtigt werden. Er habe früher höhere
Umlagen zahlen müssen als es heute für die Aktiven als zumutbar angesehen werde. Im Gegensatz zu ihm könnten
die heute aktiven Vertragsärzte aus den ersparten Umlagen eine weitere Altersvorsorge aufbauen.
Der Kläger beantragt, die Bescheide vom 10.07.2007 und vom 12.07.2007 über das EHV-Honorar in den Quartalen
III/06 und IV/06, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2009 abzuändern und die Beklagte zu
verurteilen, ihm höhere Leistungen aus der EHV zu gewähren, insbesondere ohne Anwendung des
"Nachhaltigkeitsfaktors" gem. § 8 GEHV und ohne Anwendung der Kürzung wegen technischer Leistungen gem. § 5
GEHV.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, der Einwand
des Klägers, mangels in Anlage 1 aufgeführter, berücksichtigungsfähiger Kosten sei die Berücksichtigung von
Praxiskosten fehlerhaft erfolgt, sei unzutreffend. Sie habe die Praxiskosten auf Basis der "TL"-Anteile (technischer
Leistungsanteil) der im EBM 2005 definierten Honoraranteile ermittelt. Hintergrund dafür sei, dass der
Bewertungsausschuss bei der Kalkulation von Gebührenordnungspositionen jeweils einen ärztlichen Leistungsanteil
(AL) und einen technischen Leistungsanteil (TL-Anteil) zugrunde gelegt habe. Diese jeweiligen TL-Anteile im Sinne
von § 5 Abs. 1 Satz 2 GEHV habe sie bei der Ermittlung des EHV-relevanten Durchschnittshonorars berücksichtigt.
Diese TL-Anteile bedürften keiner gesonderten Festlegung in Anlage 1 zu § 5 Abs. 1 GEHV, da es sich bei den TL-
Anteilen nicht um "besondere Kosten" handele. Bei den vom Kläger angegebenen Werten zu den
Gesamtaufwendungen für die EHV aus dem Internet handele es sich um einen summarischen Wert. Tatsächlich habe
der Vorwegabzug 2004 75,51 Mio. EUR und im Zeitraum III/06 bis II/07 65,67 Mio. EUR betragen. Der Vorwegabzug
sei damit in den Zeiträumen der Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors höher als davor, d. h. in 2004 gewesen. Im
Quartal III/06 habe der Nachhaltigkeitsfaktor auch zur Anwendung gelangen müssen. Die EHV-Quote hätte eigentlich
5,3580 % betragen müssen. Der die EHV-Quote von 5 % übersteigende Betrag sei jedoch aus Mitteln der
Schwankungsreserve finanziert worden. Im Quartal III/06 hätte die EHV-Quote ohne Begrenzung durch den
Nachhaltigkeitsfaktor 5,6200 % betragen. Die Umstellung auf die Brutto-Honorarbasis bedeute, dass nunmehr das
Durchschnittshonorar der aktiven hessischen Vertragsärzte vor EHV-Quotierung die Grundlage bilde. Dies sei für die
inaktiven Vertragsärzte begünstigend. Dadurch hätten sich die EHV-Bezüge erhöht. Die Auswirkungen der Einführung
des Nachhaltigkeitsfaktors seien damit in einem Umfang von 5 % zumindest in Teilen kompensiert. Die Anwendung
des Nachhaltigkeitsfaktors führe nicht zu einer Reduzierung der EHV-Leistungen um rund 15 %. Die Umstellung auf
die Brutto-Honorarbasis bedeute für die beiden streitbefangenen Quartale, dass der Nachhaltigkeitsfaktor von 11,1822
% sich um die 5 % auf durchschnittlich 6,1822 % senke. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG liege nicht vor. Der Kläger
verkenne, dass die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors nicht darauf abziele, den Honoraranteil der aktiven Ärzte zu
erhöhen. Bezweckt sei vielmehr, dass der Honoraranteil der aktiven Ärzte konstant gehalten werde, in dem die EHV-
Quote bis max. 5 % begrenzt werde. Der Nachhaltigkeitsfaktor bewirke eine quartalsbezogene Quotierung sämtlicher
EHV-Ansprüche aller EHV-Leistungsempfänger – soweit die im Wege des Vorwegabzuges in Höhe von 5 %
bereitgestellten Mittel für die Finanzierung der EHV-Ansprüche nicht ausreichten. Mit der ersten EHV-Reform habe
lediglich eine mittelfristige Stabilisierung des Umlagesatzes bei ca. 6 % bewirkt werden können, da in absehbarer Zeit
die angesparten Mittel aus dem Ausgleichsfonds zu einer weitergehenden Stabilisierung des Umsatzes nicht mehr
ausgereicht hätten. Deshalb sei die zweite EHV-Reform notwendig geworden. Ohne jegliche Auffangregelungen zur
Kompensation künftiger demografischer Verwerfungen gäbe es einen steigenden EHV-Umlagesatz zu Lasten der
Aktiven bei fortwährenden gleichbleibenden EHV-Bezügen – unter der hypothetischen Maßgabe eines konstant
bleibenden Durchschnittshonorarumsatzes. Die aktiven Vertragsärzte hätten demnach eine stetig steigende EHV-
Umlage zu finanzieren, ohne dass sie in ihrer inaktiven Phase selbst davon in noch angemessener Weise hätten
partizipieren können. Diese Regelung stehe nicht im Widerspruch zu § 8 KVHG. Der Kläger berücksichtige bei seiner
Argumentation nicht, dass auch die gesetzliche Rentenversicherung infolge eintretender demokratischer Verwerfungen
voraussichtlich künftig nicht mehr das bisherige Niveau der Unterhaltssicherung beinhalten werde. Den Einwand der
erforderlichen demografischen Legitimation der zweiten EHV-Reform mangels Beteiligung der inaktiven Vertragsärzte
habe bereits das Bundessozialgericht nicht durchgreifen lassen. Die Regelung sei geeignet, die Funktionsfähigkeit der
EHV trotz demografischer Verwerfungen zu erhalten. Die vom Kläger vorgeschlagene Umwidmung des
Ausgleichsfonds zur Kompensation der Auswirkungen des Nachhaltigkeitsfaktors verletze die Rechte der in
Ausgleichsfonds finanzierenden Mitglieder der Beklagten. Überdies müsse die gerichtliche Kontrolle von Geeignetheit
und Erforderlichkeit anspruchsbegrenzender Normen auf den Ausschluss struktureller Festlegungen unersichtlich
unangemessenen Leistungsverteilungen ausgerichtet sein, wenn sie die Gestaltungsfreiheit des Normgebers nicht
unangemessen beschränken solle. Partizipiert von dieser Regelung hätten alle Mitglieder, auch soweit sie nunmehr
inaktiv seien, soweit sie Beiträge geleistet hätten. Bei unveränderter Fortführung der EHV ohne Reform bedeutet dies
einen prognostizierten Umlagesatz von über 10 % für die aktiven Vertragsärzte. Die aktiven Vertragsärzte müssten
künftig dann bis zu über 50 % höhere Umlagesätze tragen, ohne selbst auch nur ansatzweise EHV-Bezüge auf
heutigem Niveau erhalten zu können. Insoweit müsse es dem Kläger zuzumuten sein, bereits heute auch seinerseits
einen Beitrag zu einem solidarischen System erhalten zu leisten. Eine einseitige Belastung bestehe gerade nicht. Im
Vergleich zur ersten EHV-Reform gehe diese zweite Reform auch für die heute Aktiven weit hinaus. Sie verweise
hierzu auf die prognostizierte Entwicklung des Nachhaltigkeitsfaktors und des rechnerischen Höchstprozentsatzes.
So habe beispielsweise im Jahre 2030 der rechnerische Anspruchssatz von 18 % eine wirtschaftliche Wertigkeit von
dann nur noch 8 %. Ohne die Reform müssten die notwendigen Leistungskürzungen allein die heute aktiven
Vertragsärzte tragen. Im Vergleich dazu müssten dann die heute inaktiven Vertragsärzte gerade keine
Leistungskürzungen hinnehmen, obwohl sie in der Vergangenheit die EHV fast ausschließlich über einen geringeren
Umlagesatz finanziert hätten. Zu berücksichtigen sei auch, dass gerade die Inaktiven in der Vergangenheit von EHV-
Bezügen auf hohem Niveau bei fast ausschließlich geringeren Umlagesätzen partizipiert hätten, was den heutigen
Aktiven von vorneherein verschlossen bleibe. In den streitigen Quartalen betrage die Reduzierung durchschnittlich
6,1822 %. Das Bundessozialgericht habe zur ersten Reform ausgeführt, dass Kürzungen der Jahresvergütung für
Beamten um 1/13 noch hinzunehmen seien. Die Auswirkungen derartiger Kürzungen gingen über die aufgezeigten
Auswirkungen der zweiten EHV-Reform hinaus, so dass diese auch verhältnismäßig sei. Nicht zu folgen sei dem
Einwand, beide Reformen seien ganzheitlich zu betrachten. Die erste EHV-Reform habe zum Inhalt gehabt, die
inaktiven Vertragsärzte von rein kostenbedingten Erhöhungen der Gesamtvergütung auszuschließen. Bei der zweiten
EHV-Reform gehe es nicht um die Anpassung von Kostensätzen, sondern um die dauerhafte Lösung des
demografischen Problems. Die EHV gewähre unter Berücksichtigung der Einnahmesituation des Klägers immer noch
ein Leistungsniveau, das eine bedürftigkeitsunabhängige Sicherung nach einem vollen Versicherungsleben erfülle.
Ihre vorrangige gesetzliche Aufgabe sei die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Hierfür bedürfe es eines
vertretbaren und auf Dauer kalkulierbaren EHV-Umlagesatzes, um die Bereitschaft der Niederlassung in Hessen zu
erhalten. Grundlage für die Berechnung des Nachhaltigkeitsfaktors für das Quartal III/06 sei zunächst das
Bruttohonorar aller aktiven hessischen Vertragsärzte, bereinigt um das Bruttohonorar Primärkassen für Wahlärzte:
360.925.209,11 EUR - 1.009.828,06 EUR = 359.915.381,05 EUR. Dieses werde durch die Anzahl der aktiven Ärzte
(ohne Wahlärzte) zur Ermittlung des arztbezogenen Durchschnittshonorars geteilt: 359.915.381,05 EUR: 8.737 Ärzte
= 41.194,39 EUR. Dem so ermittelten Durchschnittshonorar würden die von allen EHV-Empfänger erworbenen
Anspruchssätze gegenübergestellt, um die Gesamtanforderung für die EHV für das jeweilige Quartal zu ermitteln:
41.394,39 EUR x 49.113,1022 % = 20.231.842,86 EUR. Dieser Betrag werde zum bereinigten Gesamthonorar der
Aktiven in das Verhältnis gesetzt. Dies ergebe eine notwendige EHV-Umlagequote von 5,62 %, die doch aufgrund der
GEHV auf 5 % begrenzt sei. Für die Erfüllung der EHV-Ansprüche stehe deshalb nur ein Betrag von 17.913.276,34
EUR zur Verfügung. Zur Ermittlung des Nachhaltigkeitsfaktors werde der 5 %-ige Anteil des bereinigten
Gesamthonorars der Aktiven ins Verhältnis gesetzt zu der EHV-Gesamthonoraranforderung. Dies ergebe die
ausgewiesene Auszahlungsquote von 88,54 % und damit einen Nachhaltigkeitsfaktor von 11,46 %. Sie habe bereits
im Eilverfahren zum Aktenzeichen S 12 KA 431/07 dargelegt, dass bei der Berechnung des Quartals III/06 von einem
fehlerhaften Bruttohonorar ausgegangen worden sei, was jedoch die EHV-Empfänger im Ergebnis begünstigt habe.
Für das Quartal IV/06 sei bei der Berechnung unzutreffend von einem Gesamtzuweisungsbetrag an die EHV von
19.615.493,37 EUR ausgegangen worden anstatt des Betrages von 19.500.248,89 EUR. Eine Beschwer für den
Kläger ergebe sich hieraus aber nicht.
Der Kläger erwiderte auf die Einlassungen der Beklagten, diese bestätigten, dass die Berechnung rechtswidrig sei und
die Kürzung der EHV-Rente ohne Rechtsgrundlage erfolgt sei. Die "Berechnung" der EHV-Rente geschehe nach
Maßgabe in sich widersprüchlicher und nicht nachvollziehbarer rechtsstaatwidriger Regelungen. Es fehle weiterhin an
der Anlage zu § 5 Abs. 1 GEHV. Die Vertreterversammlung habe offensichtlich niemals realisiert oder auch nur
erörtert, wie hoch der "TL"-Anteil im EBM 2005 sei. Die Satzung enthalte hier eine Verweisung auf eine
Berechnungskomponente, die wohl intern beim Bewertungsausschuss EDV-mäßig existiere, aber niemals der
Vertreterversammlung oder gar den betroffenen Mitgliedern auch nur zur Kenntnis gebracht worden sei. Es handele
sich um eine "dynamische" Verweisung, ohne dass die Vertreterversammlung dies in ihren gesetzgeberischen Willen
je so aufgenommen habe. Die Anwendung des "TL"-Anteils könne die sog. Durchschnittshonoraranforderung in das
bodenlose herabsinken lassen (von etwa 50 % oder sogar noch mehr). Deshalb habe die Vertreterversammlung in § 5
Abs. 1 Satz 3 GEHV für die folgenden vier Quartale ab Einführung des EBM 2005 angeordnet, dass das
Durchschnittshonorar durch den Faktor X % auf das Niveau des jeweiligen Vorjahresquartals angehoben werde.
Wahrscheinlich habe die Beklagte den "TL"-Anteil gar nicht bewertet, sondern nur die Gegenrechnung gem. § 5 Abs. 1
Satz 3 GEHV vorgenommen, obwohl die Vertreterversammlung den Faktor X nirgends festgelegt habe. Die Beklagte
hülle sich in Schweigen, auf welcher Grundlage die Praxiskosten Berücksichtigung gefunden hätten. Der Verwaltung
werde eine Bankettermächtigung erteilt, was gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße sowie gegen den
Gesetzesvorbehalt. Das unterschiedliche Zahlenmaterial bezüglich der Aufwendungen für die EHV bedeute, dass die
Vertreterversammlung offensichtlich aufgrund falschen Zahlenmaterials entschieden habe. Die Berechnungsweise hat
in § 8 KVHG keine wirksame Rechtsgrundlage. Mit dem Ziel, die Belastung der aktiven Vertragsärzte auf 5 % zu
begrenzen, gehe es nicht mehr darum, die Inaktiven angemessen zu versorgen, sondern ausschließlich um die
Interessen der Aktiven. Die Vertreterversammlung okkupiere damit für sich einen nahezu grenzenlosen
Gestaltungsspielraum. Entweder sei § 8 KVHG verfassungswidrig oder man müsse aus der knappen Formulierung
des § 8 KVHG eine auf das Ziel der Versorgung gerichtete begrenzte Ermächtigungsgrundlage entnehmen. In beiden
Fällen fehle es für die Reform 2006 an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Überlegungen des Bundessozialgerichts
in seinem Urteil vom 16.07.2008 bedürften einer Überprüfung, da die Vertreterversammlung aus dieser Vorschrift
einen nahezu grenzenlosen Gestaltungsspielraum herleiteten. Die Rentenkürzung könne nicht durch die behauptete
demografische Entwicklung legitimiert werden. Die Gesamtvergütung und das Durchschnittshonorar, welches den
Aktiven ausgezahlt werde, seien in den letzten Jahren gestiegen. Die Zahl der aktiven Ärzte sei in der Vergangenheit
nicht gesunken und werde in Zukunft auch nicht sinken. Das gleiche gelte für die Gesamtvergütung. Demografische
Verwerfungen in der Gesamtbevölkerung könnten also nicht auf die Ärzteschaft übertragen werden. Die
Rentenkürzung sei unverhältnismäßig. Sie verstoße gegen Artikel 14 GG. Der reine Zahlbetrag habe sich Quartal für
Quartal zunächst zwischen 300 EUR und 600 EUR im Jahre 2008 und 2009 aber kontinuierlich ansteigend verringert.
Die EHV-Renten seien insgesamt im Vergleich zum Vorjahresquartal (III/05) ab III/06 abgesenkt worden, also nicht
nur der individuelle Anspruch des Klägers verkürzt, sondern ganz bewusst allen EHV-Beziehern eine auf Dauer sich
signifikant erhöhende Verringerung des EHV-Anspruchs zugemutet worden. § 8 KVHG ermächtige nicht zu einem
Eingriff in das Eigentum. § 5 GEHV könne nicht als Gesetz im Sinne des Artikels 14 GG angesehen werden. Dies
schon deshalb nicht, weil die davon betroffenen, nämlich die Inaktiven, keinerlei Mitwirkungsbefugnisse gehabt
hätten. Es fehle also die demokratische Legitimation. Der sog. "TL"-Anteil sei weder von der Beklagten, noch vom
Bewertungsausschuss veröffentlicht worden, so dass niemand auch nur annähernd die Regelung verstehen oder gar
nachvollziehen könne. Unerheblich sei diesbezüglich der Hinweis der Beklagten auf die Umstellung von der Netto-
Honorarbasis auf Bruttohonorar. Die fehlerhaften Berechnungen der Beklagten zeigen, dass die Satzungsregelungen
so unklar formuliert seien, dass nicht einmal eine Fachabteilung die zutreffenden Werte ermitteln könne. Das
vorgelegte Zahlenmaterial sei nicht nachvollziehbar. Die Quotierung in § 8 GEHV schreibe die Belastungen der
aktiven Vertragsärzte fest und habe nichts mit der Demografie zu tun. Es gehe nicht um eine solidarische
Lastenverteilung, sondern um eine einseitige Belastung der Inaktiven. Die Inaktiven hätten während ihrer überwiegend
aktiven Zeit Umlagen vom Umsatz ohne Anerkennung von Kosten hinnehmen müssen. Die Regelungen der EHV
hätten keinen Bezug zur Frage der Niederlassung von Ärzten in Hessen. Mittlerweile betrage die Kürzung der
Leistungen durch den Nachhaltigkeitsfaktor 17,5 %, also etwas mehr als 1/6 gegenüber einem 1/13 bei den Beamten.
Die EHV-Bezüge seien auch steuerpflichtig. Nach Abzug von Steuern und Beiträgen zur Krankenversicherung
verbleibe ein Nettobetrag, den mit Sicherheit die aktiven Vertragsärzte als unzureichend und unangemessen
bezeichnen würden, berücksichtige man die hohe Verantwortung, die Ärzte während ihres Berufslebens hätten, das
Investitionsrisiko und schließlich die langjährige Ausbildung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte sowie
beigezogenen Verfahrensakte mit Az.: S 12 KA 77/07ER, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist,
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und
Psychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten
handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig. Sie ist auch z. T. begründet. Die Bescheide vom 10.07.2007 und vom 12.07.2007 über das
EHV-Honorar in den Quartalen III/06 und IV/06, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2009, sind
insoweit rechtswidrig, als eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Berechnung der Durchschnittshonorare und
damit eines entscheidenden Eckpunkts für die Berechnung des Zahlbetrags aus dem EHV-Anspruch fehlt. Die
Bescheide waren daher bereits aus diesem Grund aufzuheben. Der Kläger hat aber nur einen Anspruch auf
Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Einen zwingenden Anspruch darauf, dass ihm
höhere Leistungen aus der EHV, insbesondere ohne Anwendung des "Nachhaltigkeitsfaktors" gem. § 8 GEHV und
ohne Anwendung der Kürzung wegen technischer Leistungen gem. § 5 GEHV gewährt werden, hat er nicht. Insofern
war die Klage im Übrigen abzuweisen.
Es kann hier dahinstehen, ob die Bescheide formell rechtmäßig sind, insbesondere ob sie ausreichend begründet sind
(§ 35 Abs. 1 SGB X), da eine Rechtswidrigkeit bereits aus anderen Gründen folgt. Allerdings bestehen erhebliche
Zweifel, ob die Begründung eines Bescheids ausreichend ist.
§ 35 Abs. 1 SGB X verlangt nicht, schriftliche Verwaltungsakte in allen Einzelheiten zu begründen. Vielmehr sind dem
Betroffenen nur die wesentlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Dabei
richten sich Inhalt und Umfang der notwendigen Begründung nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets
und nach den Umständen des einzelnen Falles. Die Begründung braucht sich nicht ausdrücklich mit allen in Betracht
kommenden Umständen und Einzelüberlegungen auseinander zu setzen. Es reicht aus, wenn dem Betroffenen die
Gründe der Entscheidung in solcher Weise und in solchem Umfang bekannt gegeben werden, dass er seine Rechte
sachgemäß wahrnehmen kann. Die Verwaltung darf sich deshalb auf die Angabe der maßgebend tragenden
Erwägungen beschränken und braucht Gesichtspunkte und Umstände, die auf der Hand liegen oder dem Betroffenen
bekannt sind, nicht nochmals ausführlich. Bei Honorarbescheiden dürfen die Anforderungen an die Darlegungen und
Berechnungen nicht überspannt werden. Denn bei ihnen kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass sie sich an einen
sachkundigen Personenkreis richten, der mit den Abrechnungsvoraussetzungen vertraut ist bzw. zu dessen Pflichten
es gehört, über die Grundlagen der Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen Bescheid zu wissen. Das erlaubt es
den Kassenärztlichen Vereinigungen, auch hinsichtlich der Honorarberechnung entsprechende Kenntnisse, welche
von ihr regelmäßig durch Rundschreiben oder anderweitige Veröffentlichungen unter allen Vertragsärzten verbreitet
werden, vorauszusetzen und die Begründung ihrer Honorarbescheide hierauf einzustellen. Im Hinblick hierauf hat es
das Bundessozialgericht nicht für erforderlich gehalten, dass eine Kassenärztliche Vereinigung alle für die Festlegung
einer Honorarbegrenzungsmaßnahme wesentlichen Umstände, Zahlen und Beträge im Einzelnen im Bescheid
aufführt; es reicht vielmehr aus, wenn sich der für die Berechnung maßgebliche Rechenvorgang aus dem HVM ergibt
(vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = BSGE 94, 50 = GesR 2005, 307 = MedR
2005, 538 = Breith 2005, 817, zitiert nach juris, Rdnr. 32 f.).
Die streitbefangenen Bescheide geben nur den, im Regelfall bereits durch gesonderten Bescheid festgesetzten
Anspruchssatz, die Durchschnittshonoraranforderung der aktiven Ärzte im Bereich der Beklagten, den
Nachhaltigkeitsfaktor und den Zahlbetrag vor und nach Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsfaktors an. Die
Berechnung des Durchschnittshonorars und des Nachhaltigkeitsfaktors wird nicht dargelegt. Damit ist eine auch nur
ungefähre Überprüfung der Richtigkeit der Berechnung für den EHV-Anspruchsberechtigten nicht möglich. Der Kläger,
der sich seit Jahren für die Belange der EHV-Empfänger einsetzt und sein Verfahren insoweit auch als
Musterverfahren betreibt, hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und insoweit unwidersprochen seitens der
Beklagtenvertretung dargelegt, dass er auch auf Nachfrage das entsprechende Zahlenwerk von der Beklagten nicht
erlangt hat. Soweit die Beklagte aber von einer auch für EHV-Empfänger zugänglichen Veröffentlichung der
Berechnung der alle EHV-Empfänger betreffenden Eckdaten absieht, kann nicht vorausgesetzt werden, dass einem
EHV-Empfänger die Berechnung bekannt ist. In diesem Fall ist dies im Bescheid auszuführen. Einem EHV-
Empfänger muss es möglich sein, die Richtigkeit seines Bescheids, wozu auch die genannten Eckdaten gehören, zu
überprüfen, sei es auch ggf. durch Zuhilfenahme der Satzung oder allgemeiner Veröffentlichungen der Beklagten.
Hinzu kommt in den hier streitbefangenen Quartalen, dass der Satzung nicht entnommen werden kann, wie das
Durchschnittshonorar zu berechnen ist, insbesondere wie die zu berücksichtigenden Kosten zu ermitteln sind.
Die Bescheide vom 10.07.2007 und vom 12.07.2007 über das EHV-Honorar in den Quartalen III/06 und IV/06, beide in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2009, sind insoweit rechtswidrig, als eine ausreichende
Rechtsgrundlage für die Berechnung der Durchschnittshonorare und damit eines entscheidenden Eckpunkts für die
Berechnung des Zahlbetrags aus dem EHV-Anspruch fehlt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Beklagte
aber grundsätzlich befugt, veränderte Kostenanteile der aktiven Vertragsärzte zu berücksichtigen. Der
Nachhaltigkeitsfaktor war für die hier streitbefangenen Quartale von der Kammer nicht zu beanstanden.
Die Änderungen der GEHV beruhen auf einer ausreichenden gesetzlichen Rechtsgrundlage. Es bestehen auch keine
Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit aufgrund des Umstandes, dass die EHV-Bezieher in der
Vertreterversammlung nicht unmittelbar vertreten sind.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer hier keine Veranlassung
sieht, ist § 8 des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung
Hessen v. 22.12.1953 (HessGVBl. 1953, 206) (im Folgenden: KVHG) bundesrechts- und verfassungskonform und
also uneingeschränkt wirksam (vgl. ausführlich BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-
2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65, juris Rdnr. 20 bis 64; die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil wurde von
BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Beschl. v. 15.06.2009 - 1 BvR 3289/08 - nicht zur Entscheidung angenommen; s. a.
die Verfassungsbeschwerde gegen die Parallelentscheidung BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 39/07 R – juris, die
hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde von BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Beschl. v. 15.06.2009 - 1 BvR
3290/08 – ebf. nicht zur Entscheidung angenommen, zitiert nach den Angaben zu den BSG-Entscheidungen in juris).
Das BSG hat ausdrücklich klargestellt, dass § 8 KVHG nicht nur unter dem Aspekt der Entscheidung für ein
umlagefinanziertes Versorgungssystem, sondern auch im Hinblick auf die Anpassung der EHV an sich ändernde
Verhältnisse bei der vertragsärztlichen Versorgung hinreichend bestimmt ist (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA
38/07 R – aaO., Rdnr. 48). Dabei sind die Einzelheiten im Rahmen der Regelung der (erweiterten) Honorarverteilung
näher auszugestalten. Zu keinem Zeitpunkt seit Inkrafttreten des § 8 KVHG war den jetzt im Ruhestand lebenden
Vertragsärzten eine in DM bzw. Euro zu fixierende monatliche oder quartalsweise Alterssicherung versprochen
worden. Den ehemaligen Vertragsärzten ist nur das zugesichert worden, was auch für die aktiven Vertragsärzte
selbstverständlich ist, dass sie nämlich an der Verteilung der Gesamtvergütung nach allgemein verbindlichen, vor
dem jeweiligen Quartal erlassenen Regelungen teilnehmen, und dass sich - nicht anders als in einem
umlagefinanzierten System wie der gesetzlichen Rentenversicherung und auch nicht anders als in der
steuerfinanzierten Versorgung von Beamten - der wirtschaftliche Erfolg in der aktiven Zeit in der Höhe der Einnahmen
in der inaktiven Phase - nicht punktgenau, sondern nur prinzipiell – widerspiegelt (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6
KA 38/07 R – aaO., Rdnr. 53). Die Frage der Verschiebungen zwischen der Zahl der aktiven und der inaktiven
Vertragsärzte, die zum einen durch einen Rückgang der Zahl der aktiven Vertragsärzte verursacht sein und zum
anderen auf einer längeren Bezugsdauer von Leistungen aus der EHV in der inaktiven Lebensphase beruhen können,
auch das Problem, dass steigende Umsätze aus vertragsärztlicher Tätigkeit nicht (mehr) notwendig mit höheren
Gewinnen der Vertragsärzte verbunden sind, weil die Umsatzsteigerungen überwiegend - jedenfalls in einzelnen
ärztlichen Disziplinen - durch Kostensteigerungen kompensiert werden, betrifft die Frage, wie die Beklagte im Rahmen
ihrer normativen Gestaltungsfreiheit zweckmäßigerweise auf Änderungen der tatsächlichen Lebensverhältnisse
reagiert (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R – aaO., Rdnr. 48). Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit
der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen unter dem Gesichtspunkt der unzureichenden Partizipation der
ehemaligen Vertragsärzte an dem Erlass der normativen Grundsätze der EHV sind unberechtigt (vgl. BSG, Urt. v.
16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R – aaO., Rdnr. 58 bis 64).
Der Kläger hat als EHV-Anspruchsberechtigter keinen Anspruch auf eine bestimmte Höhe des EHV-Zahlbetrages.
Das BSG hat weiter ausgeführt, dass die Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen der EHV nach Beendigung
der vertragsärztlichen Tätigkeit strukturell und im Hinblick auf ihre besondere Schutzbedürftigkeit Ansprüchen aus
betrieblichen Versorgungsanwartschaften und aus den beitragsfinanzierten Sozialversicherungssystemen vergleichbar
sind. Beide sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (auch) durch Art 14 Abs. 1 GG geschützt. Sowohl einseitige
Eingriffe des Arbeitgebers als auch Minderungen von Betriebsrenten durch tarifvertragliche Regelung müssen sich am
Eigentumsschutz und am Rechtsstaatsprinzip messen lassen (Bundesarbeitsgericht (BAG) vom 21.08.2007, NZA
2008, 182, 186). Weshalb für Verschlechterungen von Versorgungsregelungen durch autonome Satzung einer
Selbstverwaltungskörperschaft etwas anderes gelten könnte, ist nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen, unter denen
Ansprüche aus der beitragsfinanzierten Sozialversicherung nach der Rechtsprechung des BVerfG Eigentumsschutz
genießen, sind bei den Ansprüchen aus der EHV erfüllt. Sie sind dem Inhaber nach Art eines
Ausschließlichkeitsrechts als privatnützig zugeordnet, dienen seiner Existenzsicherung und beruhen auf
Eigenleistungen ihres Inhabers Der Umstand, dass der Vertragsarzt zur EHV keine Beiträge wie in der
Sozialversicherung entrichtet, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Vorwegabzug des Anteils der aktuellen
Gesamtvergütung, der für die Zwecke der als reines Umlagesystem organisierten EHV benötigt wird, übernimmt die
Funktion, die in der Rentenversicherung und der berufsständischen Altersversorgung dem "Beitrag" zukommt (vgl.
BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R – aaO., Rdnr. 39 bis 41). Auch Versorgungsanwartschaften und
Versorgungsansprüche früherer Arbeitnehmer können durch tarifvertragliche Regelungen verschlechtert werden. Diese
können unter bestimmten Voraussetzungen auch bereits bezogene Ausgangsrenten absenken, müssen dabei
allerdings den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes entsprechen. Dabei müssen die
Tarifpartner bei ihren (normativen) Regelungen beachten, dass Betriebsrentner in besonderer Weise schutzbedürftig
sind (BAG, Urteil vom 21.08.2007, NZA 2008, 182, 187). Diese Vorgaben, die zugleich die Maßstäbe der gerichtlichen
Kontrolle derartiger Tarifverträge bestimmen, sind nach Auffassung des BAG unabhängig von ihrer Niederlegung in
einer gesetzlichen Vorschrift, etwa im Tarifvertragsgesetz (TVG) oder im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen
Altersversorgung (BetrAVG), zu beachten. Für die hier betroffene, ebenfalls normativ erfolgte Verschlechterung von
Versorgungsansprüchen nach Eintritt des Versorgungsfalls gilt nichts anderes (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA
38/07 R – aaO., Rdnr. 57).
Die Neufassung der GEHV zum 01.07.2006 läst nach Ansicht des BSG erkennen, dass die Beklagte die im Jahre
2001 noch gleichsam probeweise eingeschlagene Anreicherung eines reinen Umlagesystems mit
Kapitaldeckungselementen, für die die Bildung eines Ausgleichsfonds angeführt werden kann, zugunsten der
Fortsetzung des reinen Umlagesystems wieder aufgegeben hat. Die Beklagte hat dazu im Revisionsverfahren
erläutert, dass die Erwartungen, die der Kombination der beiden Finanzierungsmodelle zugrunde lagen, nicht in
Erfüllung gegangen seien, sodass sie sich für die Fortsetzung eines reinen Umlagesystems, abgesichert durch den
Nachhaltigkeitssicherungsfaktor i.S. des § 8 GEHV in der ab 01.07.2006 geltenden Fassung, entschieden habe. Da
auch mittelfristig nicht wahrscheinlich ist, dass die Beklagte einen grundlegenden Regimewechsel vornehmen könnte,
bedarf es nicht der Herausarbeitung von Grundsätzen aus § 8 KVHG i.V.m. Art 4 § 1 GKAR, inwieweit die Beklagte
bei einem solchen Übergang auf die Belange der inaktiven Vertragsärzte Rücksicht nehmen müsste (vgl. BSG, Urt. v.
16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R – aaO., Rdnr. 47).
Hinsichtlich der Berücksichtigung von Kosten führt das BSG aus, schon seit dem 01.07.1991 werden bei der
Ermittlung der für die EHV einzubehaltenden Gesamtvergütungsanteile, die auf die einzelne Praxis entfallen,
besondere Kosten berücksichtigt. Damit hat die Beklagte auf die signifikanten Abweichungen bei den Kostensätzen
innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung reagiert, die im System der Honorarverteilung von besonderer Bedeutung
sind. Der "Beitrag", den der einzelne aktive Vertragsarzt für Zwecke der EHV in der technischen Form eines
Vorwegabzugs von Gesamtvergütungsanteilen zu "leisten" hat, ist nicht am Gewinn des Vertragsarztes aus
vertragsärztlicher Tätigkeit, sondern an der Höhe des vertragsärztlichen Umsatzes ausgerichtet, und eine
Beitragsbemessungsgrenze existiert in der aktiven Phase nicht. Bei einem Kostensatz von 40,2 %, wie er für die
ärztlichen Psychotherapeuten veranschlagt worden ist, ergibt ein vertragsärztliches Honorar im Jahr von 50.000 Euro
einen Überschuss aus vertragsärztlicher Tätigkeit von etwas weniger als 30.000 Euro, während bei einem Kostensatz
von 78 %, wie er etwa für Laborärzte anfällt, nur ein Überschuss von ca. 10.000 Euro realisiert wird. Ohne
Berücksichtigung besonderer Kostensätze müssten beide Vertragsärzte eine Honorarminderung infolge des
Vorwegabzugs zum Zwecke der EHV in gleicher Höhe hinnehmen. Das hat die Beklagte korrigieren dürfen, ohne die
Belange der nicht mehr tätigen Vertragsärzte unangemessen zu beeinträchtigen. Die Berücksichtigung von
besonderen Kosten bei bestimmten Leistungen hat der Senat in seinen Urteilen vom 09.12.2004 nicht nur gebilligt,
sondern tendenziell im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG für geboten gehalten. Soweit
vertragsärztliche Umsätze verschiedener Arztgruppen nicht mehr tendenziell Überschüsse in ähnlicher
Größenordnung erwarten lassen, müssen Belastungen, die allein an Umsätzen ausgerichtet sind, diesen Umstand
berücksichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R – aaO., Rdnr. 66 f.)
Die Neufassung des § 5 GEHV zum 1.10.2001 und der Wegfall des § 3a GEHV (Fassung 1991) hat nach Auffassung
des BSG einen entscheidenden Perspektivenwechsel gebracht. Nach § 5 Abs. 3 GEHV (2001) sind die nach den Abs.
1 und 2 der Vorschrift berücksichtigungsfähigen Kosten bei der Ermittlung der Durchschnittshonorarforderung aller
Vertragsärzte entsprechend abzuziehen. Das bedeutet, dass - wie schon zuvor auf der Basis des § 3a GEHV (1991) -
mit den auf die Kosten entfallenden Einnahmen in der aktiven Phase keine "Punkte" angesammelt werden können,
dass aber nunmehr auch die auf diese Kosten entfallenden Anteile der Gesamtvergütung bei der Berechnung der
Durchschnittshonoraranforderung aller Vertragsärzte (§ 3 Abs. 1 GEHV) außer Betracht blieben. Diese
Durchschnittshonoraranforderung ist die entscheidende Berechnungsgrundlage für den Anspruch aus der EHV in der
inaktiven Phase, weil diese als Vom-Hundert-Satz dieses Wertes ausgezahlt wird. Technisch wirkt § 5 GEHV (neu)
wie ein Vorwegabzug von Kostenanteilen für die EHV bezogen auf die Gesamtvergütung im Sinne des § 85 Abs. 4
SGB V. Anteile der Gesamtvergütung werden im Hinblick auf die Zwecke der EHV so behandelt, als wären sie von
den Kassen an der KV vorbei den Vertragsärzten zugeflossen. Die damit systemnotwendig verbundene Verminderung
der Zahlungen aus der EHV ist keine unvermeidliche Nebenfolge der Neufassung des § 5 GEHV, sondern eines ihrer
Ziele. Soweit die Neufassung des § 5 GEHV sich als Regelung im Sinne des Art 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellt, sind
die für Inhalts- und Schrankenregelungen geltenden Vorgaben beachtet. Dabei ist zunächst von Bedeutung, dass der
Beklagten als normsetzender Körperschaft die für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsfreiheit zukommt.
Sie ist im Rahmen der Ermächtigung des § 8 KVHG für die EHV verantwortlich und bestimmt zunächst selbst, mit
welcher Maßnahme sie die Stabilität des Systems sichert (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R – aaO.,
Rdnr. 68 bis 71).
Der Ansatz, die inaktiven Vertragsärzte über die Berücksichtigung von besonderen Kosten an der Konsolidierung der
EHV zu beteiligen, ist sachgerecht. Die Regelung erfasst auch die aktiven Vertragsärzte, die eben mit den auf diese
Kosten entfallenden Anteilen ihrer Honorarforderung keine Ansprüche für ihre spätere Teilnahme an der EHV erwerben
können. Auch in der Generationenperspektive bietet der Ansatz bei (steigenden) Praxiskosten für bestimmte
Leistungen Vorteile. Der EHV ist der Anspruch der früheren Vertragsärzte immanent, an steigenden
Gesamtvergütungen zu partizipieren. Wenn und soweit aber steigende Gesamtvergütungen eher steigende Kosten der
vertragsärztlichen Tätigkeit abbilden als steigende Gewinne, ist es prinzipiell gerechtfertigt, die inaktiven
Vertragsärzte von der Teilnahme an solchen rein kostenbedingten Erhöhungen auszuschließen, weil bei ihnen solche
Kosten nicht mehr anfallen. Deshalb ist es der Beklagten nicht verwehrt, steigende Kosten für besonders aufwendige
Leistungen zum Anlass einer gewissen Umverteilung zwischen den einzelnen Arztgruppen unter Einschluss auch der
ehemaligen Vertragsärzte zu nehmen. Ob die mit der Neufassung des § 5 GEHV (2001) verbundene Belastung dieser
Ärzte exakt den Auswirkungen der steigenden Kosten entspricht, bedarf hier keiner näheren Prüfung. Die gerichtliche
Kontrolle von Geeignetheit und Erforderlichkeit anspruchsbegrenzender Normen muss auf den Ausschluss
struktureller Fehlfestlegungen und ersichtlich unangemessener Lastenverteilungen ausgerichtet sein, wenn sie die
Gestaltungsfreiheit des Normgebers nicht unangemessen beschränken soll (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA
38/07 R – aaO., Rdnr. 75). Das BSG hat für die Reform 2001 auch eine Geeignetheit und Erforderlichkeit der
Einbeziehung der inaktiven Vertragsärzte in die Neuausrichtung der KV bejaht (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA
38/07 R – aaO., Rdnr. 75). Eine Unverhältnismäßigkeit im engeren Sinne, also eine individuelle Unzumutbarkeit, sah
das BSG nicht, da die Zahlungen aus der EHV in einer Größenordnung von 5 % bis 6 % gemindert worden waren und
Kürzungen von Leistungen in dieser Größenordnung sind in der Regel zumutbar sind, sofern es nicht um die
Sicherung des Existenzminimums geht (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R – aaO., Rdnr. 76).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist aber zunächst zu beanstanden, dass die Berechnung des
Durchschnittshonorars auf einer unzureichenden Satzungsgrundlage erfolgt.
Nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der ab
01.07.2006 gültigen Fassung, veröffentlicht durch Bekanntmachung im Hessischen Ärzteblatt 9/2006 (im Folgenden:
GEHV), nimmt jedes zugelassene ärztliche Mitglied der KV Hessen auch im Falle der Anerkennung seiner
Berufsunfähigkeit und/oder nach Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung (inaktiver Vertragsarzt) weiterhin an der
Honorarverteilung im Rahmen dieser Bestimmungen der EHV teil (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GEHV).
Der Kläger nimmt nunmehr mit einem Anspruchssatz von 15,5710 % an der EHV teil, was die Beklagte mit
korrigiertem Bescheid vom 26.06.2007 festgestellt und im angefochtenen Widerspruchsbescheid klargestellt hat. Dies
ist insoweit unstreitig zwischen den Beteiligten. Streitig ist zwischen den Beteiligten allein die Berechnung der aus
diesem Anspruchssatz resultierenden Höhe.
Maßgeblich für die effektive Höhe des EHV-Anspruchs sind neben dem Anspruchssatz das sog.
Durchschnittshonorar, dessen Berechnung zum Quartal III/06 geändert worden ist, und der in den streitbefangenen
Quartalen erstmals eingeführte Nachhaltigkeitsfaktor.
Das sog. Durchschnittshonorar ist Bezugspunkt für die Berechnung der Anwartschaft bzw. des Anspruchssatzes
nach § 3 GEHV während der Zeit als aktiver Vertragsarzt. Es ist ferner Bezugspunkt für die Berechnung der
konkreten Anspruchshöhe. Der Anspruchssatz drückt den prozentualen Anteil aus, der dem inaktiven Vertragsarzt am
quartalsweise berechneten Durchschnittshonorar zusteht. Dieser Betrag wird ggf. durch den ab dem Quartal III/06
geltenden Nachhaltigkeitsfaktor gekürzt.
Bei der Ermittlung des sog. Durchschnittshonorars sind auch die Kosten abzuziehen, die bei der Berechnung des für
die EHV maßgeblichen Honorars des aktiven Vertragsarztes zu berücksichtigen sind (§ 5 Abs. 3 GEHV). Sein von
diesen Kosten bereinigtes Honorar wird quartalsweise in Verhältnis zum sog. Durchschnittshonorar aller Vertragsärzte
gesetzt. Dieses Verhältnis wird in Punkten ausgedrückt, die wiederum aufaddiert werden und auf der Grundlage der
"Normalstaffel" (Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 b) GEHV) die Berechnung des Anspruchssatzes ermöglichen.
Die zuvor ab 01.01.2001 (und bis 30.06.2006) geltende Regelung (Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der
kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der Neufassung vom 02.12.2000 (GEHV), veröffentlicht in Form einer Beilage
zum Hessischen Ärzteblatt 2001, Ausgabe Oktober) (im Folgenden GEHV a.F.) sah vor, dass bei der Ermittlung der
Honorarforderung des Vertragsarztes Dialysesachkosten und ein Teil der Kostenerstattungen unmittelbar von der
Honorarforderung abgezogen werden. Von der dann verbleibenden Honorarforderung wurden unter der Annahme eines
allgemeinen Praxiskostensatzes in Höhe von 50 % für einzelne Leistungsbereiche definierte besondere Kosten unter
Berücksichtigung der abgerechneten Honorarforderung (bei Unterstellung eines Punktwertes von 10 Pfg.) zusätzlich in
Höhe von 5 bis 50 % anteilig in Abzug gebracht. So wurden beispielsweise für sonographische Leistungen nach Nrn.
121 und 152 EBM 5 %, CT- und MRT-Leistungen 30 % und Zuschläge für ambulante Anästhesien nach Nr. 90, 186
und 194 EBM 50 % in Abzug gebracht. Der verbleibende Honoraranteil ist Grundlage für die quotierte Punktbewertung
im Rahmen der Honorarverteilung sowie die Feststellung der Punktzahlgutschriften und der Ermittlung des
Durchschnittshonorars (vgl. § 5 GEHV a.F.).
§ 5 Abs. 1 GEHV (in der ab 01.07.2006 geltenden Fassung) sieht nunmehr vor, dass bei der Ermittlung der
Honorarforderung des Vertragsarztes oder einer Gemeinschaftspraxis von Vertragsärzten, die Grundlage für die
Punktzahlgutschrift nach § 3 Absätze 1 a) und 1 b) wird, zunächst die für ausgewählte Leistungsbereiche festgelegten
besonderen Kosten gemäß Anlage zu § 5 Abs. 1 unmittelbar von der Honorarforderung abzuziehen sind (Satz 1). Von
der dann verbleibenden Honoraranforderung werden leistungsbezogen die unter Berücksichtigung des "TL"-Anteils im
EBM 2005 definierten bzw. auf den Festlegungen nach Anlage zu § 5 Abs. 2 beruhenden Honoraranteile (jeweils bei
Unterstellung eines Punktwertes von 5,11 ct) im Rahmen der verbleibenden Honorarforderungen festgestellt und mit
einem Anteil von x % von der verbleibenden Honorarforderung (nach Satz 1) abgezogen (Satz 2). Der Anteil von x %
bestimmt sich dabei ab Einführung des EBM 2005 für die folgenden vier Quartale so, dass sich im Ergebnis das im
jeweiligen Vorjahresquartal festgestellte Verhältnis zwischen dem Durchschnittshonorar, berechnet auf Basis aller in
die EHV einbezogenen Honorarforderungen, und dem Durchschnittshonorar nach Berücksichtigung der seinerzeit
anerkennungsfähigen besonderen Kosten, auch im aktuellen Abrechnungsquartal ergibt (Satz 3). Alle über den Anteil
von x % hinausgehenden (verbleibenden) Honorarforderungen nach Satz 1 gehen in die weiteren EHV-Berechnungen
nicht mehr ein (und werden dann im Rahmen der allgemeinen Honorarverteilung mit dem Bruttopunktwert bei
punktzahlbewerteten Leistungen bzw. der Bruttoquote bei EUR-bewerteten Leistungen bzw. Pauschalen bewertet)
(Satz 4).
Nach § 5 Abs. 2 GEHV kann der Vorstand über den in der Anlage zu § 5 aufgeführten Rahmen hinaus für
kostenintensive Leistungen unter Beachtung vorstehender Grundsätze des Abs. 1 weitere besondere Kostensätze
festlegen und außerdem bestehende besondere Kostensätze korrigieren (Satz 1). Änderungen sind vor Beginn des
Quartals, ab dem sie Gültigkeit haben sollen, durch Rundschreiben oder Veröffentlichung im Hessischen Ärzteblatt
allen Vertragsärzten bekannt zu machen (Satz 2). Ferner wird der Vorstand nach § 5 Abs. 4 GEHV ermächtigt,
Durchführungsbestimmungen zu erlassen.
Die Vertreterversammlung der Beklagten hat bisher für ausgewählte Leistungsbereiche keine festgelegten besonderen
Kosten gemäß einer Anlage zu § 5 Abs. 1 GEHV festgelegt. § 5 Abs. 1 Satz 1 GEHV geht insoweit ins Leere und ist
bedeutungslos. Eine Rechtswidrigkeit für die weiteren Bestimmungen oder die angefochtenen Bescheide folgt hieraus
nicht. Fehlt es an der Festlegung besonderer Kosten, so dürfen solche besonderen Kosten jedenfalls nicht in Abzug
gebracht werden. Nach den Darlegungen der Beklagtenvertretung in der mündlichen Verhandlung geschieht dies auch
nicht. § 5 Abs. 1 Satz 1 GEHV geht auf die vorherige Fassung (§ 5a Abs. 1 Satz 1 GEHV in der ab 01.01.2005
geltenden Fassung) zurück, die ihrerseits an § 5 Abs. 1 Satz 3 GEHV in der ab 01.10.2001 geltenden Fassung
anknüpft, ohne Folgerungen daraus zu ziehen, dass ab 2005 auf den "TL"-Anteil umgestellt wurde.
Maßgeblich für die Ermittlung der Kostenquote bei der Berechnung des Durchschnittshonorars kommt es daher allein
auf § 5 Abs. 1 Satz 2 GEHV an. Die hierin aufgenommene Unbekannte X ist aber unbestimmt und wird auch an keiner
anderen Stelle mit Satzungsqualität bestimmt.
Soweit zunächst unterstellt wird, der in § 5 Abs. 1 Satz 2 GEHV weiter genannte "TL"-Anteil im EBM 2005 ist
hinreichend bestimmt, so gibt § 5 Abs. 1 Satz 2 GEHV nicht an, in welcher Weise der Anteil der technischen
Leistungen, d. h. mit welchem Anteil er von der Honorarforderung abgezogen wird, ob vollständig oder nur teilweise.
Ihre tatsächliche Vorgehensweise hat die Beklagtenvertretung auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen
Verhandlung dahingehend erläutert, dass sie von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eine Liste erhalte, die für
die Leistungen nach dem EBM 2005 eine Aufstellung der jeweiligen technischen und ärztlichen Leistungsanteile
enthalte. Auf der Grundlage dieser Vorgaben werde der durchschnittliche Anteil der technischen Leistungen
fachgruppenbezogen ermittelt. Technische Leistungsanteile der einzelnen Praxis bis zu diesem
Fachgruppendurchschnitt würden nicht gesondert berücksichtigt werden. In diesem Fall ginge die gesamte –
abgesehen von evtl. Kostenpauschalen – Honorarforderung in die EHV ein, d. h. dass die Honorarforderung insgesamt
der EHV-Quote unterliegen würde. Erst wenn die einzelne Praxis technische Leistungsanteile über dem
Fachgruppendurchschnitt aufzuweisen hätte, würde der über diesem Fachgruppendurchschnitt liegende technische
Leistungsanteil aus der EHV Quotierung ausgenommen werden. Im Ergebnis vermindert damit nur der Honoraranteil
das für die Berechnung des Durchschnittshonorars heranzuziehende Honorarvolumen, der über dem
Fachgruppendurchschnitt der technischen Leistungsanteile liegt.
Der Sache nach wäre diese Regelung im Hinblick auf das Klagebegehren nicht zu beanstanden, da in den
technischen Leistungsanteilen Kostenanteile gesehen werden können und insofern die durchschnittlichen Kosten einer
Fachgruppe sogar weiterhin in die EHV einbezogen werden. Dahinstehen kann hier, ob bei ggf. sehr unterschiedlichen
Werten des Fachgruppendurchschnitts für technische Leistungsanteile der einzelnen Fachgruppen dies noch mit dem
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang steht, da hierdurch der Kläger als Inaktiver nicht berührt wird.
Die von der Beklagten praktizierte Vorgehensweise ist aber ohne rechtliche, satzungsgemäße Vorgabe und damit
rechtsgrundlos. Dies kann rechtsstaatlich nicht hingenommen werden. Nicht zuletzt auch im Hinblick auf die
eigentumsrechtlich geschützte Anwartschaft des Klägers bedarf die Berechnung seines Zahlbetrages und der hierfür
erforderlichen Komponenten einer eindeutigen satzungsgemäßen Grundlage.
Eine satzungsgemäße Grundlage liegt insbesondere nicht mit § 5 Abs. 1 Satz 3 und 4 GEHV vor. Bereits nach dem
Wortlaut dieser Vorschriften handelt es sich um bis zum 31.03.2006 geltendes Übergangsrecht und betrifft die hier
streitbefangenen Quartale nicht mehr. § 5 Abs. 1 Satz 3 GEHV bestimmt den Anteil von x % bestimmt lediglich für
den Zeitraum ab Einführung des EBM 2005 für die folgenden vier Quartale, also für die Quartale II/05 bis I/06. § 5
Abs. 1 Satz 4 GEHV bezieht sich offensichtlich ausschließlich auf Satz 3. Dies wird bereits aus der formalen
Absetzung der Sätze 1 und 2 einerseits und der Sätze 3 und 4 andererseits in Form eines Unterabschnitts 1 und 2.
Ausdrücklich bezieht sich Satz 4 zudem auf Satz 1. Der tatsächliche Satz 1 des § 5 Abs. 1 GEHV kann damit nicht
gemeint sein, da er, wie bereits ausgeführt, ins Leere läuft und insbesondere nicht auf einen Anteil von x % abstellt.
Satz 4 kann daher nur auf Satz 3 Bezug nehmen und nimmt vermutlich als Satz 2 des Unterabschnitts 2 Bezug auf
Satz 1 des Unterabschnitts 2. Selbst wenn man Satz 4 auch auf Satz 2 beziehen wollte, so fehlt es für die tatsächlich
praktizierte Vorgehensweise der Beklagten an einer Definition, dass mit dem Anteil von x % der über dem
Fachgruppendurchschnitt für technische Leistungsanteile liegende Anteil gemeint ist.
Die Beklagtenvertretung hat auch in der mündlichen Verhandlung keinerlei Regelungen auf der Grundlage der
Ermächtigungen nach § 5 Abs. 2 und 4 GEHV vorgelegt bzw. benennen können, die annähernd die praktizierte
Vorgehensweise legitimieren könnten. So blieb auch in der mündlichen Verhandlung noch offen, ob überhaupt ein die
praktizierte Vorgehensweise legitimierender Vorstandsbeschluss vorliegt. Hierauf kam es aber letztlich nicht an, da
die grundlegende Berechnungsweise des EHV-Anspruchs und seiner wesentlichen Komponenten unmittelbar durch
Satzung und damit von der Vertreterversammlung geregelt werden müssen.
Die Beklagte hat daher vor Neubescheidung des Klägers zunächst eine ausreichende Satzung zu erlassen. Darin ist
zu regeln, was von der Gesamthonorarforderung (Abrechnung) der einzelnen Praxis vor Heranziehung zur EHV-Quote
abzuziehen ist. Dies gilt auch für Kostenerstattungen oder andere Pauschalen. Zu regeln ist auch, ob das Honorar mit
oder ohne EHV-Quote zu berücksichtigen ist. Werden Kostenanteile nach dem "TL"-Anteil im EBM 2005 als
Berechnungsfaktor herangezogen, so hat die Beklagte zu beachten, dass der Bewertungsausschuss als Normgeber
solche Anteile bisher nicht selbst definiert hat oder hinreichend bestimmt hat. Insofern brauchte die Kammer auch
nicht zu entscheiden, ob es sich hierbei um eine, ggf. unzulässige dynamische Verweisung gehandelt hat. Eine
solche Verweisung wäre allenfalls dann zulässig, wenn auf Normen eines anderen Normgebers verwiesen wird. Eine
solche normative Liste ist allerdings nicht ersichtlich. Die von der Beklagtenvertretung genannten Beschlüsse des
Bewertungsausschusses bzw. Erweiterten Bewertungsausschusses gehen offensichtlich auf der Grundlage eines
betriebswirtschaftlich abgeleiteten EBMs von einem "TL"-Anteil aus. Für die Zwecke des EBM bedarf es
diesbezüglich aber keiner normativen Beschlussfassung im Einzelnen, da eine solche Festlegung keinerlei
Konsequenzen hat. Die Festlegung von "TL"-Anteilen dient daher lediglich zur Bestimmung des Werts einer EBM-
Leistung oder als Argumentationshilfe in honorarpolitischen Auseinandersetzungen. Soweit die Beklagte daher die von
der KBV verfasste Aufstellung über die Festlegung von "TL"-Anteilen für die Berechnung des Durchschnittshonorars
heranziehen will, hat dies die Vertreterversammlung in ihren Gestaltungswillen aufzunehmen. Ein Verweis reicht nicht
aus. Die Vertreterversammlung hat daher ggf. die gesamte Liste als Teil der Satzung oder Anlage zu beschließen.
Allenfalls kann nach erstmaliger Beschlussfassung der Vorstand ermächtigt werden, Korrekturen, Ergänzungen oder
Aktualisierungen vorzunehmen, soweit dadurch nicht strukturelle Änderungen herbeigeführt werden.
Die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors verletzt den Kläger in den hier streitbefangenen Quartalen noch nicht in
seinen Rechten.
Der Nachhaltigkeitsfaktor ersetzt den mit der ab 01.01.2001 geltenden Reform eingeführten Ausgleichsfonds. Er war
von der Kammer nur insoweit zu beanstanden, als er für die bereits bei seiner Einführung im EHV-Bezug stehenden
Anspruchsberechtigten keine Absicherung nach unten vorsieht. Dies ist aber für die hier streitbefangenen Quartale
noch ohne Bedeutung, da insofern noch keine eigentumsrelevante Rechtsverletzung vorliegt.
Die für die Finanzierung der EHV-Ansprüche notwendigen Mittel werden durch Quotierung der im Rahmen der
Honorarverteilung festgestellten Punktwerte bereitgestellt. Für die Zeit bis 2008 wurde zunächst zusätzlich ein sich
zeitlich abgestuft verringernder Betrag von bis zu 0,8 und bis zu 0,4 Prozentpunkten zu Lasten der Honorarverteilung
im jeweiligen Quartal zurückgestellt und einem zweckgebundenen Ausgleichsfonds (Kapitalfonds) zugewiesen,
solange die Gesamtbelastung für die Honorarverteilung eine Quotenminderung von ca. 6,0 % nicht überschreitet. Bei
Überschreiten wird der Ausgleichsfonds allmählich zur Einhaltung dieser Grenzbelastung aufgelöst (vgl. § 9 GEHV
a.F.). Damit sollten zukünftige Belastungsspitzen bei den EHV-Quotenbelastungen vermieden werden (vgl. D. Gerlich,
Neuausrichtung der erweiterten Honorarverteilung, Hessisches Ärzteblatt 10/2001, S. 527 f., 527).
Nach § 8 Abs. 1 GEHV "Finanzierung der EHV-Ansprüche" werden die für die Finanzierung der nach §§ 3 ff.
festgestellten EHV-Ansprüche notwendigen Mittel durch Quotierung der im Rahmen der Honorarverteilung
festgestellten Punktwerte bereitgestellt (Satz 1). Die Quote darf dabei einen Wert von 5 % nicht überschreiten (Satz
2). Die festgestellten Ansprüche beziehen sich dabei auf das jeweils anerkannte durchschnittliche Honorar aus der
Behandlung von Versicherten der Primär- und Ersatzkassen gemäß § 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 (Satz 4). Sollten
die erforderlichen Mittel (nach Abs. 1 Satz 2) für die Finanzierung der EHV-Ansprüche nicht ausreichen, sind alle
Ansprüche über einen Nachhaltigkeitsfaktor so zu quotieren, dass die quotenmäßigen Belastungen der Punktwerte der
Honorarverteilung einen Wert von 5 % nicht überschreitet (Satz 5).
Der Ausgleichsfonds wurde mit der Reform 2006 zunächst eingefroren. Nach § 8 Abs. 2 GEHV dient der in der Zeit
vom 01.01.2001 bis 30.06.2006 gebildete Ausgleichsfonds der Abdeckung des Finanzbedarfs der EHV-Ansprüche,
der nicht durch die Umlage nach
Abs. 1 gedeckt werden kann, soweit eine Anpassung des Nachhaltigkeitsfaktors im laufenden Quartal noch nicht
erfolgen konnte. Der Ausgleich endet, wenn keine Mittel mehr im Ausgleichsfonds vorhanden sind.
Der Ausgleichsfonds wurde dann mit Wirkung zum 01.07.2007 (§ 11 Satz 2 GEHV in den geänderten Fassungen ab
01.01.2007 und 27.05.2008) weitgehend abgeschafft; die noch verfügbaren Gelder wurden an die Vertragsärzte
ausgezahlt. § 8 Abs. 2 GEHV in der Neufassung (Fassungen ab 01.01.2007 und 27.05.2008) löste den in der Zeit vom
01.01.2001 bis 30.06.2006 gebildeten Ausgleichsfonds bis auf einen Restbetrag in Höhe von 6 Mill. EUR auf. Der
verbleibende Betrag dient als Schwankungsreserve zur Abdeckung von Risiken aus nach Abschluss des Quartals
entstehenden Zahlungsverpflichtungen. Über die Verwendung entscheidet der Vorstand in Abstimmung mit dem
Beratenden Fachausschuss EHV: Der EHV-Ausgleichsfonds wird einschließlich der Zinserträge an die Vertragsärzte
zurückgezahlt, die ihn aus ihrem Honorar gebildet haben.
Die Beklagte hat hierzu bereits im angefochtenen Widerspruchsbescheid darauf hingewiesen, dass Grund für die erste
Reform 2001 eine steigende Belastung der aktiv tätigen Vertragsärzte als Folge der Alterspyramide der Hessischen
Vertragsärzte sowie zunehmenden Lebenserwartung gewesen sei. Sie hat im Klageverfahren weiter darauf
hingewiesen, dass mit der ersten EHV-Reform aber lediglich eine mittelfristige Stabilisierung des Umlagesatzes bei
ca. 6 % hätte bewirkt werden können, da in absehbarer Zeit die angesparten Mittel aus dem Ausgleichsfonds zu einer
weitergehenden Stabilisierung des Umsatzes nicht mehr ausgereicht hätten. Deshalb sei die zweite EHV-Reform
notwendig geworden. Ohne jegliche Auffangregelungen zur Kompensation künftiger demografischer Verwerfungen
hätte es einen steigenden EHV-Umlagesatz zu Lasten der Aktiven bei fortwährenden gleichbleibenden EHV-Bezügen
– unter der hypothetischen Maßgabe eines konstant bleibenden Durchschnittshonorarumsatzes – gegeben. Die
aktiven Vertragsärzte hätten demnach eine stetig steigende EHV-Umlage zu finanzieren, ohne dass sie in ihrer
inaktiven Phase selbst davon in noch angemessener Weise hätten partizipieren können.
Diese Prognose beruht auf nachvollziehbaren Annahmen und Schätzungen. Die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors
führt auf dieser Grundlage vom Jahr 2006 – vor der Reform 2006 - bis zum Jahr 2030 zu einer wirtschaftlichen
Abwertung des Höchstanspruchssatzes von 18 % um 53,3 %. Von vormals 18 % sinkt der Anspruchssatz bereits für
das Jahr 2006 auf effektiv 17,5 % und erreicht kontinuierlich abnehmend im Jahr 2030 den effektiven Wert von 8,4 %.
Dieser Reformschritt ist zunächst ausgewogen in dem Sinne, dass er nicht nur die jetzigen EHV-Bezieher einbezieht,
sondern auch zu einer zunehmenden "Entwertung" der Anspruchserwartung und damit des Werts der im
Anspruchssatz zum Ausdruck kommenden Anwartschaft führt. Die für die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors
prognostizierte Absenkung des Werts der Anwartschaft trifft nicht nur die bereits jetzt im EHV-Bezug stehenden
Anspruchsberechtigten, sondern in gleicher Weise auch die jetzt noch aktiven, aber erst später an der EHV
teilnehmenden Ärzte. Auf der Grundlage der Prognose können sie sogar von Anfang an mit nur geringerem
tatsächlichem Wert ihres Anspruchssatzes rechnen, der zudem prognostisch sinkt, je später sie in den EHV-Bezug
treten. Ob es sich bei der Reform 2006 tatsächlich um den Einstieg in den Ausstieg aus der EHV handelt, unterliegt
nicht der Beurteilung der Kammer, soweit die bestehenden Anwartschaften hinreichend geschützt werden. Eine
Verletzung der eigentumsrechtlichen Anwartschaften kann aber für die Zukunft aufgrund der bestehenden
Regelungssystematik nicht ausgeschlossen werden.
Während die jetzt noch aktiven Ärzte sich auf den geringeren Wert einstellen können und insofern ihre EHV-Quote auf
maximal 5 % begrenzt wird, bedeutet dies für die im EHV-Bezug stehenden Anspruchsberechtigten eine zunehmende
Entwertung ihrer Anwartschaft, ohne dass sie noch in der Lage sind, sich auf die veränderte Situation einzustellen.
Die Beklagte hat für diese Gruppe der Anspruchsberechtigten bisher kein Übergangsrecht geschaffen, dass die
Anwartschaft in ihrem Kern auch wirtschaftlich erhält. Tritt die Prognose ungeschmälert ein, so erfolgt nicht nur eine
Absenkung des Zahlbetrages, sondern werden die EHV-Bezieher immer stärker von der tatsächlichen Entwicklung der
Arzteinkommen abgekoppelt. Die Anwartschaft schütz aber gerade die Teilhabe an dieser Entwicklung und bedeutet
nicht lediglich einen Schutz im Hinblick auf absolute Mindestbedürfnisse. Das bedeutet, wie bereits ausgeführt, dass
veränderte Kostenstrukturen, die zu verminderten Gewinnen der aktiven Ärzte führen, auch zu verminderten effektiven
EHV-Ansprüchen führen können. Gleichfalls können demografische Veränderungen dazu führen, dass Reformen zu
Kürzungen im effektiven Zahlbetrag führen. Aber auch hier muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen aktiven
Ärzten und den EHV-Beziehern hergestellt werden. Wie eine solche Grenze zu ziehen ist, brauchte von der Kammer
nicht entschieden zu werden, da jedenfalls für die streitbefangenen Quartale die Minderungen des effektiven
Zahlbetrages noch nicht zu beanstanden war.
Eine Verletzung der mit der Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors einhergehenden Anwartschaft liegt für die
streitbefangenen Quartale auf der Grundlage der gegenwärtigen Festsetzungen noch nicht vor.
Die Entwicklung des EHV-Zahlbetrages zeigt, dass die Höhe des Nachhaltigkeitsfaktors nicht zwingend zu einer
Minderung des Zahlbetrages führt. Die Kammer schätzt die Auswirkung der neuen Kostenregelung und des
Ausgleichsfaktors auf ca. 10 % im Vergleich zur Reform 2001 und auf ca. 12,5 % im Vergleich zur Lage vor der
Reform 2001 aufgrund nachfolgender Berechnungen der Kammer; für diese Schätzung, die u.a. z. B. veränderte
Arztzahlen nicht berücksichtigt, geht die Kammer von den Bezugspunkten 2000, 2005 und 2007 aus, da in diesen
Jahren jeweils ganzjährig die Rechtslage unverändert war:
Jahr Bruttohonorar EHV (18%) in EUR (mit Nachhaltigkeitsfaktor) Monatliches Bruttohonorar EHV (18%) in EUR (mit
Nachhaltigkeitsfaktor) Bruttohonorar EHV (18%) bezogen auf Jahr 2000 Bruttohonorar EHV (18%) bezogen auf Jahr
2005 Durchschnittshonorar in EUR EHV Bruttohonorar zu Durchschnittshonorar in % 2000 30.693,49 2.557,79 100,0
103,4 170.319,42 18,02 2001 31.006,77 2.583,90 101,0 104,1 2002 29.491,70 2.457,64 96,1 99,0 2003 29.400,67
2.450,06 95,0 98,7 2004 29.499,98 2.458,33 96,1 99,0 163.888,78 18,0 2005 29.785,70 2.482,14 97,0 100 165.476,16
18,00 2006 28.214,75 2.351,23 91,2 94,7 166.331,51 16,96 2007 26.871,23 2.239,27 87,5 90,2 174.289,53 15,16 2008
26.839,72 2.236,64 87,4 90,1 177.515,82 15,12
Die Gesamtzuweisung zur EHV sinkt absolut zunächst leicht, steigt aber 2008 im Vergleich zu 2005 an; s. hierzu
nachfolgende Berechnungen der Kammer:
Jahr EHV-relevante Gesamtvergütung Gesamtzuweisung zur EHV Gesamtzuweisung zur EHV in Relation zur EHV-
relevanten Gesamtvergütung in % 2000 2001 2002 2003 1.411.917.546,19 99,8 73.635.557,78 94,3 5,2 2004
1.411.017.339,93 99,8 75.203.393,20 96,3 5,3 2005 1.414.278.309,32 100,0 78.119.817,12 100 5,5 2006
1.453.564.060,09 102,8 76.678.189,39 98,2 5,3 2007 1.524.198.405,85 107,8 76.208.920,30 97,6 5,0 2008
1.579.182.073,03 111,7 78.959.103,65 101,1 5,0
Aufgrund der nicht zu beanstandenden Einschätzungsprärogative für die weitere Reform 2006 hält die Kammer die
dargelegten effektiven Minderungen des Zahlbetrags für noch hinnehmbar.
Nach allem war der Klage im tenorierten Umfang stattzugeben und war sie im Übrigen abzuweisen.
Die Kammer geht von der Berufungsfähigkeit des Verfahrens aus. Ansonsten hätte sie die Berufung wegen der
grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens zugelassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kosten des Verfahrens
waren nach den Teilen des Obsiegens und Unterliegens aufzuteilen.