Urteil des SozG Marburg vom 27.08.2008

SozG Marburg: versorgung, hessen, aufschiebende wirkung, verfügung, vergütung, arztpraxis, abrechnung, rechtswidrigkeit, ausnahme, krankenversicherung

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 27.08.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 513/07
Hessisches Landessozialgericht L 4 KA 80/08
Bundessozialgericht B 6 KA 16/09 R
1. Unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale II/05, I und II/06, alle in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 23.11.2007, wird die Beklagte verpflichtet, die Klägerin unter der Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars in den drei Quartalen II/05, I und II/06
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt. Sie besteht aus zwei Ärzten, die als Fachärzte
für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind. Aufgrund ihres phlebologischen
Schwerpunktes nehmen die Ärzte durch Beschluss des Zulassungsausschusses jedoch ausschließlich an der
fachärztlichen Versorgung teil. Die Beklagte ordnete sie deshalb der Fachgruppe der "sonstigen Ärzte" (VFG 80-00)
zu.
In den streitbefangenen Quartalen setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin jeweils durch Honorarbescheid fest.
Für das Quartal II/05 ersetzte sie den Honorarbescheid aus abrechnungstechnischen Gründen durch einen neuen
Honorarbescheid. Die Klägerin legte gegen die Honorarbescheide Widerspruch ein. Im Einzelnen ergeben sich die
Festsetzungen der Beklagten und die Daten der Widerspruchseinlegung durch nachfolgende Übersicht:
II/05 I/06 II/06 Honorarbescheid vom 29.06.2006 23.01.2006 21.01.2007 04.02.2007 Widerspruch eingelegt am
13.02.2006 06.03.2007 26.03.2007 Nettohonorar gesamt in EUR 114.719,64 114.401,16 67.409,14 129.991,10
Bruttohonorar PK + EK in EUR 113.944,34 66.855,74 131.861,07 Fallzahl PK + EK 1.613 1.773 1.790
Honoraranforderung nach EBM in EUR 165.465,90 208.568,57 205.579,94 Honoraranforderung nach HVV in EUR
165.465,90 200.825,79 205.579,94 Punktwert Allg. Leistungen Quote PK/EK 101,23/79,76 36,75/37,07 36,35/36,69
Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV Fallzahlgrenze 1.595 1.650 1.583 Aktuelle Fallzahl 1.566 1.740 1.771
Anerkennungsfähiges Honorar in Punkten - 3.751.584,8 - Quote - 96,12 % -
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV Referenz-Fallzahl 1.577 1.682 1.613 Aktuelle Fallzahl 1.613 1.773 1.780 Referenz-
Fallwert in EUR 65,2906 59,1128 68,5551 Aktueller Fallwert in EUR 177,9007 78,0510 78,9416 Kürzungsbetrag je Fall
in EUR 109,3456 44,0254 7,5599 Kürzungsbetrag gesamt in EUR 176.374,43 78.056,98 13.532,25
Zur Begründung ihrer Widersprüche trug die Klägerin vor, die Beklagte verwende falsche Referenzfallwerte im
Ausgangsquartal des Jahres 2004 gegenüber dem entsprechenden Abrechnungsquartal 2005. Dies habe ein
Mitarbeiter der Beklagten ihr gegenüber bereits bestätigt. Es seien weitere Fehler zu besorgen, weshalb der
Widerspruch gegen die gesamte Quartalsabrechnung eingelegt werde. Für die Berechnung der Ausgleichsregelung
gehe die Beklagte von einem Honoraranspruch von ca. 290.000,00 EUR aus. Bei annähernd gleichem
Anforderungsvolumen habe sich nach dem neuen EBM ein Honorar von 132.954,00 EUR ergeben, was nur durch die
neuen (politisch gewollten) Abrechnungsmodalitäten zu erklären sei, aber nicht durch eine Zunahme der erbrachten
Leistungen. Deshalb seien die Quartale II/04 und II/05 nicht vergleichbar und könne die Ausgleichsregelung nur auf
Basis der angeforderten Gesamtpunktmenge berechnet werden. Für das Quartal I/06 bestehe ein Anspruch auf
Auszahlung des vollständigen angeforderten Honorars. Die Härtefallregelung nach Ziffer 7.5 HVV sei rechtswidrig. Sie
verstoße gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG. Etwaige
Verbesserungen einzelner Leistungspositionen im EBM 2005 seien vom Gesetzgeber so gewollt gewesen. Die
Gestaltungsfreiheit der Partner des Honorarverteilungsvertrages sei durch den gesetzlichen Grundsatz der
leistungsproportionalen Vergütung eingeschränkt. Es gehe nicht um eine Regelung zur Verhinderung der übermäßigen
Ausdehnung. Es würden auch nicht etwa gesamtvertragliche Vereinbarungen umgesetzt werden. Nach der
Rechtssprechung des Bundessozialgerichts sei eine Kürzung hoher (höherer) Fallwerte zugunsten einer Stützung
niedriger Fallwerte bei existenzgefährdeten Praxen in der Honorarverteilung unzulässig (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 7,
B 6 KA 15/03). Die Beklagte dürfe nicht von Vorgaben des EBM 2005 abweichen. Der Fallwert für das Referenzquartal
I/05 betrage 59,1128 EUR (99.427,75 EUR: 1.682 Fälle), zuzüglich des gewährten Zuwachses von 5% 62,0084 EUR.
Die Differenz zwischen 78,0160 EUR und 62,0084 EUR betrage 15,9826 EUR. Der Ansatz einer Differenz von 44,0254
EUR sei deshalb falsch. Der ihnen verbliebene Fallwert von 34,0356 EUR liege 45,11% unter dem Fallwert von
62,0084 EUR. Vor diesem Hintergrund müsse ein Auffüllbetrag geleistet werden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2007 die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur
Begründung führte sie aus, der Honorarverteilungsvertrag setze die gesetzlichen Vorgaben und die Beschlüsse des
Bewertungsausschusses zutreffend um. Soweit in einem Gespräch mit der KV LJ. Fehler in der Abrechnung II/05
eingeräumt worden seien, sei festzuhalten, dass die Praxis der Klägerin aufgrund ihres phlebologischen
Schwerpunktes, durch den sie ausschließlich an der fachärztlichen Versorgung teilnehme, der Fachgruppe der
"sonstigen Ärzte" zugeteilt worden sei. Da es in dieser Fachgruppe in der Vergangenheit zu einer Verwerfung
hinsichtlich des Punktwertes gekommen sei, sei zunächst davon ausgegangen worden, dass sich diese auch auf das
Quartal II/05 übertragen könnte. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Lediglich der ungewöhnlich hohe Punktwert
im Quartal II/05 habe zu dem hohen Honoraranspruch geführt. Die Arztgruppe der "sonstigen Ärzte" gehöre nicht zu
den in Anlage zu Ziffer 6.3 HVV genannten Arztgruppen, so dass deren Fälle und Honorarforderungen nicht in die
Berechnung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens eingingen. Die fallzahlabhängige Quotierung gemäß Ziff.
5.2.1 HVV sei in den Quartalen II/05 und II/06 durchgeführt worden. Im Quartal I/06 sei sie korrekt durchgeführt
worden. Die Ausgleichsregelung nach Ziff. 7.5 HVV habe in allen streitbefangenen Quartalen zu Kürzungen geführt.
Hinsichtlich der auf dem Nachweis zur Ausgleichsregelung angegebenen Fallwerte sei zu bemerken, dass es hier
teilweise zu Missverständnissen gekommen sei. Wenn die zur Verfügung stehende Geldmenge nicht ausreiche, um
die Ausgleichsregelung zu bedienen, müsse neben dem ersten sog. Rechnungslauf (Honoraranspruch ohne
Ausgleichsregelung) ein weiterer sog. Rechnungslauf erfolgen. Dabei werde die Auszahlungsquote vermindert und ein
neuer Fallwert ermittelt. Daraus ergebe sich ein von der Darstellung abweichender Fallwert, der zur Berechnung des
Kürzungs- bzw. Auffüllungsbetrages herangezogen werde. Auf dem Nachweis zur Ausgleichsregelung werde darauf
hingewiesen, dass die zusätzliche Quotierung der Punktwerte ggf. dazu führen könne, dass der Fallwert im aktuellen
Quartal praxisindividuell mehr als 5% von dem Fallwert des Ausgangsquartals abweiche. Die Ausgleichsregelung
gemäß Ziff. 7.5 HVV sei entsprechend den Bestimmungen korrekt umgesetzt worden. Das Gebot der
Honorarverteilungsgerechtigkeit sei nicht verletzt. Der Grundsatz der "angemessenen Vergütung" begründe keinen
Honoraranspruch in bestimmter Höhe.
Hiergegen hat die Klägerin am 05.12.2007 die Klage erhoben. Ihre Klage richte sich gegen die Ausgleichsregelung.
Sie habe einen Anspruch auf Aufhebung der Kürzungen und Auszahlung des angeforderten Honorars. Die Regelung
verstoße gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Es würden auch die Vorgaben des EBM 2005
unzulässig unterlaufen werden. Sie ist weiterhin der Auffassung, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, von den
Vorgaben des EBM und des Bewertungsausschusses abzuweichen. Die Berechnung sei auch fehlerhaft im Quartal
I/06 erfolgt. Unklar bleibe, weshalb bei der Berechnung des Ausgleichs im Quartal II/06 im Gegensatz zum Fallwert im
Quartal II/05 in Höhe von 177,9007 EUR ein Referenzfallwert von 68,5551 für das Quartal II/05 herangezogen werde.
Die im Honorarbescheid ausgewiesenen Fallwerte ergäben unter Berücksichtigung von +5% eine Korrekturbetrag von
6,9588 EUR. Nach Ziff. 7.5.1 erfolge die Berechnung nach Feststellung der Punktwerte. Eine darüber hinausgehende
Quotierung sei unzulässig, da von Ziffer 7.5 HVV nicht mehr gedeckt. Der Bestandsschutz vertragsärztlicher Praxen
sei von § 85 SGB V nicht gedeckt. Im Beschluss des Bewertungsausschusses zur Bildung von
Regelleistungsvolumina würden Fachärzte für Allgemeinmedizin mit dem Schwerpunkt Phlebologie nicht genannt
werden. Der HVV ordne diese Ärzte der Gruppe der "sonstigen Ärzte" zu und sehe für sie keine
Regelleistungsvolumina vor. Eine Fallbudgetierung sei für die dort nicht benannten Ärzte im Beschluss des
Bewertungsausschusses nicht vorgesehen. Für eine Anfangs- und Erprobungsregelung bestehe kein Raum. Die
Fallwerte für das Quartal II/05 hätten auch nicht durch den Vorstand geändert werden dürfen.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale II/05, I und II/06, alle in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2007 die Beklagte zu verpflichten, sie unter der Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie trägt unter Verweis auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid im Übrigen weiter vor, die
Rechtmäßigkeit der Ausgleichsregelung ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass dem Normgeber bei der
Neuregelung komplexer Materien unter dem Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelung ein besonders
weiter Ermessensspielraum zustehe, weil sich Auswirkungen von Neuregelungen häufig bei Erlass der Vorschriften
nicht in allen Einzelheiten überblicken ließen und deshalb auch gröbere Typisierungen und geringere Differenzierungen
hingenommen werden müssten. Die Ausgleichsregelung sei jedoch nicht nur im Quartal II/05 nicht zu beanstanden,
sondern auch in den Folgequartalen rechtmäßig. Die Regelung diene dem Bestandsschutz zum Zwecke der
Vermeidung von Honorarverwerfungen durch den EBM 2005. Die Ausgleichsregelung solle Kalkulationssicherheit
durch Schutz vor Verwerfungen gewährleisten und nicht eine übermäßige Ausdehnung verhindern. Diesem legitimen
Regelungszweck sei denknotwendig eine Anknüpfung an Vorgängerregelungen immanent, da erst hieraus etwaige
Verwerfungen sichtbar würden. Die klägerische Gemeinschaftspraxis existiere seit 04.12.2001. Weder in der
personellen Zusammensetzung noch in der Kooperationsform habe ein Wechsel stattgefunden. Es könne daher an
den Referenzwert angeknüpft werden. Im Quartal I/06 lege die Klägerin ihrer Berechnung einen nicht zutreffenden
Fallwert von 78,0160 EUR zugrunde, so dass ihre Rechnung fehlerhaft sei. Im Quartal II/06 werde ein Referenzfallwert
von 68,5551 EUR zugrunde gelegt und nicht der Fallwert in Höhe von 177,9007 EUR herangezogen, weil die
Abrechnung im Quartal II/05 nochmals korrigiert worden sei. Wie sich aus Seite 1 der Erläuterung zum Nachweis zur
Ausgleichsregelung gemäß Ziff. 7.5 für das Quartal II/06 ergebe, seien bei der korrigierten Abrechnung zusätzliche
Honorarvolumina zur Durchführung der Ausgleichsregelung zur Verfügung gestellt worden, die im aktuellen Quartal
nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten. Sie hätten im Rahmen der Berechnung des Referenzfallwertes keine
Berücksichtigung finden dürfen, da die beiden Quartale nicht vergleichbar gewesen seien. Ihr Vorstand habe daher
den Beschluss gefasst, dass für die Durchführung der Ausgleichsregelung im Quartal II/06 Honorarzahlung unter der
Annahme, dass die Gesamtvergütung im Quartal II/05 nicht erhöht worden wäre, zugrunde gelegt worden sei. Hieraus
ergebe sich die von der Klägerin angesprochene Abweichung. Bekannt gegeben worden sei diese Regelung auf S. 26
des Rundschreibens info.doc Nr. 6, Oktober 2006.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die zulässige Klage ist auch begründet.
Die Honorarbescheide für die Quartale II/05, I und II/06, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
23.11.2007, sind rechtswidrig, soweit eine Honorarkürzung auf Ziff. 7.5 HVV festgesetzt wurde. Die Klägerin hat einen
Anspruch auf Neubescheidung unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Die Honorarbescheide für die Quartale II/05, I und II/06, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
23.11.2007, sind rechtswidrig.
Die Rechtswidrigkeit folgt bereits aus der Regelung nach Ziffer 7.5 der hier maßgeblichen Vereinbarung zwischen der
Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der AOK – Die Gesundheitskasse in Hessen, dem BKK Landesverband
Hessen, der IKK Hessen, dem Verband der Angestellten Krankenkassen e. V. (VdAK) – Landesvertretung Hessen,
dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassenverband e. V. – Landesvertretung Hessen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen
Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, der Krankenkasse für den Gartenbau und der Knappschaft zur
Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005 vom 10.11.2005 (im Folgenden: HVV), der für die hier
streitbefangenen Quartale I und II/06 fortgeführt wurde. Mit dieser Regelung verstößt der HVV gegen die zwingenden
Vorgaben des Bewertungsausschusses jedenfalls insoweit, als die Regelung die Festsetzung von Kürzungsbeträgen
zulässt (vgl. bereits Urteil der Kammer vom 16.07.2008 - S 12 KA 377/07 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris,
Berufung anhängig LSG Hessen: L 4 KA 72/08; noch offen gelassen im Urteil der Kammer vom 21.05.2008 - S 12 KA
273/07 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris).
Die Kammer war zur inzidenten Überprüfung des HVV befugt. Streitgegenstand ist die Höhe des Honoraranspruchs
und hierbei insbesondere die Höhe des Kürzungsbetrags. Der Kürzungsbetrag beruht auf Ziff. 7.5 HVV, so dass diese
inzident zu überprüfen war.
Im Einzelnen bestimmt Ziffer 7.5 HVV:
7.5.1 Zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus erfolgt nach
Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal
berechneten fallbezogenen Honoraranspruches (Fallwert in EUR) der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen
Honorarzahlung in EUR im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 ausschließlich beschränkt auf
Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen und mit Ausnahme der zeitbezogenen
genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen. Bei der Ermittlung des Fallwertes bleiben Fälle, die
gemäß Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.1 zur Honorierung kommen, unberücksichtigt. Zeigt der Fallwertvergleich eine
Fallwertminderung oder Fallwerterhöhung von jeweils mehr als 5% (bezogen auf den Ausgangswert des Jahres 2004),
so erfolgt eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5%. Die für eine Stützung bei
Fallwertminderungen – Einzelheiten siehe Ziffer 7.5.2 – notwendigen Honoraranteile gehen zu Lasten der jeweiligen
Honorar(unter)gruppe, der die Praxis im aktuellen Quartal zugeordnet ist, und sind gegebenenfalls durch
weitergehende Quotierung der Bewertungen bzw. Punktwerte zu generieren, falls die aus der Begrenzung der Fallwerte
auf einen Zuwachs von 5% resultierende Honoraranteile hierfür nicht ausreichend sein sollten. Sollte durch eine
solche Quotierung die Fallwertminderung (wieder) auf einen Wert oberhalb von 5% steigen, führt dies zu keinem
weitergehenden Ausgleich.
7.5.2 Ein Ausgleich von Fallwertminderungen bis zur Grenze von 5% erfolgt grundsätzlich auf der Basis
vergleichbarer Praxisstrukturen und maximal bis zu der Fallzahl, die im entsprechenden Quartal des Jahres 2004 zur
Abrechnung gekommen ist. Ein Ausgleich ist in diesem Sinne u. a. dann ausgeschlossen, wenn im aktuellen Quartal
im Vergleich zum Vorjahresquartal erkennbar (ausgewählte) Leistungsbereiche nicht mehr erbracht wurden oder sich
das Leistungsspektrum der Praxis, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis,
verändert hat. Er ist des weiteren ausgeschlossen, wenn sich die Kooperationsform der Praxis entsprechend Ziffer 5.2
Buchstabe g) im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal geändert hat. Beträgt die Fallwertminderung mehr
als 15%, ist eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung im Hinblick auf vorstehend aufgeführte Kriterien
durchzuführen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolgt. Ausgleichsfähige Fallwertminderungen oberhalb von 15%
müssen vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2000plus haben.
7.5.3 Die vorstehende Ausgleichsvorschrift steht im Übrigen unter dem Vorbehalt, dass von Seiten der Verbände der
Krankenkassen mindestens eine gegenüber dem Ausgangsquartal vergleichbare budgetierte
Gesamtvergütungszahlung geleistet wird und die aufgrund der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses vom
29.10.2004 vorzunehmenden Honorarverschiebungen nach Abschluss des Abrechnungsquartals – siehe Ziffer 2.5 der
Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.2 – noch ein ausreichendes Honorarvolumen für diese Maßnahme in der einzelnen
Honorar(unter)gruppe belassen.
Ziffer 7.5 HVV führt damit faktisch einen Regelungsmechanismus ein, der sich im Ergebnis einem Vergütungssystem
annähert, das auf sog. Kopfpauschalen beruht. Das Vergütungssystem weicht von sog. Kopfpauschalen allerdings
insofern ab, als es nicht allen Vertragsärzten bzw. allen Vertragsärzten einer Honorargruppe gleiche Honorarbeträge
für einen Behandlungsfall zuweist, sondern die Höhe der Honorarzuweisung pro Fall am Fallwert des entsprechenden
Vorjahresquartals der einzelnen Praxis orientiert und zunächst einen "Honorarkorridor" von 95 % bis 105 % hierfür
vorgibt. Das Honorar der einzelnen Praxis kann sich grundsätzlich nur innerhalb dieses Korridors bewegen, wobei dies
weiter davon abhängt, wie insgesamt das Verhältnis von Honoraranforderungen und zur Verteilung zur Verfügung
stehendem Honorarvolumen innerhalb der einzelnen Honorargruppen ist. Sind die Ausgleichsbeträge wesentlich höher
als die Kürzungsbeträge, so kann der Korridor nach unten abweichen, da mit Ausnahme des Quartals II/05 keine
weiteren Gelder aus Rücklagen zugeführt wurden und die Entnahme aus dem Honorartopf zur Abgeltung der
Ausgleichsansprüche nur in dem Umfang erfolgen darf, dass der Punktwert nicht unterhalb des sog. Stützpunktwertes
fällt, wodurch Verschiebungen zwischen den Honorargruppen vermieden werden sollen. Nach den bisherigen
Erfahrungen der Kammer können daher die erreichbaren Fallwerte von Honorargruppe zu Honorargruppe und von
Quartal zu Quartal zwischen ca. 85 % bis 95 % schwanken. Der gesamte Ausgleichsbetrag wird ferner durch die
Fallzahl des Referenzquartals bestimmt und lässt Fallzahlsteigerungen unberücksichtigt. Die einzelne Praxis, die
weder einen Ausgleichs- noch Kürzungsbetrag erhält, wird dann von der Ausgleichsregelung indirekt betroffen, wenn
die Ausgleichsbeträge insgesamt einer Honorargruppe nicht von den Kürzungsbeträgen abgedeckt werden können, da
sich dann der Punktwert bis zur Grenze des sog. Stützpunktwerts verringern kann und die Honorarzuteilung auf der
Grundlage eines geringeren Punktwerts erfolgt. Die Kammer hat diese Regelung, soweit sie im Einzelfall zu
Ausgleichsbeträgen geführt hat, bisher nicht beanstandet, da sie in ihr letztlich eine Härtefallregelung sieht, die
Veränderungen aufgrund des zum Quartal II/05 eingeführten EBM 2005 abfedern und insofern für eine Übergangszeit
den Arztpraxen die Umstellung auf die neue Honorarstruktur ermöglichen soll. Insofern haben es die Praxen – und
dies ist unabhängig von ihrem Leistungsvolumen insgesamt -, die keine Ausgleichsbeträge erhalten, hinzunehmen,
dass sich der Verteilungspunktwert für sie ggf. verringert. Wie lange dieser Übergangszeitraum dauert, brauchte die
Kammer in diesem Verfahren nicht abschließen zu beurteilen, da sie jedenfalls einen Zeitraum von vier Quartalen
bereits bisher als zulässig angesehen hat. Im Hinblick auf die verspätete Erstellung der Honorarbescheide für die
ersten Quartale nach Einführung des EBM 2005 ist aber jedenfalls von einem Übergangszeitraum bis zum Quartal
II/06 auszugehen. Für nachfolgende Quartale bleibt ggf. ferner zu berücksichtigen und weiter aufzuklären, ob das
Anknüpfen jeweils an das Vorjahresquartal nicht ab dem 6. oder einem späteren Quartal der Geltung der Regelung zu
verminderten Ausgleichsbeträgen führt. Der Kammer ist aber andererseits auch aus anderen Verfahren bekannt, dass
die Ausgleichsregelung bis zu 50 % des zunächst errechneten Honoraranspruchs ausmacht und im Ergebnis damit
etwa ein Drittel des Honoraranspruchs für die einzelne Arztpraxis ausmachen kann.
Nicht ersichtlich ist aber, aus welchen Gründen die Praxen, die höhere Fallwerte als im Vorjahresquartal erzielen, über
den allgemeinen Beitrag eines ggf. geringeren Punktwertes hinaus durch die Kürzungsbeträge zur Finanzierung
herangezogen werden. Sachliche Gründe sind der Kammer hierfür nicht ersichtlich. Soweit es sich um ausschließlich
fiskalische Gründe handelt, um die Ausgleichsbeträge zu finanzieren, wird völlig unabhängig vom Leistungsgeschehen
und vom Leistungsumfang der einzelnen Praxis gekürzt. Im Ergebnis handelt es sich damit um eine Regelung, die die
Vergütungsstrukturen, wie sie vor Einführung des EBM 2005 galten, fortführt. Veränderungen in der
Vergütungsstruktur werden damit z. T. nur im Korridor von + 5 % zugelassen. Die eigentliche Honorarbegrenzung und
Steuerung hat aber durch die vom Bewertungsausschuss zum Quartal II/05 auf gesetzlicher Grundlage eingeführten
Regelleistungsvolumina zu erfolgen. Führen diese im Einzelfall zu starken Honorarverlusten, werden sie z. T. durch
die Ausgleichsregelung aufgefangen und werden die Regelleistungsvolumina im Ergebnis weitgehend nivelliert. Für die
Praxen, die zu Kürzungsbeträgen herangezogen werden, bedeutet aber die Ausgleichsregelung eine Vergütung nach
einem praxisindividuellen Individualbudget, das aus dem Produkt von Fallwert im Referenzquartal und aktueller
Fallzahl zu errechnen ist. Die Regelleistungsvolumina sind damit für sie ebf. ohne Bedeutung, ohne dass die
Ausgleichsregelung für sie die Bedeutung einer Härtefallregelung haben könnte.
Die Vertragsparteien waren aber an die Vorgaben des Bewertungsausschusses gebunden und jedenfalls nicht befugt,
im Rahmen der Ausgleichsregelung Kürzungsbeträge vorzusehen.
Nach § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung v. 20.12.1988, BGBl. I S. 2477
in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-
Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003, BGBl. I S. 2190 mit Gültigkeit ab 01.01.2005 (SGB V), verteilt die
Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung
verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§
73) (§ 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der
Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu
vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im ersten und zweiten Quartal 2004 erbrachten
vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab angewandt (§ 85
Abs. 4 Satz 2 SGB V). Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der
Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten
Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zu Grunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Im
Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten,
der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und
Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychotherapeutische Medizin sowie der
ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit
gewährleisten (§ 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen
gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden (§ 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat
Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen (§ 85 Abs.
4 Satz 6 SGB V). Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer
Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina) (§ 85 Abs. 4 Satz
7 SGB V). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende
Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V). Widerspruch und Klage
gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs. 4
Satz 9 SGB V). Die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen sind Bestandteil der
Vereinbarungen nach Satz 2 (§ 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V). Dabei bestimmt nach § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V der
Bewertungsausschuss Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 4 SGB V, insbesondere zur
Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung sowie für deren Anpassung
an solche Veränderungen der vertragsärztlichen Versorgung, die bei der Bestimmung der Anteile der hausärztlichen
und der fachärztlichen Versorgung an der Gesamtvergütung zu beachten sind; er bestimmt ferner, erstmalig bis zum
29. Februar 2004, den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen.
Der Bewertungsausschuss ist seinen Regelungsverpflichtungen nach § 85 Abs. 4a SGB V u. a. durch den Beschluss
in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen
Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 46
vom 12.11.2004, Seite A-3129 = B-2649 = C-2525) (im Folgenden: BRLV) nachgekommen. Darin bestimmt er, dass
Regelleistungsvolumen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V arztgruppenspezifische Grenzwerte sind, bis zu denen die von
einer Arztpraxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum (Arzt-Abrechnungsnummer) im jeweiligen
Kalendervierteljahr (Quartal) erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern des
Honorarverteilungsvertrages (ggf. jeweils) vereinbarten, festen Punktwert (Regelleistungspunktwert) zu vergüten sind.
Für den Fall der Überschreitung der Regelleistungsvolumen ist vorzusehen, dass die das Regelleistungsvolumen
überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten (Restpunktwerten) zu vergüten ist (III.2.1 BRLV).
Für die Arztpraxis oder das medizinische Versorgungszentrum, die bzw. das mit mindestens einer der in Anlage 1
genannten Arztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sind im Honorarverteilungsvertrag
nachfolgende Regelleistungsvolumen zu vereinbaren, für die dieser Beschluss die Inhalte der Regelungen vorgibt
(III.3.1 Abs. 1 BRLV). Die in 4. aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen unterliegen nicht den
Regelleistungsvolumen (III.3.1 Abs. 4 BRLV).
Die Kammer sieht in diesen Bestimmungen eine verbindliche Vorgabe des Bewertungsausschusses. Dies hat die
Kammer bereits für die von der Beklagten vorgenommene und gegen die Vorgaben des Bewertungsausschusses
verstoßende Einbeziehung von Dialyseleistungen in die Regelleistungsvolumina festgestellt (vgl. Urteil der Kammer
vom 26.09.2007 - S 12 KA 822/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Die hiergegen eingelegte Berufung hat das
Landessozialgericht zurückgewiesen (LSG Hessen, Urt. v. 23.04.2008 - L 4 KA 69/07 -; die Entscheidungsgründe
lagen der Kammer noch nicht vor). In Fortführung ihrer Rechtsprechung stellt die Kammer nunmehr fest, dass die
Vorgaben des Bewertungsausschusses auch insofern verbindlich sind, als daneben nicht Regelungen geschaffen
werden können, die faktisch zu einem praxisindividuellen Individualbudget führen, wie dies aus den genannten
Gründen bei der Festsetzung von Kürzungsbeträgen nach der Ziff. 7.5 HVV der Fall ist.
Die Kammer hält insofern an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest. Bereits der Wortlaut der Bestimmungen des
Bewertungsausschusses lässt nicht erkennen, dass es sich um bloße Empfehlungen an die Partner des
Honorarverteilungsvertrages handeln sollte. Auch besteht der Gesetzesauftrag an den Bewertungsausschuss nach §
85 Abs. 4 und 4a SGBV darin, verbindliche Vorgaben zu erlassen. Der Bewertungsausschuss gibt verbindlich vor, für
welche Arztgruppen Regelleistungsvolumen zu bestimmen sind. Eine Ausnahme hiervon oder die Ermächtigung zu
einer abweichenden Regelung in einem HVV sieht der Beschluss des Bewertungsausschusses nicht vor. Angesichts
der eindeutigen Regelung liegt es nicht im Handlungsspielraum der Vertragspartner eines HVV, ggf. weitere
Regelleistungsvolumina einzuführen bzw. abweichend von den Vorgaben weitere Leistungen einzubeziehen oder aber
wieder Individualbudgets einzuführen. III.2.2 Abs. 1 BRLV setzt voraus, dass nach dem BRLV Steuerungsinstrumente
anzuwenden sind. Nur in diesem Fall können bereits vergleichbare bestehende Steuerungsinstrumente bis Ende 2005
fortgeführt werden. Die hier strittige Ziff. 7.5 HVV ist aber neu eingeführt worden.
Soweit es der Beklagten allgemein nicht verwehrt ist, auch bei Vorgaben des Bewertungsausschusses weitere
Steuerungsmaßnahmen im HVV zu vereinbaren, so gilt dies dann nicht, soweit, wie bereits ausgeführt, verbindliche
und damit zwingende Vorgaben durch den Beschluss des Bewertungsausschusses bestehen.
Das Bundessozialgericht hat zur Einführung von Praxisbudgets im EBM zum 01.07.1997 die Bindung des
Normgebers für die Honorarverteilung an die Vorgaben des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs herausgearbeitet.
Danach ist die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) im Rahmen der ihr nach § 85 Abs. 4 SGB V obliegenden
Honorarverteilung an die gesetzlichen Vorgaben und auch an die Bestimmungen des EBM gebunden. Der auf der
Grundlage des § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V zu beschließende Honorarverteilungsmaßstab (HVM) darf nicht gegen die
Vorschriften des auf der Grundlage des § 87 Abs. 2 SGB V erlassenen Bewertungsmaßstabs verstoßen. Dieser ist
nach § 87 Abs. 1 SGB V Bestandteil des Bundesmantelvertrages-Ärzte, der wiederum in seiner Rechtsqualität
Vorrang vor regionalen Gesamtverträgen und den Satzungen der KÄV hat. Das ergibt sich im Übrigen auch aus § 81
Abs. 3 SGB V. Danach müssen die Satzungen der KÄVen Bestimmungen darüber enthalten, dass u. a. die von der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung abzuschließenden Verträge für sie wie für ihre Mitglieder verbindlich sind. Ein
HVM, der sich in Widerspruch zu verbindlichen Vergütungsvorgaben des EBM setzt, ist deshalb rechtswidrig und - da
es sich um eine Norm handelt – nichtig. Soweit demgegenüber die Auffassung vertreten wird, die Satzungsautonomie
der KÄV sei allein durch "übergeordnete Rechtsvorschriften" wie etwa die Grundrechte, nicht aber durch Verträge
nach § 82 Abs. 1 SGB V bzw. § 87 Abs. 1 SGB V eingeschränkt, trifft das nicht zu. Das BSG hat mehrfach
entschieden, dass im EBM Vergütungsstrukturen vorgegeben werden dürfen, die notwendigerweise bundeseinheitlich
geregelt werden müssen. Daran hat der Gesetzgeber durch die Ergänzung des § 87 Abs. 2a SGB V im 2. GKV-NOG
angeknüpft und für die Praxisbudgets klarstellend eine "tragfähige Rechtsgrundlage" geschaffen. Mit dem zum 1.
Januar 2000 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-
Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626) sind Umfang und Tragweite der im EBM zu
regelnden Vergütungsstrukturen noch erheblich ausgeweitet worden. Nach § 85 Abs. 4a SGB V hat der
Bewertungsausschuss die Kriterien für die Verteilung der Gesamtvergütungen und insbesondere zur Festlegung der
Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung zu bestimmen. Ferner hat er nach § 87 Abs.
2a Satz 4 SGB V die nach § 87 Abs. 2 SGB V abrechnungsfähigen Leistungen der hausärztlichen oder der
fachärztlichen Versorgung i. S. d. § 73 Abs. 1 SGB V zuzuordnen. Die mit dieser Normsetzungskompetenz des
Bewertungsausschusses verbundenen Ziele können nur erreicht werden, wenn die KÄVen im Rahmen der
Honorarverteilung an die Vorgaben des EBM gebunden sind. Sie dürfen deshalb weder Arztgruppen von der
Budgetierung ausnehmen, die der EBM einbezieht, noch die Bereiche der budgetierten und der nicht budgetierten
Leistungen anders als im EBM festlegen. In diesem Sinne sind die Budgetierungsregelungen im EBM vorgreiflich und
verbindlich gegenüber Maßnahmen der Honorarverteilung. Dennoch darf die KÄV kraft ihrer Gestaltungsfreiheit im
Rahmen der Honorarverteilung mengensteuernde Regelungen treffen, um ihrer Verantwortung für die Sicherstellung
der vertragsärztlichen Versorgung (§ 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V) gerecht zu werden. Allein der Umstand, dass einzelne
Arztgruppen von den Praxisbudgets nicht erfasst werden und Ärzte aller Arztgruppen in mehr oder weniger großem
Umfang unbudgetierte Leistungen erbringen, schließt die Annahme aus, mit der Einführung der Praxisbudgets im EBM
sei die Verantwortung der KÄV für eine den gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V genügende
Honorarverteilung aufgehoben oder verdrängt worden. Vor allem hat die Einführung von Praxisbudgets im EBM zum 1.
Juli 1997 nichts an der insgesamt begrenzten Gesamtvergütung für alle vertragsärztlichen Leistungen i. S. des § 85
Abs. 1 SGB V geändert. Nach wie vor besteht die Situation, dass ein begrenzter Geldbetrag für die Vergütung aller
von den Vertragsärzten in einem bestimmten Zeitraum erbrachten und abgerechneten Leistungen zur Verfügung steht,
was wiederum zur Folge hat, dass der "Preis" der einzelnen ärztlichen Leistung erst feststeht, wenn bekannt ist, wie
viele Leistungen welcher Art und damit wie viele Punkte insgesamt von den Vertragsärzten abgerechnet werden.
Praxisbudgets reduzieren lediglich den Anreiz zur immer weiteren Vermehrung der abrechenbaren Leistungen, weil
das Honorar des Arztes für die Leistungen des budgetierten Bereichs allein durch das Produkt aus
arztgruppenbezogener Fallpunktzahl und Zahl der Behandlungsfälle bestimmt wird. Da aber auch für die Leistungen
des "grünen" (budgetierten) Bereichs keine festen bzw. vereinbarten Punktwerte gelten, andererseits aber gerade die
Stabilisierung des Punktwertes ein maßgebliches Ziel bei der Einführung der Praxisbudgets war, ist es auch nach
dem 1. Juli 1997 Aufgabe der KÄV, im Rahmen der Honorarverteilung das Notwendige und Mögliche zur
Gewährleistung ausreichender Punktwerte zu tun und auf regionaler Ebene eintretende unerwünschte Verwerfungen
zwischen einzelnen Arztgruppen und auch innerhalb einer Arztgruppe zu verhindern. Daher stehen der KÄV auch nach
dem 1. Juli 1997 im Grundsatz alle diejenigen Honorarverteilungsregelungen zur Verfügung, die das BSG bisher für
zulässig gehalten hat, soweit die Bestimmungen über die Praxisbudgets im EBM keine abweichenden Vorgaben
enthalten (vgl. BSG, Urteil v. 08.03.2000, Aktenzeichen: B 6 KA 7/99 R, SozR 3-2500 § 87 Nr. 23 = BSGE 86, 16 =
MedR 2000, 543 = NZS 2001, 107 = USK 2000-108, zitiert nach juris, Rdnr. 34-36).
Danach geht auch das Bundessozialgericht davon aus, dass der Bewertungsausschuss die Aufgabe hat, verbindliche
Vorgaben für die Honorarverteilung zu erlassen. Der Auffassung der Beklagten, es handele sich dabei um bloße
"Empfehlungen", findet weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung eine Stütze.
Aufgrund der eindeutigen Nichtbeachtung der Vorgaben des Bewertungsausschusses war der Ziff. 7.5 HVV, soweit
die Regelung zu Kürzungsbeträgen führt, von Anfang an rechtswidrig und können die Grundsätze einer sog. Anfangs-
und Erprobungsregelung nicht angewandt werden.
Die Beklagte war daher zur Neubescheidung zu verpflichten. Die Rechtswidrigkeit führt nicht zwingend dazu, dass
dem Kläger der Kürzungsbetrag in vollem Umfang zurückzuerstatten ist. Aus den genannten Gründen hält die
Kammer die "positive" Ausgleichsregelung jedenfalls in den streitbefangenen Quartalen noch für zulässig. Die
Beklagte hat daher einen neuen Punktwert zu errechnen auf der Grundlage, dass ihr insgesamt keine
Kürzungsbeträge zur Verfügung stehen. Dieser neu errechnete Punktwert ist dann maßgebend, soweit er oberhalb des
sog. Stützungspunktwerts liegt. Liegt er darunter, ist der Stützungspunktwert maßgebend. Die Beklagte wäre dann
verpflichtet gewesen, die Ausgleichsbeträge entsprechend zu kürzen, da der Stützungspunktwert nicht unterschritten
werden darf. Ferner hat die Beklagte Abschnitt 2.2 Abs. 3 Satz 3 zu Anlage 1 zu Ziff. 7.2 des
Honorarverteilungsvertrages zu beachten, wonach eine Kappung des Punktwertes bei einer 15%igen Abweichung des
Punktwerts von dem dort genannten Durchschnittspunktwert erfolgt. Diese Regelung ist möglicherweise für das
Quartal II/05 nicht angewandt worden. Im Falle einer Neubescheidung ist gegebenenfalls von einem entsprechend
berechneten Punktwert auszugehen. Soweit die Klägerin keinem Regelleistungsvolumen unterliegt, folgt dies aus dem
Honorarverteilungsvertrag. Der Kammer fällt allerdings auf, dass Praxen anderer Fachgruppen mit einem
phlebologischen Schwerpunkt durchaus einem Regelleistungsvolumen unterliegen (vgl. Urteil der Kammer vom
30.01.2008 - S 12 KA 237/07 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris; vom 30.01.2008 - 12 KA 83/07 –
www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Berufung anhängig LSG Hessen: L 4 KA 25/08). Hierdurch wird aber die Klägerin
nicht benachteiligt.
Aufgrund der Rechtswidrigkeit der Ziff. 7.5 HVV, soweit die Regelung zu Kürzungsbeträgen führt, kann hier
dahinstehen, ob die Beklagte die Vorgaben der 7.5 HVV überhaupt eingehalten hat.
Nach allem war der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten
des Verfahrens.