Urteil des SozG Marburg vom 04.07.2007

SozG Marburg: vergütung, grundsatz der gleichbehandlung, gerichtsakte, betriebskosten, beigeladener, durchschnitt, rechtswidrigkeit, psychotherapie, begriff, bereinigung

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 04.07.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 11 KA 101/05
Hessisches Landessozialgericht
Bundessozialgericht B 6 KA 42/07 R
Die Beklagte wird unter entsprechender Abänderung ihres Bescheides vom 17.03.2005 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 27.05.2005, ihres Bescheides vom 18.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 06.09.2005 und ihres Bescheides vom 26.07.2005 in Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 01.03.2006
verpflichtet, über die Honoraransprüche des Klägers für die Quartale III/04, IV/04 und I/05 unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens haben die Beklagte 4/5 und der Kläger 1/5 zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung des Klägers für die Quartale III/04, IV/04 und I/05.
Der Kläger ist Psychiater und Neurologe (Psychotherapie/Psychoanalyse). Er ist in KX. niedergelassen und nimmt als
ausschließlich psychotherapeutischer Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Durch Beschluss vom 16.02.2000, ergänzt durch Beschluss vom 01.12.2000, traf der Bewertungsausschuss mit
Wirkung ab dem 01.01.2000 Festlegungen zur angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich
psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und therapeuten. Durch weiteren Beschluss in der 73. Sitzung traf er eine
Neuregelung zur Berechnung der Vergütung der Psychotherapeuten für den Zeitraum ab dem 01.07.2002. Die
Beklagte berechnete die regionalen Mindestpunktwerte für die zeitgebundenen genehmigungspflichtigen
psychotherapeutischen Leistungen und die sich daraus ergebenden Honorare auf Grundlage dieser Beschlüsse.
Im Rahmen seiner Urteile vom 28.01.2004 (B 6 KA 52/03 R und B 6 KA 53/03), die Vergütung der Psychotherapeuten
und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte seit 01.01.2000 betreffend, stellte das
Bundessozialgericht die Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 fest.
Daraufhin hob der Bewertungsausschuss diesen Beschluss durch seinen Beschluss vom 29.10.2004 (Beschluss
gemäß § 85 Abs. 4a SG V durch den Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 93. Sitzung
am 29. Oktober 2004) auf und traf eine Neuregelung für den Zeitraum ab dem 01.01.2000. Hinsichtlich des Inhaltes
dieses Beschlusses wird auf den Beschlusstext, Bl. 18 bis 20 der Gerichtsakte, verwiesen. In der 96. Sitzung im
Februar 2005 erfolgte eine Modifizierung hinsichtlich von Vergleichseinkommen und Betriebskosten. Für den Inhalt
dieser Modifizierung wird auf den Beschlusstext, Bl. 20 der Gerichtsakte, Bezug genommen.
Mit Honorarbescheid vom 17.03.2005, abgesandt am 12.04.2005, setzte die Beklagte für den Kläger für das Quartal
III/04 einen Gesamthonoraranspruch in Höhe von EUR 20.879,90 brutto und EUR 20.326,37 netto fest. Für
"Psychotherapieleistungen" werden in dem Bescheid insgesamt 456.750 Punkte ausgewiesen. Hinsichtlich des
weiteren Inhalts des Bescheides wird auf den Text des Bescheides, Bl. 2 bis 17 der Behördenakte der Beklagten,
verwiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 13.04.2005 am 18.04.2005 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2005, zugestellt am 31.05.2005, wies die Beklagte den Widerspruch des
Klägers zurück. Zur Begründung verwies sie auf den Beschlüsse des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 und
Februar 2005, mit denen der Bewertungsausschuss die Vorgaben des Bundessozialgerichts umgesetzt habe. Unter
Berücksichtigung dieser Beschlüsse habe sie, die Beklagte, auch für die Zeit ab dem 01.07.2004 einen
Mindestpunktwert ermittelt, der sich im Primärkassenbereich auf 4,67 Ct und im Ersatzkassenbereich auf 4,70 Ct.
belaufe. Diese Punktwerte seien bereits um die anteiligen Aufwendungen für den Honorarbereich C reduziert. Lasse
man die minimale prozentuale Reduzierung für den Honorarbereich C außer Betracht, ergebe sich für die
zeitgebundenen genehmigungspflichtigen Psychotherapien ein Punktwert von 4,84 Ct. im Primär- und
Ersatzkassenbereich. Auch die Minderung des Punktwertes um die anteiligen Aufwendungen für den Honorarbereich
C sei nicht zu beanstanden. Gleichfalls korrekt sei, dass die "übrigen" abgerechneten Leistungen, wie z.B.
probatorische Sitzungen, mit dem floatenden Punktwert der entsprechenden Honorargruppe vergütet worden seien,
denn eine Stützungsverpflichtung sei aufgrund der Rechtsprechung und der Beschlussfassung des
Bewertungsausschusses nur für die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen des Abschnitts G IV des EBM
gegeben.
Der Kläger hat am 13.06.2005 Klage erhoben.
Mit Honorarbescheid vom 18.04.2005, abgesandt am 23.05.2005, setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger für das
Quartal IV/04 einen Gesamthonoraranspruch in Höhe von EUR 23.981,90 brutto und EUR 23.374,19 netto fest. Für
"Psychotherapieleistungen werden in dem Bescheid insgesamt 508.950 Punkte ausgewiesen. Hinsichtlich des
weiteren Inhalts wird auf den Text des Bescheides, Bl. 2 bis 27 der Behördenakte der Beklagten, verwiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 26.05.2005 am 30.05.2005 Widerspruch.
Mit weiterem Honorarbescheid vom 28.07.2005, der am 05.09.2005 versandt wurde, beschied die Beklagte den Kläger
hinsichtlich seines Honoraranspruchs für das Quartal I/05. Der für dieses Quartal festgesetzte
Gesamthonoraranspruch betrug EUR 22.726,68 brutto und EUR 22.150,79 netto. Für "Psychotherapieleistungen"
werden in dem Bescheid insgesamt 497.350 Punkte ausgewiesen. Bezüglich des weiteren Bescheidinhalts wird auf
den Text des Bescheides, Bl. 2 bis 17 der Behördenakte der Beklagten, verwiesen.
Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 09.09.2005 am 13.09.2005 Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 06.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.04.2005, mit Bescheid
vom 01.03.2006 den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.07.2005 zurück. Die Begründungen dieser Bescheide
entsprechen den Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid vom 27.05.2005.
Der Kläger hat gegen den Widerspruchsbescheid vom 06.09.2005 am 12.09.2005 und gegen den
Widerspruchsbescheid vom 01.03.2006 am 29.03.2006 Klage (Az. S 11 KA 729/05 und S 11 KA 574/06) erhoben.
Mit Beschluss vom 23.02.2007 hat das Gericht die Kassenärztliche Bundesvereinigung (Beigeladene zu 1), den AOK-
Bundesverband (Beigeladener zu 2), die Bundesverbände der Betriebskrankenkassen (Beigeladener zu 3),
Innungskrankenkassen (Beigeladener zu 4) und Landwirtschaftlichen Krankenkassen (Beigeladener zu 6), die
Verbände der Angestellten-Krankenkassen (Beigeladener zu 7) und der Arbeiter-Ersatzkassen (Beigeladener zu 8)
sowie die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft Bahn See (Beigeladene zu 5) zu dem Verfahren beigeladen.
Mit weiterem Beschluss vom 26.06.2007 hat das Gericht die Verfahren S 11 KA 729/05 und S 11 KA 574/06 mit dem
vorliegenden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger ist der Ansicht, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig. Der Bewertungsausschuss habe auch
mit seinen neuen Beschlüssen den Begriff der "angemessenen Höhe der Vergütung pro Zeiteinheit" in rechtswidriger
Weise konkretisiert. Das Berechnungsmodell des Ausschusses beruhe nach wie vor in einigen Punkten auf
"strukturellen Fehlfestlegungen". Fehlerhaft sei zunächst die Höhe der in Ansatz gebrachten Praxiskosten, bei denen
die ermittelte Höhe nicht hinreichend nachvollziehbar und zudem die in die Berechnung eingestellten Personalkosten
zu niedrig seien. Auch sei die Art und Weise der Berechnung inkongruent. Es sei schon falsch und stehe im
Widerspruch zur selbst gewählten Beschlussstruktur, dass bei den Betriebsausgaben der Psychotherapeuten ein
fester Betrag anstelle eines linearen Kostenansatzes zugrunde liege. Dieser Fehler werde dadurch verstärkt, dass bei
der Ermittlung der ärztlichen Vergleichserträge wiederum von einem linearen Kostenansatz ausgegangen werde.
Weiter sei bei der Ermittlung des Ertrages der ärztlichen Vergleichsgruppen deren durchschnittlicher Ist-Jahresumsatz
nicht in vollem Umfang, sondern bereinigt um Honorare aus belegärztlicher Behandlung, aus Kapitel O und U ebenso
wie Dialysekosten, regional vereinbarte Kosten und Honorare aus Vergütungen nach § 63 SGB V herangezogen
worden. Hierfür gebe es unter dem Grundsatz der Gleichbehandlung keine Rechtfertigung. Darüber hinaus sei die
vorgesehene Quartalsobergrenze von 561.150 Punkten nur dann zulässig, wenn, bezogen auf das gesamte Jahr, die
in einem Quartal nicht ausgenutzte Quote auf die übrigen Quartale dieses Jahres übertragen werden könne.
Schließlich müsse der Mindestpunktwert auch auf die zwar zeitgebundenen, jedoch nicht genehmigungspflichtigen
probatorischen Sitzungen der Psychotherapeuten erstreckt werden, soweit sich den probatorischen Sitzungen
tatsächlich eine genehmigungspflichtige Psychotherapie anschließe. Über die Rechtswidrigkeit der Beschlüsse des
Bewertungsausschusses hinaus sei auch die Umsetzung dieser Beschlüsse durch die Beklagte fehlerbehaftet. Des
Weiteren bestehe ein Anspruch auch auf Prozesszinsen, da streitig die Vergütungsforderung eines zugelassenen
Leistungserbringers sei.
Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 17.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
27.05.2005, den Bescheid der Beklagten vom 18.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2005
und den Bescheid der Beklagten vom 26.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2006
aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn hinsichtlich seiner Vergütung für die Quartale III/04, IV/04 und I/05
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden und die Nachzahlungsbeträge ab
Rechtshängigkeit in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Die Beklagte ist der Ansicht, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Sie seien sowohl sachlich als auch
rechnerisch richtig. Die Beschlüsse des Bewertungsausschusses entsprächen den Vorgaben des § 85 Abs. 4 S. 4
SGB V. Weder die zugrunde gelegten Betriebsausgaben in Höhe der von EUR 40.634 noch die Herausnahme
bestimmter Leistungsarten bei der Ermittlung des Ist-Umsatzes der Vergleichsarztgruppe sei zu beanstanden. Die
Höhe der Betriebsausgaben beruhe auf den Werten des Zentralinstituts Köln, welche dieses anlässlich einer
Kostenstrukturanalyse für Psychotherapeuten für das Jahr 1999 ermittelt habe. Auch die Bereinigung des Ist-
Umsatzes sei korrekt, da sich dieser nur auf anerkanntes Honorar aus ambulanter vertragsärztlicher Tätigkeit
beziehe. Rechtmäßig sei darüber hinaus auch die Quartalsobergrenze, die auch vom Bundessozialgericht bisher nicht
in Frage gestellt worden sei. Schwankungen innerhalb eines Quartals seien insoweit zu tolerieren. Es sei schließlich
rechtlich auch nicht geboten, dass für probatorische Sitzungen, die sich aufgrund der fehlenden
Genehmigungsbedürftigkeit und Zeitabhängigkeit von anderen vertragsärztlichen Leistungen gerade nicht signifikant
unterschieden, ein Mindestpunktwert gezahlt werden müsse. Sie habe die Beschlüsse des Bewertungsausschusses
überdies korrekt umgesetzt.
Die Beigeladene zu 1) ist ebenfalls der Ansicht, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die
Berechnungsweise des Bewertungsausschusses sei durch seinen Gestaltungs- und Regelungsspielraum als
Normgeber gedeckt und weder gleichheitswidrig noch willkürlich. Durch die gewählte Art der Berechnung würden
Praxen in Regionen mit niedrigem, von ihnen nicht beeinflussbarem Vergleichsertrag begünstigt. Dass Praxen mit
höherem Vergleichsertrag benachteiligt würden, sei insoweit unvermeidlich. Die bundeseinheitliche Höhe der
Betriebskosten führe zudem im Ergebnis zu einer Annäherung der psychotherapeutischen Vergütungen im Verhältnis
zwischen den verschiedenen KV-Bezirken. Auch seien die tatsächlichen Betriebskosten in den KV-Bezirken mit
niedrigerem Vergleichsertrag nicht in gleichem Maße unter dem Durchschnitt liegend wie die Vergleichserträge selbst.
Ebenfalls nicht zu beanstanden sei, dass bei den Betriebsausgaben der Vergleichsärzte eine prozentuale Berechnung
verwendet worden sei, denn eine absolute Berechnungsweise bewirke eine nicht zu rechtfertigende drastische
Verschärfung der Punktwertdifferenzen. Der Bewertungsausschuss habe den Ansatz des BSG, dass von einer voll
ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis auszugehen sei, übernommen. Dementsprechend sei es nur
konsequent, wenn ein fester und kein prozentualer Betriebskostenanteil zugrunde gelegt werde, denn der bei kleineren
Praxen naturgemäß höhere prozentuale Betriebskostenanteil müsse bei diesem Ansatz gerade außer Betracht
bleiben. Die Personalkosten seien aus dem gewichteten Durchschnitt beider Klassen der Kostenstrukturanalyse des
Statistischen Bundesamtes gebildet worden, weil diese beiden Klassen der höchsten Honorarklasse der ZI-
Auswertung entsprächen. Für nicht antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen könne ein gestützter Punktwert
nicht gewährt werden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsvorgänge der
Beklagten (3 Hefter) sowie auf den Bericht zur Sonderauswertung für Psychotherapeuten zur Kostenstrukturanalyse
1999 des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) Bezug genommen. Sämtliche dieser Akten und
Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.
Der Kläger hat nach § 54 SGG einen Anspruch darauf, dass die Kammer die angefochtenen Bescheide aufhebt und
die Beklagte verurteilt, den Kläger, seine Vergütung für die Quartale III/04, IV/04 und I/05 betreffend, unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Bescheide sind rechtswidrig, weil die Beschlüsse des
Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 und von Februar 2005, auf deren Grundlage das dem Kläger zuerkannte
Honorar berechnet wurde, ihrerseits rechtswidrig sind. Denn mit diesen Beschlüssen hat der Bewertungsausschuss
den Begriff der nach § 85 Abs. 4 S. 4 SGB V zu gewährleistenden "angemessenen Höhe der Vergütung je
Zeiteinheit", auch unter Berücksichtigung des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums, in rechtlich fehlerhafter Weise
interpretiert und umgesetzt. Dies verletzt den Kläger auch in seinen Rechten, denn er gehört zu dem in § 85 Abs. 4 S.
4 SGB V genannten und von den Beschlüssen erfassten Personenkreis, da er ausschließlich psychotherapeutisch
tätiger Arzt ist und antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen des Abschnitts G. IV. des EBM im Sinne von
Ziffer 2.2.1. des Beschlusses vom 29.10.2004 erbringt.
Die in den Beschlüssen erfolgte Berechnung des Mindestpunktwertes für die antrags- und genehmigungsgebundenen
Leistungen des Abschnitts G. IV. des EBM gewährleistet nach wie vor keine angemessene Vergütung je Zeiteinheit
gemäß den Anforderungen des § 85 Abs. 4 S. 4 SGB V. Denn auch diese Beschlüsse entsprechen nicht den
Vorgaben des Bundessozialgerichts, wie sie sich aus dessen Urteilen vom 28.01.2004 ergeben.
Allerdings folgt eine Bindung an die Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts im vorliegenden Fall nicht schon aus
prozessualen Gründen. Anders nämlich als in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom
13.10.2006 (Az. L 4 KA 4/05, Rdnr. 29), bei dem streitgegenständlich Honorarbescheide für die Quartale I/00 bis IV/00
waren und bei dem sich die Auslegung des § 85 Abs. 4 S. 4 SGB V daher schon deswegen zwingend an den in den
Urteilen vom 28.01.2004 aufgestellten Anforderungen des Bundessozialgerichts orientieren musste, weil der
Bewertungsausschuss mit diesen Urteilen rechtskräftig verpflichtet worden war, für die Quartale in 2000 und 2001 eine
Neuregelung des Mindestpunktwerts für die G IV-Leistungen der in die Regelung einbezogenen Leistungserbringer
unter Beachtung der Rechtsaufassung des Gerichts zu treffen, sind hier ausschließlich zeitlich nachfolgende Quartale
- nämlich die Quartale III/04 – I/05 - betroffen.
Die vom Bundessozialgericht entwickelten Maßstäbe sind aber zugrunde zu legen, weil sie zutreffend sind. Zu Recht
hat das Gericht aus dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG)
abgeleitet, dass die in § 85 Abs. 4 S. 4 SGB V normierte Verpflichtung, für die ärztlichen und nichtärztlichen
Psychotherapeuten eine "angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit" zu gewährleisten, bedeutet, dass die
Kassenärztlichen Vereinigungen Regelungen treffen müssen, die es den Psychotherapeuten ermöglichen, einen
Honorarüberschuss zu erreichen, der dem durchschnittlichen Überschuss einer vergleichbaren Arztgruppe ungefähr
entspricht. Dabei ging das Gericht richtig davon aus, dass die Psychotherapeuten, die fast nur Leistungen erbringen
dürfen, die zeitgebunden und vorab von den Krankenkassen zu genehmigen sind, eines besonderen Schutzes
bedürfen, da sie, anders als andere Arztgruppen, den durch ein Herabsinkenden des Punktwertes bedingten
niedrigeren Honorarüberschüssen nicht durch Fallzahlsteigerungen oder Fallwerterhöhungen entgegenwirken können
(vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28.01.2004, Az. B 6 KA 52/03 R, Rdnr. 24). Auch wenn der
Bewertungsausschuss zur Erreichung dieses Ziel, wie das Bundessozialgericht festgestellt hat, aufgrund der ihm
zukommenden Gestaltungsfreiheit nicht an ein bestimmtes Berechnungsmodell gebunden ist, muss das System,
nach dem die Berechnung erfolgt, soll es den gesetzlichen Anforderungen genügen, in sich konsequent und frei von
strukturellen Fehlfestlegungen sein (Bundessozialgericht, Urteil vom 28.01.2004, Rdnr. 34).
Strukturell fehlerhaft sind die Beschlüsse des Bewertungsausschusses zunächst, soweit sie bei der Höhe der
Betriebsausgaben einen Betrag von EUR 40.634 zugrunde legen (Ziffer 2.2.1.5 des Beschusses vom 29.10.2004 in
der Fassung des Beschlusses von Februar 2005).
Ein Mangel besteht bereits darin, dass von einem festen Betrag an Betriebsausgaben ausgegangen wird. Zwar war
der Bewertungsausschuss wegen seiner Gestaltungsfreiheit nicht gezwungen, das Berechnungsmodell des
Bundessozialgerichts zu übernehmen, so dass sich die Rechtswidrigkeit nicht schon aus dem Umstand ergibt, dass
das Bundessozialgericht in dem Urteil vom 28.01.2004 (Rdnr. 42) die Festlegung einer starren Obergrenze bei den
Praxiskosten als fehlerhaft eingestuft hatte. Um den Anforderungen zu genügen, müsste das System des
Bewertungsausschusses zur Berechnung der Honorare dann aber ein "stimmiges Gegenmodell" gegenüber dem
Ansatz des Bundessozialgericht darstellen, woran es ebenfalls fehlt. Denn es ist gerade nicht schlüssig, einen
prozentualen Wert durch einen fixen Betrag zu ersetzen, wenn es um die Ermittlung fiktiver Praxiskosten, bezogen
auf einen seinerseits nicht festen, sondern variablen fiktiven Umsatz geht (Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom
13.10.2006, Az. L 4 KA 4/05, Rdnr. 46, 47). Dieser strukturelle Mangel wird dadurch verstärkt, dass bei der
Berechnung des Vergleichsertrages bei den Betriebsausgaben der Fachärzte weiter von einem linearen Prozentsatz
ausgegangen wird (Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 13.10.2006, Rdnr. 48). Das Argument der Beigeladenen
zu 1), ein fixer Betrag bei den Betriebsausgaben führe zu einer Angleichung der regionalen Punktwerte und damit der
Honorare der Psychotherapeuten der verschiedenen KV-Bezirke, was diese Art und Weise der Berechnung erlaube,
vermag nicht zu überzeugen. Denn bei dem Beschluss des Bewertungsausschusses geht es um die Festlegung eines
regionalen Mindestpunktwertes unter Heranziehung eines regionalen Vergleichsertrages, so dass systembedingt auch
die regional unterschiedlichen Betriebskosten berücksichtigt werden müssen (Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil
vom 13.10.2006, Rdnr. 47). Zwar enthält das SGB V Vorschriften, die die Angleichung der Vergütung der
kassenärztlichen Leistungen als gesetzliches Ziel vorsehen (vgl. insbesondere § 85 Abs. 3d SGB V für die
Angleichung der Vergütungen im Verhältnis der neuen zu den alten Bundesländern). Dass § 85 Abs. 4 SGB V zu
diesen Bestimmungen gehört, ist jedoch nicht ersichtlich. Insofern ist es bereits bedenklich, die Angleichung der
Vergütung dem Beschluss als offenbar maßgebliches Regelungsziel zugrunde zu legen. Jedenfalls aber ist dieses
Regelungsziel nicht geeignet, Systemwidersprüche im Rahmen des Beschlusses zu rechtfertigen.
Auch die Art und Weise, wie der Betrag von EUR 40.634 ermittelt wurde, ist fehlerhaft. Zu Recht kritisiert das SG
Dresden zunächst (vgl. Urteil vom 13.12.2006, Az. S 11 KA 848/02, S. 27f), es sei bereits im Ansatz nicht
nachvollziehbar, weshalb bei der Berechnung der Betriebskosten auf eine Kombination verschiedener
Datengrundlagen, die auf Erhebungen in verschiedenen Zeiträumen beruhten, abgestellt werde. Denn während für die
Höhe der Personalkosten die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Werte Berechnungsgrundlage waren (vgl.
hierzu Statistisches Bundesamt, Fachserie 2, Reihe 1.6.1, 2000 - Kostenstruktur bei Arzt-, Zahnarzt- und
Tierarztpraxen - Bl. 81 der Gerichtsakte), wurden für die sonstigen Betriebsausgaben die Zahlen, die bei der
Sonderauswertung für Psychotherapeuten zur Kostenstrukturanalyse 1999 durch das ZI ermittelt worden sind,
herangezogen (zur Berechnung im Einzelnen s. die Erläuterungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Bl. 51 der
Gerichtsakte). Weiter ist zu beanstanden, dass der Bewertungsausschuss bei der Berechnung der Personalkosten
auch Kostenanteile von Praxen in der Umsatzklasse bis EUR 100.000 einbezogen hat. Die durchschnittlichen
Einnahmen in dieser Umsatzklasse betragen nämlich lediglich EUR 68.700 je Praxisinhaber (vgl. Bl. 80 der
Gerichtsakte). Da sich ein durchschnittlicher Umsatz in dieser Höhe nur ergibt, wenn auch Praxen einbezogen sind,
die wesentlich geringere Umsätze aufweisen, hat der Bewertungsausschuss damit auch Praxen mit Umsätzen, die
nicht mehr denen einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis entsprechen, in seine Berechnungen
eingestellt (SG Dresden, Urteil vom 13.12.2006, S. 28). Der Bewertungsausschuss gibt hierdurch nicht nur den
Grundansatz der Modellberechnung des Bundessozialgerichts, dass Anknüpfungspunkt die optimal ausgelastete
psychotherapeutische Praxis ist, auf, ohne ein schlüssiges Gegenmodell zu präsentieren, er geht auch nicht
konsequent vor, denn bei der Feststellung der übrigen Betriebsausgaben wurden alleine die Ausgaben der Gruppe von
Psychotherapeuten mit den höchsten Einkommen (Honorarklasse über DM 100.000) zugrunde gelegt.
Rechtswidrig sind die zugrunde gelegten Betriebskosten schließlich auch, weil der Bewertungsausschuss bei den
Ausgaben zu niedrige Personalkosten berücksichtigt hat. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom
28.01.2004 ausdrücklich festgestellt, dass bei der Ermittlung der Betriebskosten Personalkosten in einer Höhe
veranschlagt werden müssen, die es ermöglichen, ein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen.
Dabei hat es Personalkosten in Höhe von ca. DM 37.000 (EUR 19.044,40), ausgehend von einer halben Stelle,
basierend auf dem Vergütungsniveau des öffentlichen Dienstes (Gehaltsgruppe IV des BAT), als angemessen
angesehen. Das Vergütungsniveau des öffentlichen Dienstes könne, wie auch in anderen Bereichen der
Rechtsordnung, als Modell herangezogen werden (BSG, Urteil vom 28.01.2004, Rdnr. 46). Berücksichtigt man, dass
sich der Personalbedarf auf eine voll ausgelastete psychotherapeutische Praxis bezieht, können die vom
Bundessozialgericht angesetzten Kosten keinesfalls als zu hoch angesehen werden. Diesen Anforderungen werden
die vom Bewertungsausschuss berücksichtigten Personalkosten nicht gerecht. Denn der Bewertungsausschuss hat
für diese Kosten auf die in psychotherapeutischen Praxen tatsächlich im Durchschnitt entstehenden Kosten
abgestellt, wie sie sich aus der Kostenstrukturuntersuchung des Statistischen Bundesamtes ergeben. Selbst bei der
Honorarumsatzklasse von über EUR 100.000 ergibt sich jedoch nur eine Anzahl von 0,3 Helferinnen pro Praxis (vgl.
Bl ... 84 der Gerichtsakte), was, wie das SG Dresden (Urteil vom 13.12.2006, S. 30) im Einzelnen errechnet hat,
gerade kein betragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ermöglicht. Auch die Personalkosten als solche, die nach
den Berechnungen des Bewertungsausschusses nur DM 28.803 betragen (vgl. Bl. 51 der Gerichtsakte), sind
wesentlich geringer als die vom Bundessozialgericht ermittelten.
Ebenfalls fehlerhaft ist die Berechnung der Vergleichserträge der anderen Facharztgruppen, die sich für die
streitgegenständlichen Quartale nach Ziffer 2.7 des Beschlusses vom 29.10.2004 richtet.
Rechtswidrig ist bereits im Grundsatz, dass bei der Ermittlung des Ist-Umsatzes der Vergleichsarztgruppe bestimmte
Leistungen, nämlich Honorare aus belegärztlicher Behandlung, aus Kapitel O und U, Dialysekosten, regional
vereinbarte Kosten und Honorare aus Vergütungen nach § 63 SGB V, ausgenommen bleiben. Ein sachgerechter
Grund für die Herausnahme dieser Honorare ist nicht erkennbar. Denn für die voll ausgelastete psychotherapeutische
Praxis und den mit ihr erzielbaren Ertrag ist Vergleichsmaßstab der tatsächliche Umsatz bzw. der aus dem Umsatz
ermittelte Gewinn der Ärzte der Vergleichsgruppe. Wie das Bundessozialgericht zu Recht dargelegt hat, müssen es
die Psychotherapeuten bereits – was mit Art. 3 GG vereinbar ist – hinnehmen, dass eine optimal ausgelastete
psychotherapeutisch tätige Praxis nicht mit der optimal ausgelasteten Praxis eines Arztes der Vergleichsgruppe,
sondern nur mit den Ertragsaussichten einer durchschnittlichen Praxis dieser Gruppe verglichen wird. Eine darüber
hinausgehende Kürzung, zu der die Herausnahme der obigen Leistungen bzw. Honorare aber gerade führt, hat das
Gericht dagegen ausdrücklich als nicht mehr den Vorgaben des Gleichbehandlungsgebots entsprechend angesehen
(Bundessozialgericht, Urteil vom 28.01.2004, Az. B 6 KA 52/03 R, Rdnr. 48). Eine andere Beurteilung ergibt sich auch
nicht daraus, dass das Bundessozialgericht es für zulässig erachtet hat, als fachärztliche Vergleichsgruppe eine
solche aus dem unteren Einkommensspektrum auszuwählen (Urteil vom 28.01.2004, Rdnr. 49). Abgesehen davon,
dass sich nicht feststellen lässt, ob das vom Bewertungsausschuss gewählte Modell für die Psychotherapeuten im
Ergebnis günstiger (oder zumindest genauso günstig) ist wie der Vergleich mit einer einzigen, einkommensschwachen
Facharztgruppe, ist die vorgenommene Bereinigung jedenfalls systemwidrig. Denn Sinn und Zweck des
Berechnungsmodells, mit denen für die Psychotherapeuten ein fester Punktwert für die Vergütung ihrer Leistungen
ermittelt werden soll, ist ja, zu verhindern, dass sie von der Einkommensentwicklung vergleichbarer Arztgruppen
abgekoppelt werden, weil sie, anders als andere Arztgruppen, wegen der Zeitgebundenheit und
Genehmigungspflichtigkeit ihrer Leistungen nicht in der Lage sind, die Auswirkungen des Punktwerteverfalls auf den
Gesamtumsatz durch Veränderungen bei den anderen für den Umsatz maßgeblichen Faktoren, nämlich durch
Erhöhung der Fallzahlen sowie Leistungsmenge in den einzelnen Fällen, aufzufangen (hierzu BSG, Urteil vom
28.01.2004, Rdnr. 24 m.w.N.). Wird aber an das tatsächlich erzielte Einkommen im Sinne des "durchschnittlichen
Überschusses einer vergleichbaren Arztgruppe" (BSG, Urteil vom 28.01.2004, Rdnr. 24) angeknüpft, kann die
Berechnung des Umsatzes bzw. Gewinns der Facharztgruppen nicht auf deren "typische Leistungen aus ambulanter
Tätigkeit", wie die Beklagte meint, beschränkt werden, denn der tatsächliche Durchschnitt ergibt sich aus allen
erbrachten und nicht nur den "typischen" vertragsärztlichen Leistungen. Da die Fachärzte der Vergleichsgruppe, wie
der Kläger vorgetragen hat, in einem erheblichen Umfang belegärztlich tätig sein dürften, spricht einiges dafür, dass
sich die Nichtberücksichtigung vor allem dieser Honore bei der Berechnung klar zu Lasten der Psychotherapeuten
auswirkt. Soweit für die Nichteinbeziehung der Honorare aus Modellvorhaben nach § 63 SGB V weiter darauf
abgestellt wird, hierbei handele es sich, aufgrund der zeitlichen Befristung, nicht um dauerhafte Einnahmen, vermag
dieses Argument bereits für sich betrachtet angesichts der – umfassenden - Dauer der Befristungen (8 bzw. 5 Jahre,
vgl. § 63 Abs. 5 S. 2, 4 SGB V) nicht zu überzeugen. Soweit man schließlich bei den Honoraren aus Kapitel O die
Herausnahme damit rechtfertigen will, es handele sich um Leistungen, die für die Fachgruppe der Psychotherapeuten
nicht typisch seien, ist diese Argumentation bereits in ihrem Ansatz inkonsequent. Denn der Bewertungsausschuss
hat gerade – obwohl ihm das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 28.10.2004 diese Variante nahe gelegt
hatte (vgl. Urteil vom 28.01.2004, Rdnr. 49) - nicht auf die Gruppe der Nervenärzte als der nach ihrem
Leistungsspektrum am ehesten mit den Psychotherapeuten vergleichbaren Arztgruppe abgestellt, sondern sich für die
Bildung einer "gemischten" Vergleicharztgruppe entschieden, deren Tätigkeitsfeld wenig oder gar nichts mit dem der
Psychotherapeuten zu tun hat. Warum es dann plötzlich doch darauf ankommen soll, dass die Leistungen dieser
Fachärzte auch für die Psychotherapeuten "typisch", also mit deren Leistungen vergleichbar sind, ist nicht
nachzuvollziehen und würde in letzter Konsequenz bedeuten, dass - mangels Vergleichbarkeit - praktisch alle
Leistungen der Fachärzte aus der Berechnung entfernt werden müssten.
Darüber hinaus bewirkt die Nichteinbeziehung der betroffenen Honorare auch ein rechnerisch falsches, für die
Psychotherapeuten ungünstiges Ergebnis, wie das SG Dresden (Urteil vom 13.12.2006, Az. S 11 KA 848/02, S. 31)
richtig ausführt. Denn diese Honorare werden nur bei der Ermittlung des Ist-Umsatzes abgezogen, während sie bei der
Berechnung des Betriebskostenanteils eingeflossen sind, da die Kostenstrukturanalysen des ZI Köln sämtliche
erzielten vertragsärztlichen Honorare berücksichtigten.
Nicht zu beanstanden ist demgegenüber die Begrenzung der Regelung auf eine Höhe von 561.150 Punkten je Quartal
und Arzt bzw. Therapeut. Diese Begrenzung entspricht dem Quartalsanteil der vom Bundessozialgericht seiner
Modellberechnung für ein Jahr zugrunde gelegten 2.244.600 Punkte (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28.01.2004,
Rdnr. 54, auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 13.10.2006, Az. L 4 KA 4/05, Rdnr. 52). Eine
Übertragbarkeit nicht ausgenutzter Punkte von einem Quartal in das nächste, so wie sie der Kläger wünscht, hält die
Kammer rechtlich für nicht geboten. Denn die Festlegung einer quartalsmäßigen Obergrenze dient der gleichmäßigen
Verteilung der Gesamtvergütung auf das gesamte Jahr, die durch den Verteilungsmaßstab sicherzustellen ist, § 85
Abs. 4 S. 5 SGB V. Eine Übertragung der in einem Quartal nicht ausgenutzten Punkte auf das nächste würde dieser
gesetzlichen Anforderung zuwiderlaufen. Hiervon abgesehen dürfte der Kläger durch die Quartalsobergrenze und das
Fehlen einer Möglichkeit zur Übertragung von Punkten aber auch schon deswegen nicht in seinen Rechten verletzt
sein, weil er – jedenfalls in den streitgegenständlichen Quartalen - gar keine psychotherapeutischen Leistungen im
Rahmen des Abschnitts G. IV. in einem Umfang, die die Quartalsobergrenze erreichen, erbracht hat. Wie sich nämlich
aus den streitbefangenen Honorarbescheiden ergibt, bleibt er in allen drei Quartalen deutlich unter dieser Grenze.
Die Kammer hält es ebenfalls für rechtmäßig, dass mit dem Beschluss des Bewertungsausschusses nur für die
genehmigungspflichtigen zeit- und antragsgebundenen Leistungen nach Abschnitt G. IV. des EBM ein regionaler
Mindestpunktwert vorgegeben wird. Wie das Bundessozialgericht schon mehrfach und zu Recht dargelegt hat, führt
nur die Kombination von Zeitgebundenheit und Genehmigungsbedürftigkeit dazu, dass Vertragsärzte bzw.
Psychotherapeuten insoweit weder den Leistungsumfang noch die in einem bestimmten Zeitraum maximal
abrechenbaren Punkte nachhaltig beeinflussen können (s. nur Urteil vom 25.08.1999, Az. B 6 KA 14/98 R, Rdnr. 33).
Entsprechend hat das Gericht die Ausweitung der Vorgaben betreffend einen Mindestpunktwert auf weitere
Leistungen, insbesondere auf die sog. probatorischen Sitzungen, stets abgelehnt (vgl. BSG, Urteil vom 25.08.1999,
Rdnr. 33; Urteil vom 26.01.2001, Rdnr. 28ff; Urteil vom 28.01.2004, Rdnr. 53). Dem ist zu folgen (ebenso Schleswig-
Holsteinisches LSG, Urteil vom 13.10.2006, Rdnr. 51; SG Dresden, Urteil vom 13.02.2006, S. 32f). Die Kammer hält,
entgegen der Auffassung des Klägers, eine Gleichstellung auch beschränkt auf die probatorischen Sitzungen, denen
sich tatsächlich eine genehmigungspflichtige Psychotherapie anschließt, nicht für geboten.
Dem Kläger steht schließlich auch kein Anspruch auf Prozesszinsen zu. Denn Voraussetzung für die –
entsprechende – Anwendung des § 291 BGB ist, dass der Prozess mit dem Zuspruch einer eindeutig bestimmten
Geldforderung endet, sei es durch Verurteilung zur Zahlung, sei es durch die Verpflichtung der Behörde zum Erlass
eines Leistungsbescheides, der eine konkrete Leistung gewährt. Diese Bedingung ist bei einer Bescheidungsklage
nicht erfüllt (s. nur BVerwG, Urteil vom 28.06.1995, Az. 11 C 22/94, Rdnr. 11ff; Hess. VGH, Urteil vom 08.06.1994,
Az. 8 UE 1141/90, Rdnr. 23ff, Sächs. OVG, Urteil vom 24.01.2005, Az. 2 B 644/04, Rdnr. 64; VG München, Urteil
vom 30.10.2002, Az. M 12 K 01.2619, Rdnr. 23; auch z.B. Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB , 4. Aufl. 2003,
§ 291 Rdnr. 4 ). Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.03.2006 (Az. B 3 KR 6/05 R), auf das der Kläger
sich bezieht, ergibt sich nichts gegenteiliges, denn dort lag eine (bezifferte) Leistungsklage zugrunde. Soweit im
Übrigen geltend gemacht wird, auch unbezifferte Schmerzensgeld- bzw. Unterhaltsansprüche seien nach § 291 BGB
zu verzinsen, weist das Gericht darauf hin, dass auch in diesem Falle (sofern die klagende Partei erfolgreich ist) das
gerichtliche Verfahren mit der Verurteilung zu einer konkreten Summe endet und gerade nicht, wie hier, mit der bloßen
Bescheidung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs.1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 VwGO. Die Quotelung der
Verfahrenskosten entspricht dem Verhältnis des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens von Kläger und Beklagter.
Den Beigeladenen waren weder Verfahrenskosten aufzuerlegen noch sind die ihnen entstandenen außergerichtlichen
Kosten erstattungsfähig, denn sie haben sich nicht durch Stellung eigener Sachanträge am Kostenrisiko des
Rechtsstreits beteiligt (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG.