Urteil des SozG Marburg vom 07.07.2010

SozG Marburg: dokumentation, abrechnung, behandlung, versorgung, datum, verwaltungsverfahren, verfügung, zahnarzt, hessen, gerichtsverfahren

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 07.07.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 325/09
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der konservierend-chirurgischen Abrechnung für
die acht Quartale I/04 bis IV/05 in Höhe von noch 14.479,56 Euro.
Der Kläger ist als Zahnarzt mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen.
Der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen – Hessen – beschloss in seiner Sitzung am 09.05.2006,
die Unterlagen auf Grund der Überprüfung der Honorarabrechnungen für die befangenen Quartale zur sachlich-
rechnerischen Berichtigung an die Beklagte zu verweisen. Zur Begründung führte er aus, er habe festgestellt, dass in
sämtlichen Fällen die Dokumentation in den Aufzeichnungen unvollständig bzw. nicht vorhanden gewesen sei.
Darüber hinaus seien die Röntgenaufnahmen in sämtlichen besprochenen Fällen nicht bzw. unvollständig befundet
gewesen. Die vorliegenden Aufzeichnungen seien für die Prüfung unbrauchbar und elementare
Dokumentationspflichten seien nicht beachtet worden. Er vermute, dass die abgerechneten Leistungen nicht in dem
vorgeschriebenen Umfang erbracht worden seien.
Bereits zuvor hatte die Beklagte mit Bescheid vom 28.03.2006 auf Grund eines Beschlusses des
Prüfungsausschusses vom 13.05.2005 eine sachlich-rechnerische Berichtigung für das Quartal IV/03 vorgenommen
und eine Honorarberichtigung in Höhe von 3.033,87 Euro in 91 Behandlungsfällen festgesetzt.
Die Beklagte forderte den Kläger unter Datum vom 09.06.2006 auf, in 52 namentlich aufgeführten Behandlungsfällen
Kopien der Karteiblätter zur Verfügung zu stellen. Sie weise darauf hin, dass der Ausdruck der über die Praxis-EDV
abgerechneten Leistungen im Hinblick auf die Dokumentationspflichten als unzureichend zu bewerten sei. Dies gelte
auch dann, wenn – wie bereits vorliegend – solche Ausdrucke handschriftlich individualisiert werden würden. Sie füge
ein Merkblatt über die grundsätzlichen Anforderungen an die zahnärztliche Dokumentation bei.
Der Kläger erwiderte hierauf unter Datum vom 19.06.2006, die Unterlagen des Prüfungsausschusses zu übernehmen.
Die Beklagte wiederholte ihre Aufforderung mit Schreiben vom 04.08.2006. Ergänzend wies sie auf die
Mitwirkungspflicht des Klägers hin. Nicht vollständig dokumentierte Leistungen würden auch als nicht erbrachte
Leistungen gelten. Für den Fall der Nichtvorlage behalte sie sich die Absetzung und die Prüfung weiterer Fälle vor.
Der Kläger führte unter Datum vom 12.09.2006 aus, er schicke das Sammelsurium der Einzelnotizen
zusammengefasst auf einem Karteiblatt.
Die Beklagte bot dem Kläger unter Datum vom 19.04.2007 zwei alternative Gesprächstermine an, die der Kläger
telefonisch aus gesundheitlichen Gründen ablehnte.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 19.04.2007 exemplarisch in 5 von 52 Behandlungsfällen eine sachlich-
rechnerische Berichtigung in Höhe von insgesamt 507,46 Euro fest.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 04.06.2008 eine Honorarberichtigung in 52 Behandlungsfällen in Höhe von
insgesamt 20.254,04 Euro fest. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße
Abrechnung einer Gebührenposition seien vom Vertragszahnarzt nachzuweisen. Hierfür genüge in der Regel das
Einreichen der Abrechnungsdaten auf Erfassungsschein oder Diskette. Komme es jedoch zu Beanstandungen, so
habe der Vertragszahnarzt im Einzelfall die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Abrechnung der Leistungen bei
Tragung des Beweislastrisikos nachzuweisen. Im Hinblick auf die Verweisung seien einzelne Behandlungsfälle
herangezogen und die abgerechneten Gebühren und Behandlungsabläufe aus den prüfgegenständlichen Quartalen
unter Einbeziehung der zur Verfügung gestellten Röntgenaufnahmen und Karteiblätter einer eingehenden Überprüfung
unterzogen worden. Allgemein machte sie einzelne Ausführungen zum Inhalt und Umfang der Dokumentationspflicht.
Ferner begründete sie im Einzelnen in den 52 Behandlungsfällen die Absetzung bzw. Umwandlung der einzelnen
Leistungsfälle.
Hiergegen legte der Kläger am 11.06.2008 Widerspruch ein. Er trug vor, durch das SGB V und § 5 des
Bundesmantelvertrages würden Beanstandungen (Dokumentationen) eindeutig definiert werden. Er nehme an, dass
die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung andere Grundlagen habe. Aus den Originalunterlagen gehe hervor,
dass die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien, welche die Beklagte beschrieben habe, voll erfüllt seien. Aus
der Dokumentation gehe hervor, von welchem Geschehen er ausgegangen sei, welche Befunde der Behandlungen
zugrunde gelegen hätten und welche Maßnahmen ergriffen worden seien. Es sei dokumentiert worden. Mit Schriftsatz
seiner damaligen Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2008 führte er weiter aus, nach der herrschenden
Rechtsprechung dürfe auf mehr als drei Jahre zurückliegende Quartale im Hinblick auf das Vertrauen der
Bestandskraft nicht mehr zurückgegriffen werden. Für die Zukunft biete er eine Kooperation an. Er verwies ferner auf
ein Schreiben der Beklagten zur Abrechnung von Aufbisshilfen für den Zeitraum II/07 bis I/08. Der Kläger führte in
einem weiteren Schreiben seiner damaligen Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2008 zur Abrechnung von
Aufbisshilfen aus, diese Arbeiten habe er nach einer entsprechenden Kostenkalkulation und Berechnung und
daraufhin erfolgte Akzeptanz der Krankenkassen durchgeführt. Er gehe davon aus, dass die entsprechenden
Unterlagen unmittelbar zwischen Beklagten und Krankenkassen ausgetauscht würden. Eine darüber hinausgehende
Dokumentation ergebe keinen anderen Inhalt, da eben exakt diese Arbeiten ausgeführt worden seien. Wenn die
Anzahl der Aufbisshilfen pro Quartal beanstandet werde, so sei dies nicht nachvollziehbar. Es könne möglich sein,
dass schon länger beantragte und bewilligte Arbeiten erst zu einem späteren Quartal durchgeführt würden und sich
dann mit anderen summierten. Dies beruhe aber auf organisatorischen oder persönlichen Gründen bei den Patienten.
Auch die Häufigkeit der Aufbissbehelfe habe nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip sehr wohl positive wirtschaftliche
Aspekte. Es würden teuere Folgebehandlungen vermieden werden.
Die Beklagte lehnte unter Datum vom 09.07.2008 eine Rückgabe der Kopien der Karteikartenblätter ab, da sie davon
ausgehe, dem Kläger lägen die Originale vor. Mit Schriftsatz seiner damaligen Prozessbevollmächtigten vom
11.09.2008 teilte der Kläger mit, die Originalkarteien seien bei ihm nicht mehr auffindbar.
Die Beklagte wies wiederholt auf das Fehlen der bereits vom Kläger angeforderten Röntgenaufnahmen hin. Der Kläger
wies unter Datum vom 27.11.2008 darauf hin, er habe alle Patienten angeschrieben und um schriftliche Erlaubnis zur
Weitergabe der diagnostischen Daten gebeten. Ferner führte er im Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom
28.11.2008 aus, er benötige die Röntgenunterlagen aktuell. Er werde jedoch versuchen, die Bilder zur Verfügung zu
stellen. Die 4-jährige Ausschlussfrist dürfe bzgl. des Quartals I/04 auf Grund der Zustellung des Erstbescheides am
10.06.2008 nicht gewahrt sein.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2009, dem Kläger am 20.04. zugegangen, als unbegründet
zurück. In den Bescheidgründen führte sie aus, die Röntgenunterlagen seien an sie vom Kläger nicht vollständig
zurück übersandt worden und führte hierzu fünf Patientennamen an. Eine detaillierte Begründung des Widerspruchs
für sämtliche Behandlungsfälle sei nicht eingegangen. Von daher bestehe keine Veranlassung, die Entscheidung zu
revidieren. Im Übrigen wiederholte sie weitgehend wortgleich die Ausführungen im Ausgangsbescheid.
Hiergegen hat der Kläger am 20.05.2009 die Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, er begehre mit der Klage die
Aufhebung des Honorarkürzungsbescheides, sofern sich dieser auf Leistungen beziehe, die nach BEMA Teil 2 –
Behandlung von Verletzungen des Gesichtsschädels (Kieferbruch), Kiefergelenkserkrankungen (Aufbissbehelfe)
abgerechnet worden seien. Die Begründung lasse zunächst Zweifel aufkommen, ob die Beklagte zum Zeitpunkt der
Prüfung überhaupt alle wesentlichen Unterlagen vorliegen gehabt habe. Eine Prüfung und detaillierte
Auseinandersetzung mit der Dokumentation könne man dem Kürzungsbescheid nicht entnehmen. Die Dokumentation
führe er in mehrfacher Weise. Er führe eine digitale Dokumentation, die im Wesentlichen der Abrechnung der
erbrachten Leistungen diene. Des Weiteren werde für jeden Patienten eine handschriftliche Karteikarte geführt, in
welche die Befunderhebungen sowie die einzelnen Therapiemaßnahmen aufgeführt seien. Die handschriftliche
Karteikarte werde im Widerspruchsbescheid nicht erwähnt. Er überreiche deshalb eine vollständige Kopie der
handschriftlichen Behandlungskarteikarten. Hieraus ergebe sich eine ausreichende Dokumentation und Begründung
der einzelnen Behandlungsschritte in Bezug auf die abgerechneten Kieferbruch-Leistungen. Gleiches gelte auch für
den K1-Laufzettel, in welchen die einzelnen Leistungen einschließlich des Erbringungsdatums aufgeführt seien. Diese
reiche er als weitere Anlage zur Gerichtsakte. Er mache diese Unterlagen ausdrücklich zum Klagevortrag. Beispielhaft
führe er die Behandlung der Patientin WG an. Aus der gesamten zitierten Aufzeichnung ergebe sich ein
nachvollziehbarer Behandlungsablauf einer schwierigen und komplexen Behandlung, in deren Verlauf mehrfach die
Anfertigung einer K1 bei der Krankenkasse beantragt worden sei. Die Krankenkasse habe die geplante Leistung 3-mal
geprüft und 1 mal sogar dem Gutachter vorgelegt, der die Planung ebenfalls befürwortet habe. Ohne eine hinreichende
Dokumentation wäre dies nicht möglich gewesen. Bei sämtlichen anderen streitgegenständlichen Behandlungen
verhalte es sich in ähnlicher Weise.
Der Kläger beantragt, den Honorarkürzungsbescheid vom 04.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
16.04.2009 insoweit aufzuheben, soweit sich die Nachforderung auf einen über 5.747,48 Euro hinausgehenden Betrag
erstreckt.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, bei den
Aufzeichnungen, die dem Prüfungsausschuss vom Kläger vorgelegt worden seien, handele es sich um die gleichen
Dokumentationen, die im weiteren Verlauf auch ihr vorgelegt worden seien. Es handele sich um eine Liste der über die
Praxis-EDV abgerechneten Leistungen. Anhand dieser Unterlagen sei in der Folge die sachlich-rechnerische
Überprüfung vorgenommen worden. Sie habe den Kläger erstmals mit Schreiben vom 09.06.2006 um Vorlage von
Kopien der Karteiblätter gebeten und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Ausdruck, der über die Praxis-EDV
abgerechneten Leistungen im Hinblick auf die Dokumentationspflichten als unzureichend zu bewerten sei. Dies gelte
auch bei einer handschriftlichen Individualisierung der Ausdrucke. Der Kläger habe die Kenntnisnahme des
Schreibens bestätigt. Die Wiederholung der Aufforderung sei ebenfalls ohne Erfolg. geblieben. Daraufhin habe sie
nach Aktenlage einen Erstbescheid erlassen. Nach Widerspruchseinlegung habe sie den Kläger nochmals auf eine
vollständige Dokumentationsvorlage aufmerksam gemacht. Auf Wunsch des Klägers habe sie die Röntgenbilder
zurückgegeben. Die Kopien der Karteikarten habe sie allerdings aus Beweisgründen nicht herausgegeben. Daraufhin
habe die damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, die Originale seien bei dem Kläger nicht mehr
aufzufinden. Im Zusammenhang mit dem vorausgehenden Schriftverkehr erscheine dieser Verlust nicht glaubwürdig.
Drei Monate zuvor sei noch eine Diskrepanz zwischen den Originalkarteikarten und den Kopien vermutet worden.
Genau diese Originale seien aber zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr vorhanden gewesen. Der Kläger habe in der
weiteren Zeit die Rückgabe der Röntgenbilder verweigert. Erst nach mehrmaliger erneuter Fristsetzung seien ein Teil
der Röntgenbilder zurückgegeben worden. Der Kläger habe aber keine Widerspruchsbegründung eingereicht. Der
Kläger beschränke sich mit seiner Klage ausdrücklich auf die Absetzung der Kiefergelenkserkrankungen. Die
Absetzung der KCH-Leistungen sei damit nicht mehr strittig. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 5 Abs.
2 der Satzung nicht nachgekommen. Es bleibe unverständlich, weshalb der Kläger erst im Gerichtsverfahren die
vollständigen Kopien der handschriftlichen Behandlungskarteikarten und die K1 Laufzettel der betroffenen Patienten
zur Verfügung gestellt habe. Zwar sei dem Kläger zuzugestehen, dass diese Aufzeichnungen zu einem Großteil den
Anforderungen an eine ordentliche Dokumentation nunmehr genügten und auch hinsichtlich der Abrechung
weitestgehend stimmig seien. Hierzu bleibe aber festzustellen, dass der Kläger während des Verwaltungsverfahrens
Mitarbeiterinnen von ihr kontaktiert habe, um Informationen hinsichtlich des Umfangs von Dokumentationspflichten zu
erhalten. Erstmals sei dies am 13.06.2008 geschehen. Es sei zu beachten, dass die geforderte Dokumentation erst
nach den ausführlichen Hinweisen, welche Mängel vorlägen, in das Verfahren eingeführt worden seien. Auch die
teilweise offensichtlichen Abweichungen der Eintragungen und Daten der handschriftlichen Karteikarte auf der einen
Seite und den "K1-Laufzetteln" auf der anderen Seite seien sehr kritisch zu berücksichtigen. Dies dürfte bei einer
ordentlichen und insbesondere zeitnah erstellten Dokumentation nicht vorkommen. Jedenfalls seien die Unterlagen
verspätet eingereicht worden. Es sei Sache des Arztes, die Richtigkeit der Abrechnung im Einzelfall nachzuweisen
(so BSGE 73,234). Sie habe zweimal nach Aktenlage entscheiden müssen. Im Klageverfahren sei die Nachholung
des Nachweises der Leistungserbringung nicht mehr möglich (so SG Marburg, Urteil vom 03.06.2009 – S 12 KA
521/08). Das Sozialgericht habe entsprechend auch in einem Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung entschieden (so
SG Marburg, Urteil vom 25.11.2009 – S 12 KA 137/09). Diese Grundsätze müssten auch im Rahmen der sachlich-
rechnerischen Prüfung gelten. Ansonsten bestehe auch in den Verfahren nach § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V die
Gefahr, dass die Gerichte durch ihre Entscheidungen in den Beurteilungsspielraum der Kassenzahnärztlichen
Vereinigungen eingriffen.
Der Kläger erwiderte hierauf, es treffe zu, dass er zunächst nur den Ausdruck der abgerechneten Leistungen aus der
Praxis-EDV vorgelegt habe. Er sei bis dahin der Ansicht gewesen, dies reiche aus. Er habe auch nicht davon
ausgehen könne, dass seine Patienten mit Übersendung ihrer vollständigen Behandlungskarteien einverstanden
seien. Er habe sich aber auch außer Stande gesehen, von jedem Patienten eine entsprechende Erlaubnis einzuholen.
Er habe sich deshalb mit der Beklagten in Verbindung gesetzt, nicht aber, um sich nach der Dokumentationspflicht im
Allgemeinen zu erkundigen, sondern über den Umfang der vorzulegenden Dokumentation. Man habe ihm nicht
erläutert, dass er die gesamte handschriftliche Karteikarte vorlegen müsse und auf welcher Rechtsgrundlage dies
geschehe. Es habe ihm nicht erklärt werden können, warum es keiner Entbindung von der Schweigepflicht bedürfe. Er
habe nunmehr den Nachteil, dass er den Inhalt der geführten Telefonate nicht wörtlich belegen könne. Aus diesen sei
jedoch eindeutig hervorgegangen, dass die Vorlage sämtlicher ungeschwärzter Behandlungskarteikarten im Original
bedenkenlos und ohne Wahlrecht vorzulegen seien. Ein bloßes Berufen auf ein verspätetes Vorbringen könne nicht
automatisch zum Ausschluss des Beweismittels führen. Es erscheine unbillig, ihm eine Honorarkürzung aufzuerlegen,
die nach objektiven Gesichtspunkten und nach unstreitiger Ansicht beider Parteien nicht gerechtfertigt sein könne. Die
Kürzung könne ihn auch in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen. Die vorgelegte
Behandlungsdokumentation habe er nicht nachträglich frisiert. Er habe sich allein aus Kostengründen entschlossen,
das Verfahren nicht gegen den gesamten unrichtigen Bescheid zu führen, sondern nur gegen einen Teilbetrag.
Hierauf führte die Beklagte unter Datum vom 31.05.2010 aus, der erforderliche Umfang einer Dokumentation sei jedem
Vertragszahnarzt bekannt. Sie habe den Kläger hierüber und zur Vorlagepflicht mehrmals aufgeklärt. Die Gelder
stünden dem Kläger nicht zu. Von einer sofortigen Vollziehung der Regresssumme habe sie keinen Gebrauch
gemacht. Eine ratenweise Zahlung habe der Kläger abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den
Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte
handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Honorarkürzungsbescheid vom 04.06.2008 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 16.04.2009 ist, soweit sich die Nachforderung auf einen über 5.747,48 Euro
hinausgehenden Betrag erstreckt, rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Der Honorarkürzungsbescheid vom 04.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2009 ist, soweit er
noch angefochten wird, rechtmäßig.
Die Beklagte war zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung
sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die
vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2
Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten
obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine
ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die
sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die Arzt
bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs.
2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z/§ 17 EKV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt
eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl.
BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1 = NZS 1996, 134 = Breith 1996, 280 = USK 95120,
juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v.
30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR
2005, 52 = NZS 2005, 549, juris Rdnr. 17) bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z (vgl. BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA
34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 = USK 98155, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - aaO.;
BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - aaO.).
Während die Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V bei der Menge der erbrachten Leistungen ansetzt,
erstreckt sich die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung auf die Frage, ob die abgerechneten
Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme
des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. Solche Verstöße können zum Beispiel darin liegen, dass die
Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle
Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 01. Juli 1998,
Az: B 6 KA 48/97 R- BSG SozR 3-2500 § 75 Nr. 10 S 43 = Breith 1999, 659 = USK 98163, juris Rdnr. 15 m. w. N.).
Eine K(Z)V darf im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung vom Arzt in Ansatz gebrachte Leistungen in
vollem Umfang streichen, wenn deren Voraussetzungen erweislich nicht vorliegen oder ihr Vorliegen sich im Einzelfall
nicht nachweisen lässt. Diese Berechtigung besteht unabhängig davon, ob die Nichterfüllung der Leistungslegende nur
in Einzelfällen oder in vielen Fällen im Streit ist. Während bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung allein an die Menge
ärztlicher oder ärztlich veranlasster Leistungen angeknüpft wird, die in grundsätzlicher Übereinstimmung mit den
gesetzlichen und/oder vertraglichen Bestimmungen erbracht worden sind, bezieht sich die Prüfung der Abrechnung
seitens der KV auf Rechenfehler und die Einhaltung der tatbestandlich umschriebenen Voraussetzungen einer
Position der Gebührenordnung und der sie flankierenden Regelungen. Dieses bedingt bei der
Wirtschaftlichkeitsprüfung eine Zurückführung der überhöht erbrachten Leistungen ggf. auf Durchschnittswerte,
während für nicht in Einklang mit den Vergütungsnormen erbrachte Leistungen - unabhängig von ihrer Menge - kein
Vergütungsanspruch besteht. Ergeben sich in einzelnen Behandlungsfällen begründete Zweifel daran, dass der
Tatbestand einer Gebührenordnungsposition erfüllt ist, weil der abrechnende Vertragsarzt den Inhalt der
Leistungslegende verkannt hat, obliegt es auch dem betroffenen Arzt, an der Beseitigung dieser Zweifel durch
sachdienliche Angaben mitzuwirken. Da ihn als Anspruchssteller grundsätzlich die Feststellungslast hinsichtlich der
Voraussetzungen für seinen Vergütungsanspruch trifft, liegt eine derartige Mitwirkung in seinem eigenen Interesse.
Den KVen ist es nicht untersagt, anhand von Einzelfällen zu prüfen, worauf etwa ein als implausibel bewerteter
Anstieg der Ansatzhäufigkeit einer bestimmten EBM-Ä-Position beruht und darauf ggf. mit einer Korrektur der
Abrechnung zu reagieren (vgl. BSG, Beschl. v. 06.09.2000 - B 6 KA 17/00 B - juris Rdnr. 8).
Nach der Rechtsprechung des BSG ist ferner anerkannt, dass die K(Z)Ven ärztliche Leistungen nicht honorieren
müssen, die der Vertragsarzt nicht hat erbringen dürfen, weil sie nicht Gegenstand der Leistungspflicht der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind. Eine Leistungspflicht der GKV besteht nicht bei solchen Leistungen,
die sich im konkreten Behandlungszusammenhang in offenkundigem Widerspruch zum Stand der medizinischen
Wissenschaft befinden oder erkennbar ohne jeden Nutzen erbracht worden sind. Ist bei vertragsarztrechtlich an sich
zulässigen Leistungen diese Evidenzschwelle nicht erreicht, kommt aus kompetenzrechtlichen Gründen nur die
Untersuchung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise durch die zuständigen Prüfgremien in Betracht (vgl. BSG,
Urt. v. 05.02.2003 - B 6 KA 15/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 1 = MedR 2003, 591 = Breith 2003, 704 = USK 2003-125,
juris Rdnr. 19; BSG, Urt. v. 20.03.1996 - 6 RKa 85/95 - SozR 3-5533 Nr. 3512 Nr. 1 = NZS 1997, 44 = SGb 1997, 229
= MedR 1997, 187 = USK 9696, juris Rdnr. 14; jurisPK-Clemens, § 106a, Rdnr. 38; s.a. BSG, Beschl. v. 17.03.2010 -
B 6 KA 23/09 B -, juris Rdnr. 11).
Die Beklagte geht davon aus, dass die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Abrechnung einer Gebührenposition
vom Vertragszahnarzt nicht nachgewiesen worden sind. Von daher war sie für die Berichtigung zuständig.
Der angefochtene Berichtigungsbescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Beklagte stützt im Wesentlich die Honorarberichtigung auf den fehlenden Nachweis einer ordnungsgemäßen
Leistungserbringung aufgrund unzureichender Dokumentation. Grundsätzlich ist für die Erbringung einer
zahnärztlichen Leistung der Vertragszahnarzt als Leistungserbringer nachweispflichtig. Im vertragszahnärztlichen
Leistungssystem reicht hierfür im Regelfall der Nachweis durch die Angaben des Vertragszahnarztes auf dem
Behandlungsausweis aus. Bestehen allerdings Zweifel an der ordnungsgemäßen und/oder vollständigen Erbringung
der Leistung, so ist der Vertragszahnarzt wiederum nachweispflichtig. Ein Mittel für den Nachweis der
Leistungserbringung sind seine Aufzeichnungen in der Karteikarte, die auch elektronisch geführt werden kann, oder
die angefertigten technischen Aufzeichnungen wie z. B. Röntgenbilder.
Der Zahnarzt ist bereits nach berufsrechtlichen Regelungen grundsätzlich verpflichtet, Befunde und
Behandlungsmaßnahmen chronologisch und für jeden Patienten getrennt zu dokumentieren (zahnärztliche
Dokumentation) und mindestens zehn Jahre aufzubewahren, soweit nicht nach gesetzlichen Vorschriften andere
Aufbewahrungspflichten bestehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Berufsordnung der Landeszahnärztekammer Hessen v.
04.06.2005, zit. nach www.lzkh.de/S002DABE8-0062292A.0/BO LZKH neu.pdf, im Folgenden: BO).
Soweit diese Dokumentationspflicht in erster Linie therapeutischen Zwecken dient, wird sie im Rahmen des
Sachleistungsprinzips innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung erweitert und dient auch zum Nachweis einer
wirtschaftlichen und ordnungsgemäßen Leistungserbringung.
Die Dokumentationspflichten werden daher im SGB V, in den Bundesmantelverträgen und auch in den Richtlinien des
Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) festgelegt und erweitert.
Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die übrigen Leistungserbringer sind verpflichtet, die
für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigungen notwendigen Angaben,
die aus der Erbringung, der Verordnung sowie der Abgabe von Versicherungsleistungen entstehen, aufzuzeichnen und
gemäß den nachstehenden Vorschriften den Krankenkassen, den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den mit der
Datenverarbeitung beauftragten Stellen mitzuteilen (§ 294 SGB V). Die an der vertragsärztlichen Versorgung
teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sind verpflichtet, u. a. in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen
Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung
mit Diagnosen, bei zahnärztlicher Behandlung mit Zahnbezug und Befunden aufzuzeichnen und zu übermitteln (§ 295
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V).
Nach den Bundesmantelverträgen ist der Vertragszahnarzt verpflichtet, über jeden behandelten Kranken
Aufzeichnungen zu machen, aus denen die einzelnen Leistungen, die behandelten Zähne und, soweit erforderlich, der
Befund sowie die Behandlungsdaten ersichtlich sein müssen (§ 5 Abs. 1 BMV-Z). Der Vertragszahnarzt hat die
Befunde, die Behandlungsmaßnahmen sowie die veranlassten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung
mit Zahnbezug fortlaufend in geeigneter Weise zu dokumentieren. Die zahnärztlichen Aufzeichnungen und sonstigen
Behandlungsunterlagen, Kiefermodelle, ggf. Fotografien, und bei kieferorthopädischen Maßnahmen HNO-Befund,
dessen Einholung der Vertragszahnarzt bei Mundatmung veranlassen kann, sind vier Jahre nach Abschluss der
Behandlung aufzubewahren, soweit nicht andere Aufbewahrungsfristen vorgeschrieben sind (§ 7 Abs. 3 Satz 1 und 2
EKV-Z).
Nach der Richtlinie des GBA für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche
Versorgung (Behandlungsrichtlinie) gehören zur vertragszahnärztlichen Versorgung die Befunderhebung und Diagnose
sowie ihre Dokumentation. Inhalt und Umfang der diagnostischen Maßnahmen sind in zahnmedizinisch sinnvoller
Weise zu beschränken (Abschn. B.I.1. Abs. 1 Behandlungsrichtlinie). Weitere Vorgaben werden z. b. hinsichtlich der
Dokumentation des klinischen Befunds (Parodontalstatus) (B.V.2. Behandlungsrichtlinie) oder der
Röntgenuntersuchungen (B.II.5 Behandlungsrichtlinie) gegeben.
So handelt es sich auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei der Dokumentationspflicht seit jeher
um eine jeden Behandler treffende Verpflichtung, die bei der Behandlung eines Patienten gemachten Feststellungen
und durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu dokumentieren (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.2007 - B 6 KA 11/06 R -
SozR 4-2500 § 95c Nr. 2 = GesR 2007, 260-264 = NZS 2007, 609-612 = USK 2007-20, juris Rdnr. 23).
Wie weit im Einzelnen die Dokumentationspflicht reicht, ist weder berufs- noch sozialrechtlich geregelt und folgt aus
berufsrechtlichen bzw. zahnmedizinischen Standards und, soweit eine Leistung innerhalb des Leistungssystems der
Gesetzlichen Krankenversicherung betroffen ist, aber auch unter Berücksichtigung des Zwecks, einen Nachweis für
eine ordnungsgemäße Leistungserbringung im Zweifelsfall erbringen zu können. Insofern hat die Beklagte im
angefochtenen Widerspruchsbescheid einige inhaltliche Standards aufgeführt.
Sind von einem Zahnarzt abgerechnete Leistungen aus den Krankenblättern nicht ersichtlich, so ist zunächst davon
auszugehen, dass er diese Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat. Es obliegt dann dem Zahnarzt, die Erbringung
der von ihm abgerechneten Leistungen nachzuweisen. Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ist gerechtfertigt,
wenn die gebührenordnungsgemäßen Leistungen und Abrechnungsvoraussetzungen nicht eingehalten worden sind,
die Behandlungsdokumentation Vollständigkeit vermissen lässt und Richtlinienverstöße vorliegen, die im Hinblick auf
die Qualitätssicherung der vertragszahnärztlichen Versorgung zu beachten und einzuhalten sind (so LSG Bayern, Urt.
v. 07.07.2004 - L 3 KA 510/02- www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 25).
Soweit die Beklagte daher Zweifel an einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung hat, hat sie einen Vertragszahnarzt
hierzu anzuhören und ihn aufzufordern, einen vollständigen Beweis für die Leistungserbringung zu führen. Maßgeblich
sind dann die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Urkunden oder sonstigen Nachweise. Die vom Vertragszahnarzt
geführte Dokumentation nebst weiteren technischen Aufzeichnungen kann allein vom Vertragszahnarzt vorgelegt
werden.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen. In Zweifelsfällen
kann sie in einem Verwaltungsverfahren nachgereicht werden. Im Gerichtsverfahren kann die Dokumentation weder
nachgereicht noch ergänzt werden. Insofern ist auch die Amtsermittlungspflicht beschränkt. Die
Amtsermittlungspflicht gilt nur für die Frage, in welchem Umfang im Verwaltungsverfahren Unterlagen vorgelegt
wurden und ob diese zum Nachweis der Leistungserbringung ausreichend waren.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen (vgl. SG Marburg,
Urt. v. 03.06.2009 - S 12 KA 521/08 – juris Rdnr. 27, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 50/09 -). Ein
Vertragszahnarzt ist in zeitlicher Hinsicht darauf beschränkt, seiner Nachweispflicht bis zur Entscheidung der
Beklagten als Widerspruchsbehörde nachzukommen. Dies beruht letztlich darauf, dass die Kenntnis solcher
möglicherweise entscheidungserheblichen Tatsachen allein in der Sphäre des Vertragszahnarztes liegt, soweit sie
nicht offenkundig sind und von Amts wegen erkannt werden können. Bei Zweifeln an der ordnungsgemäßen
Leistungserbringung wird der Vertragszahnarzt wieder auf die ursprüngliche Position eines Leistungserbringers
zurückgeworfen, auch die ordnungsgemäße Erbringung seiner Leistungen nachzuweisen. Es handelt sich hierbei um
ein bloßes Tatsachenvorbringen. Wie im allgemeinen Wirtschaftsleben muss dann der Vertragszahnarzt nachweisen,
dass er die Leistung erbracht hat (vgl. bereits zur Wirtschaftlichkeitsprüfung SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12
KA 137/09 – juris Rdnr. 73 (Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 99/09 -; zum verspäteten Vorbringen in einem
Disziplinarverfahren SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 137/09 – AZR 2007, 108, juris Rdnr. 43).
Von daher kommt es nicht darauf an, welche Unterlagen der Kläger im gerichtlichen Verfahren vorgelegt hat. Aus
diesem Grund ist auch unerheblich, ob es sich um eine tatsächliche, am Behandlungsablauf orientierte, oder um eine
nachträglich "geschönte" Dokumentation handelt, wenn auch für letzteres der von der Beklagten nochmals
geschilderte Verfahrensablauf und das einheitliche Schriftbild der handschriftlichen Aufzeichnungen spricht. Nach
zahnärztlichem Erfahrungswissen kann ein solches Schriftbild bei einer zeitnahen Erstellung der Dokumentation nicht
durchgehalten werden.
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Einzelabsetzungen der KB-Leistungen nicht zu beanstanden. Für ihre
ordnungsgemäße und vollständige Erbringung fehlt es an einem Nachweis. Dies ist zwischen den Beteiligten insoweit
unstreitig. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat insoweit in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, die von
der Beklagten herangezogenen Unterlagen reichten für den Nachweis der strittigen Leistungen nicht aus und dass im
Falle einer Präklusion der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig wäre. Die im Gerichtsverfahren vorgelegten
Unterlagen waren aber nicht mehr heranzuziehen. Soweit der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung
auf die Einreichung weiterer Unterlagen im Verwaltungsverfahren hingewiesen hat, fehlt es hierfür aber an jeglichem
Nachweis. Die Beklagte hat den Kläger wiederholt auf die fehlenden Unterlagen hingewiesen. Abgesehen von
widersprüchlichen Äußerungen bzgl. der Karteiblätter kann der Kläger nicht nachweisen, weitere Unterlagen vorgelegt
zu haben. Der Kammer sind auch keine Umstände ersichtlich, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte bei
ihr vorhandene Unterlagen nicht berücksichtigt hätte oder diese bei ihr verlorengegangen wären. Hiergegen spricht
bereits die zeitnahe Aufforderung zur Vorlage weiterer Nachweise.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten
des Verfahrens.