Urteil des SozG Marburg vom 08.12.2010

SozG Marburg: sug, abrechnung, gemeinschaftspraxis, anteil, ambulante behandlung, freie arztwahl, versorgung, wichtiger grund, vertragsarzt, stadt

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 08.12.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 30/10
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 21.979,08 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Honorarrückforderung in Höhe von 21.979,08 EUR aufgrund einer Plausibilitätsprüfung
der Honorarabrechnungen der acht Quartale III/01 bis II/03 und hierbei insbesondere eines Praxisabgleichs innerhalb
der Praxisgemeinschaft mit Dr. CC.
Der 1950 geb. und jetzt 60-jährige Kläger ist seit 01.10.1982 als Arzt und seit 01.02.1985 als Facharzt für
Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A Stadt zugelassen. Er betreibt seine
Einzelpraxis in Praxisgemeinschaft mit Herrn Dr. CC.
In den streitbefangenen Quartalen setzte die Beklagte das Honorar des Klägers jeweils durch Honorarbescheid fest.
Die Festsetzungen im Einzelnen ergeben sich aus nachfolgender Übersicht:
Quartal III/01 IV/01 I/02 II/02 Honorarbescheid vom 23.01.2002 30.05.2002 08.09.2002 22.10.2002 Nettohonorar
gesamt in EUR 49.768,50 54.115,85 54.665,61 50.526,32 Bruttohonorar PK + EK in EUR (bis 2001 in DM) 97.469,83
106.634,79 55.053,89 50.938,06 Fallzahl PK + EK 1.203 1.243 1.322 1.186 Fallzahl gesamt 1.224 1.262 1.344 1.208
Fallzahlbegrenzungsmaßnahme nach Anl. 3 zu LZ 702 HVM Quote in % 99,08 98,59 97,99
Quartal III/02 IV/02 I/03 II/03 Honorarbescheid vom 21.01.2003 18.07.2003 10.10.2003 25.10.2003 Nettohonorar
gesamt in EUR 50.574,76 58.090,19 55.528,30 51.423,83 Bruttohonorar PK + EK in EUR (bis 2001 in DM) 50.654,21
58.419,11 56.404,95 52.113.90 Fallzahl PK + EK 1.235 1.319 1.300 1.182 Fallzahl gesamt 1.262 1.341 1.319 1.201
Fallzahlbegrenzungsmaßnahme nach Anl. 3 zu LZ 702 HVM Quote in % 97,81
Die Beklagte forderte den Kläger unter Datum vom 20.06.2003 aufgrund einer Plausibilitätsprüfung der
Quartalsabrechnung für das Quartal III/02 zu einer Stellungnahme auf. Sie habe die Honorarabrechnung zusammen
mit der Honorarabrechnung des Partners der Praxisgemeinschaft, Herrn Dr. CC, einer Plausibilitätsprüfung
unterzogen. Es sei analysiert worden, wie viele Patienten von beiden Ärzten gemeinsam behandelt und abgerechnet
worden seien. Hierbei habe sie eine hohe Anzahl von gemeinsam abgerechneten Fällen festgestellt. Hierüber
informiere der beigefügte Auszug aus der Sitzung des Plausibilitätsausschusses.
Der Kläger erklärte hierzu mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21.07.2003, es treffe zu, dass die
Praxisgemeinschaft sich gegenseitig vertrete. Die Sprechstundenzeiten der jeweiligen Praxis seien so ausgerichtet,
dass jeder der Ärzte Sprechstundenzeiten in einem solchen Umfang anbiete, dass in jedem Fall eine
ordnungsgemäße Versorgung der Patienten gewährleistet sei. Jeder biete wöchentlich mindestens 21 Sprechstunden
in seiner eigenen Praxis an, d. h. zu diesen Zeiten seien beide Ärzte anwesend und behandelten ihre jeweiligen
Patienten. Selbstverständlich würden alle innerhalb dieser Zeit in der jeweiligen Praxis anwesenden Patienten auch
über diesen Zeitraum hinaus behandelt werden, so dass die tatsächlichen Behandlungszeiten über die ausgewiesenen
Sprechstundenzeiten hinausgingen. Weitere wöchentliche 14 Sprechstunden würden sie im wöchentlichen Wechsel
jeweils allein durchführen. Beide Praxen seien am Mittwochnachmittag nicht geschlossen, dafür finde am
Dienstagnachmittag keine Sprechstunde statt. Donnerstags finde am Nachmittag keine reguläre Sprechstunde statt,
vielmehr führe jeder Arzt grundsätzlich die Hausbesuche bei seinen Patienten durch. Insgesamt biete jeder Arzt also
regelmäßig eine wöchentliche Sprechstundenzeit von 21 Stunden und darüber hinaus alle zwei Wochen 14 Stunden
an. Die sprechstundenfreie Zeit, die sich im 2-wöchigen Rhythmus ergebe, würde zur persönlichen Fortbildung genutzt
werden. Die Vertretungsfälle seien durch die dargestellten Praxisöffnungszeiten begründet. Der
Plausibilitätsausschuss der Beklagten hörte den Kläger und den Partner seiner Praxisgemeinschaft am 10.12.2003
persönlich an.
Der Plausibilitätsausschuss schlug dem Kläger und seinem Partner vor, die Zahl der gemeinsamen und statistisch
auffälligen Fälle auf eine Quote unter 20 % abzusenken, womit sich diese für die Zeit ab Quartal I/04 einverstanden
erklärten. Der Ausschuss schlug ferner vor, die Quote von 20 % rückwirkend auf zwei Jahre anzuwenden, was zu
einer erheblichen Kürzung des Honorarvolumens führen würde. Die Partner der Gemeinschaftspraxis erklärten sich
hiermit nicht einverstanden, da es vorab nicht zu einer Beratung gekommen sei. Der Ausschuss schlug deshalb vor,
dem Kläger und seinem Partner zunächst eine Berechnung der entsprechenden Honorarkürzungen zu übersenden.
Die Beklagte übersandte unter Datum vom 29.01.2004 die Berechnung an den Kläger. Für den Kläger ergab sich
hieraus eine Honorarkürzung in Höhe von 26.483,49 EUR, für den Partner Dr. CC in Höhe von 23.594,29 EUR.
Mit Bescheid vom 22.06.2004 setzte die Beklagte die Honorarrückforderung in Höhe von 21.979,08 EUR (Nettobetrag
abzüglich der Gutschrift für Verwaltungskosten) für alle streitbefangenen Quartale III/01 bis II/03 fest. Die
Verringerung des Rückforderungsbetrages ergebe sich aufgrund der vorgenommenen Quotierungen. Die Beklagte
listete die Einzelbeträge für den Primär- und Ersatzkassenbereich, quartalsbezogen, auf.
Hiergegen legte der Kläger am 15.07.2004 Widerspruch ein. Unter Wiederholung seiner bisherigen Ausführungen führte
er ergänzend aus, die Überschneidungen ergäben sich auch aufgrund besonderer Tätigkeitsschwerpunkte des
jeweiligen Behandlers. Nur Herr Dr. CC verfüge über die Berechtigung zur Erbringung und Abrechnung von
Ultraschallleistungen, weshalb ihm der Kläger Patienten zur Durchführung von Ultraschallleistungen überwiesen habe.
Die Kooperationsform der Gemeinschaftspraxis sei seinerzeit bewusst nicht gewählt worden, da Herr Dr. CC bereits
eine "gescheiterte" Gemeinschaftspraxis hinter sich gehabt habe und ihm die mit der Gründung einer
Gemeinschaftspraxis verbundenen rechtlichen Verstrickungen – beispielsweise die gesamtschuldnerische Haftung für
sämtliche im Rahmen der Gemeinschaftspraxis begründeten schuldrechtlichen und deliktischen Verbindlichkeiten –
hinreichend bekannt gewesen seien. Eine solche enge haftungsrechtliche Verbindung habe grundsätzlich
ausgeschlossen werden sollen und liege mithin auch nicht vor. Der Plausibilitätsausschuss belege keine inkorrekte
Abrechnung. Es werde lediglich verdeutlicht, dass Überschneidungen in dem von ihm mit Herrn Dr. CC gewählten
Sprechstundenmodell unvermeidlicherweise aufträten. Implausibilität könne erst bei einer Patientenidentität von mehr
als 20 % angenommen werden. Die Praxen lägen darüber lediglich mit 2% bis 7%. Diese beruhe auf dem von ihnen
gewählten Sprechstundenmodell. Sie hätten sich bereit erklärt, dem Ansinnen des Ausschusses künftig Rechnung zu
tragen. Eine inkorrekte Abrechnung sei daher nicht belegt worden. Der Bescheid sei formal rechtswidrig, da die
zutreffende Anwendung der einschlägigen Beurteilungsmaßstäbe weder zu erkennen noch nachzuvollziehen sei, der
Sachverhalt nicht dargestellt werde und die Beklagte den ihr zustehenden Beurteilungs- und Ermessenspielraum gar
nicht bis fehlerhaft ausgeübt habe. Die Rechtswidrigkeit folge auch aus schweren Rechtsanwendungsfehlern und
stelle deshalb eine Willkürentscheidung dar. Die Vermutung, eine als implausibel bewerte Abrechnung sei falsch, sei
von der Kassenärztlichen Vereinigung ausreichend darzustellen sowie zu begründen und könne dann vom Arzt
widerlegt werden. Die Beklagte habe bezüglich der Abrechnung des Klägers eine prozentual dargestellte Anzahl
gemeinsamer Doppelfälle mit dem Partner der Praxisgemeinschaft genannt. Sie habe nicht geprüft, ob die
abgerechneten Leistungen der Doppelfälle vollumfänglich erbracht worden seien. Sie habe unberücksichtigt gelassen,
dass es sich ausschließlich um Vertretungs- und Auftragsleistungen gehandelt habe. Ein für die Rückforderung
erforderlicher Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten liege nicht vor und könne mangels entsprechender Indizien
auch nicht von der Beklagten nachgewiesen werden. Es fehlten Vergleichswerte aus anderen Praxisgemeinschaften.
Die Ärzte der Praxisgemeinschaft hätten die Vertretungsregeln nach § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV befolgt. Ursache für das
Ausstellen von Vertretungsscheinen seien die jeweiligen Abwesenheitszeiten gewesen. Die Anzahl von Doppelfällen
scheide als Indiz aus, denn diese wurde nur in ihrer Summe im Bezug auf beide Praxen dargestellt. Eine
Unterscheidung und Zuordnung der Vertretungsfälle zu dem jeweiligen Arzt der Praxisgemeinschaft sei nicht erfolgt.
Eine hälftige Zuweisung des Überschreitungssatzes sei nicht nachvollziehbar, da beide Praxen eine unterschiedliche
Anzahl von Vertretungsfällen aufwiesen. Das Bundessozialgericht habe auf eine gemeinsame Quote von mehr als 50
% der Patienten in einem Quartal abgestellt. Bei der Gemeinschaftspraxis liege die Quote bei durchschnittlich 25 %
(zwischen 24,4 % und 27,6 %). Vertretungs- und Auftragsscheine seien dagegen aus der Fallmenge
herauszunehmen. Die Versichertenkarten der Doppelfälle seien nie am selben Tag eingelesen worden und gar nicht,
ohne das überhaupt an diesem Tag Behandlungen erfolgt seien. Bei beiden Praxen seien 25 % der Patienten im
Opelwerk in A-Stadt tätig sowie bei der Betriebskrankenkasse (BKK) Opel versichert. Es handele sich um ein
atypisches Patientenklientel. Wegen des Schichtdienstes müssten diese Patienten zu anderen Zeiten behandelt
werden. Dem Kläger seien die maßgeblichen "Rahmendaten" der Berechnungen sowie die in der Abwägung
berücksichtigten Aspekte nicht bekannt gegeben worden. Einer Rückforderung stünden auch
Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, zum Zeitpunkt des Aufkommens
der in dem Rückforderungsbescheid dargelegten Zweifel an der Richtigkeit der Honorarberechnung den Kläger auf die
ihr bekannten Ungewissheiten hinzuweisen. Die Beklagte habe bereits im Quartal IV/98 und I/99 Quartalsabgleiche
durchgeführt, die ihm nicht bekannt gegeben worden seien.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 07.12.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur
Begründung führte sie aus, der Kläger habe mit seinem Praxisgemeinschaftspartner einen hohen Anteil an Patienten
gemeinsam behandelt, obgleich er in der Organisationsgemeinschaft der Praxisgemeinschaft tätig gewesen sei, die
anders als die Gemeinschaftspraxis gerade nicht der gemeinsamen, in der Regel jederzeit austauschbaren ärztlichen
Behandlung an gemeinsamen Patienten diene. Es seien die Behandlungsausweise bei beiden Ärzten wie folgt
eingelesen worden:
Quartal Gesamtfallzahl (PK + EK) Anzahl der Patienten, die bei beiden Ärzten behandelt wurden Prozentuales
Verhältnis identischer Patienten bezogen auf ihre Fallzahl III/01 1.223 649 53 % IV/01 1.262 602 48 % I/02 1.344 636
47 % II/02 1.208 588 49 % III/02 1.262 633 50 % IV/02 1.341 636 47 % I/03 1.319 693 53 % II/03 1.201 552 45 %
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei jedenfalls bei einer Patientenidentität von 50 % von einer
Gemeinschaftspraxis auszugehen. Sie habe ferner eine Prüfung der gemeinsam behandelten Patienten im Hinblick
auf die Anteile der verschiedenen Scheinarten vorgenommen. Beispielhaft werde das für das Quartal I/02 und II/03
ermittelte Ergebnis wie folgt dargestellt:
Quartal I/02 Kombination SUG 00/SUG 42 599 Fälle (94,2 %) Kombination SUG 00/SUG 21/42 13 Fälle (2 %)
Kombination SUG 00/SUG 21 18 Fälle (2,8 %) Kombination SUG 00/SUG 00 3 Fälle (0,5 %) Kombination SUG
42/SUG 42 3 Fälle (0,5 %) Gesamt: 636
Quartal II/03 Kombination SUG 00/SUG 42 530 Fälle (96 %) Kombination SUG 00/SUG 21/42 8 Fälle (1,4 %)
Kombination SUG 00/SUG 21 13 Fälle (2,4 %) Kombination SUG 00/SUG 00 1 Fall (0,2 %) Gesamt: 552
SUG OO (ambulante Behandlung) SUG 21 (Auftragsleistung) SUG 42 (Urlaubs-/bzw. Krankheitsvertetung)
Hieraus ergebe sich, dass die Doppelabrechnungen entsprechend dem Sachvortrag des Klägers zu einem
überwiegenden Anteil aus der Abrechnung von Vertretungsscheinen resultierten. Die Abrechnung als
Vertretungsschein habe hinsichtlich der Honorarhöhe zur Folge, dass die hausärztliche Grundvergütung nicht
mehrfach abgerechnet worden sei. Dagegen bleibe es bei der Erhöhung der Fallzahlen, die sich auf die Berechnung
von Praxis- und Laborbudgets sowie die Anrechnungshäufigkeit der Ordinationsgebühr auswirkten. Eine Überprüfung
der 633 Doppelfälle des Quartals III/02 habe ergeben, dass entgegen den Ausführungen des Klägers in 70 der 633
Doppelfälle die Versichertenkarten unter dem gleichen Datum bei beiden Praxen eingelesen worden seien. In 114 der
633 Doppelfälle seien hausärztliche Leistungen nach Nr. 10 EBM 1996 (in Einzelfällen auch der Nrn. 11 und 13)
sowohl vom Kläger als auch von seinem Praxisgemeinschaftspartner zum Teil mehrfach wechselseitig abgerechnet
worden. So habe der Kläger beispielsweise in einem Fall die Nr. 10 EBM 1996 am 03.07., 11.07. und 26.09.2002
abgerechnet; der Praxisgemeinschaftspartner des Klägers habe bei demselben Patienten die Nr. 10 EBM 1996 am
14.08., 04.09. und 25.09.2002 abgerechnet. Hieraus ergebe sich, dass der Patient durch beide Ärzte der
Praxisgemeinschaft hausärztlich betreut worden sei. Daneben seien in 13 Fällen die Nr. 19 EBM 1996 und in 5 Fällen
die Nr. 801 EBM 1996 von beiden Ärzten abgerechnet worden. Beide Leistungen seien nur einmal im Behandlungsfall
abrechnungsfähig. Auch diese Fälle zeigten, dass durch die künstliche Generierung von Behandlungsfällen
Abrechnungsvorgaben umgangen und vertragsärztliches Honorar veranlasst worden sei, das bei korrekter
Zusammenarbeit nicht hätte erzielt werden können. Entscheidend sei, ob tatsächlich Vertretungsfälle vorgelegen
hätten, die Behandlung des jeweiligen Patienten durch einen zweiten Arzt erklären könnten. Denn andernfalls läge ein
Arztwechsel vor, der im Hinblick auf die gesetzlichen Vorgaben in § 76 Abs. 3 und Abs. 3a SGB V nur
ausnahmsweise anerkannt werden könnte, nämlich wenn ein wichtiger Grund für den Wechsel des (Haus-)arztes
vorliege. Ein Vertretungsfall könne nur dann angenommen werden, wenn der Vertragsarzt aus einem besonderen
Grund "an der Ausübung seiner Praxis verhindert" sei, d. h. nicht nur stundenweise abwesend sei und die Praxis
insgesamt geschlossen bleibe. § 32 Ärzte-ZV benenne hier anschließend Krankheit, Urlaub, Teilnahme an ärztlicher
Fortbildung oder an einer Wehrübung. Die Erzeugung von Vertretungsfällen durch die gezielte Organisation "freier
Tage" werde als missbräuchlich gewertet. Die hierdurch entstandenen Doppelbehandlungen seien unzulässig. Die
kurzzeitigen Vertretungen seien genehmigungspflichtig gewesen. Der Kläger habe regelmäßig alle zwei Wochen 1 ½
sprechstundenfreie Tage in Anspruch genommen, liege hier bereits ab dem II. Quartal eines Jahres eine unzulässige,
weil nicht von einer Genehmigung gedeckte Vertretung vor. Ein Notfall sei insbesondere dann gegeben, wenn ohne
sofortige Behandlung Gefahren für Leib und Leben entstünden oder heftige Schmerzen unzumutbar lange andauerten.
Schon aufgrund der Höhe der festgestellten Doppelbehandlungen sei die Annahme, dass es sich bei diesen
ausschließlich um Notfallbehandlungen gehandelt habe, nicht nachvollziehbar und werde auch nicht durch die Angabe
der Diagnosen auf den beanstandenden Abrechnungsscheinen gestützt. Der Vertreter sei ggf. verpflichtet, Patienten,
die sich wegen der stundenweisen Abwesenheit eines Arztes an ihn wendeten, auf dessen Rückkehr – ggf. am
nächsten Tag – zu verweisen. Es bestehe eine Pflicht des jeweiligen Hausarztes, einer unkoordinierten
Mehrfachinanspruchnahme anderer Ärzte entgegen zu wirken. Die Garantiewirkung der Sammelerklärung entfalle,
wenn der Arzt nicht erbrachte bzw. nicht ordnungsgemäß erbrachte Leistungen abgerechnet habe. Hierbei genüge
schon der Nachweis eines Einzelfalles. Im Rahmen des Widerspruchverfahrens sei in Zusammenarbeit mit der
Barmer Ersatzkasse, der BKK aktiv und der AOK Hessen eine Patientenbefragung durchgeführt worden. Von den 95,
47 bzw. 95 befragten Versicherten hätten 21,18 bzw. 47 Versicherte die Fragebögen zurückgereicht. Die Unterlagen
seien dem Prozessbevollmächtigten des Klägers im Rahmen des Widerspruchverfahrens zur Einsichtnahme vorgelegt
worden. Die Patientin DD habe verneint, in den streitbefangenen Quartalen vom Kläger behandelt worden zu sein.
Dennoch habe der Kläger eine Behandlung in den Quartalen III/02 und II/03 abgerechnet. Auch die Patienten EE, FF,
GG, HH hätten die Frage mit "nein" beantwortet, obwohl Leistungen für diese Patienten abgerechnet worden seien.
Einer Reihe von Fragebögen sei zu entnehmen gewesen, dass es den Patienten nicht bewusst gewesen sei, dass es
sich hier um getrennte Praxen gehandelt habe. Der Patient JJ habe angemerkt, dass "die Frage nach zwei getrennten
Praxen bei einer Gemeinschaftspraxis nicht gerade sinnvoll sei". Für die Neuberechnung des Honorars stehe ihr ein
weites Schätzungsermessen zu. Die Bezirksstelle habe vielmehr zugunsten des Klägers den
Überschreitungsprozentsatz anhand der Gesamtfallzahl der Praxisgemeinschaft ermittelt und eine Zuordnung der
abzusetzenden Fälle entsprechend dem Anteil einer Gesamtfallzahl vorgenommen.
Hiergegen hat der Kläger am 08.01.2010 die Klage erhoben. Er verweist auf sein bisheriges Vorbringen im
Verwaltungsverfahren und ist im Übrigen weiterhin der Auffassung, der Bescheid sei aus formellen Gründen
rechtswidrig. Die besonderen Umstände für die Doppelfälle habe die Beklagte nicht berücksichtigt. Im Rahmen ihres
Schätzungsermessens mache die Beklagte keine weiteren Angaben über die Vorgehensweise und den Umfang der
Kürzungen der Doppelfälle. Diese Unterlassen sowie das Fehlen von Angaben über die Abwägung im Rahmen der
Verhältnismäßigkeit mache das Vorgehen rechtswidrig. Die Beklagte habe eine Falschabrechnung nicht
nachgewiesen. Der Beklagten seien die Sprechstundenzeiten bekannt gewesen, so dass nicht nachzuvollziehen sei,
weshalb die Ausgestaltung der Sprechstundenzeiten rechtsmissbräuchlich gewesen sein solle. Er habe die Patienten
auf die Rechtsform der Praxisgemeinschaft hingewiesen. Diese hätten jedoch auf eine Behandlung im Rahmen der
Vertretung bestanden, so dass die Anzahl der Doppelfälle auf den Umstand des Rechts des Patienten auf freie
Arztwahl beruhe. Die Beklagte habe nicht die Behandlungsfälle vorgelegt, für die sie behauptet habe, die
Praxisgemeinschaft habe Abrechnungsziffern doppelt abgerechnet. Der angeführte einzige Fall zeige, dass es sich
dabei um eine Urlaubsvertretung in der Sommerzeit gehandelt habe. Krankenversichertenkarten seien am selben Tag
dann eingelesen worden, wenn er einen Patienten zur Mit- und Weiterbehandlung an seinen
Praxisgemeinschaftspartner überwiesen habe, da lediglich dieser die Qualifikation und Genehmigung für das Erbringen
von Leistungen der Sonographie besitze. Die Behauptung, es seien Versichertenkarten der im Vertretungsfall
entstandenen Doppelfälle am selben Tag eingelesen worden, sei indes nicht nachgewiesen worden. Die fehlenden
Indizien und Beweise würden auch nicht durch die Patientenbefragung ersetzt werden. Verschiedentliche Zusätze auf
den Fragebögen zeigten, dass Missverständnisse seitens der Patienten vorlägen. Eine tatsächliche Verwendung der
Fragebögen sei mangels bestehender Aussagekraft nicht möglich. Die Fragen seien von den Patienten nicht zu
beantworten gewesen. Er habe einen eigenen Patientenstamm, der nur von ihm betreut und in der nur ihm
zugänglichen Patientenkartei geführt werde. Die organisatorischen Gemeinsamkeiten bezögen sich auf die Anteile der
gemeinsam genutzten Räumlichkeiten, auf Teile der Gerätschaften und auf Personalleistungen, wobei die
Mitarbeiterinnen fest bei einer Praxis angestellt seien, aber in einem bestimmten Rahmen auch für die andere Praxis
zur Verfügung stünden. Ein Wechsel oder gar die gleichzeitige Behandlung in beiden Praxen sei grundsätzlich nicht
vorgesehen. Die Vertreterwahl beruhe auf der freien Entscheidung des Patienten. Die Abwesenheits- und
Vertretungszeiten würden in der Regel vorab per Aushang angekündigt werden. Seine eigene Auswertung habe
ergeben, dass er im Quartal III/01 242 Patienten als Urlaubs- und Krankenvertretung für Dr. CC behandelt habe. Herr
Dr. CC habe für ihn 352 Patienten als Vertreter behandelt. Die Summe von 594 Patienten liege unterhalb der von der
Beklagten genannten Zahl von 649 Fällen. Dies deute auf eine fehlerhafte Datenlage der Beklagten hin. Herr Dr. CC
habe sich vom 01.07. bis 13.07. und 03.09. bis 12.09.2001 in Urlaub befunden. In diesem Zeitraum habe er 238 der
insgesamt 242 Fälle behandelt. Während seines Urlaubs vom 16.07. bis 27.07., 21.08. bis 27.08. und 21.09. bis
28.09.2001 habe Dr. CC 290 Fälle behandelt. Insgesamt seien in diesen Urlaubszeiten 528 Vertretungsfälle behandelt
worden, das seien 89 der 649 gemeinsamen Fälle. Am selben Tag erbrachte Leistungen beruhten auf
Auftragsleistungen. Die Beklagte berechne auch die Gesamtfallzahl fehlerhaft. Der Überschreitungssatz belaufe sich
auf 24,4 % bis 27,6 , in dessen Höhe eine Kürzung vorzunehmen wäre. Die Fragebögen seien manipulativ mit dem
Zweck der Abgabe negativer Auskünfte eingesetzt worden.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Honorarrückforderungsbescheids vom 22.06.2004 für die Quartale III/01
bis II/03 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.12.2009 die Beklagte zu verpflichten, den einbehaltenen
Regressbetrag in Höhe von 21.979,08 EUR auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie sieht keine formalen-rechtlichen Mängel. Sie habe die Berechnungsgrundlage im Rückforderungsbescheid
nachvollziehbar offen gelegt. Aus den Anlagen gehe die Neuberechnung des Honorars nachvollziehbar hervor. Dem
Kläger seien allein die in der Praxisgemeinschaft festgestellten Fälle, die doppelt abgerechnet worden und über den
Prozentsatz von 20 hinausgegangen seien, gekürzt worden. Dabei seien die Behandlungsfälle voll vergütet worden,
die nur von dem Kläger behandelt worden seien und darüber hinaus besonders gelagert Fälle, z. B. Notfälle. Um
abzuschätzen, welches Honorar konkret auf die unkorrekt gemeinsamen Behandlungsfälle entfalle, habe sie einen
durchschnittlichen Fallwert beider Praxen errechnet und diesen mit der Anzahl unkorrekter Fälle multipliziert. Der
berechnete Wert sei dann anteilig nach dem Abrechnungsvolumen der jeweiligen Praxis auf beide Praxen verteilt und
das Honorar in der Höhe festgesetzt worden, die sich ergebe, wenn man von dem ursprünglich angeforderten Honorar
den anteilig zurückzuzahlenden Betrag abziehe. Diese Vorgehensweise sei bereits von der Rechtsprechung
ausdrücklich anerkannt worden (LSG Bayern, Urteil vom 28.03.2007 – L 12 KA 216/04 –). Sie habe eine ausführliche
Begründung für die Beanstandung gegeben und verweise auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Der
Bescheid sei auch materiell rechtmäßig. Das BSG habe klargestellt, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen
berechtigt seien, im Falle eines Gestaltungsmissbrauchs der Rechtsform beruflicher Kooperation die
Honorarabrechnungen der beteiligten Ärzte im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Berichtigung nachträglich zu
korrigieren und überzahltes Honorar zurückzufordern. Der Kläger habe mit Herrn Dr. CC im streitgegenständlichen
Zeitraum eine nicht genehmigte Gemeinschaftspraxis geführt. Der von ihr dargelegte Umfang der Doppelabrechnung
sei klägerseits nicht in Frage gestellt worden. Die Doppelabrechnung habe zu einer Erhöhung der Fallzahlen und damit
verbunden zu einer Steigerung des Honorars des Klägers und seines Partners geführt. Soweit der Kläger nunmehr
darauf hinweise, bei dem genannten Behandlungsfall einer mehrfachen wechselseitigen Abrechnung habe es sich um
eine Urlaubsvertretung in der Sommerzeit gehandelt, bleibe unklar, warum beide Ärzte für das Quartal III/02 keine
Urlaubsmeldung vorgelegt hätten. Vertretungsfälle hätten nicht vorgelegen, wie sie anhand der Quartale I/02 und II/03
nachgewiesen habe. Die Plausibilitätsprüfung habe den Indizienbeweis zugrunde gelegt, dass der Kläger fehlerhaft
abgerechnet habe. Dieser Indizienbeweis berechtige sie, Honorarkürzungen vorzunehmen. Der Kläger könne einen
Gegenbeweis führen und den Indizienbeweis entkräften. Der Kläger verwechsle offensichtlich den zu führenden
Gegenbeweis gegen die indiziell festgestellte Fehlabrechnung mit dem von Vertragsärzten bei Zweifeln verlangten
Nachweis korrekter Abrechnung. Der Kläger habe schuldhaft unrichtige Angaben bei der Einreichung seiner
Abrechnung gemacht. Er habe mindestens grob fahrlässig gehandelt. Die Berechnung der Honorarkürzung sei
nachvollziehbar erfolgt. Vertrauensschutzgesichtspunkte stünden entgegen, da die Honorarbescheide unter Vorbehalt
ergangen seien. Der Vortrag des Klägers gehe hierzu daher völlig an der Sache vorbei. Eine Willkürentscheidung liege
nicht vor. Die vom Kläger bestrittene Zahl der Behandlungsfälle (nicht Anzahl gleicher Patienten) von 649, die sowohl
von dem Kläger als auch Dr. CC behandelt worden seien, treffe zu. Die ungewöhnlich hohe Anzahl der
Vertretungsfälle könne nicht durch urlaubsbedingte Abwesenheit des Klägers im Quartal III/01 erklärt werden. Im
Quartal III/01 seien es insgesamt (Kostenträger gesamt) 1.224 Patienten anstatt der angegebenen 1.223 Patienten.
Die urlaubsbedingten Abwesenheitszeiten könne sie nicht bestätigen, da ihr keine Urlaubsmeldungen vorlägen.
Meldungen lägen lediglich für den 22.04. bis 05.05.2002 und 28.11 bis 14.03.2003 vor. Auf die Einlesung der
Versichertenkarte am selben Tag habe sie bereits im Widerspruchsbescheid hingewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den
Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der
Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben
worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Honorarrückforderungsbescheid vom 22.06.2004 für die Quartale
III/01 bis II/03 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.12.2009 ist rechtmäßig. Er war daher nicht
aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung des einbehaltenen Regressbetrags in Höhe von
21.979,08 EUR.
Der Honorarrückforderungsbescheid vom 22.06.2004 für die Quartale III/01 bis II/03 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 07.12.2009 ist rechtmäßig.
Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragszahnärztliche Versorgung sicher zu
stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die
vertragszahnärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2
Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden
Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße
Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte
(BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten
Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen. Dies wird nunmehr
durch den ab 01.01.2004 geltenden § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V klargestellt, wonach die Kassenärztliche Vereinigung
die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte feststellt; dazu gehört auch die Arzt
bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Dies galt
auch bereits zuvor auf der Grundlage der genannten bundesmantelvertraglichen Regelungen.
Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende
Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des
Honorarbescheids. Die genannten, auf § 82 Abs. 1 SGB V beruhenden bundesmantelvertraglichen Bestimmungen
stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) in ihrem
Anwendungsbereich die Regelung des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verdrängen. Eine nach den
Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil )Aufhebung des Honorarbescheids mit
Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der Grundnorm des öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruchs für den gesamten Bereich des Sozialrechts, eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung
des Empfängers der Leistung aus (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R – SozR 4-2500 § 85 Nr. 22 = BSGE
96, 1 = Breith 2006, 715 = MedR 2006, 542 = GesR 2006, 499 = USK 2005-130, zitiert nach juris Rdnr. 11 m.w.N.)
Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob
die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen
Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet
worden sind. Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarforderung auf
bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage besteht danach nicht nur im Falle rechnerischer und
gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter
Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und
abgerechnet hat. Dementsprechend erfolgt eine sachlich-rechnerische Richtigstellung z. B. bei der Abrechnung
fachfremder Leistungen oder qualitativ mangelhafter Leistungen, aber auch bei Leistungen eines nicht genehmigten
Assistenten sowie bei der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs mit Hilfe eines Assistenten, bei der
Abrechnung von Leistungen, die nach stationärer Aufnahme erbracht werden, bei der Nichtbeachtung der
bereichsspezifischen Vorschriften zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung im Rahmen der vertragsärztlichen
Abrechnung und schließlich bei einem Missbrauch vertragsarztrechtlicher Kooperationsformen (vgl. zuletzt BSG, Urt.
v. 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R – juris Rdnr. 26 f. m.w.N.).
Bei missbräuchlicher Nutzung der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft können Honorarbescheide korrigiert
werden.
Für die berufliche Kooperation im Status der Gemeinschaftspraxis i. S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 der
Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung) (Ärzte-ZV) ist
kennzeichnend, dass sich mehrere Ärzte des gleichen Fachgebietes oder ähnlicher Fachgebiete zur gemeinsamen
und gemeinschaftlichen Ausübung des ärztlichen Berufs in einer Praxis zusammenschließen, wobei - über die
gemeinsame Nutzung der Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Personal hinaus - die
gemeinschaftliche Behandlung von Patienten und die gemeinschaftliche Karteiführung und Abrechnung in den
Vordergrund treten. Einen Schwerpunkt bildet die Zusammenarbeit zur gemeinsamen Einnahmenerzielung. Für die
Annahme einer gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis ist neben einer
Beteiligung der Partner an den Investitionen und Kosten der Praxis grundsätzlich auch eine Beteiligung am
immateriellen Wert der Praxis (dem "Goodwill") erforderlich, wobei die vertragliche Ausgestaltung im Einzelfall
unterschiedlich sein kann. Diese Form der Zusammenarbeit bedarf vorheriger Genehmigung durch den
Zulassungsausschuss (§ 33 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV). Bei der Praxisgemeinschaft handelt es sich um eine
Organisationsgemeinschaft, die nicht der gemeinsamen, in der Regel jederzeit austauschbaren ärztlichen Behandlung
an gemeinsamen Patienten dient. Mit ihr wird vielmehr die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und
Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte mit dem
vorrangigen Zweck, bestimmte Kosten zur besseren Ausnutzung der persönlichen und sachlichen Mittel auf mehrere
Ärzte umzulegen. Es verbleibt bei der selbstständigen Praxisführung mit verschiedenem Patientenstamm und jeweils
eigener Patientenkartei (vgl. BSG, Urt. v. 22.03.2006 B 6 KA 76/04 R - SozR 4-5520 § 33 Nr. 6 = BSGE 96, 99 =
ZMGR 2006, 148 = NZS 2006, 544 = GesR 2006, 450 = MedR 2006, 611 = Breith 2007, 185, juris Rn. 14 f. m.w.N.).
Behandeln die Partner einer Praxisgemeinschaft die Patienten zu einem hohen Anteil gemeinschaftlich, bedienen sie
sich der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft missbräuchlich. Die zwischen der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung (KBV) und den Spitzenverbänden der Krankenkassen mit Wirkung vom 1. Januar 2005
vereinbarten Richtlinien zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen der KVen und der
Krankenkassen (DÄ 2004, A-2555) geben in § 11 Abs. 2 für die Plausibilitätsprüfung bereits bei 20 %
Patientenidentität in (teil-)gebietsgleichen/versorgungsbereichsidentischen bzw. 30 % bei
gebietsübergreifenden/versorgungsübergreifenden Praxisgemeinschaften die Annahme einer Abrechnungsauffälligkeit
vor. Diese Aufgreifkriterien sind hier nicht unmittelbar heranzuziehen; doch lassen die in den Richtlinien
vorgenommenen Grenzziehungen erkennen, dass jedenfalls dann, wenn zwei in der Rechtsform einer
Praxisgemeinschaft kooperierende Vertragsärzte desselben Fachgebietes annähernd bzw. mehr als 50 % der
Patienten in einem Quartal gemeinsam behandeln, tatsächlich die für eine Gemeinschaftspraxis kennzeichnende
gemeinsame und gemeinschaftliche Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch Behandlung eines gemeinsamen
Patientenstammes stattfindet. Bei einer derart hohen Patientenidentität muss das Patientenaufkommen koordiniert
werden, was wiederum die für eine Gemeinschaftspraxis typische einheitliche Praxisorganisation erfordert (vgl. BSG,
Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R – aaO., Rdnr. 19 f.; BSG, Beschl. v. 05.11.2008 - B 6 KA 17/07 B – juris Rdnr.
12).
Nach diesen Kriterien ist die Beklagte zu Recht von einer missbräuchlicher Nutzung der Kooperationsform der
Praxisgemeinschaft ausgegangen. Sie hat in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid im Einzelnen zutreffend
dargelegt, dass der Anteil der gemeinsam behandelten Patienten in den streitbefangenen Quartalen zwischen 45 %
und 53 % beträgt. Soweit die Doppelabrechnungen entsprechend dem Sachvortrag der Beteiligten zu einem
überwiegenden Anteil aus der Abrechnung von Vertretungsscheinen resultieren - insofern können die Überweisungen
zur Durchführung von Ultraschallleistungen vernachlässigt werden -, hat dies zur Folge, dass zwar die hausärztliche
Grundvergütung – nach dem seinerzeit gültigen EBM mit 90 Punkten bewertet - nicht mehrfach abgerechnet worden
sei. Dagegen bleibe es bei der Erhöhung der Fallzahlen, die sich auf die Berechnung von Praxis- (Teil B Nr. 1.4 EBM,
585 Punkte bzw. 1.175 Punkte bei Rentnern; hinzukommen verschiedene Zusatzbudgets) und Laborbudgets (Nr. 3450
EBM (Laborgrundgebühr), 15 Punkte; Nr. 3452 EBM (Wirtschaftliche Erbringung und/oder Veranlassung von
Leistungen des Kapitels O), 40 Punkte) sowie die Anrechnungshäufigkeit der Ordinationsgebühr – Nr. 1 EBM, 265
Punkte bzw. bei Rentnern 475 Punkte – auswirkten, da hierbei Vertreterfälle mitgerechnet wurden, in der Regel aber
nicht Überweisungen mit Auftragsleistungen.
In der mündlichen Verhandlung ist die Kammer mit den Beteiligten im Einzelnen dem Vorbringen des Klägers
nachgegangen, die Beklagte gehe bzgl. der Berechnung der hausärztlichen Grundvergütungen von einer wesentlich
geringeren Fallzahl der Vertretungsfälle aus. Insofern konnte geklärt werden, dass die Anzahl der Vertretungsfälle, die
von beiden Praxispartnern behandelt wurden, nicht nur von einem Praxispartnern als Vertretungsfall behandelt wurden.
Es handelt sich insoweit um die Summe von Vertretungsfällen beider Praxispartner, die beim jeweiligen Praxispartner
als "reguläre" eigene Fälle, also nicht auf Vertretungsschein abgerechnet wurden. Ferner konnte geklärt werden, dass
die Beklagte bzgl. der beispielhaft für das Quartal III/01 übersandten Behandlungsfälle weder widersprüchliche
Angaben gemacht hat bzgl. der Anzahl gemeinsamer Behandlungsfälle noch die genannte Anzahl gemeinsamer
Behandlungsfälle unzutreffend gewesen ist. Von daher geht die Kammer von der Richtigkeit der Angaben der
Beklagten b zgl. der Anzahl gemeinsamer Behandlungsfälle sowie der Vertretungsfälle aus.
Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass ein Vertretungsfall nur dann angenommen werden kann, wenn der
Vertragsarzt aus einem besonderen Grund "an der Ausübung seiner Praxis verhindert" sei, d. h. nicht nur
stundenweise abwesend ist und die Praxis insgesamt geschlossen bleibt. Bereits nach dem Bundesmantelvertrag im
Primärkassenbereich in der bis Juni 2007 geltenden Fassung war der Vertragsarzt gehalten, seine Sprechstunden
entsprechend dem Bedürfnis nach einer ausreichenden und zweckmäßigen vertragsärztlichen Versorgung und den
Gegebenheiten seines Praxisbereiches festzusetzen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä). Bei der Verteilung der
Sprechstunden auf den einzelnen Tag sollen die Besonderheiten des Praxisbereiches und die Bedürfnisse der
Versicherten (z. B. durch Sprechstunden am Abend oder an Samstagen) berücksichtigt werden (§ 17 Abs. 2 BMV-Ä).
Der Vertragsarzt war und ist gehalten, in dem Umfang Sprechstundenzeiten anzubieten, in denen er seine Patienten
das gesamte Quartal hindurch behandeln kann und diese nicht gehalten sind, einen "Vertreter" aufzusuchen. Dies
folgt bereits aus seinen allgemeinen vertragsärztlichen Pflichten (§ 95 Abs. 3 SGB V). Der Vertragsarzt hat die
vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben (§ 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV). Nur bei Krankheit,
Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung kann er sich innerhalb von zwölf Monaten
bis zur Dauer von drei Monaten vertreten lassen. Dauert die Vertretung länger als eine Woche, so ist sie der
Kassenärztlichen Vereinigung mitzuteilen (§ 32 Abs. 1 Satz 2 und 4 Ärzte-ZV). Die Beklagte hat darauf hingewiesen,
Meldungen lägen im Jahr 2002 lediglich für den 22.04. bis 05.05.2002 und 28.11 bis 14.03.2003 vor. Die vom Kläger
weiter angegebene längere Urlaubszeit vom 16.07. bis 27.07.2001 wäre ebf. meldepflichtig gewesen. Soweit eine
Meldung nicht erfolgt ist, kann sich der Kläger hierauf nicht berufen. Im Übrigen beziehen sich die Angaben des
Klägers ausschließlich auf das dritte Quartal des Jahres 2001, der allgemeinen Urlaubszeit. Auch soweit längere
Urlaubszeiten vorgekommen sind, kann mit der Annahme "echter" Vertretungsfälle nicht die über acht Quartale
hinweg bestehende Häufung der Anzahl der Patienten, die bei beiden Ärzten behandelt wurden, erklärt werden. Die
Kammer hält jedenfalls eine Häufung von mehr als 20 % bei – wie hier – gebietsgleichen und
versorgungsbereichsidentischen Praxen für implausibel.
Die Kammer hat sich dabei auch die Frage gestellt, ob bei einer anderen räumlichen und personellen Aufteilung der
beiden Praxen aufgrund der Versorgungssituation vor Ort nach Angaben des Klägers sind er und sein Praxispartner in
einer Gemeinde, Teil der Stadt A-Stadt und in unmittelbarer Nachbarschaft dieser gelegen, die einzigen Hausärzte für
6.000 Einwohner, wobei das Zentrum der Stadt A-Stadt nur ca. 8 km entfernt liegt – es bei einer Häufung der
Vertretungsfälle nicht zu einer Beanstandung gekommen wäre. Die Kammer hält es aber zunächst nicht für erwiesen,
dass die Vertretungsfälle nur bei jeweiliger Abwesenheit, d.h. aufgrund Urlaubs oder Krankheit, angefallen sind.
Insofern hält sie die vom Kläger vorgelegten Unterlagen bereits nicht für schlüssig, was sie in der mündlichen
Verhandlung mit den Beteiligten erörtert hat. Sie beruhen zudem ausschließlich auf den Unterlagen des Klägers und
haben nicht die abgerechneten Scheine zur Grundlage. Hinzu kommt aber für die fachkundig mit zwei Ärzten besetzte
Kammer der Umstand, dass eine Durchsicht der Ausdrucke der in beiden Praxen behandelten Patienten für das
Quartal III/01 ergeben hat, dass insbesondere auch bei Abrechnung als Vertretungsfälle in einer Häufigkeit
Laboruntersuchungen vorgenommen wurden, z. T. auch wenn bereits beim Partner zuvor Laboruntersuchungen
vorgenommen worden waren, die allgemeiner ärztlicher Erfahrung widerspricht. Letztlich kommt es hierauf aber nicht
an, da angesichts der signifikanten Häufung gemeinsamer Patienten und der Vertretungsfälle der Kläger
beweispflichtig ist, dass tatsächlich eine Einzelpraxis geführt wird. Insofern sah die Kammer auch keine
Veranlassung, von Amts wegen aufgrund der in der mündlichen Verhandlung nunmehr vorgelegten Urlaubsliste der
Frage nachzugehen, ob alle oder welche Behandlungen in die Zeit der urlaubsbedingten Abwesenheit des
Praxispartners bzw. der eigenen Abwesenheit gefallen sind.
Insofern ist es die klare Aufgabe des Arztes, nicht nur auf die bestehende Kooperationsform der Praxisgemeinschaft
hinzuweisen (vgl. BSG, Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R – aaO., Rdnr. 19; LSG Bayern, Urt. v. 16.05.2007 – L 12
KA 563/04 – juris Rdnr. 34 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschl. v. 17.09.2008 – B 6 KA
65/07 B - BeckRS 2008, 57265)), sondern auch ggf. die Behandlung des Patienten – abgesehen von Notfällen –
abzulehnen und auf die bereits begonnene Behandlung durch den Praxisgemeinschaftspartner hinzuweisen und sich
im Falle einer Vertretungsbehandlung auf die notwendige, d. h. keinen Aufschub zulassende Behandlung zu
beschränken. Speziell für den Fall der hausärztlichen Versorgung, an der beide Ärzte der Praxisgemeinschaft
teilnehmen, ergibt sich die Pflicht zur Festlegung auf einen bestimmten Hausarzt zwingend aus § 76 Abs. 3 Satz 2
SGB V. Danach wählt der Versicherte einen Hausarzt. Das Nebeneinander von zwei Hausärzten kommt schon
begrifflich nicht in Betracht und widerspräche dem Hausarztkonzept, wonach die ärztliche Betreuung und die
Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen in einer Hand sein sollen (vgl. § 73 Abs. 1
Satz 2 SGB V). Nach § 76 Abs. 3 Satz 3 SGB V ist der Arzt verpflichtet, die Versicherten über Inhalt und Umfang der
hausärztlichen Versorgung vorab zu informieren und damit auch über die Verpflichtung des Versicherten, einen
bestimmten Hausarzt zu wählen. Das haben der Kläger und sein Praxispartner offensichtlich nicht oder nicht
ausreichend getan. Vielmehr geht aus den Ausführungen des Klägers hervor, dass er selber die Behandlung durch
beide Ärzte nicht für regelwidrig gehalten hat, da er jedenfalls von der Zulässigkeit einer Behandlung im Rahmen einer
Vertretung ausgegangen ist. Im Übrigen wäre es für den jeweils zweitangegangenen Arzt in der Regel durchaus
möglich gewesen, die Behandlung zu verweigern und die Patienten auf die andere Praxis zu verweisen. Soweit dies in
einzelnen (Not-)Fällen aus medizinischen Gründen nicht möglich gewesen sein sollte, wird dem von der Beklagten bei
der Neufeststellung der Honorare mit den zugestandenen 20 % gemeinsamer Fälle mehr als ausreichend Rechnung
getragen (vgl. LSG Bayern, Urt. v. 16.05.2007 – L 12 KA 563/04 – juris Rdnr. 35; LSG Bayern, Urt. v. 28.03.2007 – L
12 KA 216/04 – juris Rdnr. 26).
Insofern kann hier auch dahinstehen, ob die Sprechstundenzeiten bereits so angelegt waren, dass eine Versorgung
des jeweiligen "Patientenstamms" nur mit Hilfe des Praxisgemeinschaftspartners möglich war (vgl. hierzu auch BSG,
Beschl. v. 05.11.2008 B 6 KA 17/07 B – juris, Rdnr. 12). Insofern hat der Kläger mit Schriftsatz seines
Prozessbevollmächtigten vom 21.05.2005 zunächst angegeben, jeder Arzt biete mindestens 21 Sprechstunden
wöchentlich an und darüber hinaus führe einer von beiden Ärzten allein und im wöchentlichen Wechsel weitere 14
Sprechstunden durch. Aus der angegeben Aufstellung folgt, dass dadurch dienstags und donnerstags nur ein Arzt
anwesend war. Soweit der Kläger hierzu im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 10.09.2010 abweichende
Angaben macht, hat er den Widerspruch zu seinen früheren und damit zeitnäheren Angaben nicht erklärt. Diese Art
der Praxisorganisation für eine hausärztliche Praxis, die zum großen Teil auch von akut erkrankten Patienten
frequentiert wird, deutet aber doch letztlich auf eine Gemeinschaftspraxisstruktur hin, in der beide Ärzte im
Wesentlichen für die gesamte Patientenschaft zuständig waren, was sich auch in dem hohen Anteil gemeinsamer
Behandlungen zeigt. Insofern kommt es auch nicht auf die Anzahl der Sprechstunden an und ob der angebotene
Umfang üblich oder unüblich ist.
Soweit der Kläger und sein Praxispartner in der mündlichen Verhandlung nunmehr erklärt haben, alle Vertretungsfälle
seien in einer urlaubsbedingten Abwesenheit des jeweiligen Partners gefallen, haben sie den Widerspruch zu ihrer
früheren Aussage nicht aufgeklärt.
Die Beklagte hat auch beispielhaft am Quartal III/02 aufgezeigt, dass in 114 der 633 Doppelfälle hausärztliche
Leistungen nach Nr. 10 EBM (Therapeutisches hausärztliches Gespräch) und vereinzelt auch nach Nr. 11 und 13
EBM von beiden Praxisgemeinschaftspartnern z. T. mehrfach abgerechnet wurden.
Angesichts dieser Verstöße gegen die Regeln des Vertragsarztrechts erweisen sich die von dem Kläger in den
streitbefangenen Quartalen jeweils der Abrechnung beigefügten Abrechnungssammelerklärungen, in denen er die
ordnungsgemäße Erbringung der abgerechneten Leistungen bestätigt hat, als falsch, mit der Folge, dass die Beklagte
berechtigt war, die Honorarbescheide aufzuheben und die Honorare im Wege der Schätzung neu festzusetzen (vgl.
BSG, Urt. v. 17.09.1997 - 6 RKa 86/95 - SozR 3-5500 § 35 Nr.1 = MedR 1998, 338 = USK 97134, juris Rdnr. 27 f.;
BSG, Urt. v. 23.06.2010 B 6 KA 7/09 R – juris Rdnr. 69). Der Beklagten kommt dabei ein weites
Schätzungsermessen zu, da mit der Implausibilität der Abrechnung aufgrund des Formenmissbrauchs die Abrechnung
selbst nicht mehr ausschlaggebend sein kann.
Keinesfalls steht den in einer vorgetäuschten Praxisgemeinschaft zusammenarbeitenden Ärzten mehr an Honorar zu,
als ihnen zu zahlen gewesen wäre, wenn sie auch rechtlich eine genehmigte Gemeinschaftspraxis im Sinne von § 33
Abs. 2 Ärzte-ZV gebildet hätten (vgl. BSG, Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R – aaO., Rdnr. 22). Dies bedeutet
jedoch nicht, dass den Ärzten auch tatsächlich das Honorar zu zahlen wäre, das sie erhalten hätten, wenn sie legal in
einer genehmigten Gemeinschaftspraxis zusammengearbeitet hätten. Das BSG (ebd.) führt vielmehr weiter aus, dass
jedenfalls bei einer Patientenidentität von mehr als 50 % bei formal unter der Rechtsform einer Praxisgemeinschaft
zusammenarbeitenden Ärzten desselben Fachgebiets solche Gebührentatbestände des EBM, bei denen bei einer
Behandlung in einer fachgleichen Gemeinschaftspraxis eine Vergütung für ein Quartal höchstens einmal gewährt
werden kann, bei keinem Praxisgemeinschaftspartner zu berücksichtigen seien, denn insoweit scheide eine
vergütungsrechtliche Zuordnung der Leistungen zu einem der Vertragsärzte aus. Das Bundessozialgericht hat in
ständiger Rechtsprechung solche Gegenrechnungen bzw. Saldierungen abgelehnt, weil dadurch die
Ordnungsvorgaben des Vertragsarztsystems unterlaufen würden. Honorarkürzungen dürfen sich vielmehr auf das
gesamte Honorar erstrecken, das auf rechtswidrige Weise erlangt wurde, ohne dass gegenzurechnen ist, was bei
rechtmäßigem Verhalten als Honorar zu zahlen gewesen wäre; in solchen Fällen kann eine Honorarneufestsetzung im
Wege einer Schätzung erfolgen. Diese Grundsätze gelten auch in Fällen des Missbrauchs der Kooperationsform der
Praxisgemeinschaft. Dabei können auch deutlich unter 50% liegende Quoten ausreichen, um Vergütungen, die bei
Vorliegen einer Gemeinschaftspraxis nur einmal zu zahlen wären, beiden Ärzten zu kürzen (vgl. BSG, Beschl. v.
17.09.2008 – B 6 KA 65/07 B - BeckRS 2008, 57265, Rdnr. 9 ff.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Berechnung des Berichtigungsbetrags nicht zu beanstanden.
Die Beklagte hat den Überschreitungsprozentsatz anhand der Gesamtfallzahl der Praxisgemeinschaft
kassenartenbezogen ermittelt und eine Zuordnung der abzusetzenden Fälle entsprechend dem Anteil einer
Gesamtfallzahl vorgenommen. Sie hat zunächst aus der Gesamtfallzahl beider Praxen und der Zahl der von beiden
Praxen behandelten Fällen den Prozentsatz gemeinsamer Fälle ermittelt und den beiden Praxen 20 % doppelt
eingelesener Behandlungsscheine zugestanden. Mit Hilfe des verbleibenden Berichtigungsprozentsatzes (in den
streitbefangenen Quartalen zwischen 4,4 % und 7,6 %) hat sie für jede Praxis die Zahl der abzusetzenden Fälle
ermittelt, die sie mit dem durchschnittlichen Fallwert der Praxis multipliziert hat. Das Produkt ergab den jeweils für die
Praxis abzusetzenden Honorarbetrag. Bei der Zuerkennung von 20 % gemeinsamer Fälle geht die Beklagte von 5 %
für Vertretungsscheine aus. Damit gesteht sie dem Kläger von vornherein weitere 15 % gemeinsamer Fälle zu. Diese
für den Kläger im Ergebnis sehr günstige Berechnungsweise war von der Kammer nicht zu beanstanden.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten
des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach
den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet
der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert
von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Der wirtschaftliche Wert folgt aus dem Rückforderungsbetrag. Dies ergab den festgesetzten Wert.