Urteil des SozG Marburg vom 07.07.2010
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Sozialgericht Marburg
Urteil vom 07.07.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 768/09
Hessisches Landessozialgericht L 4 KA 60/10
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die
Gerichtskosten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Kieferbruchabrechnung für 2007 in fünf
Behandlungsfällen bzgl. der Nr. 59 BEMA-Z in Höhe von 816,96 EUR.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Herr Dr. Dr. A. ist Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Herr
B. ist Zahnarzt, und Frau Dr. C. sowie Frau D. sind Zahnärztinnen. Sie sind zur vertragszahnärztlichen Versorgung
mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Die Beklagte setze mit Bescheid vom 07.01.2009 die Nr. 59 BEMA-Z in fünf Behandlungsfällen (EE, FF, GG, HH und
II) die Nr. 59 BEMA-Z ab. Zur Begründung führte sie aus, die Nr. 59 BEMA-Z sei im Rahmen der Wundversorgung
nicht neben der Nr. 2694 GOÄ-82 ("Operative Entfernung von Osteosythesematerial aus einem Kiefer- oder
Gesichtsknochen, je Fraktur") gesondert abrechenbar. Es liege bereits ein Urteil des SG Marburg (Az.: S 12 KA
26/05) vor. Das Konto werde mit insgesamt 816,96 EUR belastet.
Hiergegen legte die Klägerin am 09.02.2009 Widerspruch ein. Sie führte aus, das erstinstanzliche Urteil erfasse den
tatsächlichen Zusammenhang nicht direkt und aus diesem Grunde sei eine weitere Prüfung durch das LSG Hessen
vorgesehen. In früheren Fällen habe die Beklagte auch einen Ersatz der Nr. 59 BEMA-Z durch die Nr. 57 BEMA-Z
vorgenommen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur
Begründung führte sie aus, für die Behandlung des Patienten Herrn II (AOK Hessen) vom 06. – 25.07.2007 habe die
Klägerin viermal Leistungen nach Nr. 2694 GOÄ-82 abgerechnet. Gleichzeitig habe sie für dieselbe Behandlung
viermal Leistungen nach Nr. 59 BEMA-Z ("Mundboden- oder Vestibulumplastik im Frontzahnbereich oder in einer
Kieferhälfte") im Rahmen der Vergütung konservierend-chirurgischer Leistungen für das Quartal III/07
(Behandlungstag: 16.07.2007) zur Abrechnung gebracht. Für die Behandlung des Patienten Herrn HH (AOK Hessen)
vom 12. – 21.01.2007 habe die Klägerin einmal eine Leistung nach Nr. 2694 GOÄ-82 neben der Nr. 59 BEMA-Z
(Behandlungstag 17.01.2007) abgerechnet. Gleiches gelte für die Behandlung der Patienten Frau GG (AOK Hessen)
am 10.04.2007 und für die Behandlung des Herrn FF (AOK Hessen) am 26.01.2007 sowie für die Behandlung der
Patientin Frau QQ (Bahn-BKK) am 01.02.2007. Ergänzend zum Ausgangsbescheid führte sie weiter aus, die in der Nr.
59 BEMA-Z beschriebene Leistungsposition sei mit der Operation zur Entfernung der Platten oder anderem
Osteosynthesematerial abgegolten. Für die Entfernung von Osteosynthesematerial sei ein Schnitt erforderlich und
nach erfolgter Operation das Nähen und die übrige Versorgung der Wunde. Der Leistungsinhalt nach Nr. 59 BEMA-Z
sei in der Operation nach Nr. 2694 GOÄ-82 komplett erhalten. Anhaltspunkte für eine selbständige Erbringung
präprothetisch-chirurgischer Maßnahmen nach Nr. 59 BEMA-Z unabhängig von Operation zur Entfernung von
Osteosynthesematerial, wie etwa die Beseitigung störender Schleimhautbänder, die Beseitigung störender
Muskelansätze oder die Beseitigung eines Schlotterkamm, seien weder vorgetragen, noch ersichtlich. Auch soweit
mit der Wundversorgung etwaiger Narben oder ähnliches versorgt werde, handele sich um eine bereits nach Nr. 2694
GOÄ-82 abgegoltene Wundversorgung und könne nicht als zweite Leistung abgerechnet werden. Anders als in dem
bereits beendeten Verfahren vor dem LSG Hessen besitze sie vorliegend auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der
Leistungsinhalt der Gebührenposition Nr. 57 BEMA-Z erfüllt wäre.
Hiergegen hat die Klägerin am 26.10.2009 die Klage erhoben. Sie trägt vor, der vorliegende Sachverhalt sei ähnlich zu
sehen wie die Abrechnung der Nr. 58 BEMA-Z (Knochenresektion am Alveolarfortsatz) neben der Mundboden- oder
Vestibulumplastik. Bei Vorliegen einer niederen Umschlagfalte oder Unregelmäßigkeiten des knöchernen
Prothesenlagers könne es zweckmäßig sein, die Vestibulum- oder Mundbodenplastik zusammen mit einer
modellierenden Osteotomie nach Nr. 58 BEMA-Z zeitgleich durchzuführen. In diesem Fall seien beide Gebührenziffern
nebeneinander abrechnungsfähig, da sowohl eine Knochenformung des Prothesenlagers als auch eine Sulkusplastik
nebeneinander durchgeführt und somit beide Leistungsinhalte erbracht würden. Hierbei handelt es sich um zwei
getrennte operative Maßnahmen, die zwar denselben Zweck (Schaffung eines vorteilhafteren Prothesenlagers)
dienten, jedoch jeweils eine eigenständige Leistung darstellten. Während bei der Knochenresektion subperiostal das
knöcherne Lager geformt werde, werde bei der Verschiebeplastik supraperiostal Schleimhaut von einer Lokalisation zu
einer präprothetisch günstigeren Lokalisation bewegt. Dies seien sowohl in der OP-Technik als auch von der OP
Lokalisation zwei getrennte Maßnahmen. Es sei zunächst eine Metallentfernung durchgeführt, komplett
abgeschlossen und damit über einen separaten Zugang die Vestibulumplastik durchgeführt worden. Zuerst sei durch
einen Zahnfleischrandschnitt die Gingiva mit Periost vom Unterkiefer gelöst worden. Danach sei eine Abschiebung
des Mukoperiostes und Darstellung der Osteosyntheseplatte erfolgt, mit dem Fritzemeier vorsichtiges Herausdrehen
der Schrauben und Entnahme der Osteosyntheseplatte, danach Rückverlagerung des Mukoperiostlappens und Naht
durchgreifende Nähte interdental. Hiermit sei der erste Eingriff, nämlich die Metallentfernung abgeschlossen worden.
Nunmehr sei über einen zweiten Zugang die Vestibulumplastik erfolgt. Hierzu sei am Übergang zwischen attached und
mobiler Gingiva eine scharfe Durchtrennung der Mukosa unter Belassen des Mukopersostes auf dem Knochen erfolgt,
Abschieben der Mukosa und kaudale Fixation der Mukosa durch Nähte im Periost. Blutstillung. Der zweite Eingriff sei
daher separat durchgeführt worden. Die Vestibulumplastik habe einen anderen Zweck gehabt als die Entfernung des
Osteosynthesematerials, nämlich ein günstigeres Prothesenlager.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 07.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.09.2009
aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid und trägt ergänzend vor, das LSG Hessen habe in der
mündlichen Verhandlung ausdrücklich die Auffassung der Vorinstanz bestätigt. Der Vergleichsschluss habe andere
Gründe gehabt. Bislang habe sich die Klägerin in diesem und in anderen Verfahren nur auf rein rechtliche Erwägungen
gestützt. Sie bestreite daher, dass die Klägerin einen zweiten Eingriff zur Verbesserung des Prothesenlagers
vorgenommen habe, der zeitlich, räumlich und sachlich von der eigenen Metallentfernung getrennt gewesen sei.
Angesichts der Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle bestreitet die Beklagte weiterhin, dass der nunmehr behauptete
zweite Eingriff zur Verbesserung des Prothesenlagers auch tatsächlich medizinisch notwendig gewesen sei. Im
Übrigen sei die Klägerin diesbezüglich ihrer Nachweispflicht nicht nachgekommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den
Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte
handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid vom 07.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.09.2009 ist
rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Beklagte war zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung
sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die
vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2
Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten
obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine
ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die
sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die Arzt
bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs.
2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten
Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl. BSG, Urt. v.
10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1 = NZS 1996, 134 = Breith 1996, 280 = USK 95120, juris Rdnr. 12;
BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA
34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS
2005, 549, juris Rdnr. 17) bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z (vgl. BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-
5555 § 10 Nr. 1 = USK 98155, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - aaO.; BSG, Urt. v.
30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - aaO.).
Bei den Absetzungen handelt sich auch um sachlich-rechnerische Berichtigungen.
Während die Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V bei der Menge der erbrachten Leistungen ansetzt,
erstreckt sich die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung auf die Frage, ob die abgerechneten
Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme
des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. Solche Verstöße können zum Beispiel darin liegen, dass die
Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle
Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl. BSG, Urt. v. 01.07.1998 - B 6
KA 48/97 R - BSG SozR 3-2500 § 75 Nr. 10 S 43 = Breith 1999, 659 = USK 98163, juris Rdnr. 15 m. w. N.). Eine
K(Z)V darf im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung vom Arzt in Ansatz gebrachte Leistungen in vollem
Umfang streichen, wenn deren Voraussetzungen erweislich nicht vorliegen oder ihr Vorliegen sich im Einzelfall nicht
nachweisen lässt. Diese Berechtigung besteht unabhängig davon, ob die Nichterfüllung der Leistungslegende nur in
Einzelfällen oder in vielen Fällen im Streit ist. Während bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung allein an die Menge
ärztlicher oder ärztlich veranlasster Leistungen angeknüpft wird, die in grundsätzlicher Übereinstimmung mit den
gesetzlichen und/oder vertraglichen Bestimmungen erbracht worden sind, bezieht sich die Prüfung der Abrechnung
seitens der KV auf Rechenfehler und die Einhaltung der tatbestandlich umschriebenen Voraussetzungen einer
Position der Gebührenordnung und der sie flankierenden Regelungen. Dieses bedingt bei der
Wirtschaftlichkeitsprüfung eine Zurückführung der überhöht erbrachten Leistungen ggf. auf Durchschnittswerte,
während für nicht in Einklang mit den Vergütungsnormen erbrachte Leistungen - unabhängig von ihrer Menge - kein
Vergütungsanspruch besteht. Ergeben sich in einzelnen Behandlungsfällen begründete Zweifel daran, dass der
Tatbestand einer Gebührenordnungsposition erfüllt ist, weil der abrechnende Vertragsarzt den Inhalt der
Leistungslegende verkannt hat, obliegt es auch dem betroffenen Arzt, an der Beseitigung dieser Zweifel durch
sachdienliche Angaben mitzuwirken. Da ihn als Anspruchssteller grundsätzlich die Feststellungslast hinsichtlich der
Voraussetzungen für seinen Vergütungsanspruch trifft, liegt eine derartige Mitwirkung in seinem eigenen Interesse.
Den KVen ist es nicht untersagt, anhand von Einzelfällen zu prüfen, worauf etwa ein als implausibel bewerteter
Anstieg der Ansatzhäufigkeit einer bestimmten EBM-Ä-Position beruht und darauf ggf. mit einer Korrektur der
Abrechnung zu reagieren (vgl. BSG, Beschl. v. 06.09.2000 - B 6 KA 17/00 B - juris Rdnr. 8).
Nach der Rechtsprechung des BSG ist ferner anerkannt, dass die K(Z)Ven ärztliche Leistungen nicht honorieren
müssen, die der Vertragsarzt nicht hat erbringen dürfen, weil sie nicht Gegenstand der Leistungspflicht der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind. Eine Leistungspflicht der GKV besteht nicht bei solchen Leistungen,
die sich im konkreten Behandlungszusammenhang in offenkundigem Widerspruch zum Stand der medizinischen
Wissenschaft befinden oder erkennbar ohne jeden Nutzen erbracht worden sind. Ist bei vertragsarztrechtlich an sich
zulässigen Leistungen diese Evidenzschwelle nicht erreicht, kommt aus kompetenzrechtlichen Gründen nur die
Untersuchung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise durch die zuständigen Prüfgremien in Betracht (vgl. BSG,
Urt. v. 05.02.2003 - B 6 KA 15/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 1 = MedR 2003, 591 = Breith 2003, 704 = USK 2003-125,
juris Rdnr. 19; BSG, Urt. v. 20.03.1996 - 6 RKa 85/95 - SozR 3-5533 Nr. 3512 Nr. 1 = NZS 1997, 44 = SGb 1997, 229
= MedR 1997, 187 = USK 9696, juris Rdnr. 14; jurisPK-Clemens, § 106a, Rdnr. 38; s.a. BSG, Beschl. v. 17.03.2010 -
B 6 KA 23/09 B -, juris Rdnr. 11).
Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Die Absetzung der Leistungen nach Nr. 59 BEMA-Z ist zu Recht erfolgt. Die Klägerin hat ihren Widerspruch nicht
näher begründet. Sie hat lediglich vorgetragen, das von der Beklagten angeführte erstinstanzliche Urteil erfasse den
tatsächlichen Zusammenhang nicht direkt. Der Beklagte konnte daher davon ausgehen, dass diese Leistungen im
Zusammenhang mit einer Plattenentfernung abgerechnet worden sind. Für die Plattenentfernung ist aber bereits ein
Schnitt erforderlich und nach erfolgter Operation die Versorgung der Wunde. Die Wundversorgung umfasst dabei
zwangsläufig auch das Zunähen der Wunde. Dabei ist es Sache des Operateurs, wie er diese Wunde zunäht. Die
Leistung hierfür wird bereits durch die Leistung für die Operation abgegolten. Sie wird von deren Leistungsinhalt mit
umfasst. Daneben kann eine Mundboden-Vestibulumplastik nach Nr. 59 BEMA-Z nicht abgerechnet werden. Diese
Leistung diente ursprünglich dazu, ein Prothesenlager zu verbessern. Auch soweit mit der Wundversorgung aufgrund
des Zunähens etwaige Vernarbungen oder ähnliches beseitigt werden, handelt es sich um die bereits abgegoltene
Wundversorgung und kann mit der einen Naht keine zweite Leistung abgerechnet werden (vgl. bereits SG Marburg,
Urt. v. 15.03.2006 - S 12 KA 26/05 -). Die Nr. 59 BEMA-Z setzt einen weiteren, selbständigen Eingriff voraus, der
seitens der Klägerin auch im OP-Bericht nicht nachgewiesen wird.
Soweit die Klägerin nunmehr im Klageverfahren einen zweiten Eingriff behauptet, kann er damit nicht mehr gehört
werden. Von daher kann hier dahinstehen, ob der behauptete Vortrag die Leistungslegende erfüllt und ob hierfür ein
ausreichender Nachweis besteht.
Sind von einem Zahnarzt abgerechnete Leistungen aus den Krankenblättern nicht ersichtlich, so ist zunächst davon
auszugehen, dass er diese Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat. Es obliegt dann dem Zahnarzt, die Erbringung
der von ihm abgerechneten Leistungen nachzuweisen. Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ist gerechtfertigt,
wenn die gebührenordnungsgemäßen Leistungen und Abrechnungsvoraussetzungen nicht eingehalten worden sind,
die Behandlungsdokumentation Vollständigkeit vermissen lässt und Richtlinienverstöße vorliegen, die im Hinblick auf
die Qualitätssicherung der vertragszahnärztlichen Versorgung zu beachten und einzuhalten sind (so LSG Bayern, Urt.
v. 07.07.2004 - L 3 KA 510/02- www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 25).
Soweit die Beklagte daher Zweifel an einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung hat, hat sie einen Vertragszahnarzt
hierzu anzuhören und ihn aufzufordern, einen vollständigen Beweis für die Leistungserbringung zu führen. Maßgeblich
sind dann die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Urkunden oder sonstigen Nachweise. Die vom Vertragszahnarzt
geführte Dokumentation nebst weiteren technischen Aufzeichnungen kann allein vom Vertragszahnarzt vorgelegt
werden.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen. In Zweifelsfällen
kann sie in einem Verwaltungsverfahren nachgereicht werden. Im Gerichtsverfahren kann die Dokumentation weder
nachgereicht noch ergänzt werden. Insofern ist auch die Amtsermittlungspflicht beschränkt. Die
Amtsermittlungspflicht gilt nur für die Frage, in welchem Umfang im Verwaltungsverfahren Unterlagen vorgelegt
wurden und ob diese zum Nachweis der Leistungserbringung ausreichend waren.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen (vgl. SG Marburg,
Urt. v. 03.06.2009 - S 12 KA 521/08 – juris Rdnr. 27, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 50/09 -). Ein
Vertragszahnarzt ist in zeitlicher Hinsicht darauf beschränkt, seiner Nachweispflicht bis zur Entscheidung der
Beklagten als Widerspruchsbehörde nachzukommen. Dies beruht letztlich darauf, dass die Kenntnis solcher
möglicherweise entscheidungserheblichen Tatsachen allein in der Sphäre des Vertragszahnarztes liegt, soweit sie
nicht offenkundig sind und von Amts wegen erkannt werden können. Bei Zweifeln an der ordnungsgemäßen
Leistungserbringung wird der Vertragszahnarzt wieder auf die ursprüngliche Position eines Leistungserbringers
zurückgeworfen, auch die ordnungsgemäße Erbringung seiner Leistungen nachzuweisen. Es handelt sich hierbei um
ein bloßes Tatsachenvorbringen. Wie im allgemeinen Wirtschaftsleben muss dann der Vertragszahnarzt nachweisen,
dass er die Leistung erbracht hat (vgl. bereits zur Wirtschaftlichkeitsprüfung SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12
KA 137/09 – juris Rdnr. 73 (Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 99/09 -; zum verspäteten Vorbringen in einem
Disziplinarverfahren SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 137/09 – AZR 2007, 108, juris Rdnr. 43).
Ausgehend von diesen Grundsätzen (s.a. SG Marburg, Urt. v. 07.07.2010 – S 12 KA 325/09 -) kommt es nicht darauf
an, welchen neuen Sachvortrag die Klägerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegt hat. Im Übrigen fehlt es hierfür an
einem Nachweis.
Im Ergebnis war die Klage daher unbegründet und abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten
des Verfahrens.