Urteil des SozG Marburg vom 23.05.2007
SozG Marburg: psychisch kranker, zweigpraxis, genehmigung, versorgung, klinik, psychotherapeutische behandlung, stationäre behandlung, ambulante behandlung, freie arztwahl, vertragsarzt
Sozialgericht Marburg
Urteil vom 23.05.2007 (rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 33/06
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Er hat auch die
Gerichtskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Genehmigung einer Zweigstelle einer Institutsambulanz in D ...
Der Kläger betreibt die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters im "Zentrum für
Soziale Psychiatrie RX.Hospital," als eigenständige psychiatrische Fachklinik in der Form eines Eigenbetriebes. Seit
1989 betreibt er eine Institutsambulanz in R., seit 1991 eine weitere in H. und seit 1997 auch in I.
Am 15.03.2004 beantragte er mit Schreiben vom 04.03.2004 die Genehmigung zur Abhaltung einer
Zweigsprechstunde der Institutsambulanz in der Stadt D ... Er trug vor, es sei lediglich eine Fachärztin für Kinder- und
Jugendpsychiatrie in der Stadt D. zugelassen. Daneben bestehe die Institutsambulanz in R ... Dieses Angebot sei
jedoch für die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung unzureichend. Dies belegten u. a. Wartzeiten. Nach einem
Gutachten zur Versorgung würden 3,1 Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie für die Stadt D. und den Landkreis
DX. als bedarfgerecht angesehen werden. Nach den Angaben der Fachgesellschaften ergebe sich ein Bedarf von 1,7
Fachärzten für die Stadt und von 3,6 Fachärzten für den Landkreis, insgesamt von 5,3 Fachärzten. Die Fallzahlen
stiegen um 6 – 10 % pro Jahr. Die Stadt habe im Jahr 2003 eine kinder- und jugendpsychiatrische Institutsambulanz
in ihren Psychiatrieplan aufgenommen. Die Institutsambulanz könne im EB. eingerichtet werden.
Mit Bescheid vom 26.08.2004 lehnte die Beklagte die Genehmigung ab, da Sicherstellungsgründe nicht vorlägen. In
Damstadt-Stadt bestehe für die Fachgruppe der Nervenärzte eine Überversorgung von 143,78 %, für die Fachgruppe
der Psychotherapeuten von 187,21 %.
Hiergegen legte der Kläger am 21.09.2004 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, bei den genannten
Fachgruppen handele es sich um Ärzte und Psychotherapeuten, die fast ausschließlich Erwachsene behandelten. Für
Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie bestehe jedoch eine erhebliche Unterversorgung. Hiermit habe
sich die Beklagte nicht auseinandergesetzt. Die Institutsambulanz diene auch der Versorgung des Landkreises.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2005, zugestellt am 20.12., wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der
Begründung führte sie aus, nach § 15a Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä/EKV-Ä dürfe eine Genehmigung nur erteilt werden, wenn
die Zweigpraxis zur Sicherung einer ausreichenden vertragsärztlichen Versorgung erforderlich sei. In D.-Stadt bestehe
für die Fachgruppe der Nervenärzte eine Überversorgung von 142,33 %, für die Fachgruppe der Psychotherapeuten
von 187,64 %. In DX. liege für die Fachgruppe der Nervenärzte eine Versorgung mit 101,77 % vor; der
Planungsbereich sei für einen Arztsitz geöffnet worden, es liege bereits ein Antrag vor. Für die Fachgruppe der
Psychotherapeuten bestehe eine Überversorgung von 122,94 %.
Hiergegen hat der Kläger am 17.01.2006 die Klage erhoben. Er trägt ergänzend vor, es bestehe die Möglichkeit einer
Ermächtigung nach § 118 Abs. 1 SGB V. Hierauf bestehe ein Anspruch. Einer Außenstelle stehe der Wortlaut der
Vorschrift nicht entgegen. Soweit das Bundessozialgericht dies 1995 für die seinerzeit geltende Fassung abgelehnt
habe, habe es die Notwendigkeit der Anbindung der Ambulanz an die Klinik dahin definiert, dass diese eine
organisatorische und räumliche Anbindung zu sein habe. Sie betreibe bereits zwei Außenstellen, für die die Beklagte
die Ermächtigung ausgesprochen habe. Sie habe umfangreiche fachliche Vorkehrungen getroffen, um die
organisatorische und räumliche Anbindung zu gewährleisten. Eine darüber hinausgehende direkte räumliche
Anbindung bedürfe es nicht. Die Besonderheiten einer kinder- und jugendpsychiatrischen Institutsambulanz schließe
eine Konkurrenz zu den niedergelassenen Ärzten aus. Kinder- und jugendpsychiatrische Fachkliniken übernähmen
auch wegen der geringen Bettenzahl die Versorgung von fünf bis sieben Gebietskörperschaften, was auch für seine
Klinik zutreffe. Hilfsweise ergebe sich ein Ermächtigungsanspruch aus § 31 Abs. 1a Ärzte-ZV. Es bestehe eine
Unterversorgung. Hilfsweise bestehe ein Anspruch aus § 15a Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä. Er habe sich auf letzteren Weg
eingelassen, da die Beklagte die beiden weiteren Institutsambulanzen seinerzeit genehmigt habe. Eine Umgehung der
§§ 116 ff. SGB V und § 31 Abs. 1a Ärzte-ZV liege darin nicht. Die Zweigpraxis sei bedarfsabhängig zu genehmigen,
die Institutsambulanz bedarfsunabhängig. Die Versorgungsziele seien unterschiedlich, hieraus folgend auch die
strukturellen Anforderungen. Für den Anspruch aus § 118 SGB V fehle es noch an einer Entscheidung des
Zulassungsausschusses. Er habe deshalb einen Antrag dort gestellt, um wenigstens für einen Teilbereich die
mangelhafte Versorgungssituation für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche vor Ort etwas auszugleichen. Die
Bedarfsplanung unterscheide nicht zwischen Kindern und Erwachsenen. Die Bedarfsanalyse anhand der Befragungen
durch die Beklagte belege eher einen Bedarf. Die Beklagte habe sich durch ihre früheren Genehmigungen gebunden.
Im Landkreis DX. sei kein einziger Kinder- und Jugendpsychiater zugelassen, in D. nur eine einzige Kinder- und
Jugendpsychiaterin. Die Neurologen und Psychiater versorgten nahezu ausschließlich Erwachsene. Die Gruppe
psychisch Kranker mit schweren Krankheitsbildern werde oftmals nur unzureichend versorgt. Ausgerechnet den
Kindern und Jugendlichen mit den schwersten psychiatrischen Krankheitsbildern solle die größere Entfernung zur
ambulanten Behandlungsstätte zugemutet werden. Er hat verschiedene Unterlagen über Konzept und Organisation der
Klinik und der Institutsambulanzen sowie zur Versorgungssituation zur Gerichtsakte gereicht.
Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 26.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
19.12.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Genehmigung einer Zweigstelle der
Institutsambulanz der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters R. des Zentrums für
Soziale Psychiatrie RY. zu erteilen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Ergänzend zu ihren Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid trägt sie vor, für eine Ermächtigung nach
§ 118 SGB V sei der Zulassungsausschuss zuständig und die Klage insoweit unzulässig. § 118 SGB V gehe von
einer Klinikambulanz aus. Deren Patienten unterschieden sich erheblich von denen in nervenärztlichen Praxen. Für
eine Zweigpraxisgenehmigung fehle es weiterhin an einem Bedarf. Sie habe alle in Betracht kommenden Fachärzte
und Psychotherapeuten befragt. Die Auswertung mache deutlich, dass eine Unterversorgung nicht vorliege. Die
beiden anderen Institutsambulanzen des Klägers seien genehmigt worden, weil es in den dortigen Planungsbereichen
seinerzeit keine Kinder- und Jugendpsychiater gegeben habe. Der Zulassungsausschuss gehe davon aus, dass
Zweigstellen und Außensprechstunden analog dem Verfahren für niedergelassene Ärzte durch sie zu genehmigen
seien. Sie halte eine Zweigpraxis der Institutsambulanz grundsätzlich für genehmigungsfähig. Soweit die Gruppe
psychisch Kranker mit schweren Krankheitsbildern versorgt werden solle, könne dies nur mit einer Institutsambulanz
erreicht werden. Das Anbieten einer rein ambulanten Sprechstunde reiche hierfür nicht aus. Allgemeine psychiatrische
Leistungen könnten nur bei einem entsprechenden Bedarf erbracht werden.
Die Kammer hat mit den Beteiligten am 07.03.2007 eine mündliche Verhandlung abgehalten. Den dort geschlossenen
Vergleich hat die Beklagte widerrufen. Im Einzelnen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Sie konnte dies ohne weitere
mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid vom 26.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2005 ist
rechtmäßig. Er war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, ihm eine
Genehmigung einer Zweigstelle der Institutsambulanz der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und
Jugendalters R. des Zentrums für Soziale Psychiatrie RY. zu erteilen. Die Klage war daher abzuweisen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Genehmigung einer Zweigstelle der Institutsambulanz nach § 15a BMV-Ä.
§ 15a BMV-Ä (Genehmigung von Zweigpraxen, ausgelagerte Praxisstätten) lautet:
(1) Die Tätigkeit eines Vertragsarztes in einer weiteren Praxis (Zweigpraxis) außerhalb seines Vertragsarztsitzes
bedarf der Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung im Benehmen mit den zuständigen Verbänden der
Krankenkassen auf Landesebene. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn die Zweigpraxis zur Sicherung einer
ausreichenden vertragsärztlichen Versorgung erforderlich und im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung gelegen ist.
Besondere Genehmigungsvoraussetzungen, welche die Sicherstellung einer ausreichenden vertragsärztlichen
Versorgung bei der Durchführung bestimmter vertragsärztlicher Leistungen außerhalb der Vertragsarztpraxis in
anderen Vorschriften dieses Vertrages betreffen, bleiben unberührt.
(2) Ein Fall des Absatzes 1 Satz 1 liegt nicht vor, wenn der Vertragsarzt 1. vertragsärztliche Leistungen in einer nach
dem maßgeblichen Berufsrecht zugelassenen ausgelagerten Praxisstätte ("ausgelagerte Praxisräume" im Sinne von §
18 MBO-Ä) erbringt; dies gilt auch, wenn eine ärztliche Tätigkeit des Vertragsarztes nach der bis zum Zeitpunkt der
Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 12. September 2001 – B 6 KA 64/00 R – maßgeblichen Auslegung der
ärztlichen Berufsordnung durch die zuständige Ärztekammer als Tätigkeit in ausgelagerten Praxisräumen gestattet
war, für die Fortdauer dieser Tätigkeit; 2. ambulante Operationen in einem Operationszentrum ausführt, soweit es sich
um Operationen bei Versicherten handelt, welche den Vertragsarzt an seiner Praxisstätte in Anspruch genommen
haben. Für besondere Versorgungsfunktionen kann in anderen Vorschriften dieses Vertrages auch die Genehmigung
der vertragsärztlichen Tätigkeit in einer ausgelagerten Praxisstätte vorgesehen werden.
(3) Wird dem Vertragsarzt die Tätigkeit in einer Zweigpraxis genehmigt, ist er verpflichtet, die Behandlung von
Versicherten in der Zweigpraxis persönlich durchzuführen. Die Beschäftigung eines Assistenten oder Vertreters allein
zur Durchführung der Behandlung in der Zweigpraxis ist nicht gestattet.
(4) Wird die Genehmigung zur Tätigkeit in einer Zweigpraxis widerrufen, ist dem Vertragsarzt eine angemessene
Übergangszeit zur Beendigung seiner Tätigkeit in der Zweigpraxis einzuräumen.
Auf der Grundlage der Berufsordnungen alter Fassung, die grundsätzlich nur eine Anzeigepflicht für ausgelagerte
Praxisräume und eine Genehmigungspflicht für Zweigpraxen vorsahen, hat das Bundessozialgericht die Abgrenzung
der Zweigpraxis von ausgelagerten Praxisräumen auf der Grundlage des Leistungsangebots vorgenommen. Für eine
Zweigpraxis kommt es danach maßgeblich darauf an, ob der Arzt ein ähnliches Angebot in einer Praxis vorhalten
wolle. Ausgelagerte Praxisräume bedingten demgegenüber, dass die dort angebotenen Leistungen nicht auch in den
eigentlichen Praxisräumen erbracht werden (vgl. BSG, Urteil vom 12.09.2001, Az.: B 6 KA 64/00 R, SozR 3-2500 §
135 Nr. 20, hier zitiert nach juris Rdnr. 23 f.). Auch nach Änderung der Berufsordnungen hat diese begriffliche
Abgrenzung für das Vertragsarztrecht weiterhin Bedeutung (vgl. zum Problem Engelmann, Zweigpraxen und
ausgelagerte Praxisräume in der ambulanten (vertrags-)ärztlichen Versorgung, GesR 2004, S. 113 ff., 115 f.; s. a.
TA., Zweigpraxis versus ausgelagerter Praxisraum – aktuelle Entwicklungen, GesR 2003; S. 196 ff., 199 f.). Soweit
die Bundesmantelverträge an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anknüpfen und nunmehr vorsehen, dass
ein Fall einer genehmigungspflichtigen Zweigpraxis nicht vorliegt, wenn der Vertragsarzt vertragsärztliche Leistungen
in einer nach dem maßgeblichen Berufsrecht zugelassenen ausgelagerten Praxisstätte ("ausgelagerte Praxisräume"
im Sinne von § 18 MBO-Ä) erbringt (§ 15 a BMV-Ä/EKV-Ä), so folgt hieraus nicht, dass ausgelagerte Praxisräume in
jedem Fall genehmigungsfrei betrieben werden können. Die als statische Verweisung zu verstehende Definition greift
die genannte Abgrenzung der BSG-Rechtsprechung auf. Zu beachten ist hierbei aber die Systematik mit der Bindung
der vertragsärztlichen Tätigkeit an den Praxissitz sowie der Zulassung des Vertragsarztes, die jeweils nur für seinen
Zulassungsbereich erfolgt. Daraus folgt, dass es dem Vertragsarzt jedenfalls verwehrt ist, ausgelagerte Praxisräume
in anderen Planungsbereichen zu unterhalten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der andere Planungsbereich wegen
Überversorgung auch für diesen Leistungsbereich für weitere Zulassungen gesperrt ist. Die Verlagerung der
Praxisräume in einen anderen Planungsbereich bedeutet, dass diese Leistungen nicht im eigentlichen
Planungsbereich, für den die Zulassung erfolgt ist, angeboten werden. Soweit die gesetzlich Versicherten das Recht
auf freie Arztwahl haben und daher nicht an den Bereich ihres Wohnortes gebunden sind, so geht die Bedarfsplanung
dennoch davon aus, dass eine möglichst gleichmäßige Versorgung aller Planungsbereiche angestrebt wird. Die
Verlagerung der Praxisräume führt aber dazu, dass die Vorgaben des Planungsbereichs und der Bedarfsplanung nicht
mehr zutreffen. Aufgrund der Grenzen des Planungsbereichs haftet diesem eine gewisse Willkürlichkeit an. Dies ist
aber bei einer Bedarfsplanung grundsätzlich nicht auszuschließen und kann ggf. im Wege einer
Sonderbedarfszulassung korrigiert werden. Aus § 15a BMV-Ä/EKV-Ä kann daher nicht im Umkehrschluss gefolgert
werden, dass im Anschluss an das Berufsrecht ausgelagerte Praxisräume in jedem Fall auch außerhalb des
Planungsbereichs zulässig wären.
§ 15a BMV-Ä lässt somit zunächst die Genehmigung einer Zweigpraxis bzw. Zweigstelle in einem anderen
Planungsbereich - worum es vorliegend geht, da die Institutsambulanz der Klägerin ihren Sitz (R.) im Planungsbereich
GX. hat, die Zweigstelle aber im Planungsbereich D.-Stadt errichtet werden soll -, nicht zu. Hinzu kommt, dass § 15a
BMV-Ä auf Institutsambulanzen nicht anwendbar ist, da insofern die gesetzliche Regelung des § 118 SGB V dem
entgegensteht. Insofern schließt auch § 4 Abs. 1 Satz 2 BMV-Ä eine Anwendung der für Vertragsärzte geltenden
Regelungen aus, soweit etwas anderes bestimmt ist.
Ferner ist zweifelhaft, ob nach Änderung des § 24 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) durch das
Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – VÄndG)
vom 22.12.2006, BGBl. I S. 3439 § 15a BMV-Ä überhaupt noch in Geltung ist. Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 bis 3 Ärzte-
ZV i. d. F. des VÄndG sind vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten zulässig,
wenn und soweit 1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und 2. die
ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Sofern die
weiteren Orte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung liegen, in der der Vertragsarzt Mitglied ist, hat er bei
Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenärztliche
Vereinigung.
Auch aufgrund der Neuregelung der Ärzte-ZV hat der Kläger keinen Anspruch. § 24 Abs. 3 Satz 1 bis 3 Ärzte-ZV i. d.
F. des VÄndG ist auf nach § 118 ermächtigte Institutsambulanzen nicht anwendbar. Die Ärzte-ZV gilt nur für die
Psychotherapeuten und die dort angestellten Psychotherapeuten, die medizinischen Versorgungszentren und die dort
angestellten Ärzte und Psychotherapeuten sowie die bei Vertragsärzten angestellten Ärzte und Psychotherapeuten
entsprechend (§ 1 Abs. 3 Ärzte-ZV i. d. F. des VÄndG).
Im Übrigen kommt § 15a BMV-Ä selbst bei Weitergeltung als Ermächtigungsgrundlage nicht in Betracht, da in der
Erteilung der Genehmigung einer Zweigpraxis die Umgehung des § 118 SGB V liegen würde. Von daher war und ist
die Beklagte nicht befugt, einem ermächtigten Institut eine Zweigpraxisgenehmigung nach § 15a BMV-Ä/EKV-Ä zu
erteilen.
§ 118 Abs. 1 SGB V dient der Versorgung des besonderen Klientels der psychiatrischen Krankenhäuser, das sich
nach den in der Psychiatrie-Enquete getroffenen Feststellungen von der in nervenärztlichen Praxen ganz erheblich
unterscheidet und weshalb aus diesem Grunde sowie wegen der geringen Zahl der vorhandenen psychiatrischen
Krankenhäuser eine Konkurrenzsituation zur ambulanten Versorgung durch niedergelassene Ärzte nicht besteht (vgl.
BSG, Urt. v. 21.06.1995 - 6 RKa 49/94 - SozR 3-2500 § 118 Nr. 2 = SGb 1996, 493 = USK 95104, juris Rdnr. 18). Es
soll die ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung eines bestimmten, begrenzten
Personenkreises sichergestellt werden (vgl. BSG, Urt. v. 21.06.1995 - 6 RKa 3/95 - USK 9589, juris Rdnr. 20). Es soll
ein qualitativ-spezieller, durch niedergelassene Ärzte nicht entsprechend abgedeckter Versorgungsbedarf für eine
bestimmte Gruppe behandlungsbedürftiger Kranker kompensiert werden (vgl. BSG, Urt. v. 05.02.2003 - B 6 KA 26/02
R - SozR 4-2500 § 117 Nr. 1 = Die Leistungen Beilage 2003, 306, juris Rn. 32). Von daher erscheint eine allgemeine
Bedarfsprüfung nicht von vornherein im Einklang mit dem Versorgungsauftrag einer Institutsermächtigung zu stehen.
Nach der Rechtsprechung des BSG weist bereits der im Gesetz verwandte Terminus "Psychiatrische
Institutsambulanz" darauf hin, dass in § 118 SGB V nur solche Einrichtungen gemeint sind, in denen die ambulante
Behandlung der Versicherten in der Ambulanz einer Klinik durchgeführt wird. Das setzt eine organisatorische und
räumliche Anbindung der Behandlungseinrichtung an die Klinik voraus. (vgl. BSG, Urt. v. 21.06.1995 - 6 RKa 49/94 -,
aaO., juris Rdnr. 17; BSG, Urt. v. 05.02.2003 - B 6 KA 26/02 R - SozR 4-2500 § 117 Nr. 1 = Die Leistungen Beilage
2003, 306, juris Rn. 32). Sinn und Zweck der Regelung schließen es aus, die Ermächtigung auf Einrichtungen zu
erstrecken, die mit dem psychiatrischen Krankenhaus nicht in einem räumlichen Zusammenhang stehen und deshalb
der eigentlichen Institutsambulanz nicht mehr zugerechnet werden können (vgl. BSG, Urt. v. 21.06.1995 - 6 RKa
49/94 -, aaO., juris Rdnr. 18). Nach LSG Nordrhein-Westfalen muss gewährleistet sein, dass den ambulanten
Patienten alle Einrichtungen personeller und sächlicher Art des Krankenhauses im Bedarfsfall zugute kommen
können. Das setzt nicht zwingend die Einrichtung der Institutsambulanz im Gebäude des Psychiatrischen
Krankenhauses voraus, wohl aber eine organisatorische und räumliche Anbindung der Behandlungseinrichtung an die
Klinik. Insbesondere geht es um, die im Anschluss an eine stationäre Behandlung in einem Psychiatrischen
Krankenhaus einer intensiven, kontinuierlichen Nachbetreuung und Nach- bzw. Weiterbehandlung (Nachsorge)
bedürfen (unter Hinweis auf BT-Drucksache 7/4200, S. 209 ff.). Diese haben während ihrer meist langdauernden
stationären Behandlung ein besonderes Vertrauensverhältnis zu den behandelnden Ärzten entwickelt. Für das
erreichte Behandlungsstadium wäre es ungünstig, nach der Entlassung aus der stationären Behandlung das
gewachsene Vertrauensverhältnis abrupt zu beenden und den Patienten wegen des grundsätzlichen Vorrangs der
zugelassenen Ärzte an einen niedergelassenen Vertragsarzt zu verweisen. Der bereits erreichte Behandlungserfolg
würde zunichte gemacht oder zumindest zurückgeworfen, da der Patient und der neue Behandler erst wieder ein
Vertrauensverhältnis entwickeln müssten. Ausgehend hiervon ist bei einer Entfernung von 29 km schon eine
räumliche Anbindung einer Institutsambulanz zum Krankenhaus nicht gegeben (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v.
22.09.2004 – L 10 KA 33/03 – www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Auch von daher scheidet eine Zweigstellengenehmigung für das besondere Klientel der Institutsambulanz über die
Beklagte aus.
Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, das Kinder- und Jugendpsychiatrien nicht in jedem Landkreis vorhanden
seien und deshalb einen über den eigenen Landkreis hinausgehenden Einzugsbereich hätten, kann es durchaus
sinnvoll erscheinen, Zweigpraxen der Institutsambulanzen zu ermöglichen. Nach Auffassung der Kammer ist dies
aber nur durch Gesetzesänderung möglich.
Nach allem war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten
des Verfahrens.