Urteil des SozG Marburg vom 19.07.2006

SozG Marburg: stadt, vergleich, satzung, form, abrechnung, gemeinschaftspraxis, hessen, honorarforderung, ergänzung, berufsausübungsfreiheit

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 19.07.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 45/05
Hessisches Landessozialgericht L 4 KA 55/06
1. Der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004, ergänzt durch den Bescheid vom 26.10.2004 und in der Gestalt des
Widerspruchbescheids 03.05.2005 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Klägerin über die Maßnahmen
nach LZ 506 HVM und nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM für das Quartal III/03 unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts erneut zu bescheiden.
2. Die Verfahrenskosten sind von der Beklagten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um eine Sonderregelung zu LZ 506 und Anlage 3 Abschnitt I zu LZ 702 HVM für das
Quartal III/03.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin hausärztlich tätig und als Fachärztin für Humangenetik
mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Abrechnungstechnisch wird sie seitens der
Beklagten der Fachgruppe der hausärztlich tätigen Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin zugeordnet.
Am 14.07.2004 beantragte die Klägerin mündlich eine Sonderregelung zu den LZ 505, 506 und Anlage 3 zu LZ 702
Abschnitt I HVM für die Quartale III und IV/03, weil sie durch die HVM-Änderung einen erheblichen Honorarverlust, ca.
50.000 Euro, erlitten habe.
Mit Bescheid vom 02.09.2004 lehnte die Beklagte den Antrag an. Zur Begründung führte sie aus, für die Anwendung
der LZ 505, 506 und Anlage 3 zu LZ 702 Abschnitt I HVM sei auf die entsprechenden Quartale III und IV/02
abzustellen. Wegen ihrer Abwesenheit vom 22.07. bis 29.08.2002 sei bereits für die Festsetzung der Fallzahlgrenze
eine Sonderregelung auf der Grundlage der Fallzahl der Klägerin für das Quartal III/01 getroffen worden. Dies sei
sinngemäß auf die Begrenzung der Honorarforderung gemäß LZ 506 sowie des Individualbudgets gemäß Anlage 3 zu
LZ 702 Ziffer 1 HVM im Quartal III/03 umgesetzt worden. Im Quartal IV/03 sei keine Begrenzung nach den LZ 505
und 506 HVM erfolgt, da die Fachgruppe der hausärztlich tätigen Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin, der die
Klägerin zugeordnet werde, mit ihrer Fallzahl- und Honorarentwicklung im Vergleich zum Ausgangsquartal um weniger
als 1 % gestiegen sei. Zudem habe ihre Fallzahl unter der für die Klägerin festgesetzten Fallzahlgrenze gelegen.
Hiergegen legte die Klägerin am 08.10.2004 Widerspruch ein. Ihren Widerspruch begründete sie mit Schreiben vom
28.10.2004 und vom 26.11.2004, auf die verwiesen wird.
Die einzelnen Berechnungsgrundlagen stellen sich in dem streitbefangenen Quartal wie folgt dar:
III/03 Honorarbescheid vom Nettohonorar Bruttohonorar in Euro Primärkassen Ersatzkassen Gesamt
Honorardurchschnitt der Honorargruppe Punktwert Allg. Leistungen (HG 2) in Cent Maßnahme nach LZ 505 HVM
Fallzahl d. Kl. 478 Fallzahlgrenze nach LZ 505 HVM 490 Kürzung nach LZ 505 HVM keine Maßnahme nach LZ 506
HVM Honoraranforderung in Punkten aktuelles Quartal 3.725.977,5 Honorarvolumen Referenzquartal 2001 3.343.680,7
Anerkanntes Honorarvolumen aktuelles Quartal (incl. 2 %ige Steigerung) 3.410.554,3 Überschreitung in Punkten in
Relation zur Honorarforderung 315.423,2 8,4 % Nachvergütung in Punkten 223.317,1 Kürzung nach LZ 506 HVM in
Punkten 315.423,2 Maßnahme nach Anl. 3 zu LZ 702 HVM Primärkassenbereich anerkannt zu 100 % 573.949,0 PK -
Übersteigendes Honorarvolumen 145.251,0 Ersatzkassenbereich anerkannt zu 100 % 592.473,7 EK - Übersteigendes
Honorarvolumen keines Zusätzlich anerkannt im Vergleich zu III/02 in Punkten PK EK 122.298,6 118,350,5
Bruttohonorar ist das Honorar für Primär- und Ersatzkassen ohne sonstige Kostenträger und vor Abzug von
Verwaltungskosten.
Unter Datum vom 26.10.2004 teilte die Beklagte mit, die von ihr bereits anerkannte Sonderregelung führe für das
Quartal III/03 zu einer Gutschrift von 15.245,10 Euro. Für das Quartal III/04 werde sie diese Sonderregelung ebf.
anwenden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2005, zugestellt am 10.05.2005, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Zur Begründung führte die Beklagte aus, eine Sicherstellungsproblematik für molekular- und zytogenetische
Leistungen bestehe nicht. In Hessen seien insgesamt sechs Fachärzte für Humangenetik niedergelassen, davon eine
weitere Fachärztin in A-Stadt. Die Ermächtigung des Instituts für Humangenetik der A. Universität sei bis Juni 2005
verlängert worden. Mit dem Abstellen auf das Quartal III/01 habe man bereits eine Sonderregelung getroffen, die die
Klägerin begünstige. Molekular- und zytogenetische Leistungen könnten angesichts der Vorgaben im HVM auch nicht
als Präventionsleistungen aus dem Individualbudget herausgenommen werden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der
"angemessenen Vergütung" liege nicht vor.
Hiergegen hat die Klägerin am 13.05.2005 die Klage erhoben. Sie trägt vor, die Frage der richtigen Fachgruppe spiele
im Ergebnis keine Rolle. Sie werde zwar im Individualbudget gekürzt, erhalte aber den hausärztlichen Punktwert
zwischen 4,069 und 4,715 Punkten. Bei der Honorargruppe B 2.23 habe der Punktwert in II/04 bei 3,038 Punkten
gelegen. Die Leistungserbringung im humangenetischen Bereich sei extrem teuer. Es gebe keine Spannen wie im
übrigen Laborbereich. Sie habe daher den Weg gewählt, in der Gruppe der hausärztlichen Kinderärzte zu bleiben. In A-
Stadt und Umgebung sei sie die einzige Humangenetikerin. Das A. Universitätsinstitut existiere fast nicht mehr.
Weitere Praxen gebe es nicht. Sie versorge den südhessischen Raum. Ihr Aufgabenfeld umfasse verschiedene
Beratungsleistungen, die Syndromdiagnostik bei Auffälligkeiten und selten Krankheiten, Fruchtwasseranalysen,
Chromosomenanalysen, die FISH-Diagnostik, "Gentest"-Diagnostik. Eine Praxisbesonderheit sei auch die Diagnostik
von Krankheiten, für die es bei der jüdischen Bevölkerung besondere Risiken gebe.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Bescheids vom 02.09.2004, ergänzt durch den Bescheid vom
26.10.2004 und in der Gestalt des Widerspruchbescheids 03.05.2005 die Beklagte zu verurteilen, sie über die
Maßnahmen nach LZ 506 HVM und nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM für das Quartal III/03 unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat sich schriftsätzlich zum Verfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte verhandelt und
entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben
worden.
Die Klage ist im Ergebnis auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004, ergänzt durch den Bescheid
vom 26.10.2004 und in der Gestalt des Widerspruchbescheids 03.05.2005 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben.
Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, über die Maßnahmen nach LZ 506 HVM und nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM
für das Quartal III/03 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut beschieden zu werden.
Die Beklagte hat durch Beschluss ihrer Abgeordnetenversammlung vom 11.06.2003 ihre Grundsätze der
Honorarverteilung neu gefasst, veröffentlicht als Anlage zum Rundschreiben 5/6 der Bekanntmachung vom
25.06.2003 (info.doc Nr. 5/6 Juni 2003) (im Folgenden: HVM). Nach Wegfall der Praxisbudgetierungsvorgabe im
Einheitlichen Bewertungsmaßstab zum 30.06.2003 wurde als Ersatz ein Individualbudget eingeführt. Nach LZ 506
HVM ist eine Honorarbegrenzung vorzunehmen, sofern im aktuellen Abrechnungsquartal die Honorarforderungen der
jeweiligen Arzt-/Fachgruppe im Vergleich zum entsprechenden Quartal des Jahres 2002 um mehr als 1 % gestiegen
ist. Ausgenommen hiervon sind u. a. Ärzte der Honorar(unter)gruppe B 2.23. Nach Anlage 3 Abschnitt 1. zu LZ 702
HVM erfolgt eine weitere Budgetierung, getrennt nach Primär- und Ersatzkassenbereich, die aber ebenfalls nicht für
Ärzte der Honorar(unter)gruppe B 2.23 gilt.
Die ausschließliche Zuordnung der Klägerin zur Gruppe der Kinder- und Jugendärzte und damit zur Budgetierung ihrer
gesamten Honoraranforderung ist rechtswidrig.
Mit dem Verweis auf bestimmte Honorar(unter)gruppen greift der HVM die Einteilung in Anlagen 1 und 2 zu LZ 702
HVM auf. Aufgrund ihrer Doppelzulassung als hausärztlich tätige Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und als
Fachärztin für Humangenetik ist die Klägerin der Honorar(unter)gruppe A 2.3.1 "Hausärztlich tätige Kinderärzte (VfG
37 10) bzw. der Honorar(unter)gruppe B.23 "Ärzte und Abrechnungen, soweit nicht in den vorgenannten
Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B.22 erfasst" zuzuordnen. Im HVM werden keine Regelungen getroffen, die die
Zuordnung einer Ärztin mit Doppelzulassung bzw. der von ihr erbrachten Leistungen regelt. Die Kammer hält dies für
rechtswidrig.
Die Kammer folgt insoweit nach eigener Prüfung dem Urteil des SG A-Stadt v. 06.10.2004, Az.: S 27 KA 3096/03
(Berufung anhängig: LSG Hessen, Az.: L 7 KA 94/04). Dieses hat darin ausgeführt:
"( ) Die Beklagte hat die Klägerin trotz ihrer Doppelzulassung immer ausschließlich der fachärztlichen
Versorgungsebene und hier der Honorar(unter)gruppe für Nuklearmediziner zugeordnet. Wenn auch die Bildung solcher
Honorargruppen bzw. Honorar(unter)gruppen grundsätzlich nicht zu beanstanden ist (vgl. bereits BSG, Urt. v.
07.02.1996, Az.: 6 RKa 68/94), so wird die Verwaltungspraxis der Beklagten nicht den gesetzlichen Anforderungen
gerecht. Sofern der HVM der Beklagten für Ärzte mit mehreren zugelassenen Facharztbezeichnungen keine Regelung
über eine Zuordnung zu einem Honorarfonds trifft, handelt es sich um eine wesentliche Regelung, die nur in der Form
einer Satzung ergehen kann und die damit von der Vertreterversammlung als Teil des Honorarverteilungsmaßstabs zu
beschließen ist. Die Verwaltungspraxis der Beklagten, eine Zuordnung nach dem Schwerpunkt der Praxis bzw. der
Abrechnungsnummer vorzunehmen, ist ohne die erforderliche Satzungsgrundlage und damit rechtswidrig. Dies
verstößt auch gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts muss die Verteilung der Gesamtvergütung unter die Vertrags(zahn)ärzte i. S. des § 85 Abs. 4
Satz 1 SGB V auf der Grundlage des von der KV im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetzten
Verteilungsmaßstabs (§ 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V) erfolgen. Dem als Satzung von der Vertreterversammlung zu
beschließenden HVM müssen die wesentlichen Elemente der Honorarverteilung einschließlich der im Hinblick auf
besondere (Zahn-)Arztgruppen gebotenen Differenzierungen zu entnehmen sein. Wenn wichtige Elemente der
Honorarverteilung wie die Gleich- oder Ungleichbehandlung von Anfängerpraxen und etablierten Praxen bzw. von
Praxen mit geringer Fallzahl und umsatzstarken Praxen, nicht im HVM selbst zumindest in den Grundzügen geregelt
sind, führt das zu einer dem Gesetz widersprechenden Verlagerung der Kompetenz für die Honorarverteilung von der
Vertreterversammlung auf den Vorstand, dem die Einzelfallentscheidungen obliegen. Zudem wird die Einbeziehung
der Krankenkassenverbände in die Honorarverteilung, der das Erfordernis der Benehmensherstellung gemäß § 85
Abs. 4 Satz 2 SGB V Rechnung trägt, auf diese Weise zum Teil unterlaufen. An Einzelfallentscheidungen auf der
Grundlage einer generellen Ausnahme- bzw. Härteregelung im HVM sind die Krankenkassenverbände nicht beteiligt
(vgl. BSG, Urteil vom 21. Oktober 1998, Az: B 6 KA 71/97 R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 28 = BSGE 83, 52 = NZS 1999,
362, zitiert nach juris, Rdnr. 28; BSG, Urteil vom 26. Juni 2002, Az: B 6 KA 28/01 R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 47 = NZS
2003, 494). Die Entscheidung eines in zwei Fachgebieten zugelassenen Vertragsarztes, seine Tätigkeit
schwerpunktmäßig auf ein Fachgebiet auszurichten und im anderen Fachgebiet nur gelegentlich tätig zu werden, ist
Teil seiner durch Art 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit. Vergütungsbeschränkende
Regelungen, die in diese Entscheidung und die davon geprägte Struktur der vertragsärztlichen Praxis eingreifen,
bedürfen einer hinreichenden normativen Grundlage. Diese muss nicht im Gesetz selbst enthalten sein. Ohne eine
ausdrückliche Regelung ist eine KV nicht berechtigt, die Fallpunktzahl für Basislaborleistungen gegen den Willen des
betroffenen Vertragsarztes mit Doppelzulassung auf der Grundlage des arithmetischen Mittelwerts entsprechend zu
berechnen (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 1999, Az: B 6 KA 78/97 R, SozR 3-2500 § 87 Nr. 20, hier zitiert nach
juris, Rdnr. 15; s. a. BSG, Urteil vom 26. Januar 2000, Az: B 6 KA 53/98 R, SozR 3-2500 § 95 Nr. 22). An einer
Satzungsregelung fehlt es aber im HVM der Beklagten. Dies wird die Beklagte vor einer Neubescheidung nachzuholen
haben. Aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ist abzuleiten, dass nur ihrer Art nach vergleichbare
Leistungen zu einem Honorartopf zusammengefasst werden dürfen (BSGE 73, 131, 139; zuletzt Urteil v. 28.06.2002,
Az.: B 6 KA 28/01 R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 47 = NZS 2003, 494). Die Einführung einer Honorarverteilung nach festen
arztgruppenbezogenen Kontingenten soll gewährleisten, dass die Entwicklung des Punktwertes von den
fachgruppenspezifischen Mengenausweitungen abhängig ist (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 31). Diese Ziel wird jedoch
verfehlt, wenn durch die Honorierung zahlreicher arztgruppenfremder Leistungen der Punktwert vom
Leistungsverhalten anderer Arztgruppen abhängt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2002, B 6 KA 28/01 R, a.a.O.). Bezogen
auf die Arztgruppe der Nuklearmediziner bedeutet dies, dass deren Punktwert durch die Honorierung der von der
Klägerin zu 2) erbrachten hausärztlichen Leistungen beeinflusst wird. Die hier angewandte Verwaltungspraxis hat im
Falle der Klägerin zur Folge, dass sämtliche Leistungen, gleich ob hausärztlich internistisch oder fachärztlich
nuklearmedizinisch, mit einem einheitlichen Punktwert (der Nuklearmediziner) vergütet werden. Diese Rechtsfolge ist
hinnehmbar für Arztgruppen mit Einzelzulassung, die im Rahmen dieser Zulassung (auch) andere Leistungen
erbringen. Einem Arzt mit einer Doppelzulassung steht es jedoch frei, in beiden Fachgebieten tätig zu sein. Dies
bedeutet jedoch nicht, dass er damit von vornherein ein eine der beiden Fachgruppen, deren er aufgrund seiner
Doppelqualifikation zugehörig ist, verlassen hätte. Das Bundessozialgericht hat bisher über diese Frage, ob die
schematische Orientierung an der Abrechnungsnummer einer Gemeinschaftspraxis und deren Zuordnung zu einer
Arztgruppe generell zulässig ist, soweit die Honorarverteilung auf der Grundlage von festen, arztgruppenbezogenen
Honorarkontingenten erfolgt, noch nicht entschieden. Bedenken dagegen, so das BSG, bestünden aber, so weit
dieses Vorgehen dazu führen könnte, dass aus dem Honorarkontingent einer bestimmten Arztgruppe in erheblichem
Umfang Leistungen zu vergüten seien, die von Ärzten verschiedener Arztgruppen erbracht und lediglich unter einer zu
einer einzigen Arztgruppe gehörenden Arztnummer abgerechnet würden. Weiterhin bestehe die Gefahr, dass eine aus
Ärzten verschiedener Arztgruppen bestehende fachübergreifende Gemeinschaftspraxis die Wahl ihrer Arztnummer
danach ausrichte, in welchem arztgruppenbezogenen Topf sie prognostisch die höchsten Punktwerte erwarte. Beide
Entwicklungen stünden mit den Erwägungen nicht im Einklang, die der Senat für die Zulässigkeit einer
Honorarverteilung nach arztgruppenbezogenen Kontingenten angeführt hat. Dieses Ziel, die Gewährleistung, dass die
Entwicklung des Punktwertes von den fachgruppenspezifischen Mengenausweitungen abhängig sei, würde im Ansatz
verfehlt, wenn durch die Honorierung von zahlreichen arztgruppenfremden Leistungen der Punktwert für eine
bestimmte Arztgruppe vom Leistungsverhalten der Ärzte anderer Arztgruppen anhinge. Deshalb könne die KV
verpflichtet sein, bei erheblichen Anteilen von Leistungen, die durch Ärzte von fachübergreifenden
Gemeinschaftspraxen arztgruppenfremd erbracht werden, im HVM entsprechende Vorkehrungen zu treffen, wie das
etwa in dem HVM der KV Südbaden der Fall sei, nach dem den fachübergreifenden Gemeinschaftspraxen mehrere
interne Abrechnungsnummern zugeordnet werden würden (so BSG, Urteil v. 28.06.2002, Az.: B 6 KA 28/01 R, SozR
3-2500 § 85 Nr. 47 = NZS 2003, 494, zitiert nach juris, Rdnr. 23). Bereits das SG Dresden, Urteil v. 17.12.2003, Az.:
S 15 KA 378/02 (http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/esgb/show.php?id=19796&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=)
weist darauf hin, dass der unterschiedlichen Berücksichtigung der ärztlichen Tätigkeit nicht der Einwand der
mangelnden Praktikabilität oder Effizienz entgegensteht. Bei diesem abgrenzbaren Personenkreis begegnet es
keinerlei Schwierigkeiten, beispielsweise die Zuweisung einer Abrechnungsnummer und darauf basierende Zuordnung
zu einem Honorarfonds erst nach Anhörung der Betroffenen vorzunehmen. Auch eine Quotelung bei der
Honorarabrechnung käme ohne unzumutbaren Verwaltungsaufwand in Betracht. Auch habe die KV, ohne Zuordnung
zu den einzelnen Behandlungsausweisen, anhand der abgerechneten Punktsummen eine entsprechende Quote
ermitteln können. Für die differenzierende Betrachtung spricht ferner, worauf das SG Dresden zutreffend hinweist,
dass das Bewertungsgefüge des EBM nach Teil B Nr. 1.6.2 EBM für einen Arzt, der seine vertragsärztliche Tätigkeit
unter mehreren Gebietsbezeichnungen ausübt, die Höhe der arztgruppenbezogenen Fallpunktzahlen als arithmetischer
Mittelwert entsprechend Nr. 1.5 errechnet. Gleiches gilt für Gemeinschaftspraxen nach Nr. 1.6.1. Entsprechende
Regelungen sieht der EBM für die Ordinationsgebühr vor. Der Bewertungsausschuss geht somit von der Annahme
aus, dass Ärzte mit mehreren Gebietsbezeichnungen hinsichtlich der Fallpunktzahlen nicht schematisch nach einem
der Fachgebiete zu bewerten sind. Gleiches muss nach Auffassung der Kammer auch für die Eingruppierung in einen
arztgruppenbezogenen Honorarfonds gelten. Die Beklagte ist verpflichtet, im HVM entsprechende Vorkehrungen dafür
zu treffen, dass aufgrund der pauschalierenden Vorgehensweise Rechtsverstöße unterbleiben. Dies kann
beispielsweise dadurch erfolgen, dass den Ärzten mit Doppelzulassung mehrere interne Abrechnungsnummern
zugeordnet werden (so BSG, Urt. v. 26.06.2002, B 6 KA 28/01 R zur Problematik fachübergreifender
Gemeinschaftspraxen). Im Hinblick auf unterschiedliche Punktwerte der beiden möglichen Honorarfonds von meist 1
bis zwei Cents kommt der Zuordnung zu einem Honorarfonds auch erhebliche Bedeutung für die Klägerin zu. Die
Beklagte wird daher vor einer Neubescheidung der Klägerin in ihrem HVM Kriterien aufstellen müssen, die eine
Zuordnung der Abrechnung der Klägerin zu den Honorarfonds, die aufgrund ihrer Doppelzulassung in Betracht
kommen, gewährleisten. Wie die Beklagte dies im Einzelnen regelt, obliegt ihr im Rahmen ihres
Entscheidungsspielraums als Satzungsgeberin. Die Zuordnung eines Arztes mit Doppelzulassung nur zu einem
Honorarfonds ist ihr jedenfalls verwehrt. ( )" Die richtige Zuordnung zu einer Fachgruppe ist auch für die Budgetierung
nach den genannten HVM-Regelungen maßgebend. Als Fachärztin für Humangenetik unterliegt die Klägerin nicht den
strittigen Budgetierungsregelungen. Die Beklagte wird daher zunächst Regelungen zu schaffen haben, wie Ärzte mit
Doppelzulassung bei der Honorarverteilung zu behandeln sind und in welcher Weise ihre Honoraranforderung bzw.
bzw. Teile dieser den Budgetierungsvorgaben unterliegen. Die einheitliche Zuordnung der gesamten Abrechnung zu
einer Honorar(unter)gruppe ist jedenfalls unzulässig. Insoweit besteht auch kein Wahlrecht des einzelnen Arztes.
Soweit streiterheblich nicht die Zuordnung zu einer Honorar(unter)gruppe für die Honorarverteilung nach Anlagen 1 und
2 zu LZ 702 HVM war, sind dennoch weitere Regelung für die Budgetierungsmaßnahmen zu treffen. Soweit die
humangenetischen Leistungen von Budgetierungsmaßnahmen herausgenommen werden sollten, käme es auf die von
der Klägerin vorgetragenen Sicherstellungsaspekte nicht an. Erst nach Ergänzung der Honorarverteilungsregelungen
und Neubescheidung der Klägerin steht dann fest, ob die Klägerin noch durch Budgetierungsmaßnahmen beschwert
ist. Insofern brauchte die Kammer in diesem Verfahren nicht über die Rechtmäßigkeit der LZ 506 HVM und der Anlage
3 Abschnitt 1. zu LZ 702 HVM entscheiden.
Nach allem war der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten
des Verfahrens.