Urteil des SozG Mannheim vom 25.01.2011

SozG Mannheim: sozialhilfe, pauschalierung, bereicherung, asylbewerber, aufwand, notlage, nachzahlung, integration, auszahlung, rückgriff

SG Mannheim Urteil vom 25.1.2011, S 9 AY 3888/10
Asylbewerberleistung - Zugunstenverfahren gem § 44 SGB 10 - Nachzahlung von Analogleistungen gem § 2 Abs 1 AsylbLG für vergangene
Zeiträume - Bedarfswegfall
Leitsätze
Im Rahmen von § 44 SGB X beschränkt sich der Nachzahlungsbetrag in Zusammenhang mit §§ 2, 3 AsylbLG nicht auf den sogenannten
Ansparbetrag in Höhe von 750 EUR. Vielmehr ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 44 SGB X der volle Differenzbetrag zwischen den
höheren Analogleistungen und den niedrigeren Grundleistungen nachzuzahlen.
Tatbestand
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1. Das beklagte Land wird unter Abänderung seines Bescheides vom 24.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2010
verurteilt, den Klägern bzw. Klägerinnen im Rahmen von § 44 SGB X für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.07.2008 die volle Differenz
zwischen den Analogleistungen (§ 2 AsylbLG) und den Grundleistungen (§ 3 AsylbLG) nachzuzahlen und den Nachzahlungsbetrag mit 4 % zu
verzinsen.
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2. Das beklagte Land trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger bzw. Klägerinnen.
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Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch X (SGB X) um die rückwirkende Erbringung von
Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.07.2008.
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Die Klägerinnen bzw. Kläger stammen aus dem ehemaligen X und haben bis zum 31.07.2008 Grundleistungen nach dem AsylbLG bezogen.
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Am 23.11.2009 beantragten sie unter Hinweis auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) nach § 44 SGB X die
rückwirkende Erbringung sogenannter „Analogleistungen“ für die Zeit ab dem 01.01.2005. Denn sie hätten ihre Aufenthaltsdauer im
Bundesgebiet nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise beeinflusst.
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Nachdem die zuständige Ausländerbehörde dies am 01.12.2009 bestätigt hatte, bewilligte das beklagte Land den Klägerinnen bzw. Klägern mit
dem Bescheid vom 24.06.2010 lediglich einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von jeweils 750,00 EUR (= zusammen 3.750,00 EUR). Denn
entsprechend einem Urteil des Sozialgerichts Münster vom 12.04.2010 (S 12 AY 89/09) könnten die Klägerinnen bzw. Kläger für die Zeit, in der
sie statt der höheren „Analogleistungen“ (§ 2 AsylbLG) lediglich die Grundleistungen (§ 3 AsylbLG) erhalten haben, nachträglich nur noch den
sogenannten „Ansparbetrag “ von jeweils 750,00 EUR erhalten. Die Auszahlung des vollen Differenzbetrages widerspräche der Zielsetzung des
AsylbLG und könne daher nicht gewährt werden.
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Hiergegen erhoben die Klägerinnen bzw. Kläger am 13.07.2010 Widerspruch und beriefen sich darauf, der „Aktualitätsgrundsatz“ dürfe
vorliegend nicht zur Anwendung kommen. Denn dann würde das in der Vergangenheit rechtswidrige Verwaltungshandeln des Beklagten
vollkommen sanktionslos bleiben. Wenn das beklagte Land in der Vergangenheit rechtmäßig gehandelt hätte, hätten sie die höheren Leistungen
zweckentsprechend zur Förderung ihrer Integration und zum Ausbau ihrer sozialen Kompetenzen nutzen können. Im Übrigen müsse
berücksichtigt werden, dass die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG noch nicht einmal das menschenwürdige Existenzminimum abdeckten und
daher verfassungswidrig seien.
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Der Widerspruch ist jedoch erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 20.10.2010): § 44 SGB X könne im Bereich der Sozialhilfe bzw. der
Leistungen für Asylbewerber nur mit Einschränkungen angewendet werden. Die Hilfebedürftigkeit der Klägerinnen bzw. Kläger bestehe fort,
denn diese bezögen seit August 2008 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II). Jedoch
müsse bei Anwendung von § 44 SGB X gleichwohl der Aktualitäts- bzw. Gegenwärtigkeitsgrundsatz beachtet werden. Denn die entsprechenden
Leistungen seien grundsätzlich zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage und nicht als nachträgliche Geldleistung ausgestaltet. Eine solche
gegenwärtige Notlage könnte daher heute nur noch dann anerkannt werden, wenn die klägerische Familie sich zur Förderung ihrer Integration
beispielsweise zusätzliche finanzielle Mittel bei Dritten beschafft hätte und zu deren Rückzahlung verpflichtet wäre. Vor diesem Hintergrund habe
das Sozialgericht Münster am 12.04.2010 entschieden, dass ohne einen solchen besonderen Nachweis maximal ein Ansparbetrag von jeweils
750,00 EUR als nicht gedeckter noch aktueller Bedarf anerkannt werden könne. Hieran ändere auch die Auffassung, die Grundleistungen nach §
3 AsylbLG seien verfassungswidrig, nichts. Zum einen sei dies bislang nicht festgestellt worden. Zum anderen sehe § 6 AsylbLG ausdrücklich
vor, dass in Ausnahmefällen auch über den Grundbedarf hinausgehende Bedarfe nach dem AsylbLG gesondert übernommen werden könnten.
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Am 03.11.2010 haben die Klägerinnen und Kläger Klage zum Sozialgericht erhoben und monieren, dass das beklagte Land nicht den vollen
Differenzbetrag zwischen den „Analogleistungen“ und den „Grundleistungen“ sondern nur einen „Ansparbetrag“ von jeweils 750,00 EUR
bewilligt habe. Die entsprechende Anwendung des „Aktualitätsgrundsatzes“ führe im Ergebnis zu einer nicht gerechtfertigten Bereicherung des
Beklagten auf Kosten der Klägerinnen bzw. Kläger.
10 Somit beantragen die Klägerinnen bzw. Kläger sinngemäß,
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das beklagte Land unter Abänderung seines Bescheides vom 24.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2010
zu verurteilen, ihnen im Rahmen von § 44 SGB X für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.07.2008 die volle Differenz zwischen den
„Analogleistungen“ (§ 2 AsylbLG) und den Grundleistungen (§ 3 AsylbLG) nachzuzahlen und den Nachzahlungsbetrag mit 4 % zu
verzinsen.
12 Das beklagte Land tritt der Klage entgegen und beantragt,
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die Klage abzuweisen.
14 Ergänzend zu seinem bisherigen Ausführungen betont es, das Sozialgericht Münster habe in seiner Entscheidung vom 12.04.2010 zutreffend
ausgeführt, im Rahmen von § 44 SGB X könnten die Lebensverhältnisse der Berechtigten den Lebensverhältnissen derjenigen Ausländer, die
von vornherein Leistungen nach § 2 AsylbLG bezogen hätten, allenfalls insoweit gleichgestellt werden, als nachträglich ein „Ansparvermögen“
zugebilligt werde. Denn nur in dieser Höhe könnte noch ein gegenwärtiger Bedarf an den pauschalierten Regelsatzleistungen bestehen. Aus der
entsprechenden Regelung im Bereich der Sozialhilfe (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch XII - SGB XII) könne auch für den Bereich des AsylbLG
abgeleitet werden, dass ein Ansparvermögen nur bis zu einer Höhe von 750,00 EUR keine Auswirkungen auf die Regelsatzleistungen habe.
Denn bei laufendem Bezug der Regelleistung könne ein höherer Betrag nicht einfach auf die Seite gelegt werden. Daher könne heute ein
höherer, ungedeckter Bedarf nicht angenommen werden. Ein anderes Ergebnis ergebe sich auch nicht aus der angeführten
Verfassungswidrigkeit der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, hätte dies nicht zur Folge, dass
rückwirkende Leistungen unter Nichtberücksichtigung der derzeitigen Bedarfslage zu erbringen wären.
15 Die Beteiligten stimmen einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zu.
16 Das Gericht hat den Klägerinnen bzw. Klägern mit Beschluss vom 10.12.2010 für die Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens unter
anwaltlicher Beiordnung Prozesskostenhilfe bewilligt.
17 In dieser Angelegenheit war beim Sozialgericht Mannheim eine Untätigkeitsklage anhängig (S 9 AY 3777/10).
18 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte des Beklagten, die Akte S 9
AY 3777/10 und auf die vorliegende Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
19 Mit dem Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
20 Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- bzw. Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG) zulässig.
21 In Anknüpfung an das Urteil des BSG vom 17.06.2008 (B 8 AY 11/07 R) und §§ 1 Nr. 2, 2 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 4 Flüchtlingsaufnahmegesetz
Baden-Württemberg (FlüAG) sowie § 13 Landesverwaltungsgesetz Baden-Württemberg (LVG) ist für dieses Verfahren nicht der in der
Klageschrift bezeichnete Beklagte, sondern das Land Baden-Württemberg (allerdings vertreten durch die untere Verwaltungsbehörde, also den
bezeichneten Beklagten) passiv legitimiert. Daher hat das Gericht, nachdem der Bevollmächtigte der Klägerinnen und Kläger in anderem
Zusammenhang hierauf mehrfach hingewiesen worden ist, entsprechend dem Hinweis in der Klageerwiderung eine - stillschweigende -
Rubrumsberichtigung durchgeführt.
22 Die Klage ist begründet.
23 Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt
ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist der
Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Sozialleistungen werden
dann längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren nachträglich erbracht (§ 44 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB X). Diese Vorschrift findet
nach klarer gesetzlicher Grundlage auch auf das AsylbLG ohne Einschränkungen Anwendung (§ 9 Abs. 3 AsylbLG - vgl. hierzu BSG, Urteil vom
17.6.2008 - B 8 AY 5/07 R).
24 Die grundsätzlichen Voraussetzungen einer solchen Zugunstenentscheidung für den hier streitigen Zeitraum (01.01.2005 bis 31.07.2008) im
Hinblick auf die zu Unrecht nicht gewährten höheren Analogleistungen nach § 2 AsylbLG liegen hier zweifelsohne vor.
25 Streitig ist nur, ob sich der Nachzahlungsbetrag aufgrund der Besonderheiten des Sozialhilfe- und Asylbewerberleistungsrechts auf den so
genannten Ansparbetrag (jeweils 750,00 EUR) begrenzt. Dies ist nach Auffassung des Gerichtes zu verneinen.
26 Im Einzelnen:
27 Die von dem Beklagten herangezogene Argumentation, aus dem „Aktualitäts- bzw. Gegenwärtigkeitsgrundsatz“ folge, dass ein über jeweils
750,00 EUR hinausgehender, ungedeckter Bedarf im Rahmen von § 44 SGB X hier nicht ausgeglichen werden könne, übersieht, dass die
sogenannten Strukturprinzipien der Sozialhilfe (bspw: „keine Hilfe für die Vergangenheit“) keine „Supranormen“ darstellen, die geeignet sind,
eine klare gesetzliche Regelung zu konterkarieren (BSG, Urteil vom 17.6.2008 - B 8 AY 5/07 R). Im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 44 SGB
X hat das Bundessozialgericht dies für den Bereich der Sozialhilfe - nichts anderes kann für die Leistungen nach dem AsylbLG gelten - später
dahin modifiziert, dass die Nachzahlung von Leistungen, die in der Vergangenheit zu Unrecht vorenthalten worden sind, ausnahmsweise dann
ausscheidet, wenn es zwischenzeitlich zu einem temporären oder dauerhaften Bedarfswegfall gekommen ist (BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8
SO 16/08 R). Zu der Problematik des Bedarfswegfalls stellt das BSG in dieser Entscheidung jedoch ausdrücklich klar, dass ein solcher dann
ausgeschlossen ist, wenn sich die Betroffenen die erforderlichen Gelder von anderen Stellen verschafft haben, so dass der Bedarf anderweitig
gedeckt werden konnte. Darüber hinaus scheidet ein Rückgriff auf das Argument des Bedarfswegfalls auch bei pauschalierten Leistungen, die -
wie der sozialhilferechtliche Regelsatz - typisierend von einer Bedarfsdeckung ausgehen, grundsätzlich aus. Denn solche Regelungen befreien
den Berechtigten grundsätzlich von der Notwendigkeit, die Höhe seines Bedarfes nachzuweisen. Diese wird vielmehr in pauschalierender Weise
typisiert. Zudem dienen solche Pauschalen schon ihrem Sinn und Zweck nach nicht nur der Deckung des aktuellen, also gegenwärtigen Bedarfs.
Sie erlauben dem Berechtigten auch, innerhalb seiner freien Disposition Verbindlichkeiten, die aus der Vergangenheit herrühren zu erfüllen oder
Rücklagen für einen zukünftigen, aus den laufenden Bezügen nicht zu deckenden Bedarf zu bilden. Daher nehmen solche Pauschalen nicht an
der sogenannten „Existenzschwäche des Sozialhilfeanspruchs“ teil. Mit anderen Worten: Der „Gegenwärtigkeits- bzw. Aktualitätsgrundsatz“ wird
durch die gesetzliche Form einer pauschalierten Leistungsgewährung modifiziert bzw. „aufgeweicht“. Durch die Pauschalierung des Bedarfs wird
der zuständige Leistungsträger auf der einen Seite von dem Aufwand befreit, den Umfang des aktuellen Bedarfs bis ins kleinste Detail hinein
festzustellen; auf der anderen Seite wird die Eigenverantwortlichkeit der hilfebedürftigen Personen gestärkt, da sie innerhalb der pauschalierten
Regelleistung Umschichtungen vornehmen bzw. abweichende Prioritäten setzen können und somit ihre individuellen Lebensverhältnisse besser
steuern können. Hieraus folgt für die aufgeworfene Rechtsfrage nach Auffassung des Gerichts zwingend, dass bei unberechtigter Vorenthaltung
der pauschalierten Regelleistung immer von einer fortdauernden Bedarfsunterdeckung auszugehen ist, ohne dass dies im Einzelfall festgestellt
oder erläutert werden müsste. Dies deckt sich mit der Rechtsauffassung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 17.05.2010 -
L 20 AY 10/10): Hiernach erstreckt sich die fortbestehende Bedarfslage aufgrund der Pauschalierung nicht nur auf einen - wie auch immer zu
berechnenden - Ansparanteil innerhalb der Regelleistung sondern auf den gesamten, zu Unrecht vorenthaltenen Pauschalbetrag. Wenn
innerhalb der Regelleistung nach solchen Bedarfsbereichern zu differenzieren wäre, bei denen die Nachholbarkeit der Bedarfsdeckung möglich
bzw. nicht möglich ist, würde dies dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Pauschalierung entgegen laufen Zudem wäre dies im Einzelfall
praktisch kaum bzw. nur mit immensen Aufwand und großen Abgrenzungsproblemen möglich.
28 Vor diesem Hintergrund können die Ausführungen des SG Münster in seinem Urteil vom 12.04.2010 (S 12 AY 89/09) keinen Bestand haben.
Denn das SG Münster verkennt hierin den mit der Pauschalierung der Regelleistung verbundenen - oben dargestellten - Zweck. Zudem würde
diese - auf einem gesetzlich in diesem Zusammenhang nicht klar kodifizierten „Strukturprinzip der Sozialhilfe“ beruhende Argumentation -
letztlich dazu führen, dass § 44 SGB X im Rahmen der Sozialhilfe und der Leistungen für Asylbewerber weitgehend leerlaufen würde. Wenn
dieses Ergebnis tatsächlich gewollt wäre, wäre es Sache des Gesetzgebers, dies durch eine klare gesetzliche Regelung zum Ausdruck zu
bringen. Da eine solche fehlt, führt der Standpunkt des SG Münster, den das beklagte Land aufgegriffen hat, letztlich tatsächlich dazu, dass das
rechtswidrige Verhalten des Beklagten in der Vergangenheit weitgehend sanktionslos bliebe und bei dem Beklagten eine nicht gerechtfertigte
Bereicherung zulasten der Klägerinnen bzw. Kläger eintreten würde. Dies kann aufgrund der obigen Ausführungen nicht hingenommen werden.
29 Somit ist die Klage erfolgreich. Dies bedeutet, dass das beklagte Land gehalten ist, für den streitigen Zeitraum eine genaue Gegenüberstellung
der bezogenen Grundleistungen und der den Klägern bzw. Klägerinnen zustehenden Analog- bzw. SGB XII - Leistungen durchzuführen und den
vollen Differenzbetrag nachzuzahlen. Einschränkend betont das Gericht jedoch, dass bei den höheren Analog- bzw. SGB XII-Leistungen solche
Zusatzleistungen außer Betracht zu bleiben haben, die wegen einer besonderen, von der Regelleistung nicht abgedeckten Bedarfslage zu
gewähren gewesen wären (bpsw. ernährungsbedingter Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII, einmalige Bedarfe nach § 31 SGB XII). Denn
insoweit tragen die aus dem System der pauschalierten Regelleistung abgeleiteten Argumente nicht. Vielmehr geht auch das BSG in den
zitierten Entscheidungen davon aus, dass in solchen Fällen eine nachträgliche Leistungsgewährung ausscheidet. Denn durch die verspätete
Auszahlung der entsprechenden Beträge kann der besondere mit der Leistung verfolgte Zweck nicht mehr erreicht werden. Insoweit ist
tatsächlich ein nicht mehr ausgleichbarer Bedarfswegfall eingetreten. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Berechtigten nachweisen,
dass sie sich zur Erreichung dieses Zweckes die Gelder von dritter Stelle beschafft haben und verpflichtet sind, diese zurückzuzahlen.
30 Der Zinsanspruch beruht auf § 44 Sozialgesetzbuch I (SGB I).
31 Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) berücksichtigt den Prozesserfolg der Klägerinnen und Kläger.