Urteil des SozG Lüneburg vom 20.04.2010

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Sozialgericht Lüneburg
Urteil vom 20.04.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 7 AL 185/09
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt von der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 01. September 2009.
Der H. geborene Kläger trat im Jahre 1973 als Beamter in den Dienst der I. und wurde 1984 auf Lebenszeit ernannt.
Nach zwischenzeitlicher Dienstunfähigkeit wurde er im Jah-re 2004 erneut als Beamter auf Lebenszeit beim J.
beschäftigt. Zwischenzeitlich erfuhr der Dienstherr, dass der Kläger als Beamter auf Widerruf in den Juristischen
Vorberei-tungsdienst bei K. eingetreten war und versagte die Zustimmung. Im Februar 2003 leitete das J. ein
Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein, da er schuldhaft der Aufforderung nicht nachgekommen sei, erneut in das
Beamtenverhältnis aufgenommen zu werden.
Der H. geborene Kläger trat im Jahre 1973 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Dienst der I.,
wurde 1975 in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen und 1984 auf Lebenszeit ernannt. Nach zwischenzeitlicher
Dienstunfähigkeit wurde er im Jahre 2004 erneut als Beamter auf Lebenszeit beim J. beschäftigt. Zwischenzeitlich er-
fuhr der Dienstherr, dass der Kläger im Dezember 2001 als Beamter auf Widerruf in den Juristischen
Vorbereitungsdienst bei der L. eingetreten war und versagte die Zustim-mung. Das J. kündigte an, den Kläger ab
Dezember 2002 erneut in ein Beamtenverhält-nis auf Lebenszeit berufen zu wollen, was dieser ablehnte und den
Dienst nicht antrat. Im April 2003 nahm der Kläger den Dienst auf und meldete sich kurzzeitig dienstunfähig er-krankt.
Im Februar 2003 leitete das J. ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein, da er schuldhaft der Aufforderung nicht
nachgekommen sei, erneut in das Beamtenverhält-nis aufgenommen zu werden. Ferner habe er gegen das Gebot der
vollen Hingabe an seinen Beruf und zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten innerhalb des Dienstes
verstoßen.
Mit Verfügung vom 09. April 2003 enthob der Dienstherr den Kläger vorläufig des Diens-tes. Ersterer erhob am 17.
Oktober 2005 Disziplinarklage vor dem M. (N.). Mit Urteil vom 29. Juni 2006 wurde der Kläger aus dem
Beamtenverhältnis entfernt. Die dagegen einge-legte Berufung wies das O. mit Urteil vom 20. September 2007 zurück
(P.). Die Be-schwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wies das Q. mit Beschluss vom 20. Januar 2009
zurück (R.).
Das J. stellte mit Ablauf des 28. Februar 2009 die Zahlung der Dienstbezüge ein, und für die Zeit bis zum 31. August
2009 erhielt der Kläger einen Unterhaltsbeitrag. Er wurde gemäß § 8 Absatz 2 SGB VI für die Zeit vom 01. September
1973 bis zum 20. Februar 2009 in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert (vgl. Nachversicherungsbe-
scheinigung; Bl. 22 bis 23 der Gerichtsakte).
Der Kläger meldete sich zum 01. September 2009 arbeitslos und beantragt die Gewäh-rung von Arbeitslosengeld.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 02. Juli 2009 ab (Bl. 9 der Verwal-tungsakte) und begründete dies
damit, dass der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe.
Dagegen legte der Kläger am 10. Juli 2009 Widerspruch ein (Bl. 10 bis 11 der Verwal-tungsakte), welchen er damit
begründete, dass er für die Zeit von 1973 bis zum 28. Feb-ruar 2009 nachversichert worden sei. Dadurch entstehe ein
Versicherungspflichtverhält-nis.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2009 zurück (Bl. 17 bis 20 der
Verwaltungsakte) und begründete dies im Wesentlichen folgen-dermaßen:
Die Anwartschaftszeit sei nicht erfüllt, weil der Kläger innerhalb der erweiterten Rahmen-frist in der Zeit vom 01.
September 2007 bis 31. August 2009 nicht mindestens zwölf Mo-nate in einem Versicherungspflichtverhältnis
gestanden habe. Beamte seien von Versi-cherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung befreit. Eine
Nachversicherung sei in diesem Zweig der Sozialversicherung nicht vorgesehen. Die Nachversicherung nach § 8 SGB
VI betreffe lediglich die gesetzliche Rentenversicherung.
Dagegen hat der Kläger am 11. September 2009 Klage erhoben.
Er trägt vor:
Mit der Nachversicherung in der Rentenversicherung sei der Beamtenstatus beendet worden. Dass er keine Beiträge
zur Arbeitslosenversicherung geleistet habe, sei uner-heblich, da ein versicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis zumindest fiktiv vorge-legen habe. Während des Bezuges des Unterhaltsbeitrages habe er
sich bei einer priva-ten Krankenversicherung versichern müssen, da ihn die gesetzliche Krankenkasse nicht
aufgenommen habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.
August 2009 zu verurteilen, dem Kläger ab dem 01. September 2009 Arbeitslosengeld im gesetzlichen Umfang zu
gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt unter Bezugnahme auf die erlassenen Bescheide vor.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf das Protokoll der mündli-chen Verhandlung, den Inhalt
der Gerichtsakte, die Gerichtsakten zu den Verfahren vor dem M. (N.), S. (P.) sowie Q. (R.) und die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 02. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2009 erweist
sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01. Sep-tember 2009, weil er nicht die
Anwartschaftszeit erfüllt hat.
Nach § 118 Absatz 1 SGB III haben Anspruch auf Arbeitslosengeld Arbeitnehmer, die
1. arbeitslos sind, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.
Gemäß § 123 Absatz 1 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rah-menfrist mindestens zwölf
Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.
Nach § 124 Absatz 1 SGB III beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller
sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslo-sengeld.
Da ab dem 01. September 2009 Arbeitslosmeldung (§ 122 SGB III) und Arbeitslosigkeit (§ 119 SGB III) vorlagen,
beginnt die Rahmenfrist rücklaufend ab dem 31. August und umfasst daher die Zeit vom 01. September 2007 bis 31.
August 2009.
Innerhalb dieses Zeitraums hat der Kläger nicht mindestens 360 Kalendertage (§ 339 Satz 2 SGB III) in einem
versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zurück gelegt.
Bis zum 20. Februar 2009 befand sich der Kläger in einem Beamtenverhältnis und erhielt anschließend bis Ende 2009
einen Unterhaltsbeitrag. Jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis war er nicht
versicherungspflichtig in der Arbeits-losenversicherung, so dass es auf die Zeit vom 21. Februar bis 31. August 2009
nicht ankommt, weil dieser Zeitraum allein nicht ausreicht, um die Anwartschaftszeit innerhalb der Rahmenfrist zu
erfüllen. In jener Zeit ab 21. Februar stand er nicht in einem beamten-ähnlichen Beschäftigungsverhältnis nach § 27
Absatz 1 Nr. 1 SGB III, da er nicht beihil-feberechtigt war, sondern sich in der privaten Krankenversicherung
versichern musste.
Nach § 24 Absatz 1 SGB III stehen in einem Versicherungsverhältnis Personen, die als Beschäftigte oder aus
sonstigen Gründen versicherungspflichtig ist, wobei letzteres sol-che Personen sind, die gegen Arbeitsentgelt oder zu
ihrer Berufsausübung beschäftigt sind. Hingegen sind nach § 27 Absatz 1 Nr. 1 SGB III Beamte versicherungsfrei,
wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge
und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Ein Versicherungs-pflichtverhältnis auf Antrag gemäß § 28 a SGB III
bestand während der Zeit der Rahmen-frist ebenfalls nicht, zumal weder ein entsprechender Antrag gestellt noch eine
nach die-ser Norm versicherungsfähige Beschäftigung, wie eine Tätigkeit als Pflegeperson oder eine nicht
geringfügige selbständige Tätigkeit, ausgeübt wurde.
Dem steht nicht entgegen, dass der Dienstherr den Kläger für die Zeit vom 01. Septem-ber 1973 bis zum 20. Februar
2009 in der gesetzlichen Rentenversicherung nach versi-chert hat. Denn dies betraf einzig eine Nachversicherung
nach § 8 Absatz 2 SGB VI und keine solche in der Arbeitslosenversicherung. Im Übrigen besteht für eine
rückwirkende Versicherung in der Arbeitslosenversicherung im SGB III keine Rechtsgrundlage, so dass diese bereits
aus sozialverwaltungsrechtlichen Gründen unmöglich gewesen wäre (vgl. Urteil des Bundessozialgerichtes vom 10.
Juli 2003 - B 11 AL 63/02 R). Gegenüber den allgemeinen Normen des SGB IV stellt das SGB III, und insbesondere
dessen Zweites Kapitel, eine spezialgesetzliche Regelung der Versicherungspflicht in der Arbeitslosen-versicherung
dar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Absatz 1 SGG.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Landessozialge-richt Niedersachsen-
Bremen, Georg-Wilhelm-Str. 1, 29223 Celle, oder bei der Zweigstelle des Landessozialgerichts Niedersachsen-
Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem Sozialgericht Lüneburg,
Lessingstraße 1, 21335 Lüneburg, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerich-te eingehen. Sie soll das
angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag ent-halten und die zur Begründung der Berufung dienenden
Tatsachen und Beweismittel an-geben.
Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialge-richt zugelassen werden,
wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulas-sung der Revision ist innerhalb eines Monats nach
Zustellung des Urteils bei dem Sozial-gericht Lüneburg, Lessingstraße 1, 21335 Lüneburg, schriftlich zu stellen. Die
Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
Ist das Urteil im Ausland zuzustellen, so gilt anstelle der oben genannten Monatsfrist eine Frist von drei Monaten.
Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung
dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der
gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
E.