Urteil des SozG Lüneburg vom 30.03.2010

SozG Lüneburg: anrechenbares einkommen, krankengeld, erlass, existenzminimum, hauptsache, arbeitsentgelt, wahrscheinlichkeit, verfügung, zivilprozessordnung, rechtsschutz

Sozialgericht Lüneburg
Beschluss vom 30.03.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 48 AS 137/10 ER
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 12. März 2010 wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu
erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II).
Der 1950 geborene Antragsteller bezieht seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II unter Anrechnung von Nebeneinkünften. Für die Zeit vom 1. August 2009 bis 31. Januar 2010 bewilligte die
Antragsgegnerin mit Bescheid vom 9. Juli 2009 Leistungen in Höhe von 340,20 EUR. Dabei berücksichtigte sie von
dem erzielten Nettoentgelt von 633,80 EUR unter Abzug des Freibetrages ein anrechenbares Einkommen von 393,80
EUR.
Seit 24. November 2009 bezieht der Antragsteller Krankengeld in Höhe von monatlich 489,60. Daraufhin setzte die
Antragsgegnerin mit Änderungsbescheid vom 28. Januar 2010 die Leistungen ab Dezember 2009 bis 31. Januar 2010
auf monatlich 274,40 EUR herab. Nunmehr rechnete sie das Krankengeld unter Abzug der Versicherungspauschale
von 30,- EUR, also 459,60 EUR an. Mit Bescheid vom gleichen Tage bewilligte sie Leistungen für die Zeit vom 1.
Februar bis 31. Juli 2010 in gleicher Höhe weiter. Gegen den (?) Bescheid vom 28. Januar 2010 legte der Antragsteller
Widerspruch ein, weil er es als unsozial empfindet, dass er weniger zur Verfügung habe als mit seinem
Arbeitseinkommen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2010 zurückgewiesen. Eine
Klage hat der Antragsteller trotz Hinweis des Gerichts nicht erhoben.
Er hat am 12. März 2010 den Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Sozialgericht Lüneburg beantragt. Er
begehrt weitere 65,80 EUR monatlich. Da er teilweise seine Medikamente selbst bezahlen müsse, könne er seinen
Lebensunterhalt nicht bestreiten.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen. Sie verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid
vom 22. Februar 2010.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakte und
die Leistungsakte der Antragsgegnerin verweisen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
als Regelungsanordnung zulässig, der Antrag ist nicht begründet.
Nach der genannten Vorschrift kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheint. Die Anwendung der Vorschrift setzt neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung
(Anordnungsgrund) voraus, dass der Rechtsschutzsuchende mit Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf die begehrte
Regelung hat (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86 b
Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Diese Voraussetzungen sind nicht
erfüllt.
Zum einen ist bisher nicht geklärt, gegen welchen Bescheid vom 28. Januar 2010 der Antragsteller Widerspruch
eingelegt hat. Da er sich gegen die "Kürzung" wendet, könnte auch der Änderungsbescheid vom 28. Januar 2010 mit
dem Widerspruch angefochten sein. Die Antragsgegnerin hat den Widerspruch jedenfalls auf den
Bewilligungsbescheid vom 28. Januar 2010 für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2010 bezogen und den
Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2010 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller trotz
Nachfrage und Hinweis keine Klage erhoben, sodass kein streitigen Rechtsverhältnis besteht.
Aber auch wenn der nicht vertretene Antragsteller unter dem 12. März 2010 nicht nur einen Antrag auf einstweiligen
Rechtsschutz, sondern auch eine Klage erheben wollte und ggf. Wiedereinsetzung zu gewähren wäre, kann der Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg haben.
Die Antragsgegnerin hat die Berechnung der Leistungen im Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2010 ausführlich
erläutert. Die Berechnung entspricht den Regelungen des § 11 SGB II. Hierauf nimmt die Kammer Bezug.
Es ist nicht ersichtlich, dass die Regelungen verfassungswidrig sind. Sie sind daher von den Leistungsträgern und
den Gerichten, zumal in einem Eilverfahren, anzuwenden. Das Lohnersatzleistungen niedriger sind als das
Arbeitseinkommen ist im Übrigen ein Strukturprinzip. Auch das Krankengeld ist niedriger als das Arbeitsentgelt. Das
Existenzminimum wird vorliegend durch das Arbeitslosengeld II und das Krankengeld gesichert.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Die Beschwerde ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die
Berufung nicht zulässig wäre (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des
Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 - BGBl I, S. 444). Vorliegend beträgt der
Beschwerdewert keine 750,- EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der Beschluss ist damit mit der Beschwerde
nicht anfechtbar.