Urteil des SozG Lüneburg vom 02.10.2010

SozG Lüneburg: arbeitsunfall, klage auf verurteilung, niedersachsen, rücknahme, verwaltungsakt, entstehung, unfallversicherung, anerkennung, bedingung, gesundheitsschaden

Sozialgericht Lüneburg
Urteil vom 02.10.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 2 U 89/08
1.) Der Bescheid der Beklagten vom 25. April 2008 und der Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 werden
aufgehoben. 2.) Die Beklagte wird verurteilt, den Verwaltungsakt vom 25. Februar 1998 in der Gestalt des
Widerspruchs- bescheides vom 27. Mai 1999 zurückzunehmen. 3.) Es wird festgestellt, dass es sich bei dem
Ereignis vom 2. Dezember 1996 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat. 4.) Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die
notwendigen außergerichtlichen Kosten zu 4/5 zu erstatten. 5.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Rahmen eines Verfahrens gem. § 44 Zehntes
Buch Sozialgesetzbuch (= SGB X).
Der im Jahr D. geborene Kläger war von Mai 1994 bis September 1997 bei Fa. E. als Industriemechaniker in der
Akkordproduktion von Pkw-Spiegeln beschäftigt. Diese Tätigkeit war im Wesentlichen durch eine ständige Bewegung
der Arme und Hände geprägt. Am 2. Dezember 1996 war er in der Zeit zwischen 6 und 10 Uhr morgens damit
beschäftigt, etwa eine Tonne Waren zu sichten. Während dieser Zeit musste er mit einem Mitarbeiter Paletten mit
einem Gewicht von etwa 15 bis 20 kg heben und tragen. Bereits während der Arbeit verspürte er Schmerzen im
rechten Ellenbogen. Gegen 10 Uhr nahm er die übliche Montagetätigkeit wieder auf, wobei sich die Schmerzen
verstärkten. Am nachfolgenden Tag verordnete ihm sein Hausarzt Dr. F. ein Schmerzmittel. Die weitere Behandlung
übernahm Dr. G., der eine "Epicondylitis" feststellte. Nach der durchgeführten Behandlung trat nach etwa 2 bis 3
Wochen eine Besserung ein, wobei bei der Arbeit weiterhin sporadisch Schmerzen auftraten. Im Juli 1997 kam es zu
einer Beschwerdezunahme. Seit dem 24. September 1997 bestand dauerhafte Arbeitsunfähigkeit. Nach erfolgloser
konservativer Therapie wurde am 24. März 1998 aufgrund der Epicondylitis eine Operation durchgeführt (Bl. 88 ff. der
Akte der Beklagten (= UA)). Seit dem 1. Oktober 2000 bezieht der Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente aus der
gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. hierzu das von dem Sozialgericht (= SG) Lüneburg geführte Verfahren, Az. S 4
RJ 76/00 WA).
Am 3. Dezember 1997 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung des Ereig-nisses vom 2. Dezember
1996 als Arbeitsunfall. Im Gutachten vom 25. Juni 1998 vertrat Dr. H. die Auffassung, dass die berufliche Belastung
am Vormittag des 2. Dezember 1996 grundsätzlich geeignet gewesen sei, auf dem Boden einer Sehnendegeneration
eine Epicondylitis hervorzurufen. Im konkreten Fall sei die Epicondylitis zu 50 % auf die Arbeitsbelastung an diesem
Tag zurückzuführen, so dass eine sog. Gelegenheitsursache nicht angenommen werden könne. Der beratende Arzt
der Beklagten, Prof. Dr. I., vertrat demgegenüber in der Stellungnahme vom 26. Januar 1999 die Auffassung, dass der
Arbeitsbelastung vom 2. Dezember 1996 im Hinblick auf die Entstehung der Epicondylitis nur die Bedeutung einer
Gelegenheitsursache zukommen würde. Als wesentliche Ursache sei allein eine vorbestehende Sehnendegeneration
anzusehen. Mit dem Schreiben vom 25. Februar 1998 teilte die Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass das Ereignis
vom 2. Dezember 1996 nicht als Arbeitsunfall anerkannt werde (Bl. 30 UA). Der hiergegen erhobene Widerspruch
wurde mit dem Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 1999 zurückgewiesen (Az. 1.33247.971). Diese Entscheidung
wurde nicht angefochten.
Im weiteren Verlauf lehnte die Beklagte gegenüber dem Kläger auch die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund
eines Unfalls vom 4. Mai 1995 sowie die Anerkennung der Berufs-krankheiten nach den Ziffern 2101, 2102 und 2109
der Anlage 1 zur BKV ab und wies die gegen die ablehnenden Entscheidungen erhobenen Widersprüche zurück. Die
hiergegen beim Sozialgericht (= SG) Lüneburg erhobenen Klagen wurden unter dem führenden Akten-zeichen S 2 U
197/01 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit dem Urteil vom 10. Februar 2004
abgewiesen. Die hiergegen erhobene Berufung wurde mit dem Urteil des Landessozialgerichts (= LSG)
Niedersachsen-Bremen vom 5. März 2007 zurückgewiesen (L 9 U 73/04). Die hiergegen erhobene
Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundessozialgericht (= BSG) mit dem Beschluss vom 16. April 2007
zurückgewiesen.
Mit dem an das LSG Niedersachsen-Bremen gerichteten Schreiben vom 16. August 2007 machte der Kläger geltend,
dass in dem Urteil vom 5. März 2007 nicht über die Folgen des Ereignisses vom 2. Dezember 1996 entschieden
worden sei. Das Verfahren wurde beim LSG Niedersachsen-Bremen zunächst unter dem Az. L 9 U 197/07 WA
geführt. Da das LSG Niedersachsen-Bremen die Ansicht vertrat, dass das Ereignis vom 2. Dezember 1996 nicht vom
Streitgegenstand des Verfahrens L 9 U 73/04 erfasst gewesen sei, hat es das o. g. Schreiben des Klägers an das SG
Lüneburg weitergeleitet, wo der Vorgang unter dem Az. S 2 U 120/07 WA eingetragen wurde. Da der Kläger jedoch auf
einer Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen bestand, wurde die Klage auf Wiederaufnahme des
Berufungsverfahrens dort unter dem Az. L 9 U 208/07 WA weitergeführt. Die Klage wurde mit dem Urteil des LSG
Niedersachsen Bremen vom 14. Dezember 2007 als unzulässig verworfen, die hiergegen erhobene
Nichtzulassungsbeschwerde mit dem Beschluss des BSG vom 6. März 2008 zurückgewiesen (Az. B 2 U 1/08 BH).
Aufgrund der Zuständigkeit des LSG Niedersachsen-Bremen war das Verfahren S 2 U 120/07 WA beim SG Lüneburg
ausgetragen worden (Bl 678 der SG-Akte Az. S 2 U 120/07 WA). Eine am 2. April 2008 beim LSG Niedersachsen-
Bremen erhobene Nichtigkeitsklage in Bezug auf das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 14. Dezember 2007
und der dieser Entscheidung vorausgehenden Entscheidungen wurde mit dem Urteil vom 8. April 2009
zurückgewiesen (L 9 U 59/08 WA). Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit dem Beschluss
des BSG vom 11. August 2009 zurückgewiesen (Az. B 2 U 107/09 BH).
Aufgrund einer im Verfahren S 2 U 120/07 WA erfolgten Anregung nahm die Beklagte das Schreiben des Klägers vom
16. August 2007 zum Anlass, die Entscheidung vom 25. Februar 1998 gem. § 44 SGB X zu überprüfen. Mit dem
Bescheid vom 25. April 2008 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Verwaltungsakts vom 25. Februar 1998 ab. Der
hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit dem Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 zurück-gewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 7. Juli 2008 beim SG Lüneburg Klage erhoben (S 2 U 89/08) und geltend gemacht, dass
nach den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen von pri-vaten Unfallversicherungsunternehmen ein Unfall auch
dann vorliegen würde, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen und Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt
wird oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt würden.
Der Kläger beantragt (sinngemäß)
1.) den Bescheid der Beklagten vom 25. April 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 aufzuheben,
2.) die Beklagte zu verpflichten, den Verwaltungsakt vom 25. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 27. Mai 1999 zurückzunehmen,
3.) festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 2. Dezember 1996 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat,
4.) die Beklagte zu verurteilen, ihm Entschädigungsleistungen, insbesondere eine Verletztenrente, zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Entscheidung lagen die die Gerichtakten (S 2 U 120/07 WA und S 2 U 89/08) und die Akte der Beklagten
zugrunde. Auf ihren Inhalt wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig, soweit der Kläger die abgelehnte
Rücknahme des Verwaltungsakts vom 25. Februar 1998 begehrt, (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 9.
Aufl., § 54 Rz. 2c). Sofern er darüber hinaus die Feststellung begehrt, dass das Ereignis vom 2. Dezember 1996 ein
Arbeitsunfall war, ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig (§ 54 Abs. 1 i. V. m. § 55 Abs. 1
SGG; vgl. BSG, Urt. v. 15. Februar 2005 - B 2 U 1/04 R). An dieser Feststellung hat der Kläger auch ein rechtliches
Interesse. Unzulässig ist demgegenüber die Klage auf Verurteilung der Beklagten zu einer bestimmten Leistung,
insbesondere einer Verletztenrente, da hierzu bislang keine Verwaltungsentscheidung vorliegt (vgl. BSG, Urt. v. 30.
Oktober 2007 - B 2 U 4/06 R). Mit dem Verwaltungsakt, dessen Rücknahme der Kläger begehrt, wurde über eine
Leistungsgewährung nicht entschieden
Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, auch begründet. Die Beklagte hat zu Unrecht die Rücknahme des
Verwaltungsakts vom 25. Februar 1998 abgelehnt, weil es sich bei dem Ereignis vom 2. Dezember 1996 um einen
Arbeitsunfall gehandelt hat. Der Bescheid vom 25. April 2008 und der Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 sind
daher rechtswidrig und waren aufzuheben. Darüber hinaus war die Beklagte zu verpflichten, den Verwaltungsakt vom
25. Februar 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27. Mai 1999 zurückzunehmen.
Formell-rechtlich kann nach § 44 Abs. 1 SGB X ein Verwaltungsakt zurückgenommen werden, wenn sich herausstellt,
dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen wurde, der sich als
unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht wurden. Gem. § 44 Abs. 2 SGB X ist
im Übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz
oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen
werden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Da der vorliegende Fall nur die Rücknahme eines feststellenden
Verwaltungsakts betrifft und hinsichtlich der Frage, ob - das Vorliegen eines Arbeitsunfalls unterstellt -
Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, noch keine Entscheidung vorliegt, richtet sich die Rücknahme
nach § 44 Abs. 2 SGB X (vgl. hierzu: von Wulffen/Wiesner, SGB X, 4. Aufl., § 44 Rz. 16). Es sei darauf hingewiesen,
dass sich bei der Entscheidung über die Rücknahme eines Verwaltungsakts, mit dem lediglich über das Vorliegen
bzw. Nicht-Vorliegen eines Arbeitsunfalls entschieden wurde, die Frage einer Rücknahme "für die Zukunft" oder "für
die Vergangenheit" nicht stellt. Der feststellende Verwaltungsakt enthält lediglich die rechtliche Beurteilung eines
bestimmten Sachverhalts. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass das angeschuldigte Ereignis entweder ein
Arbeitsunfall war bzw. kein Arbeitsunfall war. Eine zeitliche Begrenzung dieser Aussage ist nicht möglich. Aus diesem
Grund war der Beklagten bei der Prüfung der Rücknahme des Verwaltungsakts vom 25. Februar 1998 auch kein
Ermessen eingeräumt.
In materiell-rechtlicher Hinsicht ist zunächst zu beachten, dass gem. § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (= SGB
VII) auf den vorliegenden Rechtsstreit noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (= RVO) anzuwenden
sind, da der Versicherungsfall vor dem 1. Januar 1997 liegt. Nach der von der Rechtssprechung zu § 548 RVO
entwickelten und nunmehr in § 8 Abs. 1 SGB VII formulierten Definition ist ein Arbeitsunfall ein zeitlich begrenztes,
von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, welches zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tode führt. Das
für einen Unfall erforderliche Merkmal eines zeitlich begrenzten Eingriffs ist allerdings nicht nur dann erfüllt, wenn ein
Ereignis plötzlichen Charakter hat. Vielmehr ist es nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung
ausreichend, wenn eine schädigende Einwirkung innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes, d. h. innerhalb
einer Arbeitsschicht, auftritt (vgl. BSG, Urt. v. 30. Mai 1985 – 2 RU 17/84, abgedruckt in Breithaupt, 1986. 114; BSG,
Urt. v. 11. Juni 1990 – 2 RU 53/89). Ein Unfall liegt mithin grundsätzlich dann vor, wenn in einem begrenzten, maximal
eine Arbeitsschicht umfassenden Zeitraum entweder von außen besondere, den Rahmen alltäglicher Belastungen
überschreitende und ihrer Art nach unersetzliche Einwirkungen auf den Versicherten körperlich und/oder psychisch
einwirken oder die Verrichtung der versicherten Tätigkeit objektiv betrachtet mit besonderen, nicht alltäglichen und
damit ihrer Art nach unersetzlichen Belastungen verbunden ist. Diese Einwirkung muss wiederum den
Gesundheitsschaden verursacht haben (LSG Niedersachsen, Urt. v. 25. November 1997 – L 3 U 97/97).
Darüber hinaus ist zu beachten, dass anders als beim umgangssprachlichen Verständnis des Unfallbegriffs (der hier
in etwa dem des Ereignisses entspricht) im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ein Arbeitsunfall aufgrund
seiner Definition nur dann vorliegt, wenn dem Ereignis auch ein Gesundheitsschaden zugeordnet werden kann. Die
vom Kläger angeführten Anerkennungsgrandsätze der privaten Unfallsversicherung sind auf die gesetzliche
Unfallversicherung nicht übertragbar.
Nach den Anerkennungsgrundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung ist weiterhin eine Unfallfolge dann
anzuerkennen, wenn der Unfall für deren Ausbildung wesentlich war (Theorie der wesentlichen Bedingung). Dabei kann
es auch mehrere rechtlich wesentliche Ursachen geben. "Wesentlich" ist dabei nicht mit "gleichwertig" oder
"annähernd gleichwertig" gleichzusetzen. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch
verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen
Ursachen keine überragende Bedeutung haben (st. Rspr. ausführlich hierzu: BSG, Urt. v. 9. Mai 2006 - B 2 U 26/04
R), Nach der von Krasney aufgestellten Faustregel ist rechtlich wesentlich stets eine Bedingung, die mindestens den
Wert von einem Drittel aller sonst zu berücksichtigenden Umstände erreicht hat. Rechtlich unwesentlich soll danach
nur eine Bedingung sein, die neben anderen Bedingungen an dem Gesund-heitsschaden nur mit 10 % oder weniger
beteiligt ist (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 80 ff., m. w. N.).
Bei Anwendung dieser Kriterien kann dem Ereignis vom 2. Dezember 1996 ein Unfallscharakter nicht abgesprochen
werden. Das den rechten Arm des Klägers außergewöhnlich belastende Tragen der 15 - 20 kg schweren Paletten
erfolgte während einer Arbeitschicht und ist daher - wie oben bereits ausgeführt - noch als zeitlich begrenztes, auf den
Körper des versicherten Klägers einwirkendes äußeres Ereignis anzusehen. Nach den überzeugenden
AusführungenJ.r. Lücken war diese Tätigkeit auch geeignet, eine Epicondylitis zu verursachen. Er hat zwar darauf
hingewiesen, dass die Entstehung einer Epicondylitis nur auf dem Boden einer bereits bestehenden
Sehnendegeneration möglich war. Da jedoch ein Versicherter grundsätzlich in dem Zustand geschützt ist, in dem er
den Versicherungsfall erlitten hat, kann der Einwand einer entsprechenden Vorerkrankung nicht per se dazu führen,
diese stets als die alleinige, rechtlich wesentliche Ursache des Gesundheitsschadens anzusehenK.r. Lücken den
Anteil der beruflichen Einwirkungen vom 2. Dezember 1996 an der Entstehung der Epicondylitis mit 50 % gewichtet
hat, kann dem Ereignis eine rechtlich wesentliche Bedeutung nicht abgesprochen werden.
Das Ereignis vom 2. Dezember 1996 wäre nur dann keine wesentliche Ursache der Epicondylitis, wenn die
Krankheitsanlage, d. h. im konkreten Fall die Sehnendegeneration, so stark ausgeprägt gewesen wäre, dass auch
jedes andere alltägliche Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (vgl. BSGE 62, 220 ff.). Dem
angeschuldigten Ereignis würde dann nur die Bedeutung einer sog. Gelegenheitsursache zukommen. Um hiermit
argumentieren zu können, müssen allerdings die Art und vor allem das Ausmaß der körpereigenen Ursachen im Wege
des Vollbeweises nachgewiesen sein (Schönberger/Mehrtens/ Valentin, a. a. O., S. 489; BSGE 61, 127, 130; BSG,
Urt. v. 17. Februar 2009 - B 2 U 18/07 R) wobei deren Wertigkeit für den Eintritt des Gesundheitsschadens vom
Sachverständigen eingehend begründet werden muss. Eine sachlich nachvollziehbare Begründung für eine derart
ausgeprägte Krankheitsanlage und insbesondere für ein derart fortgeschrittenes Stadium der Sehnendegeneration fehlt
jedoch in der StellungnahmeL. Petersen. Eine derart leicht ansprechbare, vorbestehende Krankheitsanlage ist auch
nicht ersichtlich, zumal entsprechende Beschwerden vor dem Ereignis nicht aufgetreten sind und entsprechende
Befunde (Krankenberichte, Untersuchungsergebnisse) nicht existieren. Die AussageJ.r. Lücken, dass auch jede
andere ungewohnte Beanspruchung im privaten Bereich die Erkrankung hätte verursachen können, ist für die
Annahme einer Gelegenheitsursache nicht ausreichend. Vielmehr wäre es entsprechend den o. g. Grundsätzen
erforderlich gewesen, dass die Erscheinungen auch bei alltäglichen Verrichtungen alsbald aufgetreten wären. In
diesem Zusammenhang ist wiederum zu beachten, dass die Belastungen, denen der Kläger am Vormittag des 2.
Dezember 1996 ausgesetzt gewesen ist, in keiner Weise mit einem alltäglichen (Bagatell-)-Ereignis zu vergleichen
sM.r. Lücken hat daher ausdrücklich und schlüssig darauf hingewiesen, dass die Epicondylitis ohne das
angeschuldigte Ereignis nicht entstanden wäre und weiter ausgeführt, dass eine Gelegenheitsursache nicht
anzunehmen ist. Der AuffassungL. Petersen konnte daher nicht gefolgt werden.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass mit der vorliegenden Entscheidung lediglich festgestellt werden konnte,
dass es sich bei dem Ereignis vom 2. Dezember 1996 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat, weil die damit
verbundenen beruflichen Einwirkungen seinerzeit zu einer Epicondylitis geführt haben. Eine Aussage darüber, ob
diese Gesundheitsstörung in dieser Form fortbestanden hat und welche Leistungen die Beklagte unter Beachtung ggf.
anzuwendender der Verjährungsvorschriften zu erbringen hat, wurde damit nicht getroffen. Hierfür sind vielmehr nach
der Durchführung der entsprechenden Ermittlungen und Verwaltungsverfahren weitere Entscheidungen der Beklagten
erforderlich.
Der Rechtsstreit konnte durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) entschieden werden, nachdem der Sachverhalt geklärt
ist und die Beteiligten hierzu gehört wurden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.