Urteil des SozG Lüneburg vom 20.05.2010

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Sozialgericht Lüneburg
Urteil vom 20.05.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 22 SO 56/08
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Zahlungsaufforderung der Beklagten hinsichtlich eines Betrages von 2.043,74 Euro.
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein und Träger eines Heimes an einer Werkstatt für behinderte Menschen in L ...
Er betreut den M. geborenen Beigeladenen stationär, wobei die Beklagte diesem Sozialhilfe gewährt.
Mit Schreiben vom 06. Juli 2007 (Bl. 171 der Verwaltungsakte) forderte die Beklagte vom Kläger vorgebliche
Überzahlungen in Höhe von 4.370,97 Euro für die Jahre 2002 bis 2006, da diese ohne Rechtsgrund erbracht worden
seien. Das Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
Gegen das Schreiben legte er am 22. November 2007 Widerspruch ein, welchen er damit begründete, dass die
Erstattungsforderung ein Verwaltungsakt sei. Die Regelung in Lan-desrahmenvertrag, nach dem bei Überschreiten von
42 Tagen Abwesenheit eine Erstat-tung stattzufinden habe, sei rechtswidrig.
Mit Schreiben vom 18. Januar 2008 (Bl. 201 der Verwaltungsakte) verzichtete die Beklag-te auf die Forderung für
2002 und 2003 wegen des Eintritts der Verjährung.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03. März 2008 zu-rück (Bl. 212 bis 214 der
Verwaltungsakte) und begründete dies im Wesentlichen folgen-dermaßen:
Die Platzgeldzahlung sei im Landesrahmenvertrag geregelt. Die Schreiben seien Infor-mationsschreiben gewesen, mit
denen die Vertragserfüllung geltend gemacht worden sei. Der Kläger sei durch die Schreiben nicht beschwert.
Dagegen hat der Kläger am 19. März 2008 Klage erhoben.
Er trägt vor:
Die Schreiben stellten anfechtbare Verwaltungsakte dar. Die Regelung in Landesrah-menvertrag, nach dem bei
Überschreiten von 42 Tagen Abwesenheit eine Erstattung stattzufinden habe, sei rechtswidrig. Die Berechnung der
Abwesenheitstage treffe nicht zu.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 06. Juli 2007, abgeändert durch Bescheid vom 18. Januar 2008, in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 03. März 2008 auf-zuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beklagte trägt unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen vor.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf das Protokoll der mündli-chen Verhandlung, den Inhalt
der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvor-gänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Klage ist unzulässig.
Die Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage setzt gemäß § 54 Absatz 1 SGG voraus, dass diese sich gegen einen
Verwaltungsakt richtet (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Kel-ler/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 54, Rd. 8).
Nach § 31 Satz 1 SGB X ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die
eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare
Rechtswirkung nach außen gerich-tet ist.
Nur eine hoheitliche Maßnahme kann einen Verwaltungsakt darstellen, wobei dieses Tatbestandsmerkmal die
Einseitigkeit der Regelung umschreibt (vgl. v. Wulffen/En-gelmann, Kommentar zum SGB X, § 31, Rd. 10). Ein
Verwaltungsakt setzt ferner eine Regelung voraus, mit der die Behörde eine verbindliche Rechtsfolge setzt (vgl. v.
Wulf-fen/Engelmann, § 31, Rd. 23). Dies beinhaltet, dass die Maßnahme nach dem Willen der Verwaltung darauf
gerichtet sein muss, einseitig und mit Anspruch auf Verbindlichkeit eine unmittelbare Rechtswirkung zu erzeugen und
subjektive Rechte zu begründen, auf-zuheben, zu beeinträchtigen, zu ändern, abzulehnen oder festzustellen (vgl.
Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, § 31, Rd. 20).
Kennzeichnend für die Regelung ist der Regelungswille der Behörde. Dabei ist zunächst auf die Bezeichnung als
Bescheid oder Verfügung und eine Rechtsbehelfsbelehrung ab-zustellen, wobei es auf den subjektiven Willen des
Sachbearbeiters nicht ankommt (vgl. Hauck/Noftz, § 31, Rd. 21). Es ist auf den objektiven Erklärungsinhalt
abzustellen (vgl. LPK/SGB X/Waschull, § 31, Rd. 25).
Eine Mahnung im Sinne von § 3 Absatz 3 VwVG stellt eine unselbständige Vorberei-tungshandlung dar und enthält
keine Regelung (vgl. Beschluss des Bundessozialgerich-tes vom 05. August 1997 - 11 BRa 95/97 -).
Ferner bedarf es zur Annahme einer hoheitlichen Regelung eines Über- und Unterord-nungsverhältnisses zwischen
den Beteiligten (vgl. Kasseler Kommentar/SGB X/Krasney, § 31, Rd. 5). Zwischen den Beteiligten besteht hier aber
ein Gleichordnungsverhältnis, da beide Vertragspartner nach §§ 79, 75 Absatz 3 SGB XII sind. Die Beklagte hat damit
im konkreten Fall nicht die Befugnis, durch Verwaltungsakt einseitig zu handeln, weil gerade die Frage der Vergütung
Bestandteil des Landesrahmenvertrages war. In diesem Bereich wurde explizit die Ebene der Gleichordnung gewählt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG, 154 Absatz 1 VwGO entsprechend. Der Kläger ist als Heimträger
gemäß § 184 SGG nicht kostenprivilegiert.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Landessozialge-richt Niedersachsen-
Bremen, Georg-Wilhelm-Str. 1, 29223 Celle, oder bei der Zweigstelle des Landessozialgerichts Niedersachsen-
Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem Sozialgericht Lüneburg,
Lessingstraße 1, 21335 Lüneburg, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerich-te eingehen. Sie soll das
angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag ent-halten und die zur Begründung der Berufung dienenden
Tatsachen und Beweismittel an-geben.
Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialge-richt zugelassen werden,
wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulas-sung der Revision ist innerhalb eines Monats nach
Zustellung des Urteils bei dem Sozial-gericht Lüneburg, Lessingstraße 1, 21335 Lüneburg, schriftlich zu stellen. Die
Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
Ist das Urteil im Ausland zuzustellen, so gilt anstelle der oben genannten Monatsfrist eine Frist von drei Monaten.
Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung
dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der
gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
I.