Urteil des SozG Lüneburg vom 28.04.2009

SozG Lüneburg: umzug, hauptsache, mietvertrag, unterkunftskosten, gewährleistung, rechtsschutz, glaubhaftmachung, sicherstellung, gefahr, zusicherung

Sozialgericht Lüneburg
Beschluss vom 28.04.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 86 AS 589/09 ER
Die Antragsgegnerin wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, der Antragstellerin ein Darlehen in
Höhe von 1.125,00 EUR zwecks Zahlung der Mietkaution an den Vermieter der Wohnung "D-Weg" in D zu gewähren.
Diese Anordnung wird davon abhängig gemacht, dass die Antragstellerin sich gegenüber der Antragsgegnerin mit
einer Rückzahlung des Darlehens ab 01. Mai 2009 in monatlichen Raten von 70,- EUR schriftlich und unwiderruflich
einverstanden erklärt.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe:
I.
Streitig ist die Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit einem Wohnungswechsel.
Die verheiratete, seit 2005 getrennt lebende Antragstellerin erhält als erwerbsfähige Hilfebedürftige Leistungen als
Arbeitslosengeld II (2-Personen-Bedarfsgemeinschaft). Sie bewohnt mit ihrem 1989 geborenen Sohn E, der Vater
eines 10 Monate alten, von ihm betreuten Sohnes ist, bislang eine 68 qm große 3-Zimmer-Wohnung in C zu einer
monatlichen Miete von 390,- EUR plus 120,- EUR Nebenkosten.
Im Dezember 2008 wurde ihr Mietverhältnis durch den Rechtsanwalt des Vermieters wegen angeblicher
Mietrückstände fristlos gekündigt. In einem Mietrechtsstreit war ihr sodann eine Räumungsfrist bis zum 31. Mai 2009
eingeräumt worden. Mit Schreiben vom 6. Februar 2009 übernahm die Antragsgegnerin für die Monate Oktober 2008
bis Januar 2009 anteilige Mietrückstände der Antragstellerin.
Da sie zum 1. Mai 2009 eine neue Wohnung im "D-Weg" in D gefunden hatte, beantragte sie mit Schreiben vom 19.
April 2009 bei der Antragsgegnerin die Zahlung der Doppelmiete für den Monat Mai und die Übernahme der
Mietkaution in Höhe von 1.125,- EUR. Am 23. April 2009 bekräftigte sie ihren Antrag unter Vorlage des vorgesehenen
Mietvertrages.
Die Antragsgegnerin entschied hierauf mit ihren Schreiben vom 21. April 2009 und vom 23. April 2009, dass dem
Umzug nicht zugestimmt werden könne sowie eine Übernahme der Zweitmiete und der Mietkaution ausscheide, da die
Kosten der Wohnung für 2 Personen nicht angemessen seien.
Zur Begründung ihres bereits am 20. April 2009 bei der Kammer gestellten Antrages auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes trägt die Antragstellerin unter Versicherung an Eides statt vor, sie habe nach langem und intensivem
Suchen eine angemessene Wohnung in D gefunden. Da sie kein Kfz besitze, sondern mit dem Fahrrad zu ihrer
Beschäftigungsstelle fahre, kämen andere Gemeinden im Umkreis von D nicht in Betracht. Allerdings werde das
Mietverhältnis nicht zustande kommen, falls die Kaution nicht bis zum 1. Mai 2009 überwiesen und der Mietvertrag
nicht binnen einer Woche unterschrieben zurückgereicht sei. In diesem Falle drohe ihr die Räumung zum 31. Mai
2009, da ihr eine geeignete Wohnung nicht zur Verfügung stünde. Bei der Mietsuche entstünden mit der Angabe "ALG
II - Bezieher" immer wieder Schwierigkeiten. Sie hat zunächst beantragt, den beigefügten Mietvertrag zu genehmigen
und die Kaution in Höhe von 1.1.25,- EUR und die erste Kaltmiete in Höhe von 425,- EUR zu übernehmen.
Während des Verfahrens hat sie die Übernahme der ersten Kaltmiete wieder zurückgezogen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Sie verweist auf die umfassenden Ermittlungen und Auswertungen des Landkreises D zu den örtlichen Gegebenheiten
auf dem Wohnungsmarkt D, die mit den Tabellenwerten der rechten Spalte der Wohngeldtabelle übereinstimmten,
daher also auch als Orientierung herangezogen werden könnten. Danach sei gegen die Größe der Wohnung nichts
einzuwenden, jedoch nur eine Bruttokaltmiete von 425,- EUR als angemessen zu betrachten, die hier mit 455,- EUR
überschritten werde.
Zum übrigen Sach- und Streitstand wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und
die beigezogene Leistungsakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag hat insoweit Erfolg, als es der Antragstellerin um die Übernahme der Mietkaution von 1.1.25,-
EUR geht. Soweit es ihr um die erste Kaltmiete für den Monat Mai 2009 und die Genehmigung des Mietvertrages
ging, hat sie ihr Begehren während des gerichtlichen Verfahrens aufgegeben.
1. Unter Beachtung des sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Gebots effektiven Rechtsschutzes bestehen
zunächst gegen die Eilbedürftigkeit der Sache keine Bedenken. Denn der Antragstellerin ist es nicht zuzumuten, eine
Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Nach ihren glaubhaften Ausführungen im gesamten Verfahren ist
nämlich ihr bisheriges Mietverhältnis bereits zum 31. Mai 2009 gekündigt und ist sie verpflichtet, ihre Wohnung in C
zu diesem Termin zu räumen. Zudem ist sie nach Aktenlage nicht in der Lage, für die Mietkaution auch nur teilweise
selbst aufzukommen oder sich auf sonstige Weise selbst zu helfen. Andererseits benötigt sie die Leistungen jedoch,
um in die aus dem Tenor ersichtliche Wohnung einziehen zu können.
2. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) hat die Antragstellerin für eine
einstweilige Anordnung des Gerichts die Tatsachen für das Bestehen eines sog. Anordnungsanspruches und -grundes
darzulegen und glaubhaft zu machen. Die sog. Glaubhaftmachung ist ein milder Beweismaßstab: Eine Tatsache ist
schon dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist, vgl. § 23 Abs. 1
Satz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) Zehntes Buch (X). Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht zwar
nicht aus, um diese Beweisanforderung zu erfüllen, aber es genügt dafür, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu
ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung
aller Umstände sehr viel für diese Möglichkeit spricht. Vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B und
Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 4 R 29/06 R (Rn 116), m.w.N. Zur Glaubhaftmachung von Tatsachen ist (auch) die
Versicherung an Eides Statt zulässig, vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB X und § 294 Abs. 1 ZPO, von der die
Antragstellerin hier Gebrauch gemacht hat.
3. Die Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 SGG - Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund - stehen nicht isoliert
nebeneinander: Beide stehen in einer Wechselbeziehung zueinander, nach der die Anforderungen an den
Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem
Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich
aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Hessisches Landessozialgericht - HLSG -
Beschluss vom 29. Juni 2005 - L 7 AS 1/05 ER - info also 2005, 169): Wäre eine Klage in der Hauptsache
offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den
Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in
der Hauptsache dagegen voraussichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund,
auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei noch offenem
Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im
einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, kommt es auf eine Folgenabwägung an.
4. Die Gewährleistung des aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 des Grundgesetzes (GG) folgenden Gebots effektiven
Rechtsschutzes stellt allerdings besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen
entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in
solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage
nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach-
und Rechtslage im Eilverfahren nicht mehr möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dies gilt
ganz besonders, wenn es um die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den Vorschriften des SGB II
geht, welche der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen. Diese Sicherstellung ist eine
verfassungsrechtliche Grundpflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutze der Menschenwürde in Verbindung
mit dem Sozialstaatsgebot folgt. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur
möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte entgegenzutreten und zu verhindern
(Bundesverfassungsgericht, Erster Senat, Dritte Kammer, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 -).
5. Im Rahmen der vielfach im Falle von Zeitnot gebotenen Folgenabwägung ist unter Berücksichtigung der
Grundrechte (Art. 1 GG, Menschenwürde) und sämtlicher Belange des Rechtsschutzsuchenden zu entscheiden.
Jedenfalls eine Versagung und Abweisung des gerichtlich erstrebten vorläufigen Rechtsschutzes hätte sich stets auf
eine eingehende Aufklärung der Sach- und Rechtslage zu stützen, die in vielen Fällen jedoch nicht mehr möglich ist.
Vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.2.2009 - 1 BvR 120/09 -:
"Art. 19 Abs. 4 GG verlangt auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn
schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die
Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 (74); 94, 166 (216)). Die Gerichte
sind, wenn sie ihre Entscheidung nicht an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, sondern an den
Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren, in solchen Fällen gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gehalten, die
Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen. Ist dem
Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand
einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers
umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des
Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine
Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig
andauert, haben die Gerichte zu verhindern (vgl. BVerfGK 5, 237 (242 f.))."
6. Der Umzug der Antragstellerin ist hier erforderlich im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II, so dass eine
Begrenzung der Kosten ausscheidet. Der Begriff der Erforderlichkeit wird nicht nur in dieser Norm, sondern auch in §
22 Abs. 2 SGB II im Rahmen der Regelung über die Zusicherung verwendet. Wegen des Zusammenhangs beider
Regelungen kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber in beiden Fällen von den gleichen Maßstäben
ausgeht (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. August 2008 -L 5 B 940/08 AS ER; Sächsisches
Landessozialgericht 20. Oktober 2008 -L 3 B 530/08 AS-ER; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn.
47d; Berlit in LPK-SGB II, 8. Aufl., § 22 Rn. 45). Maßgeblich ist danach, ob der Umzug durch einen vernünftigen
Grund gerechtfertigt ist (Sächsisches Landessozialgericht 20. Oktober 2008 – L 3 B 530/08 AS-ER) bzw. ob für den
Umzug ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Anlass vorliegt, von dem sich auch ein
Nichthilfeempfänger hätte leiten lassen (Berlit,a.a.O., Rdnr. 76; Gerenkamp in Mergler/Zink, SGB II, Stand August
2007, § 22 Rn. 21b), wofür auch die in der amtlichen Begründung zur Neuregelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II (BT-
Drucks. 16/1410 S. 23 zu Nr. 21) genannten Beispiele eines erforderlichen Umzugs sprechen: Umzug zur
Eingliederung in Arbeit, aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7.
August 2008 - L 5 B 940/08 AS ER).
Für den Umzug der Antragstellerin liegen Gründe dieser Art, also ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher
Anlass für den Umzug, vor. Sie hat zunächst glaubhaft dargelegt, dass sie "nervlich stark angeschlagen" sei und
nicht mehr mit MTX-Tabletten auskomme, sondern MTX spritzen müsse. Die beengten Wohnverhältnisse führten bei
ihr zu ständigen Streitereien mit ihrem Sohn, der den 10 Monate alten Sohn zu betreuen habe, da die Kindesmutter
noch die Schule besuche und ihren Hauptschulabschluss nachholen wolle. Des Weiteren ist die bisherige Wohnung
zum 31. Mai 2009 zu räumen, so dass davon auszugehen ist, dass in der kurzen Zeitspanne von derzeit rd. 4
Wochen keine angemessene Wohnung mehr zu finden sein wird, ggf. Obdachlosigkeit droht. Diese Gründe sind
nachvollziehbar und im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens ausreichender Beleg für die Erforderlichkeit
und Notwendigkeit des Umzuges.
Dass die Antragstellerin vor dem geplanten Umzug nach D keine Zusicherung des zuständigen
Grundsicherungsträgers nach § 22 Abs. 2 SGB II hat erwirken können, steht einem Anspruch auf Übernahme der
angemessenen Kosten der Unterkunft (und Heizung) nicht entgegen. Das Zusicherungsverfahren hat lediglich
Aufklärungs- und Warnfunktion; ein Verstoß gegen die Obliegenheit schließt die Verpflichtung zur Übernahme
angemessener Aufwendungen nicht aus (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R - SozR 4-4200 § 22
Nr. 2).
7. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass die neue Wohnung der Antragstellerin zwar von der Größe her
angemessen sei, jedoch die Bruttokaltmiete von 455,- EUR über den angemessenen Kosten von 425,- EUR liege, ist
zu unterstreichen, dass seit dem 1.1.2009 die Stadt D mit der Mietenstufe 4 einzuordnen ist (BR-Drucks. 704/08) und
damit bei 2 Haushaltsmitgliedern hier ein Höchstbetrag von 435,- EUR (statt 425,- EUR) anzusetzen ist (BR-Drucks.
284/08).
Dies zugrunde gelegt ist eine Folgenabwägung vorzunehmen, weil sich die entscheidungserhebliche Frage, ob die von
der Antragsgegnerin angesetzten Kosten der Unterkunft von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II angemessen sind, im
vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren nicht endgültig und abschließend klären lässt. Hierfür wäre eine
Einzelfallprüfung anhand konkreter Umstände vorzunehmen, welche durch einen Rückgriff auf die Ermittlung und
Auswertung der örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt und die angeführten Tabellenwerte der re. Spalte
der Wohnungsgeldtabelle (idF v. 7.7.2005, gültig bis 1.1.2009) nicht ersetzt werden darf. Für die Angemessenheit
einer Unterkunft ist nicht nur das sich in der Wohnungsmiete niederschlagende Produkt entscheidend, welches sich
aus der anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus
zu bestimmenden Wohnfläche und einem einfachen Wohnstandard ergibt, sondern es ist im Rahmen einer konkreten
Angemessenheitsprüfung vielmehr auch festzustellen, dass eine andere bedarfsgerechte und nicht mehr als die
angemessenen Kosten auslösende Wohnung konkret verfügbar und tatsächlich zugänglich ist, da anderenfalls die
Aufwendungen für die tatsächlich genutzte Unterkunft ihrerseits als angemessen anzusehen sind
(Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R – ). Gerade dies ist im vorliegenden
Eilverfahren angesichts der besonderen Bedarfslage der Antragstellerin nicht mit gleicher Intensität wie in einem
Hauptsacheverfahren aufzuklären, zumal die Antragsgegnerin insoweit keine konkreten Alternativangebote vorgelegt
hat, welche die Verfügbarkeit einer anderen Wohnung belegen könnten.
8. Die hieran anknüpfende Folgenabwägung fällt im vorliegenden Fall zugunsten der Antragstellerin aus. Es sind die
Erfolgsaussichten der Hauptsache außer Acht zu lassen und die Folgen abzuwägen, die eintreten würden, wenn die
begehrte Anordnung nicht erginge, die Rechtsschutzsuchende im Hauptsacheverfahren aber obsiegte, gegenüber den
Folgen, die entstünden, wenn die Anordnung erlassen würde, die Rechtsschutzsuchende indes im
Hauptsacheverfahren keinen Erfolg hätte. Dies zugrunde gelegt wöge der auf eine Unterdeckung der
Unterkunftskosten beruhende Wohnraumverlust mit der Gefahr der Obdachlosigkeit ungleich schwerer als die Gefahr
möglicherweise zu Unrecht erbrachter Leistungen. Die Versorgung mit Wohnraum, welche sich nachhaltig nur durch
die Übernahme der Mietkaution und deshalb nur durch die Anerkennung der tatsächlichen Unterkunftskosten durch die
Antragsgegnerin sichern lässt, gehört zu den elementaren Grundbedürfnissen eines jeden Menschen. Demgegenüber
fällt die Befürchtung, dass sich die tatsächlichen Unterkunftskosten schließlich nach Ausschöpfung aller
Ermittlungsmöglichkeiten möglicherweise nicht mehr als angemessen erweisen, nicht stärker ins Gewicht. Dabei
spielt auch eine Rolle, dass sich die Antragstellerin zu einer monatlichen Tilgung der darlehensweise erbrachten
Mietkaution in Höhe von 70,- EUR bereit erklärt hat, was im Tenor entsprechenden Ausdruck gefunden hat. Letzlich
ist die Antragsgegnerin somit ggf. auf die Aufhebung und Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen zu
verweisen. Bei der Folgenabwägung ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass bei fehlender Übernahme der
Mietkaution der derzeitige Wohnraum nicht mehr gesichert erscheint, die Antragstellerin sich ggf. erneut um eine
andere Wohnung zu bemühen hätte, was in der Kürze der Zeit schwierig sein dürfte. Die Antragstellerin ist vielmehr
ernsthaft von Wohnungslosigkeit bedroht. Der Mietvertrag für ihre derzeitige Unterkunft ist von Seiten des Vermieters
wegen Zahlungsverzuges außerordentlich und fristlos gekündigt worden, des Weiteren ist offenbar in einem
Zivilrechtsstreit eine Räumungsfrist nur bis zum 31. Mai 2009 vorgesehen (Schr. der Rechtsanwälte v. Reck & Ziemer
v. 14.4.2009). Unter solchen Umständen ist zum Schutze grundrechtlicher Positionen der Antragstellerin die
Übernahme der allein noch streitigen Mietkaution zu verfügen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.