Urteil des SozG Lüneburg vom 09.04.2008

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Sozialgericht Lüneburg
Beschluss vom 09.04.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 27 AS 410/08 ER
Der Antrag wird abgelehnt. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu tragen.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der Kosten für
Wasser/Abwasser, Gas und Strom durch die Antragsgegnerin.
Der Antragssteller bewohnt zusammen mit seiner Ehefrau und zwei gemeinsamen Kindern ein Einfamilienhaus in der
C., D ... Das Haus hat eine Gesamtfläche von 125 qm, wobei 35 qm ausschließlich gewerblich genutzt werden
können. Die Kaltmiete beträgt 500,00 Euro monatlich. Nebenkosten sind extra zu entrichten.
Der Antragsteller bezieht laufende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II). Die Antragsgegnerin
kommt für die Regelleistung auf. Der Landkreis Uelzen leistet die Kosten der Unterkunft.
Mit Bescheid vom 30.01.2008 gewährte die Agentur für Arbeit Lüchow der Bedarfsgemeinschaft des Klägers für den
Zeitraum Februar bis Juli 2008 Leistungen in Höhe von insgesamt 911,00 Euro (Bl. 174 ff. der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 12.02.2008 legte der Antragsteller gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Er führte aus, dass die
Leistungen für Wasser/Abwasser, Strom und Gas aufgrund der extremen Verteuerung der Mietnebenkosten sofort zu
erhöhen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2008 wies die Antragsgegnerin diesen Widerspruch als unbegründet zurück. Sie
führte aus, dass für die Kosten für Wasser/Abwasser und Gas der Landkreis Lüchow-Dannenberg zuständig sei.
Hinsichtlich der Stromkosten sei es gesetzlich geregelt, dass diese Bestandteil der Regelleistungen seien und nicht
extra in der tatsächlich anfallenden Höhe abgegolten werden dürften.
Mit Schreiben vom 10.03.2008 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt.
Er meint, die gestiegenen Kosten seien zu übernehmen oder es müsse zu einer normgerechten Erhöhung des
Arbeitslosengeld II-Satzes kommen. Im Schriftsatz vom 31.03.2008 legte er dar, dass er von der Antragsgegnerin
insgesamt 301,22 Euro begehre. Auf Anfrage der Kammer teilte der Antragsteller im gleichen Schriftsatz mit, dass
ihm gedroht werde, Strom und Wasser abzustellen. Schriftlich könne er dies jedoch nicht belegen.
Die begehrten Leistungen hat der Antragsteller in einem vorherigen einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem
Sozialgericht Lüneburg mit dem Aktenzeichen S 27 AS 170/08 ER vom Landkreis Uelzen begehrt. Die Beschwerde
gegen den hierauf erfolgten ablehnenden Beschluss vom 21.02.2008 wurde vom Landessozialgericht Niedersachsen-
Bremen mit Beschluss vom 30.03.2008 (Az.: L 6 AS 164/08 ER) als unbegründet zurückgewiesen
Der Antragssteller beantragt,
die Antragsgegnerin zu verurteilen, die tatsächlichen Kosten für Wasser, Strom und anteilig Gas für Warmwasser zu
zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie bezieht sich hierbei auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die
Prozessakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Antragsgegnerin (27102BG0007375) Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist
zulässig, aber unbegründet.
Gemäß § 86b Abs.2 S.2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in
Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
nötig erscheint. Die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs – die Rechtsposition, deren
Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie des Anordnungsgrunds – die Eilbedürftigkeit der
begehrten vorläufigen Regelung – sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs.2 S.4 SGG, § 920 Abs.3 Zivilprozessordnung
- ZPO -).
Steht dem Antragsteller ein von ihm geltend gemachter Anspruch voraussichtlich zu und ist ihm nicht zuzumuten, den
Ausgang des Verfahrens abzuwarten, hat der Antragsteller Anspruch auf die beantragte Leistung im Wege vorläufigen
Rechtsschutzes. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht
möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind die grundrechtlichen Belange des
Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen (BVerfG, Beschluss v. 12.05.2005 – 1 BvR 569/05).
1. Hinsichtlich der Kosten für Wasser/Abwasser und Gas wendet sich der Antragsteller an den falschen
Leistungsträger. Zuständig wäre hier der Landkreis Lüchow-Dannenberg. Insoweit ist kein Anordnungsanspruch
gegeben.
2. Hinsichtlich der Stromkosten, für die die Antragsgegnerin die richtige Leistungsträgerin wäre, hat der Antragsteller
einen Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft machen können.
Im Rahmen der hier in Betracht kommenden Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs.2 S.2 SGG wird verlangt, dass
eine akute existenzielle wirtschaftliche Notlage des Antragstellers vorliegt, die es rechtfertigen könnte,
ausnahmsweise die Hauptsache vorweg zu nehmen und die Antragsgegnerin zur Zahlung der begehrten Leistung
vorläufig zu verpflichten (vgl. jüngst Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 14.11.2007 - L 9 AS
551/07 ER -).
Eine derartige existentielle wirtschaftliche Notlage käme hier in Betracht, wenn tatsächlich das Abstellen der
Haushaltsenergie und/oder des Wassers drohen würde. Dies konnte der Antragsteller jedoch nicht glaubhaft machen.
Lediglich die Aussage, dass Mitarbeiter der Versorgungsunternehmen bereits an seiner Wohnungstür gewesen seien,
ist hierfür nicht ausreichend.
Die Versorgungsunternehmen sind gemäß § 19 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung
von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz
(Stromgrundversorgungsverordnung - StromGVV) verpflichtet, eine Unterbrechung der Grundversorgung vier Wochen
vor Beginn der Maßnahme anzudrohen, § 19 Abs. 2 S. 1 StromGVV. Zudem ist dem Kunden der Beginn der
Unterbrechung drei Werktage im Voraus anzukündigen, § 19 Abs. 3 StromGVV. Sollte der Stromversorger diese
Regelungen nicht einhalten, steht es dem Kunden frei, die Stromversorgung im Wege eines zivilrechtlichen
einstweiligen Verfügungsverfahrens gerichtlich durchsetzen zu lassen.
Der Antragsteller trägt selbst vor, dass sein Stromversorger diese Voraussetzungen nicht erfüllt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung von § 193 Abs. 1 und 4. SGG.
Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben, da der Streitwert nach Einlassung des Antragsstellers
301,22 Euro beträgt. Dieser Betrag übersteigt die Summe aus §§ 172 Abs. 3 Nr. 1, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG in
Höhe von 750,00 Euro nicht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG.