Urteil des SozG Leipzig vom 09.05.2006

SozG Leipzig: geldinstitut, bankkarte, anschrift, tod, missbrauch, auskunftspflicht, rückforderung, kreditinstitut, bankgeheimnis, verwaltungsakt

Sozialgericht Leipzig
Urteil vom 09.05.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Leipzig S 3 R 1231/05
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Die Revision wird unter Übergehung der Berufungsinstanz zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rücküberweisung von nach dem Tod einer Versicherten zu Unrecht erbrachten
Geldleistungen nach § 118 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Die Klägerin gewährte der am 22. März 2002 verstorbenen Versicherten ... eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe
eines Nettozahlbetrages von zuletzt 679,60 Euro monat-lich und überwies diesen Betrag auch für den Monat April
2002 auf das Konto der Versi-cherten bei der Beklagten.
Mit Schreiben vom 05. April 2002, welches am 12. April 2002 bei der Beklagten einging, forderte die Klägerin von der
Beklagten die Rückzahlung eines Betrages von 663,49 Euro, der sich aus der Nettozahlung von 679,60 Euro
abzüglich der für den Todesmonat ab dem Todestag ergebenden Eigenanteile des Rentners zur Kranken- und
Pflegeversicherung in Höhe von 12,49 Euro (vgl. Blatt 69 der Verwaltungsakte) ergab. Mit Schreiben vom 16. April
2002 und 14. Mai 2002 lehnte die Beklagte eine Rückzahlung der über den Sterbe-monat hinaus überwiesenen
Rentenbeträge ab, weil das Konto kein Guthaben aufweise. Der Kontostand im Zeitpunkt der Gutschrift am 28. März
2002 habe 0,85 Euro betragen. Der sich nach Eingang der Rentenzahlung ergebende Saldo von 680,45 Euro sei durch
Verfügungen am Geldautomaten mittels Bankkarte und Eingabe der PIN am 28. März 2002 um 500,00 Euro und am
30. März 2002 um weitere 180,00 Euro geschmälert worden. Nach Ausführung zweier Lastschriften am 04. April 2002
in Höhe von 12,22 Euro zu Gunsten der P ... und am 09. April 2002 in Höhe von 27,21 Euro zu Gunsten der T ... habe
das Konto bei Eingang der Rückforderung am 12. April 2002 einen Negativsaldo von 38,98 Euro aufgewiesen und sei
hiermit am 29. April 2003 aufgelöst worden. Die Barab-hebungen am Geldautomaten seien von einer unbekannten
Person durchgeführt worden; eine Vollmacht für ihr Konto habe die Versicherte nicht erteilt.
Mit Schreiben vom 02. Mai 2005 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung von 663,49 Euro auf und führte zur
Begründung aus, das Geldinstitut sei nach § 118 Abs. 3 SGB VI auch dann erstattungspflichtig, wenn ein Verfügender
nicht festgestellt werden könne. Da die Abhebungen nach dem Tod der Kontoinhaberin erfolgt seien, hätten sie nicht
von einem Berechtigten veranlasst worden sein können. Die Beklagte lehnte die Rücküberweisung mit Schreiben vom
24. Mai 2005 ab, woraufhin die Klägerin am 24. August 2005 Klage zum Sozialgericht erhob.
Sie ist der Auffassung, die Beklagte habe den Entreicherungseinwand des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI nicht
schlüssig dargelegt und sei daher zur Erstattung verpflichtet. Allein die Tatsache, dass Name und Anschrift des
Verfügenden nicht feststellbar seien, führe nicht zum Vorliegen der Voraussetzungen, die das Bundessozialgericht an
eine schlüssige Darlegung des Entreicherungseinwandes stelle. Das Risiko nichtautorisierter Geldautoma-ten-
Verfügungen könne nicht zu Lasten des Rentenversicherungsträgers gehen, sondern falle in den Risikobereich der
Beklagten. Schließlich habe sie mit der Möglichkeit, am Automaten mit der EC-Karte und der Geheimzahl anonym
Geld abzuheben, ein Gefähr-dungspotential geschaffen habe, das nicht zu Lasten Dritter gehen könne.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 663,49 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf den Entreicherungseinwand des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI und führt zur Begründung aus, das
Gesetz sehe keine Sanktion für den Fall vor, dass es ihr unmög-lich sei, die Person des Verfügenden zu benennen.
Die Verfügungen am Geldautomaten führten zu einer Belastung des im Guthaben geführten Kontos mit
schuldbefreiender Wir-kung für die Beklagte. Nach Buchst. A Ziff. III Nr. 1.4 ihrer im vorliegenden Fall maßgeb-lichen
"Bedingungen für die Verwendung von SparkassenCards" (Bl. 11, 12 der Gerichts-akte) hafte die Beklagte nur dann
für die missbräuchliche Verwendung der Sparkassen-Card, wenn die Verfügungen am Geldautomaten nach der
Verlustanzeige der Sparkassen-Card erfolgten oder die Beklagte ein Mitverschulden zu vertreten habe. Dies sei
jedoch nicht der Fall, weil nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich der Anscheinsbeweis für
ein grob fahrlässiges Verhalten des Karteninhabers gelte, wenn ein anderer mit seiner Geheimzahl Verfügungen am
Geldautomaten tätige. Damit entfalle die Haftung der kontoführenden Bank für Verfügungen durch Dritte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwal-tungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) zulässig.
Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis entfällt nicht dadurch, dass sich die Klägerin durch Erlass eines
entsprechenden Verwaltungsaktes auf einfacherem Wege an die Beklag-te hätte halten können. Zwar hat der Träger
der Rentenversicherung nach § 118 Abs. 4 Satz 2 SGB VI in der Fassung des Hüttenknappschaftlichen
Zusatzversicherungs-Neuregelungs-Gesetzes (HZvNG) vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2167) "Erstattungsansprüche"
durch Verwaltungsakt geltend zu machen. Ob dies auch für den in § 118 Abs. 3 SGB VI geregel-ten
Rücküberweisungsanspruch gegenüber dem Geldinstitut gilt, kann im Ergebnis dahin-stehen. Anzuwenden ist
vorliegend nämlich die Vorschrift in der Fassung des Art. 1 Nr. 20 des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches
Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB VI-ÄndG) vom 15. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1824), weil ein etwaiger
Rückforde-rungsanspruch der Klägerin vor dem In-Kraft-Treten des HZvNG am 29. Juni 2002 (Art. 25 Abs. 8 HZvNG)
entstanden ist. In dieser Gesetzesfassung war keine Ermächtigung zum Vorgehen gegenüber
Erstattungsverpflichteten mittels Verwaltungsakt enthalten. Die von der Klägerin erhobene allgemeine Leistungsklage
ist daher zulässig.
II. Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Ein Anspruch der Klägerin auf Rücküberweisung der für den Monat April 2002 überzahl-ten Rente besteht nicht, weil
sich die Beklagte mit Erfolg auf den anspruchsvernichtenden Entreicherungseinwand des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI
berufen kann.
Nach § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI gelten Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein
Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht. Auf Anforderung hat das
Geldinstitut diese der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurück zu überweisen (§ 118
Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Die Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entspre-chenden
Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus
einem Gutachten erfolgen kann (§ 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI) oder der überwiesene Betrag zur Befriedigung eigener
Forderungen verwendet wurde (§ 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI). Dabei hat das Geldinstitut nach § 118 Abs. 4 Satz 2
SGB VI in der vorliegend maßgeblichen Fassung (vgl. oben; jetzt: § 118 Abs. 4 Satz 4 SGB VI) der überweisenden
Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung auf Verlangen Namen und Anschrift der Personen, die über den
Betrag verfügt haben, und etwaiger neuer Kontoinhaber zu benennen, wenn es eine Rücküberweisung mit dem
Hinweis ablehnt, über den entsprechenden Betrag sei bereits anderweitig verfügt worden.
Vorliegend erfolgte die Rentenzahlung für den Monat April 2002 zu Unrecht, da Renten nach § 102 Abs. 5 SGB VI nur
bis zum Ende des Kalendermonats geleistet werden, in dem der Berechtigte verstorben ist. Im Verhältnis zur
Beklagten erfolgte die Zahlung daher nach § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI unter Vorbehalt. Dem somit zwar
entstandenen Rück-überweisungsanspruch in Höhe eines von der Klägerin zutreffend errechneten Betrages von
663,49 Euro kann die Beklagte allerdings entgegenhalten, dass über den Betrag bei Eingang der Rückforderung
bereits anderweitig verfügt worden ist. Zur Geltendmachung dieses Entreicherungseinwandes nach § 118 Abs. 3 Satz
3 SGB VI hat das Geldinstitut zu folgenden Tatsachen schlüssig vorzutragen (vgl. BSG, Urteil vom 08. Juni 2004 – B
4 RA 42/03 R, SGb 2004, 476):
- Kontostand zum Zeitpunkt der Gutschrift ("Abrufpräsenz") - Falls im Zeitpunkt der Gutschrift ein Guthaben bestand:
Kontostand bei Eingang des Rückforderungsverlangens. - Soweit bei Eingang des Rückforderungsverlangens kein
Guthaben auf dem Konto bestand: Rechtshandlungen des Geldinstituts nach der Gutschrift, welche den Schutzbetrag
gemindert oder aufgehoben haben. - Soweit das Geldinstitut nicht in den Schutzbetrag eingegriffen hat: Namen und
An-schriften der Personen, die (im Verhältnis zum Geldinstitut rechtswirksam) den Schutzbetrag (ganz oder teilweise)
abgehoben oder überwiesen haben, die jeweili-gen Verfügungszeitpunkte und der jeweils verbliebene Rest des
Schutzbetrages.
Diesen Vorgaben genügende Angaben hat die Beklagte gegenüber der Klägerin mit den Schreiben vom 16. April 2002
und 14. Mai 2002 gemacht. Die Beklagte hat die Abrufpräsenz (0,85 Euro), das Fehlen eines Guthabens bei Eingang
des Rückforde-rungsverlangens, die unterbliebene Befriedigung eigener Forderungen aus dem Gutha-ben, Namen und
Anschriften – soweit ihr das möglich bzw. es erforderlich war - der Empfänger und Verfügenden sowie die
Kontobewegungen mit den jeweiligen Verfü-gungszeitpunkten zwischen Eingang der Rentenzahlung und Eingang des
Rückforde-rungsverlangens schlüssig dargelegt.
Erörterungswert schienen der Kammer bei der Frage der Schlüssigkeit des Entreiche-rungseinwandes folgende
Punkte:
1. Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung des Entreicherungseinwandes ist nach dem zuvor Gesagten
die Wirksamkeit der das Kontoguthaben schmälernden Ver-fügungen. Dabei ist in Akzessorietät zum Zivilrecht
maßgebend, ob das Kreditinstitut durch die Verfügungen gegenüber dem Kontoinhaber bzw. seinen Erben von einer
Verbindlichkeit aus dem Bankvertrag befreit wurde. Vorliegend sind die beiden Barab-hebungen von unbekannten
Personen im Verhältnis zur Beklagten wirksam gewesen sind. Insoweit hat die Beklagte nämlich zu Recht darauf
hingewiesen, dass nach Buchst. A Ziff. III Nr. 1.4 ihrer das Rechtsverhältnis zur Versicherten bestimmenden
allgemeinen Geschäftsbedingungen ("Bedingungen für die Verwendung von Sparkas-senCards") der Kontoinhaber für
solche Schäden durch missbräuchliche Verwendung der SparkassenCard an Geldautomaten haftet, die auf einer
schuldhaften Verletzung seiner Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten beruhen und vor einer etwaigen Verlustan-zeige
entstanden sind. Regelbeispielhaft wird weiter ausgeführt, dass von grober Fahr-lässigkeit des Karteninhabers
auszugehen sei, wenn die persönliche Geheimzahl einer anderen Person mitgeteilt und der Missbrauch dadurch
verursacht worden sei. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. etwa Urteil des BGH vom 05.
Ok-tober 2004 – XI ZR 210/03 - BGHZ 160, 308 ff.) spricht bei Verwendung einer zuvor abhanden gekommenen ec-
Karte und Eingabe der richtigen persönlichen Geheimzahl (PIN) an Geldausgabeautomaten grundsätzlich der Beweis
des ersten Anscheins dafür, dass der Karteninhaber die PIN auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam mit dieser
verwahrt hat, wenn andere Ursachen für den Missbrauch nach der Lebenserfahrung au-ßer Betracht bleiben. Die
Möglichkeit eines Ausspähens der persönlichen Geheimzahl durch einen unbekannten Dritten kommt als andere
Ursache grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die ec-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit der
Ein-gabe der PIN durch den Karteninhaber an einem Geldausgabeautomaten oder einem POS-Terminal entwendet
worden ist (BGH, a.a.O).
Unter Anwendung dieser Grundsätze sowie unter Berücksichtigung der in Überein-stimmung hiermit stehenden
"Bedingungen für die Verwendung von SparkassenCards" spricht vorliegend der Beweis des ersten Anscheins für
einen der Versicherten (und nachfolgend ihren Erben) zuzurechnenden Missbrauch der Bankkarte, so dass die Bar-
abhebungen gegenüber der Beklagten wirksam sind. Wenn nämlich nach dem Tod der Versicherten mittels PIN und
Bankkarte (ein Unterschied zur ec-Karte ist insoweit nicht gegeben) Abhebungen vorgenommen worden sind, drängen
sich andere Ursachen für den Missbrauch als ein grob fahrlässiger Umgang der Versicherten mit der PIN nicht auf.
Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Bankkarte in ei-nem näheren zeitlichen Zusammenhang
mit der Eingabe der PIN durch die Versicherte an einem Geldausgabeautomaten entwendet worden sein könnte. Die
Barabhebungen sind also im Verhältnis zur Beklagten wirksam erfolgt.
2. Dass die Beklagte Namen und Anschriften der Personen nicht benannt hat, die am Geldautomaten nach dem Tod
der Versicherten Barabhebungen vorgenommen haben, berührt die Vollständigkeit der Angaben und damit die
Wirksamkeit des Entreiche-rungseinwandes nicht.
Die nach dem Gesetzeswortlaut bestehende Obliegenheit des Geldinstitutes, Namen und Anschrift der Verfügenden
und Empfänger anzugeben, ist im Wege der teleologi-schen Reduktion dahingehend einzuschränken, dass der
Entreicherungseinwand dann nicht entfällt, wenn das Geldinstitut – wovon vorliegend aufgrund der Gesamtumstände
auszugehen ist – die Person des Empfängers oder Verfügenden nicht kennt und auch nicht ermitteln kann (so im
Ergebnis auch: Hessisches LSG, Urteil vom 31. Januar 2006 – L 2 RJ 1257/03; SG Düsseldorf, Urteil vom 22.
September 2004 – S 39 RJ 192/02). Die durch das SGBVI-ÄndG normierte Auskunftspflicht des Geldinstitutes soll
nämlich ausweislich der Gesetzesbegründung "die Feststellung des Erstattungsver-pflichteten ermöglichen" (BT-Drs.
13/2590, S. 25). Das Geldinstitut hat dem Renten-versicherungsträger also deshalb Auskunft zu geben, damit dieser
seinen Erstattungs-anspruch nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI durchsetzen kann. Eine Berufung auf das
Bankgeheimnis zu Lasten des Rentenversicherungsträgers soll demgegenüber nicht möglich sein. Dies erhellt, dass
eine Auskunftspflicht in den Fällen keinen Sinn macht, in denen dem Rentenversicherungsträger aufgrund allseitiger
Unkenntnis des Empfän-gers oder Verfügenden die Verfolgung eines Erstattungsanspruches nicht möglich ist und
sich hieran auch unter Ausschöpfung der (nicht vorhandenen) Erkenntnisse des Geldinstitutes nichts ändert.
Ebensowenig macht es Sinn, das Geldinstitut in diesen Fällen kraft Gesetzes zu einer Durchbrechung des
Bankgeheimnisses anzuhalten, wenn es doch den durch das Bankgeheimnis geschützten Empfänger gar nicht kennt.
Es liegen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, der Gesetzgeber habe die ob-jektive Unmöglichkeit, Namen
und Anschrift des Empfängers oder Verfügenden zu benennen, mit dem Wegfall des Entreicherungseinwandes
sanktionieren wollen. Mit § 118 Abs. 3 SGB VI wurde eine zuvor zwischen den Spitzenverbänden der Kreditin-stitute
und dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger getroffene freiwillige Vereinbarung auf eine gesetzliche
Grundlage gestellt, freilich ohne dass sich in der Ge-setzesbegründung (BT-Drs. 11/4124 S. 179) eigenständige
teleologische Erwägungen des Gesetzgebers niedergeschlagen hätten. Offenkundig handelt es sich bei der Vor-schrift
jedoch um einen typisierten Interessenausgleich, dem folgende Gedanken zu Grunde liegen: - der Rentenversicherer
soll zu Unrecht erbrachte Leistungen vereinfacht zurückver-langen können, - das Kreditinstitut soll sich nicht selbst an
der zu Unrecht erbrachten Leistung berei-chern und - privatrechtlich wirksame Verfügungen sollen im Verhältnis zum
Geldinstitut Be-stand behalten. Eine Einstandspflicht des Geldinstitutes für die missbräuchliche Verwendung von ec-
oder Bankkarten würde diesen Interessenausgleich einseitig zu Gunsten des Rentenver-sicherungsträgers
überdehnen. Der Einwand der Klägerin, die Beklagte habe mit der Ausgabe der Bankkarte ein besonderes
Gefährdungspotential geschaffen, für das sie nunmehr einzustehen habe, hat die Kammer nicht überzeugt. Die
Verwendung von Bankkarten oder ec-Karten, die mit Hilfe einer Geheimzahl Barabhebungen ermögli-chen, ist
mittlerweile nahezu unabdingbare Voraussetzung für eine Teilhabe am gesell-schaftlichen Leben. Unter Abwägung mit
den Interessen der Rentner vermochte die Kammer daher in der Ausgabe einer Bankkarte eine besondere Gefährdung
der Interes-sen der Klägerin mit der Folge einer erweiterten Einstandspflicht der Beklagten nicht zu erkennen.
3. Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass die Beklagte ihrer Auskunftspflicht aus § 118 Abs. 4 Satz 2 SGB VI in der
hier maßgeblichen Fassung auch insoweit genügt hat, als sie sich auf die Angaben "P ... und "T ... als Empfänger der
Lastschriften vom 04. und 09. April 2002 beschränkt hat. Die Ermittlung der Anschriften zur Geltendmachung von
Erstattungsansprüchen ist der Klägerin nämlich unschwer selbst möglich und zu-mutbar, weil es sich bei den
Empfängern um einen zumindest regional bekannten TV-Kabelanbieter bzw. ein bundesweit bekanntes
Telekommunikationsunternehmen han-delt. In einem solchen Fall ist die erteilte Auskunft des Kreditinstitutes trotz
des Feh-lens des gesetzlichen Bestandteils "Anschrift" als vollständig zu bewerten.
Die Klage war mithin aufgrund des von der Beklagten schlüssig dargelegten Entreiche-rungseinwandes ( § 118 Abs. 3
Satz 3 SGB VI) abzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
IV. Die Kammer hat die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz nach §§ 161 Abs. 2 Satz 1, 160 Abs. 2 Nr.
1 SGG zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Soweit ersichtlich ist durch das
Bundessozialgericht bislang nicht ent-schieden worden, ob der Entreicherungseinwand des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB
VI auch dann schlüssig dargelegt ist, wenn Name und Anschrift des Empfängers oder Verfü-genden dem Geldinstitut
nicht bekannt sind. Eine Klärung erscheint mit Rücksicht auf das denkbare Auftreten ähnlich gelagerter Fälle
wünschenswert.