Urteil des SozG Köln vom 29.07.2010

SozG Köln (reparaturkosten, abgrenzung zu, wohnung, heizung, sicherung, sgg, begründung, anteil, reparatur, mieter)

Sozialgericht Köln, S 32 AS 2091/10
Datum:
29.07.2010
Gericht:
Sozialgericht Köln
Spruchkörper:
32. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 32 AS 2091/10
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu
erstatten.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Reparaturkosten für ein defektes Ventil
an einem Wasseranschluss als Unterkunftskosten auf der Grundlage von § 22 Abs. 1
Satz 1 SGB II.
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Die Klägerin bezieht seit 2006 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem SGB II von der Beklagten. Gemeinsam mit ihrem Ehemann bewohnt die
Klägerin seit November 2008 eine Wohnung im Haus G-Straße in B. Die Grundmiete
beträgt 286,00 Euro zuzüglich Heiz- und Nebenkosten. Nach Ziff. 5 des durch die
Klägerin unterzeichneten Mietvertrages trägt der Mieter die Kosten für
Schönheitsreparaturen und kleine Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten selbst.
Die Einzelheiten dazu sind in § 9 der Allgemeinen Vertragsvereinbarungen
Wohnungsmietvertrag (AVW) geregelt, die gemäß Ziff. 7 des Mietvertrages Bestandteil
des Mietvertrages sind. § 9 Ziff. 5 AVW bestimmt, dass der Mieter die Kosten für kleine
Instandhaltungen trägt, soweit die Kosten für die Einzelreparatur 75,00 Euro und der
dem Mieter dadurch entstehende jährlich Aufwand 6 % der Jahresgrundmiete nicht
übersteigt. Die kleinen Instandhaltungen sollen das Beheben kleiner Schäden u.a. an
den Installationsgegenständen für Elektrizität, Wasser und Gas sowie
Heizkörperventilen, Abflüssen, Wasserhähnen, Waschbecken und Duschvorrichtungen
umfassen.
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Am 30.01.2009 ließ die Klägerin ein undichtes Eckventil an einem Wasseranschluss in
der Küche durch die Firma R. für 49,97 Euro reparieren. Den am 12.11.2009 in
Rechnung gestellten Betrag überwies die Klägerin am 07.12.2009. Am 12.02.2010
beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Reparaturkosten. Die
Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 03.03.2010 ab. Zur Begründung führte die
Beklagte an, dass die durch die Rechnung nachgewiesenen Reparaturkosten bereits
von der laufenden Regelleistung umfasst seien. Zur Reparatur und Instandhaltung der
Wohnung gehörten kleinere Aufwendungen, die in einer Mietwohnung üblicherweise
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auch außerhalb von Schönheitsreparaturen anfallen und mithin nicht als zusätzlicher
Bedarf im Rahmen der anteiligen Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22
Abs. 1 Satz 1 SGB II anerkannt werden könnten. Mit Schreiben vom 31.03.2010 legte
die Klägerin gegen den Bescheid vom 03.03.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung
führte die Klägerin aus, dass sich die Reparaturkosten letztlich aus dem Mietvertrag
ergäben und daher den Unterkunftskosten im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II
zuzurechnen seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2010 wies die Beklagte den
Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Am 21.05.2010 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie unter Wiederholung und
Vertiefung ihres Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren die Übernahme der
Reparaturkosten durch die Beklagte begehrt.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 03.03.2010 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2010 einen Betrag von 49,97 Euro für
die Reparaturkosten zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte verweist zur Begründung ihrer Rechtsansicht auf die Ausführungen in den
mit der Klage angefochtenen Bescheiden.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug
genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig, in der Sache
aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 03.03.2010 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 31.03.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht
im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG in ihren Rechten.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der Reparaturkosten in Höhe von
49,97 Euro aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Aufwendungen eines Mieters für kleinere
Reparaturen in der Wohnung, die jenseits mietvertraglich geschuldeter
Schönheitsreparaturen entstehen und die auch keine wertsteigernden Reparatur- und
Erneuerungsarbeiten darstellen, sind bereits in dem Regelsatz zur Sicherung des
Lebensunterhaltes gemäß § 20 Abs. 1 SGB II enthalten (BSG, Urteil vom 19.03.2008,
Az.: B 11b AS 31/06 R; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.01.2009, Az.: L 7
SO 5864/08 NZB; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.2009, Az.: L 12 AS
575/09; zur Abgrenzung zu wertsteigernden Reparatur- und Erneuerungsarbeiten vgl.
Bay. LSG, Urteil vom 15.10.2008, Az.: L 16 AS 330/07 und LSG Sachsen-Anhalt,
Beschluss vom 16.11.2005, Az.: L 2 B 68/05 AS ER; jeweils zitiert nach Juris). Gemäß §
20 Abs. 1 SGB II umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes
insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die
auf die Heizung entfallenden Anteile, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in
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vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen
Leben. Bei der Festsetzung der Regelleistung in § 20 Abs. 1 SGB II hat sich der
Gesetzgeber an das Sozialhilferecht angelehnt (vgl. BT-Drucks. 15/1516, S. 56). Für die
Bemessung der Regelleistungen sind demnach die Regelungen im SGB XII
einschließlich der Regelsatzverordnung einschlägig. Nach § 28 Abs. 1 SGB XII wird der
gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhaltes außerhalb von Unterkunft und
Heizung nach Regelsätzen erbracht. Grundlage für die Regelsatzbemessung sind die
tatsächlichen, statistisch ermittelten Verbrauchsausgaben von Haushalten in unteren
Einkommensgruppen. Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 3, 4 SGB XII ist Datengrundlage die
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes. Nach §
2 Abs. 2 der Regelsatzverordnung vom 03.06.2004, zuletzt geändert durch Artikel 17
des Gesetzes vom 02.03.2009 (BGBl. I Seite 416) setzt sich der Regelsatz aus
prozentualen Anteilen der Abteilungen des Verzeichnisses des Statistischen
Bundesamtes zur EVS zusammen. Grundlage ist dabei die EVS 2003, wobei der
Eckregelsatz entsprechend den Änderungen des aktuellen Rentenwertes anzupassen
ist. Gemäß § 2 Abs. 2 Ziff. 3 der Regelsatzverordnung fließen dabei auch die in
Abteilung 4 der EVS erfassten Ausgaben für den Bereich Wohnen, Energie und
Wohnungsinstandhaltung zu einem Anteil von 8 % ein. Der niedrige Anteil von 8 %
beruht dabei darauf, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung gesondert abgedeckt
sind. Die Einzelpositionen für Strom werden weitgehend, die Ausgaben für Reparaturen
in der Wohnung voll anerkannt (vgl. BR-Drucks. 206/04, S. 7, 8).
Eine Übernahme der Reparaturkosten durch die Beklagte wäre allenfalls
darlehensweise gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II möglich. Danach erbringt die Agentur
für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als
Geldleistung und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen, wenn im
Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen
unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes weder durch das
Vermögen noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Das Vorliegen eines
unabweisbaren Bedarfs setzt dabei in zeitlicher Hinsicht voraus, dass es sich um einen
Bedarf handelt, dessen Abdeckung keinen Aufschub duldet (vgl. Lang/Blüggel, in:
Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 23 Rn. 27). Eine darlehensweise
Kostenübernahme von in diesem Sinne keinen Aufschub duldenden
Reparaturmaßnahmen käme insbesondere dann in Betracht, wenn die Klägerin
aufgrund der Höhe der Kosten oder aufgrund einer zeitlichen Häufung von
Reparaturfällen nicht in der Lage wäre, diese durch den im Regelsatz enthaltenen Anteil
für Instandhaltungsreparaturen zu decken. Vorliegend hat die Klägerin die
Reparaturkosten jedoch umgehend beglichen, so dass eine darlehensweise
Übernahme der Reparaturkosten nicht mehr in Betracht kommt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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Die Berufung war gemäß § 144 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.
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