Urteil des SozG Koblenz vom 26.10.2005

SozG Koblenz: stationäre behandlung, krankenkasse, treu und glauben, ambulante behandlung, anforderung, vertreter, arztbericht, nachbehandlung, beendigung, verfügung

Sozialrecht
SG
Koblenz
26.10.2005
S 6 KR 550/04
Krankenhausabrechnung
Tenor:
1. Auf die Klage hin wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin 4.252,50 € nebst Zinsen in Höhe von 2
Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2003 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen - sowie die Verfahrenskosten.
3. Der Streitwert wird auf 4.252,50 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Krankenhausbehandlungskosten.
Die Klägerin betreibt in L ein nach § 108 SGB V zugelassenes Vertragskrankenhaus.
Gemäß § 1 Nr. 1 des am 01.07.1977 geschlossenen Vertrages zwischen dem Krankenkassenverband K,
dem Landesverband der Betriebskrankenkassen R-P und der Krankenkasse der Rheinischen
Landwirtschaft einerseits und der Klägerin andererseits ist Gegenstand des Vertrages die Behandlung
zugewiesener Patienten im Rahmen
der orthopädischen Nachsorge und eventuellen Vorbereitung für operative Behandlung,
der Diagnostik und Therapie funktioneller Organstörungen psychogener Ursache unter Berücksichtigung
psycho-sozialer Probleme,
der Krebsnachsorge und der Nachbehandlung nach Operationen im Bereich des Magen-Darm-Traktes
(als allgemeine Nachsorge bezeichnet).
Nach § 1 Abs. 2 des Vertrages darf die Klinik zur orthopädischen Nachsorge nur solche Patienten
aufnehmen die ihr von einem anderen Krankenhaus oder einer anderen Klinik zur Nachsorge oder
präoperativen Behandlung zugewiesen werden.
Der zwischen der Klägerin einerseits und dem Verband der Angestelltenkrankenkassen e.V. und dem
Verband der Arbeiterersatzkassen e.V. am 12.02.1982 bzw. 24.02.1982 geschlossene Vertrag sieht in § 1
die Behandlung zugewiesener Patienten im Rahmen
der orthopädischen Krankheiten;
der orthopädischen Krankheiten;
der internistischen und psychosomatischen Krankheiten;
der Krebsnachsorge und der Nachbehandlung nach Operationen im Bereich des Magen-Darm-Traktes
(als allgemeine Nachsorge bezeichnet)
vor.
Die bei der Beklagten krankenversicherte S Sch wurde aufgrund einer Verordnung vom 23.06.2003 des
Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R, M, in der Zeit vom 20.08.2003 bis 18.09.2003 auf der internistisch /
psychosomatischen Station der Klägerin behandelt. Die Entlassung erfolgte am 19.09.2003.
Als Diagnosen hatte der verordnende Arzt aufgeführt:
Anpassungsstörung mit depressivem Erschöpfungssyndrom.
Nachdem die Klägerin unter Voralge der Einweisungsverordnung mit Schreiben vom 21.08.2003 einen
Kostenübernahmeantrag bei der Beklagten eingereicht hatte, teilte die Beklagte mit Schreiben vom
25.08.2003 mit, sie könne nicht nachvollziehen, dass eine akute Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB
V erforderlich sei. Sie sei bereit, den Antrag genauer zu prüfen. Hierzu erbat sie die Übersendung eines
aussagefähigen Kurzberichtes.
Der entsprechende Kurzbericht vom 03.09.2003 ging der Beklagten am 05.09.2003 zu.
Nach Vorlage des selben bei dem MDK N teilte Dr. W in einer Stellungnahme mit, aus den vorliegenden
Unterlagen gehe die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung nicht hervor. Er erbat Sachaufklärung.
Mit Schreiben vom 30.09.2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der MDK um die Übersendung
weiterer medizinischer Unterlagen (Entlassungsbericht, Arztbericht oder ähnliches) gebeten habe. In
diesem Schreiben bat die Beklagte weiter, dass die Klägerin dem beratenden Medizinischen Dienst N die
entsprechenden aussagefähigen medizinischen Unterlagen mit einer Kopie dieses Schreibens zusendet.
Mit einem Schreiben vom 23.10.2003 teilten Mediziner der Klägerin der Beklagten mit, dass aus dem
Schreiben des MDK nicht hervorgehe, welche Unterlagen dem MDK vorliegen. Es sei von Nöten, eine
entsprechende Begründung für die Überprüfung vorzulegen.
Mit Schreiben vom 30.10.2003 teilte die Beklagte der Klägerin sodann mit, dem MDK B liege die
Aufnahme- und die Entlassungsmitteilung sowie der Kurzbericht vor. Zu einer weiteren Bearbeitung wurde
die Übersendung des Entlassungsberichts an sie selbst erbeten, damit dieser in einem verschlossenen
Umschlag an den MDK weitergegeben werden könne.
Anschließend teilte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 04.11.2003 mit, eine Anforderung von
Informationen und Unterlagen, die über einen Kurzbericht hinausgehen, sei durch die Beklagte selbst
nach dem in R-P geltenden Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer einer
Krankenhausbehandlung ausgeschlossen. Ausschließlich durch für den Medizinischen Dienst tätige Ärzte
dürften solche Informationen und Unterlagen angefordert werden.
Nach einer weiteren Korrespondenz teilte die Beklagte der Klägerin dann mit Schreiben vom 09.02.2004
mit, dass die Vergütungsforderung der Klägerin von der Krankenkasse zu überprüfen sei. Nach dem
entsprechenden Vertrag obliege der Krankenkasse die Überprüfung der leistungsrechtlichen
Voraussetzungen. Entgegen der Auffassung der Klägerin erfordere der Vertrag nicht die Einschaltung des
für den Sitz des Krankenhauses zuständigen MDKs. Der übersandte Kurzbericht reiche inhaltlich für die
Überprüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen bei Weitem nicht aus. In diesem Schreiben wurde
weiterhin eine nachvollziehbarere Erläuterung zur Notwendigkeit und zur Dauer des Aufenthalts der
Versicherten erbeten. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass die Beklagte alternativ damit einverstanden
wäre, wenn die Klägerin die Krankenakte an den Medizinischen Dienst senden würde.
Die Klägerin teilte der Beklagten sodann nochmals mit, dass nach ihrer Auffassung nur der MDK selbst
ärztliche Befunde und Unterlagen anfordern dürfe.
Anschließend teilte die Beklagte mit Schreiben vom 16.02.2004 mit, dass der Kostenübernahmeantrag
sowie der Kurzbericht entscheidende Informationslücken enthalte. Diese Lücken müssten zunächst
geschlossen werden. Erst dann könne entschieden werden, ob sie den Medizinischen Dienst für die
Beurteilung benötige. Ob überhaupt Krankenunterlagen für eine Beurteilung durch den MDK erforderlich
seien, entscheide sich allerdings erst, wenn umfassende und nachvollziehbare
Sachverhaltsinformationen (ggf. bezeichnet als Kurzbericht) vorliegen würden.
Am 03.09.2004 erhob die Klägerin Leistungsklage.
Sie macht geltend, ihre Forderung gemäß der Rechnung vom 30.09.2003 sei einschränkungslos
begründet, da der stationäre Aufenthalt der Versicherten vergütungspflichtig sei. Während der gesamten
Dauer habe eine medizinisch notwendige stationäre Krankenhausbehandlung gemäß § 39 SGB V
vorgelegen. Das Verhalten der Beklagten hinsichtlich der Kostenübernahmeerklärung entspreche in
keinster Weise den bindenden Regelungen. Der Medizinische Dienst sei nicht ordnungsgemäß
eingeschaltet worden. Zwar habe der Medizinischen Dienst den von ihr übersandten Kurzbericht
ausgewertet. Weitere Informationen und Unterlagen habe der Medizinische Dienst jedoch nicht
angefordert. Dieser bzw. die Beklagte habe die detaillierten Verfahrensregelungen der §§ 2 bis 7 des
Vertrages vom 25.03.1991 ignoriert. Hierdurch verzögere sich das Verfahren so lange mit der Folge, dass
naturgemäß die anschauliche Erinnerung des behandelnden Arztes bereits nachgelassen hat. Die nicht
ordnungsgemäße Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung führe
vorliegend zum Ausschluss des Einwandes der Beklagten, es liege für die berechnete Dauer keine
medizinisch notwendige Krankenhausbehandlung vor.
In § 2 Abs. 2 des Vertrages vom 25.03.1991 sei ausdrücklich bestimmt, dass die Anforderung und
Verwendung der Krankenunterlagen ausschließlich durch Ärzte, die für den Medizinischen Dienst tätig
sind, erfolgen darf. Der MDK habe hier ein solches Anforderungsschreiben jedoch nicht zur Verfügung
gestellt. Insofern sei sie auch nicht verpflichtet, mit Ausnahme der Übersendung des Kurzberichtes weitere
Unterlagen der Beklagten zur Verfügung zu stellen.
Die Klägerin legt die Krankenakte vor und verweist auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Koblenz
vom 21.12.2004.
Darüber hinaus verweist sie auf die Ausführungen im Entlassungsbericht, wonach die stationäre
Behandlung der Versicherten notwendig gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, 4.252,50 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozent über dem Basiszinssatz seit
dem 15.10.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, nach Vorlage des Kurzberichtes und der Auswertung des selben durch den MDK habe
sie um die Übersendung weiterer medizinischer Unterlagen für den MDK gebeten. Entsprechende
Unterlagen seien ihr nicht übersandt worden. Wegen fehlender Informationen seitens der Klägerin sei ihr
die Art, Schwere, Dauer der Erkrankung sowie der Krankheitsverlauf unbekannt. Mithin könne sie nicht
entscheiden, ob der MDK eingeschaltet werden müsse. Es bestehe keine Pflicht, auf Wunsch der Klägerin
den MDK einzuschalten. Der Passus im 112er-Vertrag über die Überprüfung der Notwendigkeit und
Dauer der Krankenhausbehandlung, der die Anforderung von Krankenunterlagen alleine durch Ärzte des
MDK erlaube, sei rechtlich als äußerst bedenklich einzustufen. Hier handele es sich um eine
Vereinbarung zu Lasten Dritter, die nach ihrer Auffassung nichtig sei.
Grundsätzlich ermittele sie als Krankenkasse den Sachverhalt und bewerte ihn auch. Nur wenn aus ihrer
Sicht in Einzelfällen Anlass bestehe, die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung zu
überprüfen, so könne sie vor Beauftragung des Medizinischen Dienstes unter Angabe des
Überprüfungsanlasses eine Stellungnahme des Krankenhauses anfordern. Das Krankenhaus erläutere
dann die Dauer der stationären Behandlung in einem Kurzbericht.
Die Klägerin habe es ihr nicht ermöglicht, den Sacherhalt zu ermitteln. Die Klägerin verfolge nach ihrer
Auffassung die Taktik, die Arbeit des Medizinischen Dienstes, der personell natürlich wesentlich spärlicher
besetzt ist als die gesetzlichen Krankenkassen, mit banalen Sachverhaltsermittlungen zu blockieren. Sie
sei bestrebt, den MDK nur bei wirklich schwierigen medizinischen Sachverhalten in Anspruch zu nehmen.
Nur hierdurch sei gewährleistet, dass der MDK genügend Zeit habe, um qualifizierte Stellungnahmen
abzugeben.
Im Übrigen verweist sie auf eine ‑ nach Vorlage der Krankenakte durchgeführte ‑ sozialmedizinische
Begutachtung durch Dr. T und macht geltend, schon bei Aufnahme der Versicherten sei zu erkennen
gewesen, dass ein krankenhauspflegebedürftiger Gesundheitszustand nicht vorgelegen habe.
In der mündlichen Verhandlung räumt der Vertreter der Beklagten ein, dass die ärztlichen Unterlagen nur
durch Ärzte des MDK angefordert werden dürfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der
Prozessakte, den der Behandlungsakte sowie den der Verwaltungsakte. Er war Gegenstand der
mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist erfolgreich.
Die Klägerin hat Anspruch auf Ausgleich des Rechnungsbetrages in Höhe von 4.252,50 € nebst Zinsen in
Höhe von 2 Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2003.
Unabhängig von der Frage, ob aus medizinischer Sicht die stationäre Behandlung der Versicherten
notwendig war, hat die Klägerin Anspruch auf Ausgleich des vollen Rechnungsbetrages.
Zugelassene Krankenhäuser sind nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V im Rahmen ihres
Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet. Die Behandlungspflicht
löst einen Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber den gesetzlichen
Krankenversicherungsträgern aus, der unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der
Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten entsteht (BSG, Urteil vom 23.07.2002 -
B 3 KR 64/03 R -). Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruches ist § 109 Abs. 4
Satz 3 SGB V i.V.m. dem Vertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der
Krankenhausbehandlung (KBV) - und dem Vertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V - Überprüfung der
Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (KÜV) -. Beide Verträge sind zwischen der
Krankenhausgesellschaft R-P e.V., den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der
Ersatzkassen vereinbart worden. Beide Verträge, in denen unter anderem Voraussetzungen und
Modalitäten der Zahlungspflicht der Krankenkassen geregelt sind, sind auf der Grundlage von § 112
Abs. 2 SGB V geschlossen worden, der zur Sicherstellung der gesetzesentsprechenden
Krankenhausbehandlung den Abschluss von Rahmenverträgen auf Landesebene vorsieht. Die Höhe des
Vergütungsanspruches richtet sich nach der Pflegesatzvereinbarung, die zwischen den Krankenkassen
und Krankenhausträgern nach Maßgabe der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zustande gekommen
ist. Die auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in §§ 16 und 17
Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) erlassene Bundespflegesatzverordnung sieht in § 13 eine
Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistung durch tagesgleiche Pflegesätze in Form von Abteilungs-
und Basispflegesätzen vor.
Ein Versicherter hat nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem
zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist,
weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung
einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Voraussetzung für den Anspruch auf
Krankenhausbehandlung ist dabei, dass die Krankheit zum einen behandlungsbedürftig ist und dass ihr
zum anderen mit den spezifischen Mitteln des Krankenhauses begegnet werden muss, um sie zu heilen
oder zu bessern, eine Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Lässt sich
eine erforderliche medizinische Behandlung in ebenso guter Weise auch außerhalb eines
Krankenhauses durchführen, so besteht kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung (BSG, Urteil vom
13.05.2004 - B 3 KR 18/03 R -).
Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht grundsätzlich unabhängig von einer Kostenzusage
der Krankenkasse unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch die Versicherte (BSG, Urteil
vom 17.5.2000 - B 3 KR 33/99 R - sowie Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R -). Die Krankenkasse ist
bei einem zugelassenen Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V als Korrelat zu dessen
Behandlungspflicht auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die normativ
festgelegten Entgelte zu zahlen (BSG, Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R - mwN), sofern die
Versorgung im Krankenhaus erforderlich ist.
Unabhängig von der Frage, ob die Versorgung der Versicherten im Krankenhaus erforderlich war, ergibt
sich vorliegend der Zahlungsanspruch der Klägerin aus der Missachtung der Regelungen im Vertrag nach
§ 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung
durch die Beklagte. In Folge der Missachtung dieser vertraglichen Regelungen durch die Beklagte ist sie
mit den im Gutachten von Dr. T enthaltenen Einwendungen gegen die Notwendigkeit der
Krankenhausbehandlung ausgeschlossen.
§ 2 des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V vom 25.03.1991 enthält in Abs. 1 und 2 folgende
Regelungen:
"Abs. 1) Der Krankenkasse obliegt die Überprüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen der
stationären Krankenhausbehandlung. Besteht aus Sicht der Krankenkasse in Einzelfällen Anlass, die
Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung zu überprüfen, so kann die Krankenkasse vor
Beauftragung des Medizinischen Dienstes unter Angabe des Überprüfungsanlasses eine Stellungnahme
des Krankenhauses zu einzelnen Behandlungsfällen anfordern. Das Krankenhaus erläutert die Dauer der
stationären Behandlung (Kurzbericht). Ergibt sich aus der Sicht der Krankenkasse die Notwendigkeit einer
ärztlichen Überprüfung, so kann die Krankenkasse im Einzelfall die Notwendigkeit und Dauer der
Krankenhausbehandlung durch Ärzte, die für den Medizinischen Dienst tätig sind, überprüfen lassen. Die
§§ 275 ff und 283 SGB V bleiben hiervon unberührt.
Abs. 2) Erfolgt die Überprüfung während der Zeit, in der sich der Patient in stationärer
Krankenhausbehandlung befindet, so sollte die Überprüfung im Krankenhaus stattfinden. Erfolgt die
Überprüfung durch Ärzte, die für den Medizinischen Dienst tätig sind, nach Beendigung der stationären
Behandlung, so können diese Ärzte die Übersendung der Krankenunterlagen verlangen, die sie zur
Beurteilung der Dauer und Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung benötigen. Die Anforderung und
Verwendung dieser Krankenunterlagen darf ausschließlich durch Ärzte, die für den Medizinischen Dienst
tätig sind, erfolgen. Es ist sicherzustellen, dass Dritte, die weder in das Behandlungsgeschehen, noch in
dessen Überprüfung eingeschaltet sind, keinen Zugang zu den Krankenunterlagen erhalten.
……"
In den gemeinsamen Erläuterungen und Umsetzungshinweisen der Krankenhausgesellschaft R-P e.V.
und der Verbände der Krankenkassen in R-P zu dem Vertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V zur
Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer einer Krankenhausbehandlung ist unter anderem geregelt:
"Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages kann die Krankenkasse eine (medizinische) Stellungnahme
(Kurzbericht entsprechend § 301 Abs. 1 Nr. 3 SGB V - im Folgenden „Kurzbericht“ genannt) des
Krankenhauses zu dem einzelnen Behandlungsfall anfordern. Mit der vertraglichen Regelung der
Einholung von Kurzberichten haben die Verbände der Krankenkassen und die Krankenhausgesellschaft
die Absicht verbunden, die Zahl der letztlich durch den Medizinischen Dienst noch zu begutachtenden
Behandlungsfälle zu reduzieren. Der Kurzbericht soll dazu dienen, der Krankenkasse zur Beurteilung der
Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit der Versicherten über die Aufnahmeanzeige hinaus weitere
Informationen an die Hand zu geben, so dass sie auch ohne Begutachtung durch den Medizinischen
Dienst über die Frage ihrer Leistungspflicht entscheiden kann. Der Kurzbericht soll die anderenfalls
notwendig werdende Begutachtung durch den Medizinischen Dienst in einer Vielzahl von Fällen
entbehrlich machen.
Der Anlass der Überprüfung ist bei Anforderung des Kurzberichts gegenüber dem Krankenhaus
anzugeben. Die Krankenkasse muss also dem Krankenhaus mitteilen, welcher der in § 275 abs. 1 Nr. 1
SGB V genannten Gründe (Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit oder Krankheitsverlauf) eine Überprüfung,
ob die leistungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Sachleistung
Krankenhausbehandlung vorliegen, als erforderlich erscheinen lassen.
Eine sachgerechte Umsetzung des Vertrages wird dazu führen, dass die Anzahl der durch den
Medizinischen Dienst zu begutachtenden Behandlungsfälle deutlich hinter der der eingeholten
Kurzberichte zurückbleibt.
Nicht vereinbar mit dem Sinn und Zweck der vertraglichen Regelung zum Kurzbericht ist es, die Einholung
des Kurzberichtes regelmäßig als „Vorstufe“ für eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst
anzusehen. Es ist nicht vertragsgerecht, trotz Vorliegens eines Kurzberichts generell den Medizinischen
Dienst noch mit einer Begutachtung zu beauftragen.
Der Kurzbericht ist von der Krankenkasse bei der Krankenhausverwaltung anzufordern. In ihm hat der
Krankenhausarzt die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung zu erläutern. Hierzu sind die
als Anlage 1 (somatischer Bereich) und Anlage 2 (psychiatrischer Bereich) beigefügten Formblätter zu
verwenden.
Bei der Einholung und Abgabe der Kurzberichte sind die datenschutzrechtlichen Vorschriften zu
beachten. Die von den Krankenhäusern an die Krankenkassen zu übermittelnden Daten sind
abschließend in § 301 Abs. 1 SGB V genannt.
Ergibt sich aus der Sicht der Krankenkasse trotz Einholung des Kurzberichtes im Einzelfall noch die
Notwendigkeit einer ärztlichen Überprüfung von Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung,
so sind hierfür die Ärzte des Medizinischen Dienstes nach näherer Maßgabe des § 2 Abs. 2 bis 7 des
Vertrages zuständig."
Die Darstellung dieser vertraglichen Regelung, an die die Beteiligten gebunden sind, belegt, dass es der
Beklagten vorliegend gestattet war, einen Kurzbericht anzufordern. Dieser Kurzbericht wurde sodann von
der Klägerin zeitnah auf dem entsprechenden Formblatt mit den erforderlichen Angaben der Beklagten
vorgelegt. In Kenntnis des Inhaltes des Kurzberichtes hat der von der Beklagten sodann eingeschaltete
MDK festgestellt, dass aus diesen Unterlagen die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung nicht
hervorgehe. Anschließend teilte die Beklagte unter Hinweis auf die Feststellungen des MDK der Klägerin
mit, dass weitere medizinische Unterlagen (Entlassungsbericht, Arztbericht oder ähnliches) benötigt
würden und sie erbat die Übersendung zunächst an den MDK und in einem weiteren Schreiben später an
sie selbst zur Weiterleitung an den MDK.
Durch diese Vorgehensweise missachtete die Beklagte aber die eindeutigen Regelungen in § 2 Abs. 1
und 2 des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Aus dem Kontext dieser Bestimmungen wird deutlich,
dass zwar zunächst eine Krankenkasse einen Kurzbericht anfordern darf. Ausweislich der Erläuterungen
und Umsetzungshinweise wird dann aber auch deutlich, dass, sofern sich aus der Sicht der Krankenkasse
trotz der Einholung des Kurzberichtes im Einzelfall noch die Notwendigkeit einer ärztlichen Überprüfung
von Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ergibt, hierfür ausschließlich die Ärzte des
medizinischen Dienstes zuständig sind. Abgesehen davon, dass ein Sachbearbeiter einer Krankenkasse
als medizinischer Laie keine endgültige -negative- Beurteilung über die Notwendigkeit einer stationären
Krankenhausbehandlung abgeben kann, belegen die vertraglichen Bestimmungen sowie die weiteren
Erläuterungen und Umsetzungshinweise, dass alleine Ärzte des Medizinischen Dienstes eine solche
Überprüfung durchführen und eine entsprechende Stellungnahme abgeben können und dürfen.
Der Beklagten gegenüber ist zwar einzuräumen, dass grundsätzlich nach dem genannten Vertrag ihr als
Krankenkasse die Überprüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen einer Krankenhausbehandlung
obliegt. Da die Beklagte andererseits aber letztlich nicht über den medizinischen Sachverstand verfügt,
eine definitive negative Entscheidung über die Notwendigkeit und Dauer einer stationären Behandlung
herbeizuführen, ist dies nur durch Ärzte des Medizinischen Dienstes möglich. In diesem Zusammenhang
ist von Bedeutung, dass einerseits eine ärztliche Einweisungsverordnung zu einer stationären
Behandlung vorliegt und andererseits auch eine ärztliche Entscheidung über die notwendige stationäre
Behandlung der Versicherten bei der Klägerin getroffen wurde. Gerade beim Vorliegen solcher
Entscheidungen von Medizinern kann es nicht der Beklagten als Krankenkasse obliegen, diese
Entscheidung letztlich und endgültig zu überprüfen. Vielmehr steht dieses Recht alleine den Ärzten des
MDK zu.
Der Beklagten gegenüber ist zwar einzuräumen, dass bei der personellen Besetzung des Medizinischen
Dienstes es zumindest wünschenswert wäre, wenn die Beklagte selbst zumindest „banale
Sachverhaltsermittlungen“ durchführt und der MDK nur bei wirklich schwierigen medizinischen
Sachverhalten in Anspruch genommen wird. Diese Praktibilitätserwägungen finden aber im genannten
Vertrag - aktuell - keinen Niederschlag. Dieser sieht vielmehr vor, dass alleine Ärzte des Medizinischen
Dienstes im Einzelfall die Notwendigkeit und Dauer einer Krankenhausbehandlung beurteilen dürfen.
Da im Übrigen § 2 Abs. 2 des genannten Vertrages weiter vorsieht, dass nach Beendigung einer
stationären Behandlung nur die Ärzte des MDK die Übersendung der Krankenunterlagen verlangen
dürfen, die sie zur Beurteilung der Dauer und Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung benötigen, und
darüber hinaus die Verwendung dieser Krankenunterlagen ausschließlich durch Ärzte, die für den
Medizinischen Dienst tätig sind, erfolgen darf, wird die überragende Bedeutung der Ärzte des
Medizinischen Dienst bei der Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung
deutlich.
Vorliegend hat aber die Beklagte selbst nach Auswertung des Kurzberichtes durch den MDK um die
Übersendung weiterer medizinischer Unterlagen (Entlassungsbericht, Arztbericht oder ähnliches)
gebeten. Diesbezüglich hat sie zwar zunächst die Übersendung dieser Unterlagen an den Medizinischen
Dienst erbeten, später aber an sie selbst, damit sie den Entlassungsbericht in einem verschlossenen
Umschlag an den MDK weitergeben könne. Da aber ausweislich der genannten vertraglichen
Bestimmungen ausschließlich Ärzte, die für den Medizinischen Dienst tätig sind, die Krankenunterlagen
anfordern dürfen, hat sich insofern die Beklagte nicht an die einschlägige vertragliche Bestimmungen
gehalten.
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten dann auch eingeräumt, dass die
ärztlichen Unterlagen nur durch Ärzte des MDK angefordert werden dürfen. Gleichwohl belegt die
Vorgehensweise dieser Beklagten in diesem Abrechnungsverfahren wie auch in weiteren rechtshängigen
Verfahren, dass sie nicht gewillt ist, die aktuellen vertraglichen Bestimmungen zu beachten. Insofern weißt
das Gericht auch daraufhin, dass nach dem Kenntnisstand der entscheidenden Kammer ausschließlich
die hiesige Beklagte die aufgezeigte Vorgehensweise praktiziert und hievon auch offensichtlich nicht
abgehen will. Gerade dies wurde in der mündlichen Verhandlung mehr als deutlich.
In Kenntnis der von der Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Stellungnahme von Dr. T wäre
dies zwar gegebenenfalls unbedenklich, wenn der Inhalt dieser Stellungnahme der Beurteilung bezüglich
der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung noch zu Grunde gelegt werden dürfte.
Dies ist aber nicht gerade nicht der Fall. Diesbezüglich geht das Gericht davon aus, dass das im Vertrag
vereinbarte Verfahren gerade auf eine zeitnahe Durchführung ausgerichtet ist. Es soll nicht ein Gutachter
nachträglich auf die schriftliche Dokumentation angewiesen sein, sondern vor allem die anschauliche
Beurteilung des laufenden Falles oder die frische Erinnerung des behandelnden Krankenhausarztes im
Zusammenwirken mit dem Vertreter des MDKs soll nutzbar sein (Urteil des BSG vom 13.12.2001 - B 3 KR
11/01 R-). Die Einleitung des Verfahrens unter Einschaltung des MDK ist deshalb dann notwendig, wenn
die Krankenkasse nach Vorlage der Rechnung und dem Fälligwerden der geforderten Vergütung Zweifel
an der Behandlungsnotwendigkeit hat (vgl. BSG aaO).
Es mag zwar sein, dass im Gegensatz zu den landesvertraglichen Regelungen in Berlin, die der
genannten Entscheidung des BSG zu Grunde gelegen haben, die Vertragspartner in R-P keinen Wert auf
eine extrem zeitnahe Prüfung gelegt haben. Da andererseits aber in Ansehung der Ausführungen des
BSG es gerade auf eine anschauliche Beurteilung des laufenden Falles bzw die frische Erinnerung des
behandelnden Krankenhausarztes im Zusammenwirken mit dem Vertreter des MDK ankommt, ist auch
dem r-p Vertrag gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V zu entnehmen, dass eine zeitnahe Prüfung zu erfolgen
hat.
Eine solche ist nach Überzeugung der Kammer aber von der Beklagten gerade nicht eingeleitet worden.
Nach Vorlage der Rechnung vom 30.09.2003 hat sie zwar zunächst nach Vorlage des Kurzberichtes den
MDK eingeschaltet. Nachdem dieser aber, ohne eine medizinische Stellungnahme vorzulegen, weitere
Sachverhaltsaufklärung erbeten hatte, die Beklagte sich diesbezüglich aber nicht an die vertraglichen
Regelungen gehalten hat, sie vielmehr erst nach Beiziehung der Krankenakte im Klageverfahren dem
MDK im Dezember 2004 die Krankenakte zur Auswertung vorgelegt hat, macht der Zeitablauf mehr als
deutlich, dass eine zeitnahe Prüfung seitens der Beklagten nicht durchgeführt wurde (so schon
Sozialgericht Koblenz vom 25.05.2005 - S 6 KNK 34/04 - bei einem Zeitablauf von 9 Wochen). Die von der
Beklagten aufgrund dieser Auswertung der Krankenakte durch den MDK vorgelegte Stellungnahme
spezifiziert auch nicht Einwände des MDK bzw der Beklagten. Solche medizinischen Feststellungen lagen
gerade zu keinem Zeitpunkt vor, so dass auch nicht den Anforderungen des BSG in der Entscheidung vom
22.07.2004 - B 3 KR 20/03 R - Genüge getan wurde. Entsprechend ist die Beklagte auch nach Treu und
Glauben mit Einwendungen endgültig ausgeschlossen, die sie nach Vorlage der angeforderten
Unterlagen und der entsprechenden Auswertung geltend gemacht hat.
Mithin ist dem Klageanspruch voll inhaltlich statt zu geben.
Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 9 Abs. 7 des Schiedsspruchs zum Vertrag nach § 112
Abs. 2 Nr. 1 SGB V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG.