Urteil des SozG Koblenz vom 28.12.2009

SozG Koblenz: vertretungsbefugnis, qualifikation, eingriff, sozialversicherungsrecht, drucksache, arbeitslosenversicherung, berufsausübungsfreiheit, rechtsbeistand, beschränkung, vertrauensschutz

Sozialrecht
SG
Koblenz
28.12.2009
S 3 SB 911/08
Vertretungsbefugnis eines Rentenberaters im sozialgerichtlichen Verfahren
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, Rentenberater K, wird als Prozessbevollmächtigter in dem
Klageverfahren zurückgewiesen.
Gründe:
Streitig ist vorliegend, ob der als Rentenberater für den Bereich Rentenberatung registrierte
Prozessbevollmächtigte die Klägerin im vorliegenden Verfahren vertreten darf. Gegenstand des
Rechtsstreits ist, ob bei der 1953 geborenen Klägerin mit bestandskräftigem Bescheid vom 21.8.2006 ein
Gesamtgrad der Behinderung von 50 festzustellen war.
Mit Schreiben vom 25.11.2009 hat das Gericht den Klägervertreter auf die Zweifel an seiner
Vertretungsbefugnis nach § 73 Abs 2 Nr 3 SGG hingewiesen und um ausführliche Darlegung bis zum
20.12.2009 gebeten, inwieweit im vorliegenden Verfahren ein Bezug zu einer gesetzlichen Rente besteht.
Der Klägervertreter hat hierzu keine Ausführungen gemacht, aber in einem anderen Verfahren ausgeführt,
dass auf Grund des Rechtsdienstleistungsgesetzes die vorhergehenden Zulassungen nach wie vor
Bestand hätten, insbesondere auch auf Grund des bestehenden Vertrauensschutzes. Er wies auf einen
Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23.5.2000, Az: L 5 B 34/00, hin.
Der Klägervertreter ist gemäß § 73 Abs 3 in Verbindung mit Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGG im vorliegenden
Verfahren als Bevollmächtigter zurückzuweisen.
Nach § 73 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGG sind als Bevollmächtigte vor dem Sozialgericht vertretungsbefugt
Rentenberater im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 2 des
Rechtsdienstleistungsgesetzes.
§ 73 SGG und § 10 RDG sind insoweit durch Gesetz vom 12.12.2007 neu gefasst worden und mit Wirkung
zum 1.7.2008 in Kraft getreten.
Nach § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 2 RDG dürfen natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne
Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind ( registrierte Personen) auf Grund
besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen im Bereich der Rentenberatung auf dem Gebiet der
gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, des sozialen Entschädigungsrechts, des übrigen
Sozialversicherungs- und Schwerbehindertenrechts mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente sowie der
betrieblichen und berufsständischen Versorgung erbringen.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist laut dem Rechtsdienstleistungsregister
(
www.rechtsdienstleistungsregister.de
) vom Landgericht Mainz für den Bereich der Rentenberatung
registriert. Er kann somit auch im Bereich des Schwerbehindertenrechts Rechtsdienstleistungen
erbringen, soweit sie einen Bezug zu einer gesetzlichen Rente haben. Dies ist vorliegend nicht vom
Klägervertreter vorgetragen, auch für das Gericht ist kein Bezug zu einer gesetzlichen Rente ersichtlich.
Insbesondere ist nicht dargetan, dass die 1953 geborene Klägerin eine Altersrente für schwerbehinderte
Menschen ( § 37 SGB VI) zeitnah in Anspruch nehmen kann (35 Jahre Wartezeit) und will.
Eine weitergehende Vertretungsbefugnis ergibt sich auch nicht aus § 3 Abs 2 Nr 3 RDGEG, denn der
Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist nicht registrierter Erlaubnisinhaber im Sinne des § 3 Abs 2 iVm §
1 Abs 3 Satz 2 RDGEG.
Eine weitergehende Prüfung erübrigt sich bereits aus diesem Grund. Ergänzend weist die Kammer darauf
hin, dass die alte Erlaubnis des Prozessbevollmächtigten darauf beschränkt war, fremde
Rechtsangelegenheiten als Rentenberater zu besorgen. Dass der Begriff der Rentenberatung durch das
LSG Rheinland-Pfalz weit ausgelegt worden ist, führt nicht zu einer Erweiterung der Erlaubnis an sich.
Vielmehr muss der Klägervertreter gegebenenfalls eine Änderung der Rechtsprechung und auch eine
Klarstellung durch den Gesetzgeber hinnehmen.
Der Klägervertreter hatte zur Überzeugung der Kammer auch bereits vor der Gesetzesänderung keine
darüber hinausgehende Erlaubnis zur Besorgung der Rechtsangelegenheiten, die pauschal das Gebiet
des Schwerbehindertenrechts umfasst hat. Dies kann letztendlich aber dahinstehen, da diese Erlaubnis
jedenfalls nach § 1 Abs 1 RDGEG erloschen wäre. Hiernach erlöschen behördliche Erlaubnisse zur
Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten von Erlaubnisinhabern, die nicht Mitglied einer
Rechtsanwaltskammer sind, 6 Monate nach in Kraft treten des Gesetzes. Erlaubnisinhaber können
allerdings unter Vorlage ihrer Erlaubnisurkunde die Registrierung nach § 13 RDG beantragen. Dies hat
der Klägervertreter offensichtlich getan und ist vom Landgericht Mainz am 27.2.2009 für den Bereich der
Rentenberatung registriert worden. Er ist dagegen nicht als registrierter Erlaubnisinhaber aufgeführt, so
dass zutreffend auch kein weiterer Umfang der Vertretungsbefugnis registriert worden ist.
Die neue gesetzliche Regelung schafft insoweit Klarheit bezüglich der Vertretungsbefugnis der
Rentenberater, die vor der Änderung des § 73 SGG auch zwischen den Landessozialgerichten höchst
umstritten war (vgl hierzu Beschluss des LSG Sachsen-Anhalt vom 14.5.2008, Az: L 5 SB 25/03 und
Beschluss des LSG Rheinland-Pfalz vom 23.5.2000, Az: L 5 B 34/00).
Das BSG hat allerdings später mit Urteil vom 21.3.2002, Az: B 7 AL 64/01 klargestellt, dass ein
Rentenberater auf anderen Gebieten des Sozialrechts nur dann tätig werden darf, wenn im Einzelfall ein
konkreter Zusammenhang mit einer gesetzlichen Rente besteht. Es hat in dem damals zugrunde
liegenden Fall ausgeführt, dass die Beratung und Vertretung auf dem Gebiet der
Arbeitslosenversicherung einem Rentenberater grundsätzlich nicht gestattet ist.
Die Vertretungsbefugnis von Rentenberatern ist nunmehr im Sinne dieser Rechtsprechung des BSG
durch § 73 Abs.2 S.2 Nr.3 SGG eindeutig geregelt worden.
Wie sich aus dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum RDG (BT-Drucksache 16/3655, Seite 64)
ergibt, ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Beratungs- und Vertretungsbefugnis der
Rentenberater bereits bisher stets einen Bezug zu einer der genannten Rentenformen vorausgesetzt hat.
Dies ergibt sich aus der Formulierung, das "auch künftig" stets ein Bezug zu einer der genannten
Rentenformen Voraussetzung ist. Es heißt weiter "Dies unterscheidet den Rentenberater von
Erlaubnisinhabern nach dem RBerG, die vor der Schließung des Rechtsbeistandsberufs im Jahr 1980 die
Möglichkeit hatten, als Rechtsbeistand für Sozialrecht oder für Sozialversicherungsrecht eine
Beratungsbefugnis in allen die soziale Sicherung betreffenden Fragen zu beantragen".
Im Folgenden wird ausgeführt, dass für eine Ausweitung des Berufsbildes des Rentenberaters angesichts
der beruflichen Qualifikation der Rentenberater und ihrer Verwurzelung im Rentenrecht kein Anlass
besteht.
Wie das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 14.5.2008 überzeugend
dargelegt hat, liegt auch kein verfassungswidriger Eingriff in Berufsausübungsfreiheit des
Prozessbevollmächtigen vor. Dem Gesetzgeber steht vielmehr die Befugnis zu, im Rahmen des Artikel 12
Abs 1 Grundgesetz Berufsbilder zu fixieren und sie von anderen Berufsbildern abzugrenzen. Soweit
hierdurch die Berufsausübung des Rentenberaters beschränkt wird, liegen vernünftige Erwägungen des
Gemeinwohls, insbesondere der Schutz der Rechtssuchenden, zugrunde . Diese Beschränkung wirkt sich
zudem nur in Randbereichen aus, die das Berufsbild des Rentenberaters im Kernbereich und die durch
den Beruf gesicherte Existenz nicht beeinträchtigen (vgl hierzu den oben genannten Beschluss des LSG
Sachsen-Anhalt und Urteil des BSG vom 21.3.2002 ).
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz bzgl der
Weiterführung der Rechtsprechung des LSG Rheinland-Pfalz berufen. Der im Beschluss vom LSG
Rheinland-Pfalz vom 23.5.2000 (Az: L 5 B 34/00) vertretenen Rechtsauffassung kann zum einen aufgrund
der Rechtsprechung des BSG, der die Kammer folgt, aber auch aufgrund der nunmehr klaren gesetzlichen
Regelung zumindest jetzt nicht mehr gefolgt werden.
Nach alledem ist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gemäß § 73 Abs 3 Satz 1 SGG
zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 73 Abs 3 Satz 1 SGG).