Urteil des SozG Kassel vom 30.12.2010

SozG Kassel: therapie, aufschiebende wirkung, krankenkasse, versorgung, hauptsache, stationäre behandlung, osteomyelitis, krankenversicherung, erlass, schutz der gesundheit

Sozialgericht Kassel
Beschluss vom 30.12.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Kassel S 12 KR 38/10 ER
Hessisches Landessozialgericht L 1 KR 22/10 B ER
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im einstweiligen Anordnungsverfahren streitig, ob die Antragsgegnerin verpflichtet ist,
den 19xx geborenen, bei der Antragsgegnerin in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versicherten
Antragsteller im Rahmen einer ärztlichen Verordnung ambulant mit einem Therapiesystem zur Vakuumversiegelung
einer Wunde (V.A.C. ® -Therapiesystem der Firma C-GmbH) zu versorgen bzw. ihn für die notwendige Dauer der
Behandlung von den entsprechenden Kosten freizustellen, wobei bei dieser Form der Wundbehandlung die Wundhöhle
mit Schaumstoffschwämmchen aufgefüllt und durch Folien luftdicht abgedeckt wird und insoweit eine kontinuierliche
bzw. intermittierende Sekretableitung über im Schaumstoff integrierte Drainageschläuche erfolgt und bei freiliegendem
Knochen hierdurch eine Infektion mit Knochenbeteiligung mit der Gefahr einer Amputation verhindert und eine
Granulation erreicht werden soll. Insoweit soll das integrierte V.A.C. ® Therapy System die Wundheilung durch die
Unterdruck-Wundtherapie (Negative Pressure Wound Therapy oder NPWT) fördern, wobei das Erzeugen von
Unterdruck (d.h. eines Vakuums) an der Wunde durch einen einzigartigen Verband die Wundränder zusammenziehe,
infektiöses Material ableite und aktiv die Bildung von Granulationsgewebe auf Zellebene fördere. Diese
Wirkungsmechanismen (Makrodeformation, Mikrodeformation) führten zu rascher und effizienter Wundheilung und
erhöhten die Lebensqualität des Patienten auf kostengünstige Weise. Zu den hervorgehoben Eigenschaften soll
sodann gehören, dass das V.A.C. ® -Therapiesystem aktiv die Bildung von Granulationsgewebe auf Zellebene
fördere, sich der biegsame Schaumstoffverband den Konturen tiefer und ungleichmäßig geformter Wunden anpasse,
eine Porengröße von 400 – 600 Mikron die gleichmäßige Verteilung des Unterdrucks an der Wunde unterstütze, die
hydrophobe Porenstruktur das Entfernen von Exsudation und infektiösem Material erleichtere, sich bei Unterdruck bis
auf die Hälfte seiner Größe komprimieren lasse und damit die Wundränder besser zusammengeführt werden könnten
sowie Makrodeformation und Mikrodeformation induziert würden (vgl. www.C-GmbH.de).
Den entsprechenden Antrag hatte der Antragsteller mit Eingang am 16. November 2010 bei der Antragsgegnerin durch
das D-Krankenhaus, D-Stadt, gestellt. Verwiesen worden war in dessen ärztlicher Verordnung vom selben Tag
insoweit auf eine Osteomyelitis des linken Oberschenkels des Antragstellers, wobei die Oberärztin der Gefäßchirurgie
im vorgenannten D-Krankenhaus, E., in einem weiteren, dem Antrag beigefügten Bericht vom 12. November 2010 u.a.
noch ausführte, dass beim Antragsteller ein Zustand nach Unterschenkelamputation rechts und einer frischen
ausgedehnten Osteomyelitis des linken Oberschenkels bestehe. Wegen der Osteomyelitis sei die operative
Entfernung des liegenden Osteosynthesematerials notwendig geworden. Im Rahmen der Osteomyelitisbehandlung sei
es dann zu kardialen Komplikationen mit frischem Myokardinfarkt gekommen, außerdem im Rahmen von zwei
Eingriffen wegen der Osteomyelitis zu einem Herz-Kreislauf-Versagen mit der Notwendigkeit zweimaliger
Reanimationen. Eine weitergehende Therapie der Osteomyelitis sei deshalb ausgesetzt worden. Insoweit finde sich
beim Antragsteller noch immer eine nicht ausgeheilte Osteomyelitis mit fraglich instabilem ehemaligem
Frakturbereich. Am linken Knie bestehe ein ca. 8 x 4 cm großer Hautdefekt mit freiliegender Quadrizepssehne und
anhaltender putrider Sekretion. Eine Belastung des linken Beines verbiete sich insoweit. Für den Antragsteller sei
vorübergehend bis zur weiteren klinischen Stabilisierung die zwischenzeitlich erfolgte - Entlassung in die häusliche
Behandlung geplant, für die dann die streitige ärztliche Verordnung vom 16. November 2010 ausgestellt worden war,
ohne dass die Verordnung Angaben zur weiteren möglichen Dauer der insoweit bereits stationär durchgeführten V.A.C.
® -Therapie nunmehr im ambulanten Rahmen enthielt. Von der Firma C-GmbH (vgl. www.C-GmbH.de) war darüber
hinaus dann unter dem 18. November 2010 noch ein Kostenvoranschlag für das beantragte Therapiesystem im
Rahmen der ambulanten Versorgung vorgelegt worden, wobei sich der Kostenvoranschlag für 30 Tage auf brutto
3.284,40 EUR belief, die entsprechende Tagespauschale auf 92,00 EUR. Weiter beigefügt war dem eine weitere von
der o.a. Oberärztin gefertigte Wunddokumentation, ausweislich derer die obere Grenzverweildauer des stationären
Krankenhausaufenthaltes des Antragstellers im D Krankenhaus nach monatelangem Krankenhaus-Aufenthalt erreicht
sei, eine operative Maßnahme (Amputation) erst nach Stabilisation des Antragstellers möglich sei, die V.A.C. ® -
Therapie insoweit auch nicht als Wundkonditionierung oder Wundheilung eingesetzt werde, sondern stattdessen die
bestehende akute Osteomyelitis durch die Therapie eingedämmt werden solle, wobei die ambulante Versorgung des
Antragstellers durch die ohnehin gleichzeitig zwei- bis dreimal wöchentlich im vorgenannten Krankenhaus erfolgende
Dialyse des Antragstellers sichergestellt sei. Nötig sei die ambulante V.A.C. ® -Therapie insoweit, um eine
Superinfektion zu vermeiden. Neben weiteren Unterlagen war alledem abschließend dann auch noch eine
Vereinbarung des Antragstellers mit der Firma C-GmbH (C-therapy) vom 17. November 2010 beigefügt, mit der sich
der Antragsteller einverstanden erklärte, dass die C-GmbH seine personenbezogenen Behandlungsdaten und Befunde
einsehe, erhebe und verarbeite, wobei sich diese Einwilligung auch auf die Fotodokumentation erstrecke. Weiterhin
hatte der Antragsteller insoweit gegenüber der C-GmbH auch seine behandelnden Ärzte sowie die Mitarbeiter der
medizinischen Einrichtungen und Pflegedienste ermächtigt, alle für seine Behandlung oder die Kostenerstattung durch
seine Krankenkasse notwendigen Auskünfte zu erteilen und einer Übermittlung seiner Daten an Dritte zu Zwecken der
Wundbehandlung oder zu Zwecken der Kostenerstattung ausdrücklich genehmigt. Gleichzeitig hatte er gegenüber C-
GmbH zusätzlich in die anonymisierte Weiterverarbeitung seiner Behandlungsdaten und Bilder eingewilligt, auch zur
Veröffentlichung zu wissenschaftlichen Zwecken. Abschließend hatte er sich dann noch damit einverstanden erklärt,
dass die C-GmbH Kontakt mit seiner Krankenkasse aufnehme, um die Erstattung der Kosten für die streitige
Behandlung zu klären und zu beantragen, ohne dass diese Vereinbarung dann für den Fall, dass im Anschluss an die
dann auch erfolgte Selbstbeschaffung Kosten von der Krankenkasse nicht übernommen würden, hinsichtlich der
entstehenden Kosten weitere Regelungen enthielt.
Die Antragsgegnerin hatte den Antrag schließlich zum Anlass genommen, hierzu eine nach Aktenlage gefertigte
gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen (MDK) einzuholen, in
der die Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Allergologie und Sozialmedizin, Frau Dr. med. F ..., unter
dem 28. November 2010 u.a. ausführte, dass die hier beantragte Behandlung als sogenannte "neue
Behandlungsmethode" zu bewerten sei. Die sozialmedizinische Begutachtung habe dabei nach der aktuellen
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und der hierauf beruhenden, verbindlichen Begutachtungsanleitung
"NUB" (zwischenzeitlich "Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung" (RMvV)) zu erfolgen. Insoweit sei
festgelegt, dass, sollten neue Behandlungsmethoden, die in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung erbracht
werden sollten, noch nicht z.B. durch den Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (GBA)
anerkannt sein, eine Leistungsentscheidung der Krankenkasse ohne Einschaltung der Gerichtsbarkeit nur möglich sei,
wenn eine akut lebensbedrohliche Situation vorliege und daher die Entscheidung eines Sozialgerichts nicht abgewartet
werden könne. Eine positive Entscheidung des GBA zur hier beantragten Methode liege bislang nicht vor, wobei
seitens der Verordnerin dann aber auch keine akut lebensbedrohliche Situation benannt werde. Eine außervertraglich
beantragte Behandlung des Antragstellers mit der V.A.C. ® -Therapie könne danach sozialmedizinisch nicht zu
Lasten der GKV empfohlen werden. Stattdessen werde eine vertragliche Behandlung der Osteomyelitis ebenso wie
eine vertragliche stadiengerechte Wundbehandlung empfohlen.
Mit ohne Rechtsmittelbelehrung versehenem Bescheid vom 24. November 2010 lehnte die Antragsgegnerin hierauf
gegenüber dem Antragsteller die Kostenübernahme für das dem Antragsteller für eine ambulante Behandlung
verordnete V.A.C. ® -Therapiesystem ab. Als Alternative gebe es insoweit allein die der Wundversorgung im
stationären Rahmen. Im Übrigen werde eine vertragliche Behandlung der Osteomyelitis ebenso wie eine vertragliche
stadiengerechte Wundbehandlung empfohlen. Gegen den Bescheid vom 24. November 2010 legte der Antragsteller
am 1. Dezember 2010 Widerspruch ein, ohne diesen jedoch zu begründen, so dass die Antragsgegnerin unter dem 7.
Dezember 2010 wiederholend an ihrer ablehnenden Haltung festhielt. Gleichzeitig wurde der Antragsteller um
Mitteilung gebeten, ob er seinen Widerspruch aufrecht erhalte, was dieser gegenüber der Antragsgegnerin ohne
weitere Begründung des Widerspruchs mit Schreiben vom 13. Dezember 2010 ausdrücklich bejahte.
Gleichzeitig hat der Antragsteller dann aber ebenfalls noch am 13. Dezember 2010 beim Sozialgericht in Kassel den
Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der er die abgelehnte Versorgung vorläufig bis zur Entscheidung
in der Hauptsache im einstweiligen Rechtsschutz geltend macht, ohne dass zwischenzeitlich über den Widerspruch
entschieden worden ist.
Zur Begründung verweist der Antragsteller dabei zunächst u.a. auf eine Stellungnahme des Dr. med. G., von diesem
selbst hervorgehoben, Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen und stellvertretender Leiter eines regionalen
Gesundheitsamtes, die Dr. med. G. außerhalb seines Amtes eigenen Angaben zufolge auf der Grundlage einer
langjährigen beruflichen Bekanntschaft mit dem Antragsteller, einem ehemaligen Krankenpfleger, gefertigt hat.
Dr. med. G. führt insoweit u.a. aus:
"Zum Sachverhalt
Bei dem Patienten besteht bei Zustand nach Unterschenkelamputation rechts eine frische ausgedehnte
Knochenmarksentzündung des langen Röhrenknochens des linken Oberschenkels, weshalb der Patient chirurgisch im
H-Krankenhaus in H-Stadt behandelt wurde. Unter dieser vertraglichen Behandlung kam es, auch nach Darstellung der
Gutachterin des MDK, zu Komplikationen seitens des Herzens, verbunden mit einem frischen Herzinfarkt und zum
zweimaligen Herz-Kreislauf-Versagen mit der Notwendigkeit der zweimaligen Wiederbelebung, beide Male nach
konventionellen Eingriffen (Spülung der Knochenmarkshöhle).
Die Knochenmarksentzündung hat Anschluss an eine chronische Wunde des linken Knies mit einem 8 x 4 cm
Hautdefekt und freiliegenden Muskelsehnen. Aus dieser chronischen Wunde entleert sich fortlaufend eitriges
Wundsekret (so auch die zusammenfassende Darstellung der Gutachterin des MDK). Hinzu kommt, dass die
Knochenmarksentzündung und auch die chronische Wunde des Knies mit einem gefährlichen multiresistenten Keim,
dem sog. MRSA (Multiresistenter Staphylococcus aureus) besiedelt ist. Dieser Keim ist der bedeutendste
Krankenhauskeim in Deutschland und aufgrund seiner schweren Behandelbarkeit jährlich für den Tod mehrerer
tausend Patienten in Deutschland verantwortlich.
Die Chirurgen im H-Krankenhaus hatten dem Patienten die hohe Amputation des linken Beines aus dem Hüftgelenk
heraus vorgeschlagen (sog. Hüftgelenksexartikulation), hatten dem Patienten dazu aber auch gesagt, dass
angesichts seines schlechten Allgemeinzustandes und der vorausgegangenen Krankengeschichte sein Risiko, diese
Operation nicht zu überleben, sehr hoch sei. Sie hielten diese Maßnahme jedoch für die einzig dauerhafte Chance,
den Patienten von diesem gefährlichen multiresistenten Keim zu befreien.
Daraufhin hat sich der Patient in nachvollziehbarer Weise gegen die Operation ausgesprochen und sich in das D-
Krankenhaus in D-Stadt zurückverlegen lassen, wo er seit Jahren als Dialysepatient betreut wird und wo durch die
Gefäßchirurgin Frau Dr. E. auch seit geraumer Zeit die Behandlung seiner diabetesbedingten Gefäßkomplikationen
durchgeführt wird, die im letzten Jahr bereits zur Amputation des rechten Unterschenkels führten.
Nach monatelangen Krankenhausaufenthalten wünschte sich der Patient verständlicherweise nichts sehnlicher, als
nach Hause entlassen zu werden, zumal sein Gesamtzustand und die diesem zu Grunde liegenden Erkrankungen
eine verkürzte Lebensdauer erwarten lassen.
Schon während des stationären Aufenthaltes im D-Krankenhaus war bei dem Patienten eine V.A.C.-Therapie
begonnen worden. Diese Therapie sorgt seither bei dem Patienten dafür, dass auf der Markhöhle des langen
Oberschenkelknochens links wie auch auf der damit verbundenen Wunde am Knie mittels einer elektrischen Pumpe
ein Sog liegt (die Tatsache, dass hier mittels eines Vakuums gearbeitet wird, widerspiegelt sich im Namen V.A.C.),
der dafür sorgt, dass das mit dem multiresistenten Keimen verseuchte Wundsekret kontinuierlich in ein
geschlossenes System abgesaugt wird. Mit Hilfe dieses Verfahrens ist die Gefahr einer Streuung des infektiösen
Materials in die Blutbahn mit lebensbedrohlichen Folgen ohne Durchführung eines für den Patienten
lebensbedrohlichen operativen Eingriffes soweit wie möglich gewährleistet.
In Übereinstimmung mit der behandelnden Gefäßchirurgin, Frau Dr. E. ist festzustellen, dass nur unter dieser
Therapie der Patient in die ambulante Versorgung entlassen werden konnte, was im Übrigen auch die die Leistung
ablehnende B-Krankenkasse so sieht, die im Schreiben vom 24.11. an Herrn A.A. diesen als Alternative auf eine
Wundversorgung im stationären Rahmen verweist. Dass diese mit täglich 200 EUR deutlich teurer ist, als die
ambulante VA.C.-Therapie mit 80 EUR spielt hierbei offensichtlich keine Rolle.
Aus fachlich inhaltlicher Sicht ist indes Folgendes eindeutig festzustellen:
1. Die durchgeführte V.A.C.-Therapie dient dem Schutz des Patienten vor einer tödlich verlaufenden Blutvergiftung
(Sepsis).
2. Die durchgeführte V.A.C.-Therapie ist die Voraussetzung, den Patienten ambulant behandeln zu können,
insbesondere ist unter dieser Behandlung im sog. geschlossenen System nur eine ambulante Wundbehandlung pro
Woche erforderlich, bei konventioneller Verbandstechnik unter stationären Bedingungen wäre ein täglicher
Verbandswechsel erforderlich.
3. Der Patient muss dreimal in der Woche zur Dialyse. Patienten mit multiresistenten Keimen sind für
Dialysestationen hoch problematisch, die durchgeführte V.A.C.-Therapie stellt sicher, dass der Keim in einem
geschlossenen System gehalten werden kann und damit für die Dialysestation und die dort vorhandenen Patienten
keine Gefahr bedeutet.
4. Auch der Krankentransport des Patienten zur Dialyse und zurück ist durch Halten des Keims im geschlossenen
System der V.A.C.-Therapie problemlos möglich.
Bewertung
Bei dem Patienten wurde bereits im H-Krankenhaus und später im D Krankenhaus unter stationären Bedingungen eine
V.A.C.-Therapie durchgeführt, nachdem eine Amputation des linken Beines aus der Hüfte heraus einmal wegen
Lebensgefahr des Patienten verworfen werden musste, zum anderen der Patient bereits durch eine Amputation im
Unterschenkel rechts vorbelastet war. Diese V.A.C.-Therapie ermöglicht die Beherzigung des Grundsatzes "ambulant
vor stationär" und damit die Entlassung des Patienten in sein häusliches Umfeld nach monatelangen
Krankenhausaufenthalten.
Bemerkenswerterweise bringt die Gutachterin des MDK, Frau Dr. F., keinerlei inhaltliche Argumente gegen die V.A.C.-
Therapie vor. Sie führt lediglich aus, dass aus formalen Gründen eine außervertraglich beantragte Behandlung mittels
V.A.C.-Therapie angesichts der Begutachtungsanleitung "Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB)" zu
Lasten der gesetzlichen Krankenkasse nicht empfohlen werden kann. In diesem Zusammenhang verweist sie im
Absatz 4 auf Seite 2 ihres Gutachtens darauf, dass bei sog. neuen Behandlungsmethoden, die in der ambulanten
vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden sollen, eine Leistungsentscheidung der Krankenkasse ohne
Einschaltung der Gerichtsbarkeit nur möglich sei, wenn eine akut lebensbedrohliche Situation vorliegt und daher die
Entscheidung eines Sozialgerichtes nicht abgewartet werden kann.
Im Rahmen der bisher durchgeführten konventionellen Therapie ist es selbst nach eigenem Bekunden der Gutachterin
zu einem zweimaligen Herz-Kreislauf-Versagen mit zweimaliger Wiederbelebungspflichtigkeit des Patienten bei zwei
Eingriffen wegen der Knochenmarksentzündung gekommen. Darüber hinaus besteht bei Aufhebung der V.A.C.-
Therapie die Gefahr, dass bei fehlender kontinuierlicher Absaugung des multiresistente Erreger enthaltenden
Wundsekrets eine Einschwemmung der Erreger in die Blutbahn des deutliche vorgeschädigten Patienten erfolgt,
mithin eine Blutvergiftung mit lebensbedrohlicher Situation eintritt. Das heißt, dass genau die Voraussetzung, nämlich
die Tatsache, dass ohne Anwendung der beantragten Methode in wenigen Wochen voraussichtlich eine weitere
Verschlimmerung mit Todesfolge eintritt, als gegeben anzunehmen ist und von daher die Krankenkasse sehr wohl
eine Leistungsentscheidung Gunsten des Patienten ohne Einschaltung der Gerichtsbarkeit hätte treffen können.
Abseits solch formaler Kriterien ist inhaltlich zur V.A.C.-Therapie Folgendes festzuhalten: Die V.A.C.-Therapie ist der
Sache nach keine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, sie ist vielmehr im stationären Bereich seit Jahren
eine anerkannte und wissenschaftlich gesicherte Methode, die den aktuellen Stand der Medizin und
Pflegewissenschaft widerspiegelt. Der gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat die
ambulante V.A.C.-Therapie bisher nur deshalb nicht zur Aufnahme in den regulären Leistungskatalog der gesetzlichen
Krankenversicherung empfohlen, weil im Gegensatz zur stationären Anwendung des Verfahrens keine Studien
vorliegen, die die Wirksamkeit des Verfahrens unter ambulanten Bedingungen beweist.
Im konkreten Falle des Patienten A.A. ist die korrekte Anwendung und daher auch die Wirksamkeit der V.A.C.-
Therapie auch im ambulanten Bereich zweifellos gesichert, und zwar auf folgende Weise:
1. Herr A.A. ist selbst Krankenpfleger, er hat jahrelang im Krankenhaus als Hygienefachkraft gegen multiresistene
Erreger gekämpft.
2. Seine Frau ist examinierte Krankenschwester, d.h. beide sind sehr wohl in der Lage, die korrekte Lokalisation und
die korrekte Funktion der V.A.C.-Therapie fortlaufend zu kontrollieren und sicher zustellen.
3. Der Patient muss wegen seiner Dialysepflichtigkeit dreimal pro Woche ohnehin ins D-Krankenhaus, in dem auch die
behandelnde Gefäßchirurgin, Frau Dr. E., arbeitet. Das heißt, die behandelnde Ärztin selbst kann entweder anlässlich
einer der drei wöchentlich durchzuführenden Dialysen oder anlässlich der einmal wöchentlich von ihr selbst
durchgeführten Wundversorgung ohnehin die korrekte Funktion der V.A.C.-Therapie kontrollieren und sicherstellen.
Nach den Ausführungen der Gutachterin des MDK tut Herr A.A. seiner Krankenkasse ja mit seinem Antrag auf
einstweilige Anordnung geradezu einen Gefallen, weil ja damit zumindest vorläufig eine Entscheidung des
Sozialgerichtes herbeigeführt werden kann, die dann eine Leistungsentscheidung der Krankenkasse ermöglicht. (Die
Klage im Hauptsacheverfahren wird von Herrn A.A. eingereicht werden, sobald ihm ein endgültiger vorläufiger
Ablehnungsbescheid seiner Krankenkasse vorliegt.) Die B-Krankenkasse hatte es mit Schreiben vom 07.12.2010
abgelehnt, seinem Widerspruch abzuhelfen, statt eines endgültigen Ablehnungsbescheides im gleichen Schreiben
jedoch angefragt, ob er seinen Widerspruch aufrechterhalten wolle (Was sollte er angesichts seiner Lage und der
medizinischen Fakten sonst wollen?)
Zusammenfassung
Bei Herrn A.A. besteht eine Knochenmarksentzündung des linken langen Oberschenkelknochens und gleichzeitig eine
Wunde im Bereich des linken Knies. Beide sind mit dem multiresistenten Erreger Staphylococcus aureus infiziert.
Nachdem eine sichere Behandlung dieses Krankheitsbildes durch eine Amputation des linken Beines aus der Hüfte
heraus wegen der damit verbundenen Lebensgefahr für den Patienten nicht möglich war, ist eine sichere Behandlung
des Patienten, namentlich unter ambulanten Bedingungen, nur durch eine V.A.C.-Therapie gewährleistet. Der mit
diesem Verfahren kontinuierliche Sog sorgt dafür, dass das multiresistent infizierte Wundsekret kontinuierlich
abgesaugt und ein Übertritt der Erreger in die Blutbahn bestmöglich verhindert wird. Die B-Krankenkasse hat die
ambulante V.A.C.-Therapie aus formalen Gründen abgelehnt, obwohl ein rechtfertigender Grund für eine
Leistungsbewilligung auch ohne Einschaltung der Gerichtsbarkeit, nämlich Lebensgefahr für den Patienten bei
Nichtfortsetzung der Therapie, gegeben war.
Aus fachärztlich gutachterlicher Sicht halte ich die Fortsetzung der V.A.C.-Therapie bei dem Patienten in
Übereinstimmung mit seiner behandelnden Ärztin für notwendig, um eine Lebensgefahr abzuwenden, die verbleibende
Lebensqualität des Patienten zu sichern und die Erkrankung, wenn schon nicht sicher im Sinne einer Heilung, so doch
im Sinne eines Stillstandes beeinflussen zu können."
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Weiteren entgegengetreten. Der
Antrag sei zurückzuweisen. Hilfsweise sei im Falle des Erlasses einer einstweiligen Anordnung deren Vollziehung von
einer angemessenen Sicherheitsleistung des Antragstellers abhängig zu machen.
Weiter führt die Antragsgegnerin aus:
"Vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz ist zu gewähren, wenn ohne diesen schwere und unzumutbare, anders nicht
abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht
mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Weiterhin muss auf die begehrte Rechtsfolge ein Anspruch bestehen
(Anordnungsanspruch).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung scheitert vorliegend zunächst daran, dass der Anordnungsanspruch nicht
gegeben ist. In der Hauptsache besteht für den Antragsteller keine überwiegende Aussicht auf Erfolg, weil es sich bei
der V.A.C. ® - Therapie um eine außervertragliche, von dem Gemeinsamen Bundesausschuss nicht anerkannte
Behandlungsmethode handelt.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Antragsgegnerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zur
Kostenübernahme einer V.A.C. ® (Vakuum) - Therapie verpflichtet werden kann.
Bei dem Antragsteller liegt ein zustand nach Unterschenkelamputation rechts und einer frischen ausgedehnten
Osteomyelitis des linken Oberschenkels vor. Er beantragte unter Vorlage des ärztlichen Befundberichtes vom
12.11.2010 sowie des Kostenvoranschlages vom 18.11.2010 bei der Antragsgegnerin die Kostenübernahme für eine
ambulante V.A.C. ®-Therapie im häuslichen Bereich. Es handelt sich hierbei um eine bislang nicht im
Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgeführte Behandlungsmethode.
Gemäß § 27 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf
Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu
verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Zur Krankenbehandlung gehört u.a. die ärztliche Behandlung im
Rahmen des für die Kasse verbindlichen Arzt-/Ersatzkassenvertrages (EKV) nach den § 72 ff. SGB V. Sie umfasst
nach § 28 Abs. 1 SGB V die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von
Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist.
Nach § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V haben Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der
medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Entsprechend
Absatz 2 der vorgenannten Bestimmung erhalten Versicherte die Leistungen grundsätzlich als Sach- und
Dienstleistungen.
Die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung als Sachleistung ist der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
übertragen worden. Durch den EKV ist eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der
Versicherten unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen gewährleistet.
Die V.A.C. ® - Therapie wird privat außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung erbracht und ist damit den neuen
Behandlungsmethoden zuzuordnen. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen nur dann über die
gesetzliche Krankenversicherung abgerechnet werden, wenn sie in ihrer Qualität und Wirksamkeit dem allgemein
anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen.
Die Prüfung und Feststellung, ob eine neue Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der
medizinischen Erkenntnisse entspricht, obliegt nicht der einzelnen Krankenkasse, sondern dem Gemeinsamen
Bundesausschuss (§ 135 Abs.1 Satz 1 Sozialgesetzbuch V). Hierbei handelt es sich um ein vom Gesetzgeber
eingesetztes Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Krankenkassen und Krankenhäusern. Seine
Aufgabe ist es zu konkretisieren, welche ambulanten oder stationären medizinischen Leistungen ausreichend,
zweckmäßig und wirtschaftlich sind und somit zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören.
Die Abrechnung einer nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode ist grundsätzlich ausgeschlossen, solange
sich der Gemeinsame Bundesausschuss zur Notwendigkeit und zum therapeutischen Nutzen der Methode nicht
geäußert hat (Urteil des BSG vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/05 R -).
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98) entsprechend bestätigt,
dass es verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig ist,
- Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich nur nach Maßgabe eines allgemeinen
Leistungskatalogs zu erbringen,
- Leistungen nur unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes zu erbringen,
- die nähere Konkretisierung der gesetzlichen Leistungsverpflichtung vor allem den an der vertragsärztlichen
Versorgung teilnehmenden Ärzten vorzubehalten,
- ein Verfahren zur Prüfung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden vorzusehen.
- Die gesetzliche Krankenversicherung ist verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, all das zu leisten, was überhaupt an
Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist.
Es sei aber nicht mit den Grundrechten vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen
lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard
entsprechende medizinische Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten,
ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf
Heilung oder auf eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse hat danach die
Kosten für eine außervertragliche Behandlungsmethode zu übernehmen, wenn
- der Versicherte unter einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung leidet
- und bezüglich dieser Erkrankung schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht zur Verfügung stehen
- und die außervertragliche Behandlungsmethode in dem konkreten Einzelfall eine nicht ganz entfernt liegende
Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf erkennen lässt.
Für die streitige V.A.C. ® - Therapie liegt eine (positive) Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht
vor. Vielmehr wurde das Bewertungsverfahren für zunächst drei Jahre ausgesetzt (Ziffer 2 der Anlage III UBR). Die
Antragsgegnerin darf daher grundsätzlich keine entsprechenden Kosten übernehmen.
Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist eine andere Beurteilung nicht möglich. Die Antragsgegnerin
verweist diesbezüglich auf das Gutachten des MDK vom 18.11.2010. Die Gutachterin kann zunächst eine akut
lebensbedrohliche Situation nicht bestätigen. Zudem stehen schulmedizinisch etablierte Verfahren zur Verfügung. Die
Gutachterin empfiehlt eine vertragliche Behandlung der Osteomyelitis sowie eine vertragliche stadiengerechte
Wundbehandlung.
Die mit dem Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung eingereichte fachärztliche Stellungnahme ermöglicht
insoweit keine andere Beurteilung. Wirtschaftliche Kalkulationen können erst dann maßgeblich sein, wenn es sich bei
den zu vergleichenden Behandlungsoptionen um im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannte und
zumindest gleich geeignete Maßnahmen handelt.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung scheitert im Übrigen auch daran, dass ein Anordnungsgrund nicht
gegeben ist. Es entstehen keine schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbare Nachteile, wenn der
Antragsteller auf das Hauptsacheverfahren verwiesen wird. Wie der ärztlichen Stellungnahme zu entnehmen ist, ist
der Antragsteller offensichtlich bereits mit dem streitigen V.A.C. ® - System versorgt. Ob der Antragsteller sich
insoweit zur Zahlung eines Nutzungsentgeltes verpflichtet hat, wurde bislang nicht vorgetragen und müsste ggf. noch
mitgeteilt werden. Eine Eilbedürftigkeit ist bei dem derzeitigen Sach- und Rechtsvortrag jedoch nicht nachvollziehbar.
Bezüglich des Hilfsantrages, im Falle des Erlasses einer einstweiligen Anordnung deren Vollziehung von einer
angemessenen Sicherheitsleistung der Antragstellerin abhängig zu machen, verweist die Antragsgegnerin auf § 86 b
Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 945 ZPO. Erweist sich eine einstweilige Anordnung als von Anfang an ungerechtfertigt
oder wird sie aufgehoben, steht der durch die einstweilige Anordnung verpflichteten Partei nach diesen Vorschriften
ein Schadensersatzanspruch zu. Den Interessen der Antragsgegnerin an einer Sicherung ihres möglichen
Schadensersatzanspruches aus § 945 ZPO ist dadurch Rechnung zu tragen, dass ihre Leistungsgewährung von einer
Sicherheitsleistung der Antragstellerin abhängig gemacht wird (s. auch § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 921 Abs. 2
S.2 ZPO)."
Das Gericht hat sodann im Rahmen eines rechtlichen Hinweises auf ein Urteil des Hessischen Landessozialgerichts
vom 9. August 2007 in der Sache L 8 KR 107/06 hingewiesen. Weiter hat das Gericht verwiesen u.a. auf eine
Pressemitteilung des GBA vom 21. Oktober 2010 zur Vakuumversiegelungstherapie, einen Beschluss des GBA vom
19. August 2010 zur vorgenannten Therapie, die tragenden Gründe dieses Beschlusses, mit dem der GBA die
Beratungen zur Vakuumversiegelungstherapie von Wunden ausgesetzt und die RMvV entsprechend geändert hat
sowie den in 2010 aktualisierten Artikel des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, IQWiG,
(vgl. www.gesundheitsinformation.de) "Chronische Wunden: Bessere Heilung durch Vakuumtherapie?" (Herausgeber
und © IQWiG). Gleichzeitig hat das Gericht den Antragsteller insoweit um Mitteilung gebeten, ob der Antrag aufrecht
erhalten werde, nachdem mit der Antragsgegnerin nach den vorgenannten Unterlagen die
Vakuumversiegelungstherapie außerhalb von Modellvorhaben derzeit keine Leistung der GKV sei.
Die Antragsgegnerin hat sich anschließend durch die vorgenannten Hinweise des Gerichts bestätigt gesehen.
Der Antragsteller hat am von ihm geltend gemachten Anspruch u.a. unter Vorlage einer weiteren Stellungnahme der
Oberärztin Gefäßchirurgie E., D-Krankenhaus, D-Stadt vom 21. Dezember 2010 festgehalten. Diese führt u.a. aus,
dass sich der Antragsteller dort in fortlaufender wundtherapeutischer und gefäßchirurgischer Mitbehandlung befinde.
Aufgrund eines langjährigen Diabetes bestehe eine ausgeprägte Störung der Zirkulation in den großen und kleinen
Blutgefäßen mit daraus resultierender Wundheilungsstörung, verbunden mit einer diabetesbedingten Immunschwäche.
Man habe den Antragsteller nur mit Hilfe einer V.A.C. ® -Therapie aus der monatelangen stationären Behandlung
entlassen können, wobei sich zuvor bei stationärer Wundtherapie bereits zweimal septische Einschleppungen aus der
bestehenden Knochenmarksentzündung des linken Oberschenkels mit daraus resultierender Reanimationspflicht
ergeben hätten. Im Wundgebiet sei der multiresistente Erreger MRSA nachgewiesen. Der Antragsteller sei zudem
seitens des Herzens durch einen kürzlich durchgemachten Infarkt während seines stationären Aufenthaltes im H-
Krankenhaus in H-Stadt vorgeschädigt. Es sei davon auszugehen, dass ein Ersatz der V.A.C. ® -Therapie durch
konventionelle Wundbeheilungsmethoden, auch unter stationären Bedingungen, durch die damit verbundene
Ansammlung von infiziertem Sekret und Anreicherung des multiresistenten Keimes in der Wunde ein erneutes
septisches Zustandsbild nach sich ziehen werde. Der multimorbide, immungeschwächte Patient werde aufgrund der
kardialen Vorschädigung eine erneute Sepsis mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht überleben. Aus diesem Grund
halte man beim Antragsteller die V.A.C. ® -Therapie zur Abwendung der Verschlimmerung seines Krankheitsbildes
hin zu einem lebensbedrohlichen Bild für zwingend erforderlich.
Der Antragsteller selbst führt nach Aktenlage über Dr. med. G. sodann noch weiter aus:
"Die Tatsache, dass die Vakuum-Versiegelungs-Therapie derzeit außerhalb von Modellvorhaben keine Regelleistung
der GKV ist, wird nicht bestritten.
Man kann es meiner Meinung nach zwar durchaus befremdlich finden, wenn der vom Gesetzgeber beauftragte
gemeinsame Bundesausschuss (GBA) glaubt, bis zum Jahre 2014 zu benötigen, um sich dann, 20 Jahre nach
Einführung der V.A.C.-Therapie, hierzu ein abschließendes Urteil zu bilden, im vorliegenden Falle kommt es hierauf
jedoch nicht an.
Wie die Gutachterin der Gegenseite in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 18.11.2010 zutreffend ausführt,
kann die Krankenkasse eine Leistungsentscheidung zur Verwendung einer neuen Behandlungsmethode, die in der
ambulanten vertragsärztlichen Versorgung noch nicht durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen
anerkannt ist, unabhängig hiervon treffen, wenn ohne Anwendung der beantragten Methode in wenigen Wochen
voraussichtlich eine weitere Verschlimmerung mit Todesfolge eintritt oder der Tod des Patienten wahrscheinlich ist.
Genau dieser Fall liegt bei mir vor, auch wenn, wie ebenfalls von der Gutachterin der Antragsgegnerin zutreffend
festgestellt, diese Angabe auf der Verordnung für meine V.A.C.-Therapie seitens der verordnenden Ärztin nicht
gemacht wurde.
In der heutigen fernmündlichen Rücksprache zwischen meiner behandelnden Ärztin und mir hat sie aber gerade
dieses Kriterium als entscheidend für die Verordnung der V.A.C.-Therapie benannt: Daher seien an dieser Stelle die
Fakten noch einmal kurz benannt, die belegen, dass die Nichtanwendung der V.A.C.-Therapie bei mir in wenigen
Wochen voraussichtlich eine weitere Verschlimmerung der Erkrankung mit Todesfolge nach sich ziehen würde:
1. Ich bin seit 1973 Diabetiker und leide daher nicht nur an einer dialysepflichtigen Leistungsschwäche der Niere,
sondern auch an einer gestörten Durchblutung meiner großen und kleinen Blutgefäße mit hierdurch bedingter
erschwerter Wundheilung.
2. Ein Diabetes von solcher Dauer wie bei mir zieht regelhaft eine Immunschwäche nach sich.
3. Ich habe ein offenes Kniegelenk, das mit multiresistenten Erregern besiedelt ist bis hinein in die
Knochenmarkshöhle des langen Röhrenknochens links (Osteomyelitis). Diese Infektion ist so schlimm, dass die
Chirurgen im H-Krankenhaus mir die Amputation des Beines im linken Hüftgelenk nahegelegt haben, weil sie es als
einzige Möglichkeit angesehen haben, mich von der Infektion dauerhaft zu heilen. Da ich diese große Operation in
meinem Zustand höchstwahrscheinlich nicht überlebt hätte, musste ich sie ablehnen.
4. Einzig die V.A.C.-Therapie stellt durch ihren hermetischen Verschluss und den mit ihr erzielten Sog sicher, dass
ich nicht durch weitere Keimeinschleppungen mit nachfolgender Weichteilinfektion Opfer einer tödlichen Sepsis werde
und darüber hinaus auch eine endogene Sepsis durch Verschleppung infektiösen Materials aus der
Knochenmarkhöhle in die Blutbahn unterbunden wird.
5. Meine jüngste Krankengeschichte zeigt, dass ich unter konventioneller Therapie durch septische Schübe zweimal
reanimationspflichtig wurde, was auch die Gutachterin der Antragsgegnerin beschreibt, und ich überdies während der
konventionellen Behandlung einen stummen Infarkt erlitten habe. Dies bedeutet nichts anderes, als dass der nächste
septische Schub mich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit töten würde. Dies ist jedenfalls auch die
Auffassung meiner mich behandelnden Gefäßchirurgin, Frau Dr. E ...
Angesichts der Tatsache, dass mein Begehren auf Genehmigung der V.A.C.-Therapie durch meine Krankenkasse auf
einer Situation beruht, die eine Entscheidung zu meinen Gunsten durch meine Kasse außerhalb der NUB-Richtlinien
ermöglicht, kann ich auf eine ausführliche Kommentierung des Schreibens der Antragsgegnerin an Sie vom
15.12.2010 verzichten. Hierzu daher nur das Wichtigste in Kürze:
Tatsächlich entstünden ohne Leistungsverpflichtung der Krankenkasse vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens
anders nicht abwendbare Nachteile, denn würde ich bis zum Hauptsacheverfahren konventionell behandelt, würde ich
das Hauptsacheverfahren vermutlich wegen vorherigen Ablebens gar nicht mehr erleben. Daher gibt es sehr wohl
einen Anordnungsgrund, und es gibt auch sehr wohl einen Anordnungsanspruch, weil die V.A.C.-Therapie bei
lebensbedrohlichem Zustandsbild sehr wohl abseits der NUB-Richtlinie von der Krankenkasse zu leisten ist.
Dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nur dann von den Kassen zu bezahlen sind, wenn sie in ihrer
Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, ist kein
Hinderungsgrund, denn aus den von Ihnen übermittelten Unterlagen geht ja hervor, dass das IQWIG Hinweise dafür
gefunden hat, dass chronische und großflächige Wunden durch eine V.A.C.-Therapie besser heilen können.
Auch ist die Aussage der Antragsgegnerin falsch, dass eine Abrechnung einer nicht allgemein anerkannten
Behandlungsmethode so lange grundsätzlich ausgeschlossen ist, so lange sich der Gemeinsame Bundesausschuss
zur Notwendigkeit und zum therapeutischen Nutzen der Methode nicht geäußert hat, dies gilt jedenfalls nicht für
Sonderfälle, wie den meinen.
Der Hinweis der Antragsgegnerin, wonach die gesetzliche Krankenversicherung verfassungsrechtlich nicht verpflichtet
ist, all das zu leisten, was überhaupt an Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist,
trifft zwar im Prinzip zu, dem steht aber § 12 SGB V entgegen, wonach der Versicherte Anspruch auf Leistungen hat,
die ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig sind. Ich möchte hier besonders auf das Wort "notwendig"
abheben, denn es bedeutet im Wortsinne, dass eine Methode die Not des Patienten buchstäblich tatsächlich wenden
muss. Dies ist bei meinem gegenwärtigen Erkrankungszustand nur durch die V.A.C.-Therapie gegeben. Damit ist sie
notwendig und fällt auch unter diesem Aspekt in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung.
Aufgrund der Besonderheiten meines Einzelfalles ist auch das von Ihnen mit Datum vom 16.12. übersandte Urteil des
Hessischen Landessozialgerichtes nicht wegweisend, weil der dort verhandelte Fall mit dem meinen nicht vergleichbar
ist.
Wie die Antragsgegnerin zutreffend ausführt, hat sie die Kosten für eine außervertragliche Behandlung dann zu
übernehmen, wenn der Versicherte unter einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung
leidet (dies ist bei mir der Fall) und bezüglich dieser Erkrankung eine vergleichbar schulmedizinische
Behandlungsmethode nicht zur Verfügung steht (auch dies ist bei mir der Fall) und die außervertragliche
Behandlungsmethode in dem konkreten Einzelfall eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine
spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf erkennen lässt (auch dies ist bei mir der Fall).
Ich beantrage daher, meinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben, und ich beantrage
gleichzeitig, im Falle des Erlasses einer einstweiligen Anordnung deren Vollziehung nicht von einer angemessenen
Sicherheitsleistung meinerseits abhängig zu machen, weil die Krankenkasse hieran nämlich kein berechtigtes
Interesse hat. Tatsache ist nämlich, dass die von mir begehrte Behandlung deutlich billiger ist, als die mir von der
Krankenkasse angebotene stationäre, konventionelle Behandlung und von daher der Kasse durch eine einstweilige
Anordnung keinerlei wirtschaftlicher Nachteil, sondern im Gegenteil, ein erheblicher Vorteil entsteht. Eine
Sicherheitsleistung meinerseits würde mich als Rentner daher unverhältnismäßig benachteiligen."
Die Antragsgegnerin hält sodann auch im Anschluss an das weitere Vorbringen des Antragstellers abschließend an
ihrer ablehnenden Haltung fest. Die Argumentation des Antragstellers könne schon deswegen nicht überzeugen, weil
ohne Zweifel schulmedizinische Behandlungsoptionen zur Verfügung stünden. Selbst wenn tatsächlich eine akut
tödliche bzw. lebensbedrohliche Erkrankung vorliegen sollte, was ärztlich bislang so allerdings nicht bestätigt worden
sei, könnte der Antragsteller ohne weiteres z.B. im Rahmen der stationären Behandlung versorgt werden. Die
Entscheidung, welche Maßnahmen konkret im Rahmen der stationären Behandlung anzuwenden seien, obliege dabei
grundsätzlich der Verantwortung des Krankenhauses, solange es sich nicht um eine ausdrücklich vom GBA
ausgeschlossene Behandlungsmethode handele. Anzumerken bleibe, dass nach den vorliegenden Unterlagen die
streitige ambulante V.A.C. ® -Therapie möglicherweise selbst mit erheblichen Risiken behaftet sei. Insoweit verweise
die Antragsgegnerin auf ihre bisherigen Ausführungen.
Das Gericht seinerseits hat dem Antragsteller unter dem 22. Dezember 2010 schlussendlich aufgegeben, dem Gericht
innerhalb einer Frist von einer Woche seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse einschließlich derer seiner
Ehefrau offenzulegen. Insoweit seien seine monatlichen Einkünfte offenzulegen und nachzuweisen, ebenso seine
Belastungen sowie mögliches Sparvermögen usw ... Darüber hinaus hat das Gericht den Antragsteller um Mitteilung
gebeten, ob aus Anlass der hier streitigen Versorgung über die Vereinbarung vom 17. November 2010 hinaus
seinerseits mit der Firma C-therapy bzw. der Firma C-GmbH hinsichtlich der Kosten der Therapie weitere
Vereinbarungen getroffen worden seien und wenn ja, welcher Art, wobei dann auch diese Vereinbarungen innerhalb
einer Frist von einer Woche vorzulegen seien.
Mit Eingang bei Gericht am 29. Dezember 2010 hat der Antragsteller hierauf zunächst seinen
Einkommensteuerbescheid 2009 vorgelegt sowie auf vorhandenes Sparvermögen von 30.000 EUR hingewiesen,
wobei letzteres jedoch bereits für den behindertengerechten Umbau ihres Einfamilienhauses verplant sei. Weiter führt
der Antragsteller sinngemäß aus, mit der C-GmbH (C-therapy) keine schriftliche Vereinbarung hinsichtlich der Kosten
getroffen zu haben. Er "wisse" jedoch, dass die Therapie 80,00 EUR pro Tag koste und diese Summe von ihm
aufzubringen sei, wenn die Antragsgegnerin die Kosten nicht übernehme.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des jeweiligen weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird Bezug
genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte insgesamt; ebenso wird Bezug genommen auf die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin sowie die beigezogenen und zur Gerichtsakte genommenen weiteren o.a.
Unterlagen, deren jeweils wesentlicher, das vorliegende Antragsverfahren betreffender Inhalt gleichfalls Gegenstand
der Entscheidungsfindung war.
II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung ist im Ergebnis u.a. aus dem Vorbringen der
Antragsgegnerin heraus nicht begründet.
Die Berechtigung der Sozialgerichte zum Erlass Einstweiliger Anordnungen in anderen als den ausdrücklich im
Sozialgerichtsgesetz (SGG) normierten Fällen leitete sich bis 1. Januar 2002 unmittelbar aus Art. 19 Abs. 4
Grundgesetz (GG) ab (vgl. BVerfGE 46, S. 166). Einstweilige Anordnungen durften dabei aber grundsätzlich die
endgültige Entscheidung nicht vorwegnehmen. Nur ausnahmsweise konnte es im Interesse der Effektivität des
Rechtsschutzes erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn anders ein Rechtsschutz
nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar gewesen wäre.
Voraussetzung für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war insoweit, dass dem Betroffenen schwere und
unzumutbare, auf anderem Wege nicht abwendbare Nachteile drohten, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der
Hauptsache voraussichtlich nicht mehr oder nur noch teilweise in der Lage gewesen wäre. Dies galt zumindest bei so
genannten "Vornahmesachen", d.h. bei Verfahren, bei denen sich der Bürger gegen die Unterlassung oder Ablehnung
einer beantragten Amtshandlung wandte. Gleiches galt jedoch auch für die so genannten "Anfechtungssachen", bei
denen der Bürger geltend machte, durch die öffentliche Gewalt mittels einer belastenden Maßnahme in seinen
Rechten verletzt zu sein. Danach konnte vorläufiger Rechtsschutz in "Anfechtungssachen" entsprechend dem
Grundgedanken des § 80 Abs. 4 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nach der Rechtsprechung der Kammer
grundsätzlich dann gewährt werden, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes
bestanden, d.h., wenn der Erfolg des Rechtsstreites in der Hauptsache, d.h. in einem sich anschließenden
Klageverfahren, zumindest ebenso wahrscheinlich war wie der Misserfolg und wenn die Vollziehung eines
angefochtenen Verwaltungsaktes für den Antragsteller eine unbillige, nicht überwiegend durch öffentliche Interessen
gebotene Härte zur Folge gehabt hätte (vgl. hierzu Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 9. März 2000, L 1 KR
226/00 ER, das insoweit neben den Erfolgsaussichten in der Hauptsache das Vorliegen erheblicher Nachteile forderte,
die ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar machten). Darüber hinaus war in
"Vornahmesachen" entsprechend § 123 VwGO auf die Gefahr abzustellen, dass durch eine Veränderung des
bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden
könnte. Des Weiteren waren einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein
streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um
wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erschien
(vgl. weiter grundsätzlich Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 29. Juli 1987, L 8 Kr 362/87 A mit zahlreichen
weiteren Nachweisen und Beschluss vom 11. November 1992, L 6 Ar 461/92 A in info-also 1993, S. 59 ff.;
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 1990, L 3 S 42/90 in info-also
1991, S. 74 ff.; Meyer-Ladewig, SGG, § 97 Rdnr. 20 ff.; Timme, Der einstweilige Rechtsschutz in der Rechtsprechung
der Landessozialgerichte, NZS, 1992, 91 ff.).
Seit 2. Januar 2002 ist der einstweilige Rechtsschutz ausdrücklich im SGG normiert, wobei die vorstehenden
Grundsätze weiterhin Beachtung finden.
Insoweit regelt § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG zunächst, dass Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung
haben, was nach Satz 2 auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei
Verwaltungsakten mit Drittwirkung gilt. Nach Abs. 2 Nr. 1 entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch bei der
Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und
sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Ebenso entfällt die
aufschiebende Wirkung z.B. nach Nr. 3 für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei
Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache sodann auf Antrag in den Fällen, in denen
Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise
anordnen. Nach Satz 1 Nr. 2 kann das Gericht darüber hinaus in den Fällen, in denen Widerspruch oder
Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, ganz oder teilweise anordnen sowie nach Nr. 3 in den Fällen
des § 86 a Abs. 3 SGG die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wieder herstellen. Ist der Verwaltungsakt im
Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht nach § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG
die Aufhebung der Vollziehung anordnen, wobei nach Satz 3 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder
die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Auflagen versehen oder befristet werden kann und darüber hinaus nach
Satz 4 das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben kann. Soweit ein Fall
des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine
einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine
Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich
erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind dabei nach Satz 2 auch zur Regelung eines vorläufigen
Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung
wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach § 86 b Abs. 4 SGG entscheidet das Gericht sodann durch Beschluss.
Hinsichtlich der Begründetheit des Antrages des Antragstellers als sogenannter Vornahmesache bzw.
Regelungsanordnung ist auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen danach allein auf § 86 b Abs. 2 SGG
abzustellen.
Bei der Entscheidung ist also in erster Linie auf die Aussichten im Hauptverfahren abzustellen. Ist eine Klage
offensichtlich begründet, wird die Anordnung in der Regel erlassen, ist sie offensichtlich unbegründet, wird sie in der
Regel abgelehnt.
Liegen schließlich beide Voraussetzungen nicht offensichtlich vor, ist darüber hinaus im Rahmen des Ermessens eine
Interessenabwägung durchzuführen. Dabei müssen in Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz die Gerichte bei der
Auslegung der anzuwendenden Vorschriften der besonderen Bedeutung der betroffenen Grundrechte und den
Anforderungen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung tragen und insbesondere die Folgen der Versagung des
vorläufigen Rechtsschutzes berücksichtigen. Je schwerer die Belastungen hieraus wiegen und je geringer die
Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können,
umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung zurückgestellt werden. Insoweit reicht es in diesen
Fällen aus, dass bei einer überschlägigen Prüfung der Sach- und Rechtslage Gründe dafür sprechen, dass ein
Anspruch auf Gewährung der begehrten Leistung besteht (Anordnungsanspruch).
Dies deshalb, weil mit den Entscheidungen des BVerfG u.a. vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02 und vom 19.
März 2004, 1 BvR 131/04, das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten
Rechtsposition um so weniger zurückgestellt werden darf, je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die
mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt insoweit auch bei
Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht
abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht
mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 (74); 94, 166 (216)). Die Gerichte sind, wenn sie ihre Entscheidung nicht
an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, sondern an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren,
in solchen Fällen gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gehalten, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf eine
eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen. Dies bedeutet auch, dass die Prüfung der
Erfolgsaussichten in der Hauptsache Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen muss, wenn dazu Anlass besteht
(vgl. Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats des BVerfG vom 25. Juli 1996, NVwZ 1997, Seite 479).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen mit dem Hessischen Landessozialgericht (Beschluss vom 21.
März 2007, L 7 AY 14/06 ER, mzwN) sodann aber auch nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine
Wechselbeziehung der Art, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw.
Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Dies deshalb, weil
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System
bilden.
Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige
Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht
vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die
Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung
stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei
offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im
Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, wobei diese regelmäßig dann
zugunsten des Bürgers ausfällt, wenn dessen grundgesetzlich aus dem Gebot zum Schutz der Menschenwürde in
Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot herzuleitender Anspruch auf Führung eines menschenwürdigen Lebens
gefährdet wäre. Insoweit sind grundrechtliche Belange eines Antragstellers umfassend in der Abwägung zu
berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die z.B. darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich
geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem
Sozialstaatsprinzip) ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, vor allem wenn er eine für die
soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe erreicht und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum zu
gewähren ist, in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht
vollständig klären lässt. Denn im Rahmen der gebotenen Folgenabwägung hat dann regelmäßig das Interesse des
Leistungsträgers ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich
gegenwärtig für den Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten (vgl. u.a.
Hessisches Landessozialgericht, Beschlüsse vom 27. Juli 2005, L 7 AS 18/05 ER und vom 19. Juni 2008, L 7 AS
32/08 B ER).
Vorliegend fehlt es unter Berücksichtigung der o.a. Vorgaben für den geltend gemachten Anspruch auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung an einem Anordnungsanspruch, da die Leistungsvoraussetzungen für eine ambulante
Versorgung des Antragstellers mit einem V.A.C. ® -Therapiesystem innerhalb der GKV nicht vorliegen, so dass auch
unter weiterer Berücksichtigung der o.a. Folgenabwägung von einer offensichtlichen Unbegründetheit einer Klage im
Hauptsacheverfahren auszugehen ist; dies auch unabhängig davon, ob dem Antragsteller durch die hier streitige
selbstbeschaffte Verordnung überhaupt Kosten entstehen bzw. er rechtlich überhaupt einer durchsetzbaren
Kostenforderung ausgesetzt ist.
Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2
Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen (vgl. hierzu statt vieler BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B
1 KR 15/08 R, mzwN). Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren
Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei
neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1
SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung
über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1
Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur
vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese
Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen
verbindlich festgelegt. Die Krankenkassen sind also nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie -
wie im vorliegenden Fall - nach eigener Einschätzung des Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv
verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Stattdessen wird durch die vorgenannten Richtlinien
der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen insgesamt verbindlich
festgelegt (vgl. u.a. BSG, Urteile vom 4. April 2006, B 1 KR 7/05 R und vom 7. November 2006, B 1 KR 24/06 R
sowie zwischenzeitlich § 91 Abs. 9 SGB V). "Neu" im vorgenannten Sinne ist dabei eine Methode immer dann, wenn
sie - wie auch hier die V.A.C. ® - Therapie - nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen
Bewertungsmaßstab (EBM) für vertragsärztliche Leistungen enthalten ist.
Ein Ausnahmefall, in dem es keiner positiven Empfehlung des GBA bedarf, liegt nicht vor. Für einen Seltenheitsfall,
bei dem eine Ausnahme von diesem Erfordernis erwogen werden könnte ist weder schlüssig vorgetragen oder sonst
ersichtlich, ebenso wenig für ein Systemversagen wegen verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer
neuen Methode.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind auch die Voraussetzungen für eine grundrechtsorientierte Auslegung
nicht erfüllt (vgl. z.B. im Anschluss an BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 5: BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 §
27 Nr. 7 - D-Ribose; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 4 - Tomudex; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 12 -
LITT; BSG, Urteil vom 28. Februar 2008, B 1 KR 16/07 R - Lorenzos Öl).
Nach der Rechtsprechung des BSG kann zwar ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V aufgestellten Verbots mit
Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise als sogenanntes Systemversagen dann
bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf
zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllen der für eine Überprüfung
notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt wurde. Diese
Ausnahme beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der
Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot in
solchen Fällen auf andere Weise zu überwinden (vgl. BSGE 81, 54, 65 f.; SozR 3-2500 § 92 Nr. 12; BSG, Urteil vom
26. September 2006, B 1 KR 3/06 R).
Selbst wenn aber die hier streitige Vakuumversiegelung seit vielen Jahren im stationären Rahmen, der einer anderen
rechtlichen Betrachtung unterliegt als die ambulante vertragsärztliche Versorgung, durchgeführt wird, kann nicht
angenommen werden, dass ein Systemversagen vorliegt.
Dabei ist auch seitens des Gerichts zunächst darauf hinzuweisen, dass für eine stationäre Leistungserbringung hier
nicht auf § 135 SGB V abzustellen ist, so dass eine Behandlung mittels V.A.C. ® - Therapie im Rahmen einer
stationären Krankenbehandlung, die im Übrigen auch anderen Abrechnungskriterien unterliegt, zu Lasten der
Krankenkasse grundsätzlich möglich wäre. Dies beruht darauf, dass eine stationäre Krankenhausbehandlung eine
positive Empfehlung des GBA selbst nicht voraussetzt. § 137c SGB V schließt insoweit für die stationäre Behandlung
in einem Krankenhaus eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode nicht aus, solange der GBA kein
Negativvotum ausgesprochen hat (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 19. Februar 2003, B 1 KR 1/02 R, vom 4. April 2006, B
1 KR 12/05 R und vom 16. Dezember 2008, B 1 KR 11/08 R m.w.N.). Ein negatives Votum existiert für die V.A.C. ® -
Therapie als stationäre Behandlungsmethode nicht. Der vom BSG auch nach der Rechtsprechung der Kammer nicht
beanstandete sachliche Grund für diese unterschiedliche rechtliche Behandlung von ambulanten und stationären
Leistungen liegt dabei darin begründet, dass der Gesetzgeber die Gefahr des Einsatzes zweifelhafter oder
unwirksamer Maßnahmen wegen der internen Kontrollmechanismen und der anderen Vergütungsstrukturen im
Krankenhausbereich geringer eingestuft hat als bei der Behandlung durch einzelne niedergelassene Ärzte (vgl. BSGE
90, 289, 294 = SozR 4 2500 § 137c Nr. 1 - Magenband). Neue, noch nicht ausreichend gesicherte Diagnose- und
Behandlungsmethoden können im Krankenhaus im Rahmen klinischer Studien erprobt werden, die in § 137c Abs. 1
Satz 2 SGB V vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Bei Zweifeln am
medizinischen Nutzen einer neuen Behandlung hat die Krankenkasse - wie im Übrigen bei allen etablierten Methoden,
die weder im ambulanten noch im stationären Bereich einer automatischen Überprüfung unterliegen - die Möglichkeit,
über ihren Spitzenverband eine Beurteilung durch den Ausschuss Krankenhaus zu veranlassen und ggf. auf diesem
Wege eine Ausgrenzung zu erreichen. Insoweit sind nach § 137c Abs. 1 Satz 2. Halbsatz 2 SGB V (idF des GKV-
Gesundheits-Reformgesetzes 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626)) klinische Studien zur Entwicklung neuer
Behandlungsmethoden unter Kostenbeteiligung der GKV allein im Krankenhaus vorgesehen (vgl. dazu auch BSGE
93, 137, 141 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien in BT-Drucks 14/1245 S 90; vgl.
ansonsten - wie auch hier - §§ 63 bis 65 SGB V zu Modellvorhaben).
Das Fehlen eines Erlaubnisvorbehalts in § 137c SGB V hat also zur Folge, dass im Krankenhaus grundsätzlich auch
neuartige Verfahren keiner vorherigen Zulassung bedürfen, sondern zu Lasten der GKV angewendet werden können,
solange der Ausschuss Krankenhaus sie nicht ausgeschlossen hat.
Im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung wäre dann aber nicht nur ein positives Votum des GBA
erforderlich, auch würde z.B. zunächst allein eine fehlende Antragstellung durch die antragsberechtigten Stellen beim
GBA auch kein Systemversagen rechtfertigen. Vielmehr ist ein Systemversagen nur anzunehmen, wenn die
antragsberechtigten Stellen bzw. der Bundesausschuss selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht
ordnungsgemäß das Verfahren betrieben hat und dies auf eine willkürliche und sachfremde Untätigkeit bzw.
Verfahrensverzögerung zurückzuführen ist.
Hier sind sodann jedoch auch und gerade weder auf der Grundlage der o.a. beigezogenen Unterlagen noch ansonsten
Anhaltspunkte ersichtlich, die auf eine willkürliche und sachfremde Untätigkeit des GBA schließen ließen.
Stattdessen ist auf der Grundlage der in Bezug genommenen o.a. Unterlagen das Gegenteil der Fall. Wenn der GBA
insoweit im Rahmen der Methodenbewertung zur Vakuumversiegelungstherapie mit Beschluss vom 19. August 2010
seinerseits die Beschlussfassung auf der Grundlage seiner Verfahrensordnung bis zum 31. Dezember 2014 und
insoweit bis zur Vorlage weiterer Studien auf der Grundlage zu initiierender Modellvorhaben nach den §§ 63 ff. SGB V
ausgesetzt hat, ist dies auf der weiteren Grundlage der Begründung hierzu folgerichtig und im Ergebnis sachgerecht.
Dies deshalb, weil trotz vorhandener gewisser Behandlungserfolge aus den insoweit vom GBA aufgezeigten Gründen
und des insoweit nach wie vor unzureichenden Datenmaterials die Beschlussfassung selbst nur zu einer Aufnahme
des V.A.C. ® - Therapiesystems in die Anlage 2 der RMvV hätte führen können und damit zu den Methoden, die nicht
als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen. Wenn der GBA ausführt, eine
Update-Recherche der Fachberatung Medizin vom März 2010 sei zu dem Ergebnis gelangt, dass - auch wenn
inzwischen weitere Studien publiziert worden seien - in systematischen Reviews und Meta-Analysen eindeutig
hervorgehoben werde, dass für eine Bewertung der Vakuumversiegelungstherapie noch aussagekräftige - für den zur
Anerkennung der Methode als vertragsärztlicher Behandlungsmethode und abgesehen von sogenannten, hier nicht
vorliegenden Seltenheitsfällen erforderlichen Wirksamkeitsnachweis stets notwendige - randomisierte kontrollierte
Studien (RCTs) fehlten und nach Angaben in den Studienregistern auch erst in den nächsten Jahren zu erwarten
seien, wobei gleichzeitig ein Warnhinweis der U.S. Food and Drug Administration (FDA) vom 13. November 2009
relevante Risiken dieser Therapie aufzeige, nachdem der FDA 6 Todesfälle und 77 schwerwiegende Ereignisse
berichtet worden seien, die im Zusammenhang mit der Vakuumversiegelungstherapie gestanden und sich die
tödlichen Ereignisse laut FDA überwiegend bei ambulanter Durchführung der Vakuumversiegelungstherapie zu Hause
oder in Pflegeheimen ereignet hätten, spricht dies genauso für sich wie sich Dr. med. G. hiermit erst gar nicht
auseinandersetzt.
Dass diese möglichen Risiken der Vakuumversiegelungstherapie nur dann eingeordnet werden können, wenn der
Nutzen der Therapie bewertbar ist und dies dann mit dem GBA die Durchführung ausreichend belastbarer
randomisierter Studien erforderlich macht, wobei auch und gerade die von der FDA angegebenen Kontraindikationen
und zu berücksichtigenden Risiken in den Ausschlusskriterien der geplanten Studie auf Basis des o.a.
Aussetzungsbeschlusses sowie im Studienprotokoll Berücksichtigung finden sollen, erscheint insoweit nicht nur
folgerichtig, sondern zwingend.
Die von Dr. med. G. hervorgehobenen konkret beruflichen Erfahrungen des Antragstellers und seiner Ehefrau, die
diese Risiken vermeintlich minimieren, bleiben insoweit und den weiteren o.a. rechtlichen Voraussetzungen zufolge
also selbst unbeachtlich.
Nichts anderes gilt insoweit, als mit dem o.a. in 2010 aktualisierten Bericht des IQWiG "Chronische Wunden: Bessere
Heilung durch Vakuumtherapie?" die geringe Qualität der zur Vakuumversiegelungstherapie verfügbaren Studien
derzeit gerade keinen Schluss darüber zulässt, ob eine Vakuumversiegelungstherapie für manche Patienten oder
bestimmte Wunden besser ist als eine herkömmliche Wundbehandlung. Die Studien würden nämlich die Versiegelung
mit ganz unterschiedlichen Wundbehandlungen an verschiedenen Wunden vergleichen. Bei den Verbandswechseln
seien verschiedene Wundauflagen angewendet und es sei auch teilweise zusätzlich mit Verfahren wie der
"Wundtoilette" behandelt worden. Studienteilnehmer seien bisher vor allem Patienten im Krankenhaus gewesen,
weshalb auch keine Aussagen über den häuslichen Einsatz der Therapie möglich seien. Einige der geprüften Studien
würden darauf hinweisen, dass sich die Wundfläche durch eine Vakuumversiegelungstherapie schneller verkleinert
habe, was einen kleinen Vorteil der Vakuumversiegelung gegenüber einer herkömmlichen Wundbehandlung bedeuten
könnte. Die Studien hätten jedoch nicht ausreichend beantworten können, ob durch die Vakuumversiegelung die
Wunden tatsächlich schneller heilten, ob weniger Komplikationen aufträten oder ob die Menschen weniger Schmerzen
hätten. Die verfügbaren Daten lieferten auch nicht genügend Informationen darüber, ob und welche unerwünschten
Wirkungen bei der Versiegelungstherapie aufträten. Die Studien träfen zudem keine Aussagen zur Lebensqualität der
Menschen während und nach der Therapie, darüber, welche Behandlung sie bevorzugten und wie das kosmetische
Ergebnis nach der Vakuumversiegelung ausgesehen habe.
Die Wissenschaftler des IQWiG schließen danach aus den vorhandenen Studien, dass die
Vakuumversiegelungstherapie für den Heilungsprozess mancher Wunden möglicherweise von Vorteil sein könne. Die
Forschungsergebnisse reichten aber nicht aus, um zu beurteilen, ob die Vakuumversiegelung zur Behandlung
chronischer Wunden generell besser geeignet sei als eine andere Methode der Wundversorgung. Weitere
aussagekräftige Untersuchungen seien daher nötig, in denen die Vor- und Nachteile der Vakuumversiegelung geprüft
würden, wobei dann auch diesbezüglich letztlich jegliche Auseinandersetzung des Dr. med. G. hiermit fehlt.
Bei alledem ist es mit dem BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2005, 1 BvR 347/98) verfassungsrechtlich auch
nicht zu beanstanden, dass die GKV ihren Versicherten Leistungen nach dem allgemeinen Leistungskatalog nur unter
Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung stellt. Insoweit ist die GKV von Verfassungs wegen nicht
gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit zur Verfügung steht.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V schuldet die Krankenkasse zwar eine Behandlung aus Anlass der Krankheit mit dem
Ziel, diese zu beheben oder zu lindern; nach Satz 2 dürfen aber auch nur die dort genannten Maßnahmen der
ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung, der Versorgung mit Arzneimitteln usw. eingesetzt werden. Im Übrigen
werden gesundheitliche Maßnahmen der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet. Insofern wirkt § 27 SGB
V nicht nur leistungsbegründend; mindestens ebenso bedeutsam ist mit dem BSG (BSG in SozR 3 - 2500 § 28 SGB
V Nr. 3), dass darin die Leistungspflicht der Krankenkasse unter zwei unterschiedlichen Gesichtspunkten begrenzt
wird, die sich gegenseitig durchdringen. Zum einen muss die Krankenkasse nicht für alles aufkommen, was in
irgendeiner Weise die Gesundheit fördert; soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt, ist ihre Leistungspflicht auf
solche Maßnahmen beschränkt, die der in § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V näher umschriebenen gezielten
Krankheitsbekämpfung ("Behandlung") dienen. Aber auch wenn unmittelbar ein Behandlungszweck verfolgt wird, ist
die Krankenkasse nicht für Maßnahmen leistungspflichtig, die im Katalog des § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht
enthalten sind. Die Grenzen des Rahmenrechts auf Leistungen der Krankenversicherung ergeben sich vielmehr mit
dem BSG (wie vor) regelmäßig erst aus der Zusammenschau beider Gesichtspunkte. Bei der Vielzahl von Mitteln und
Verhaltensweisen, denen eine gezielte Beeinflussung der Gesundheit zugeschrieben wird, wäre das
Krankenversicherungs-Risiko mit dem BSG nicht sachgerecht begrenzbar, wenn der Versicherungsschutz
ausschließlich davon abhinge, dass eine Maßnahme zur Krankheitsbekämpfung eingesetzt wird. Das notwendige
Korrektiv wird mit dem abschließenden Leistungskatalog des § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB V erreicht. Maßnahmen, die
darin nicht aufgeführt werden oder nicht im o.a. Sinne anerkannt sind, sind, von verfassungsrechtlich relevanten
Ausnahmen abgesehen (vgl. hierzu m.z.w.N. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005, 1 BvR 347/98), dem
Verantwortungsbereich des Versicherten zugewiesen, auch wenn sie eine sonst von der Krankenkasse zu
gewährende Leistung ersparen können oder den Erfolg einer gewährten Leistung erst ermöglichen. Das BSG hat
insoweit auch bereits früher (BSGE 69, 76 = SozR 3-2500 § 59 Nr. 1) und in anderem Zusammenhang näher
ausgeführt, dass die in der GKV Versicherten grundsätzlich auch nicht auf einen unveränderten Fortbestand der im
Gesetz vorgesehenen Leistungen vertrauen können. Angesichts fortlaufender Veränderungen der wirtschaftlichen,
soziologischen und medizinischen Rahmenbedingungen und Interessenlagen mit Auswirkungen auf die
Finanzierbarkeit der Krankenversicherung und die Belastbarkeit der Sozialversicherungs-Systeme insgesamt muss es
dem Gesetzgeber erlaubt sein, den Leistungsumfang und die Modalitäten der Leistungsgewährung an neue
Entwicklungen und Erkenntnisse anzupassen. Wie das BVerfG z.B. mit Beschlüssen vom 5. Mai 1997 (u.a. 1 BvR
1071/95 = NJW 1997, 3085 = Breithaupt 1997, 764) bekräftigt hat, ergibt sich aus der Verfassung kein Anspruch
gegen die Krankenkassen auf Bereitstellung oder Finanzierung bestimmter Gesundheitsleistungen. Bei der Festlegung
des Umfangs des Krankenbehandlungsanspruchs durch die Leistungsgesetze hat der Gesetzgeber infolgedessen
einen weiten Gestaltungsspielraum.
Insoweit folgt zugunsten des Antragstellers schließlich auch nichts aus dem vorgenannten Beschluss des BVerfG
vom 6. Dezember 2005. Auch insoweit bleibt nämlich die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für
einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen
Leistungskatalogs der GKV-Leistungen unberührt (vgl. BSG, Urteile vom 7. November 2006, B 1 KR 24/06 R und vom
4. April 2006, B 1 KR 12/04 R).
Aus der grundsätzlichen Versicherungspflicht des Einzelnen in der GKV verbunden mit einer Beitragslast im
Austausch gegen die gesetzliche Zusage der Verschaffung der notwendigen Krankenbehandlung folgt aus Art. 2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem grundgesetzlichen Sozialstaatsprinzip zwar das Verbot des Ausschlusses einer
bestimmten Behandlungsmethode, wenn der Betroffene an einer lebensbedrohlichen oder sogar regelmäßig tödlichen
Erkrankung leidet, für die schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht vorliegen und es ernsthafte Hinweise auf
eine Heilung oder zumindest eine positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs gibt (BVerfGE 115, 25 (49)), so dass
in diesem Fall der Betroffene nicht auf eine Finanzierung der Behandlung außerhalb der GKV verwiesen werden kann
(BVerfGE, a.a.O. sowie BVerfG, Beschluss vom 29. November 2007, 1 BvR 2496/07). Insoweit hat das BVerfG (wie
vor) neben weiteren Voraussetzungen hierfür eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass aus dem Gesetz keine
konkreten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüche hergeleitet werden könnten, eben aber auch und
gerade nur für lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankungen gemacht, für die eine allgemein
anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht. Es genügt insoweit nicht,
dass "nur" eine schwerwiegende Erkrankung behandelt werden soll, es muss stattdessen eine akute extreme
notstandsähnliche Situation vorliegen, so dass es dem Versicherten schlechterdings nicht zumutbar ist, sich - bei
fehlender anderweitiger eigener finanzieller Leistungsfähigkeit - ohne einen Heilversuch entweder mit dem Schicksal
einer eventuell irreparablen Gesundheitseinbusse abzufinden oder ihn auf den zukünftigen medizinischen Fortschritt
zu verweisen.
Dies mit der Folge, dass hier auf Seiten des Antragstellers zwar durchaus von schwerwiegenderen, aber trotz der
daraus resultierenden Beeinträchtigungen noch nicht von einer eine notstandsähnliche Situation begründenden
Erkrankung/Behinderung auszugehen wäre, die mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden
Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden könnte (vgl. hierzu weiter u.a. BSG, Urteil vom 26. September 2006, B 1
KR 14/06 R), wobei auf diejenige Erkrankung abzustellen ist, zu deren Behandlung das V.A.C. ® -Therapiesystem
hier eingesetzt wird, mithin allein auf die Osteomyelitis des linken Oberschenkels und nicht zugleich die weiteren,
unstreitig behandlungsbedürftigen o.a. Haupterkrankungen des Antragstellers (vgl. hierzu Hessisches
Landessozialgericht, Urteil vom 10. Juni 2010, L 8 KR 314/09). Die Osteomyelitis ist für sich allein zunächst noch
nicht lebensbedrohlich und im zumindest hier relevanten rechtlichen Sinne auch nicht so "schwerwiegend", dass sie
mit den nachfolgenden Ausführungen einer lebensbedrohlichen Erkrankung wertungsmäßig gleichkommt, zumal auch
vertragliche Behandlungsalternativen unstreitig zur Verfügung stehen.
Letzteres bedeutet mit der sozialgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 1 KN
3/07 KR R) nämlich, dass nach den konkreten Umständen des Falles ohne weitere vertragsärztliche Behandlung, die -
worauf vorliegend allein abzustellen ist - hier mit den Ausführungen der Antragsgegnerin und dem MDK nach wie vor
möglich und auch nach dem Vorbringen des Antragstellers selbst nicht ausgeschlossen wäre, bereits drohen muss,
dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit
großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird, wobei ähnliches für den ggf. gleichzustellenden, wie z.B. bei einer
Erblindung, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion
gelten kann, ohne dass hiervon mit der Antragsgegnerin und dem MDK entgegen den Ausführungen des
Antragstellers und der Oberärztin E. auszugehen wäre, da diese Ausführungen den rechtlichen Zusammenhang, in
dem eine Leistungsgewährung unter diesen Umständen ausnahmsweise in Betracht kommt, nicht berücksichtigen. In
diesem Zusammenhang bewirkt mit dem BSG (Urteil vom 26. September 2006, B 1 KR 14/06 R) selbst eine
hochgradige akute Suizidgefahr grundsätzlich nicht, dass Versicherte Leistungen außerhalb des Leistungskatalogs
der GKV beanspruchen können, sondern nur spezifische Behandlung etwa mit den Mitteln der Psychiatrie. Auch ein
Prostatakarzinom im Anfangsstadium ohne metastatische Absiedelungen wird insoweit noch nicht als ausreichend
angesehen, um eine verfassungskonforme Leistungsausweitung zu rechtfertigen (vgl. BSG in SozR 4-2500 § 27 Nr.
8).
Die vorgenannte Rechtsprechung (vgl. BSG wie vor) beruht dabei auf der weiterhin maßgeblichen Erwägung, dass der
mit den normativen Regelungen und Sicherungen des Krankenversicherungs- und Arzneimittelrechts bezweckte
Schutz der Gesundheit der Versicherten und der Bevölkerung nicht durch eine erweiterte Auslegung dieser
Regelungen ausgehöhlt und umgangen werden darf. Das BSG hat insoweit wiederholt dargelegt, dass nur in den oben
beschriebenen notstandsähnlichen Extremsituationen eine grundrechtsorientierte Öffnung des Leistungsrechts der
GKV in Frage kommt. Ohne einschränkende Auslegung ließen sich mit dem BSG nämlich fast beliebig vom
Gesetzgeber bewusst gezogene Grenzen überschreiten. Entscheidend ist insoweit mit dem BSG, dass das vom
BVerfG herangezogene Schwere-Kriterium bei weiter Auslegung sinnentleert würde, weil nahezu jede schwere
Krankheit ohne therapeutische Einwirkung irgendwann auch einmal lebensbedrohende Konsequenzen nach sich zieht.
Das kann mit dem BSG ersichtlich nicht ausreichen, das Leistungsrecht des SGB V und die dazu ergangenen
untergesetzlichen Regelungen nicht mehr als maßgebenden rechtlichen Maßstab für die Leistungsansprüche der
Versicherten anzusehen (vgl. BSG wie vor sowie weiter u.a. BSG, Urteil vom 27. März 2007, B 1 KR 17/06 R –
Polyglobin; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 - Neuropsychologische Therapie).
Letztlich schulden die Krankenkassen ihren Versicherten danach zumindest aus den hier allein relevanten rechtlichen
Gründen allein eine bedarfsgerechte, standardisierte medizinische Versorgung, wobei einerseits für die hier streitige
Leistung nichts anderes gilt und andererseits eine solche Therapie nach wie vor auch vertragsärztlich alternativ
vorgehalten wird. Ob mit demselben, zumindest hier geltend gemachten Erfolg, muss nach den o.a. rechtlichen
Vorgaben genauso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob und inwieweit bei alledem im Einzelfall seitens des
Gesetzgebers immer sozialen Gründen ausreichend Rechnung getragen wird, was durchaus zweifelhaft sein mag.
Im ambulanten Rahmen ist der Antragsteller zusammengefasst danach innerhalb der GKV auf die von dieser
vertraglich vorgehaltenen Wundbehandlungsmethoden zu verweisen.
Ansonsten und nicht zuletzt und gerade im Hinblick auf die Schwere seiner, letztlich im Übrigen als
Haupterkrankungen vorliegenden weiteren o.a. Erkrankungen bei entsprechender Verordnung und dann auch
tatsächlich vorliegender Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit auf eine stationäre Behandlung im Krankenhaus, die
dann auch eine Fortsetzung bzw. unterstützende Behandlung mittels bzw. auch durch eine V.A.C. ® -Therapie mit der
Antragsgegnerin nicht ausschließt. Gerade die immer wieder geltend gemachte Schwere der Erkrankung, hier der
Osteomyelitis, in Verbindung mit den weiteren o.a. Haupterkrankungen, dürfte insoweit letztlich auch zwingend auf
weitere voll- oder zumindest teilstationäre Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit i.S.v. § 39 SGB V hindeuten. Mit
der hier streitigen Verordnung lässt sich jedenfalls gerade bei der hier geltend gemachten Lebensbedrohlichkeit eine
Verantwortung der Behandlung nicht auf den Antragsteller und seine Ehefrau verlagern. Diese Verantwortung liegt
stattdessen allein in den Händen des Krankenhauses, so verständlich der Wunsch nach einer zumindest
vorübergehenden Entlassung durch den Antragsteller auch sein mag. Den Hinweis des Krankenhauses auf die
insoweit bereits erreichte Grenzverweildauer lässt das Gericht dabei ausdrücklich unkommentiert. Zumindest seiner
Verantwortung dem Antragsteller gegenüber kann sich das Krankenhaus hierdurch jedenfalls nicht entziehen.
Letzteres wiederum auch und gerade insoweit nicht, als die vom Antragsteller angestellten
Wirtschaftlichkeitserwägungen den von ihm geltend gemachten Anspruch ebenfalls wieder unberührt lassen. Insofern
wirkt § 27 SGB V nämlich nicht nur leistungsbegründend; mindestens ebenso bedeutsam ist mit dem BSG (vgl. BSG
in SozR 3 - 2500 § 28 SGB V Nr. 3), dass darin die Leistungspflicht der Krankenkasse unter zwei unterschiedlichen
Gesichtspunkten begrenzt wird, die sich gegenseitig durchdringen. Zum einen muss die Krankenkasse - wie
ausgeführt - nicht für alles aufkommen, was in irgendeiner Weise die Gesundheit fördert; soweit das Gesetz nichts
anderes vorschreibt, ist ihre Leistungspflicht auf solche Maßnahmen beschränkt, die der in § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V
näher umschriebenen gezielten Krankheitsbekämpfung ("Behandlung") dienen. Aber auch wenn unmittelbar ein
Behandlungszweck verfolgt wird, ist die Krankenkasse nicht für Maßnahmen leistungspflichtig, die nicht im Katalog
des § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB V enthalten sind. Die Grenzen des Rahmenrechts auf Leistungen der
Krankenversicherung ergeben sich vielmehr mit dem BSG (wie vor) regelmäßig erst aus der Zusammenschau beider
Gesichtspunkte. Bei der Vielzahl von Mitteln und Verhaltensweisen, denen eine gezielte Beeinflussung der
Gesundheit zugeschrieben wird, wäre das Krankenversicherungs-Risiko mit dem BSG (wie vor) nicht sachgerecht
begrenzbar, wenn der Versicherungsschutz ausschließlich davon abhinge, dass eine Maßnahme zur
Krankheitsbekämpfung eingesetzt wird. Das notwendige Korrektiv wird mit dem abschließenden Leistungskatalog des
§ 27 Abs. 1 Satz 2 SGB V erreicht. Maßnahmen, die darin nicht aufgeführt werden oder nicht im o.a. Sinne anerkannt
sind, sind - wie ausgeführt - dem Verantwortungsbereich des Versicherten zugewiesen, auch wenn sie eine sonst von
der Krankenkasse zu gewährende Leistung ersparen können oder den Erfolg einer gewährten Leistung erst
ermöglichen.
D.h., es gibt nach alledem in der GKV auch und gerade keine Rechtsgrundlage für die Erstattung (vermeintlich)
ersparter Aufwendungen durch die Krankenkasse, wenn der Versicherte Leistungen - wie hier - außerhalb des
Leistungssystems in Anspruch nimmt. Ansonsten könnte die Beschränkung auf bestimmte Formen der
Leistungserbringung nämlich durch den Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung ohne weiteres durchbrochen werden
(vgl. hierzu BSGE 86, 66, 76 m.w.N.). Hinzu kommt insoweit, dass die GKV auf dem Gedanken des
Solidarausgleichs innerhalb der Versichertengemeinschaft beruht. Sie kennt nicht das Prinzip des Finanzausgleichs
zwischen Versicherten- und Kassenvermögen mit dem Effekt, dass - angeblich - ersparte Aufwendungen der Kassen
dem Versicherten gutzubringen sind.
Ebenso dahingestellt bleiben kann dann, ob die hier streitige ambulante Leistung im Hinblick auf die im Rahmen einer
regulären Leistungserbringung nach dem SGB V mehr als ungewöhnliche o.a. Selbstverpflichtung des Antragstellers
gegenüber der Firma C GmbH (C-therapy) vom 17. November 2010 nicht auch bereits Indiz für eine
Leistungserbringung im Rahmen einer Studie sein könnte, was eine Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin mit
den o.a. Ausführungen zumindest im ambulanten Rahmen ebenfalls ausschließen würde.
Ob der Antragsteller schließlich derzeit durch die streitige Therapie dann aber auch überhaupt einer Kostenforderung
ausgesetzt ist, was, sollte dies nicht der Fall sein, auch aus diesem Grund nicht nur einem Anordnungsanspruch,
sondern dann zusätzlich auch einem Anordnungsgrund entgegenstünde, kann nach alledem offenbleiben, selbst wenn
mit der Antragsgegnerin letztlich auch seitens der Kammer erhebliche Zweifel bestehen, ob der Antragsteller mit der
Lieferfirma über die o.a. Vereinbarung hinaus überhaupt einen ggf. auch mündlichen Vertrag geschlossen hat, durch
den er sich zur Übernahme von Kosten verpflichtet hätte. Soweit solche Kostenforderungen dem Antragsteller
gegenüber dann aber auch tatsächlich bestünden und dies dann auch schon für einen im Vorfeld seines am 13.
Dezember 2010 bei Gericht eingegangen Antrags, also für einen bei Antragseingang in der Vergangenheit bereits
abgeschlossenen Zeitraum, ist abschließend über die o.a. Ausführungen hinaus zumindest für eine vorläufige
rückwirkende Leistungsgewährung eine Eilbedürftigkeit und damit ein Anordnungsgrund regelmäßig schon aus diesem
Grund zu verneinen (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 30. Oktober 2006, L 9 AS 171/06 ER). Insoweit ist es
grundsätzlich nicht die Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigungen in der
Vergangenheit bereitzustellen, (vgl. Hess. LSG, Beschlüsse vom 22. Mai 2007, L 7 AS 134/07 m.w.N. und vom 5.
Juni 2008, L 7 AS 69/08 B ER und L 7 B 36/08 AS). Dies deshalb, weil der Erlass einer einstweiligen Anordnung für
die Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sein muss; d.h. es muss eine gegenwärtige dringliche Notlage vorliegen,
die eine sofortige Entscheidung erfordert (vgl. Hess. LSG, Beschlüsse u.a. vom 22. September 2005, L 9 AS 47/05
ER, vom 7. Juni 2006, L 9 AS 85/06 ER, vom 30. August 2006, L 9 AS 115/06 ER, vom 16. November 2007, L 9 SO
105/07 ER und vom 27. November 2007, L 9 AS 358/07 ER sowie vom 14. Februar 2008, L 9 SO 134/07 ER). Eine
solche Notlage ist bei einer Gefährdung der Existenz oder erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen zu bejahen. Für
einen - wie hier bis einschließlich 12. Dezember 2010 - in der Vergangenheit abgeschlossenen Zeitraum ist die
Eilbedürftigkeit dabei - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - regelmäßig zu verneinen (vgl. Hess. LSG,
Beschluss vom 30. Oktober 2006, L 9 AS 171/06 ER).
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war nach alledem abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.